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Schwedische Märchen
Schwedische Märchen
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eBook750 Seiten11 Stunden

Schwedische Märchen

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Über dieses E-Book

In den Jahren 1844 und 1849 veröffentlichten der Schwede Gunnar Olof Hyltén-Cavallius und der Engländer George Stephens in Stockholm gemeinsam in zwei "Heften" ihre eigentlich nur als 1. Band gedachte Sammlung "Svenska Folksagor och Äfventyr". Bereits 1848 erschien in Wien unter dem unzutreffenden Titel "Schwedische Volkssagen und Märchen" (das Werk enthält keinerlei Sagen, sondern ausschließlich Märchen) eine sehr fehlerhafte deutsche Übersetzung des 1. Heftes, die auch heute noch bzw. wieder im Handel ist. Diese Fehlerhaftigkeit sowie das anscheinende Fehlen einer deutschen Version des 2. Heftes waren der Anlass für die nunmehr vorgelegte deutsche Gesamtausgabe der "Schwedischen Märchen". Dabei wurden auch die von den Herausgebern vorgenommenen Korrekturen und Ergänzungen verarbeitet.
Der Band enthält in den nun verbliebenen 20 Kapiteln 35 Märchen mit folgenden Thematiken:
Der Hütejunge und der Riese (2 Märchen)
Das Weib, das im Ofen gebraten wurde (2 Märchen)
Der Junge, der die Wertsachen des Riesen stahl (4 Märchen)
Der Junge, der die drei Töchter des Königs rettete (3 Märchen)
Die beiden Kostbrüder (2 Märchen)
Der Hirte (1 Märchen)
Die Prinzessin, die aus dem Meer emporstieg (3 Märchen)
Das schöne Schloss östlich der Sonne und nördlich der Erde (1 Märchen)
Das Jugendland (1 Märchen)
Das Mädchen, das Gold aus Lehm und Stroh spinnen konnte (1 Märchen)
Die drei Großmütterchen (1 Märchen)
Das Schloss, das auf Goldpfeilern stand (1 Märchen)
Die Meerfrau (2 Märchen)
Die Prinzessin in der Erdhöhle (1 Märchen)
Die verzauberte Verlobte (3 Märchen)
Der Werwolf (1 Märchen)
Die Jungfrau, die ihren Liebsten bei Licht besah (3 Märchen)
Die Prinzessin auf dem Glasberg (1 Märchen)
Der kleine Goldschuh (1 Märchen)
Die zwei Schatullen (1 Märchen)
Jedes Kapitel beginnt mit einer Auflistung der Mitte des 19. Jahrhunderts bekannten Veröffentlichungen ähnlicher Märchen in anderen Ländern. In den Anmerkungen werden dann in Kurzfassung andere Überlieferungen desselben Märchens in Schweden vorgestellt. Bei jedem Märchen - auch in den Kurzfassungen - ist genau angegeben, in welcher damaligen Provinz Schwedens es aufgezeichnet worden ist.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum12. Aug. 2020
ISBN9783751993241
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    Buchvorschau

    Schwedische Märchen - Books on Demand

    Titel der Originalvorlage:

    „Svenska Folksagor och Äfventyr"

    Umschlagillustration:

    „Pojken som aldrig var rädd" (John Bauer, 1912)

    Inhalt

    Vorwort des Übersetzers

    Vorwort der Herausgeber 1844

    Der Hütejunge und der Riese

    Der Junge, der mit dem Riesen um die Wette aß

    Anmerkungen

    Der Junge, der das Kind des Riesen in den Brunnen fallen ließ

    Das Weib, das im Ofen gebraten wurde

    Die Riesenhütte, deren Dach aus lauter Würsten bestand

    Die Hütte, deren Dach aus lauter Käsen bestand

    Anmerkungen

    Der Junge, der die Wertsachen des Riesen stahl

    Das Schwert, die Goldhühner, die Goldlaterne und die Goldharfe

    Anmerkungen

    Die Goldlaterne, der Goldbock und der Goldpelz

    Anmerkungen

    Der Goldhengst, die Mondlaterne und die Jungfrau im Zauberkäfig

    Anmerkung

    Stöpsel Näber

    Der Junge, der die drei Töchter des Königs rettete

    Der Halbtroll oder Die drei Schwerter

    Anmerkungen

    König Elfen

    Anmerkungen

    Die drei Hunde

    Anmerkungen

    Die beiden Kostbrüder

    Silberweiß und Lützelschön

    Anmerkung

    Wassermann und Wasserkind

    Anmerkung

    Der Hirte

    Anmerkungen

    Die Prinzessin, die aus dem Meer emporstieg

    Das schöne Hirtenmädchen

    Klein Röschen und Langes Ekel

    Jungfer Schwanweiß und Jungfer Fuchsschwanz

    Anmerkungen

    Das schöne Schloss östlich der Sonne und nördlich der Erde

    Das Jugendland

    Anmerkungen

    Das Mädchen, das Gold aus Lehm und Stroh spinnen konnte

    Die drei Großmütterchen

    Anmerkung

    Das Schloss, das auf Goldpfeilern stand

    Anmerkung

    Die Meerfrau

    Der Königssohn und Messeria

    Der Königssohn und die Prinzessin Singorra

    Anmerkungen

    Die Prinzessin in der Erdhöhle

    Anmerkungen

    Die verzauberte Verlobte

    Die Ratte

    Die Königstochter im Turm

    Anmerkungen

    Die verzauberte Fröschin

    Der Werwolf

    Anmerkung

    Die Jungfrau, die ihren Liebsten bei Licht besah

    Der Wolfsprinz

    Anmerkungen

    Prinz Hut unter der Erde

    Anmerkung

    Der lahme Hund

    Anmerkung

    Die Prinzessin auf dem Glasberg

    Anmerkungen

    Der kleine Goldschuh

    Anmerkungen

    Die zwei Schatullen

    Anmerkungen

    Vorwort des Übersetzers

    Im Jahre 1844 veröffentlichte der schwedische Magister der Philosophie Gunnar Olof Hyltén-Cavallius (1818–1889) gemeinsam mit seinem Freund, dem englischen Archäologen George Stephens (1813–1895), das erste Heft des ersten Teils ihres Werkes „Svenska Folksagor och Äfventyr, dem im Jahre 1849 das zweite Heft folgte. Hyltén-Cavallius – als Schwede – war dabei für die Texte zuständig, Stephens für wissenschaftliche Anmerkungen und Kommentare. Sie widmeten „diese uralten Volkserzählungen aus dem alten Märchenland den Brüdern Jakob und Wilhelm Grimm, „Deutschlands Märchenerzählern". Zu den vorgesehenen weiteren Teilen scheint es aber nicht mehr zu gekommen zu sein.

    1848 erschien in Wien eine deutsche Übersetzung dieses ersten Heftes unter dem Titel „Schwedische Volkssagen und Märchen, herausgegeben durch den Schriftsteller Carl Oberleitner (1821–1898). Leider verfügte Oberleitner offenbar bestenfalls über rudimentäre Kenntnisse der schwedischen Sprache, und auch sein Wissen über nordische Mentalität und Kultur scheint nur marginal gewesen zu sein. So strotzt seine Übersetzung von teilweise krassen Übersetzungsfehlern und Missverständnissen. Zum Beispiel macht er aus drei Schweinen (wörtlich: Ebern – „galtar), die unter den Fichtenwurzeln wühlten („rotade), drei Gänse, die sich zwischen den Fichtenwurzeln zusammenrotteten! Und das ist beileibe nicht das einzige Mal, dass Oberleitner auf das hereinfällt, was in der Sprachdidaktik als „falsche Freunde bezeichnet wird – Wörter, die deutschen Ausdrücken ähnlichsehen, aber eine gänzlich andere Bedeutung haben. Aus einem „Weib, das im Ofen gebraten wurde macht er eins, das „in den Ofen gesteckt wurde – „braten heißt im Schwedischen „steka –, und die Bedeutung des Namens „Lillwacker (wörtlich: Kleinschön) wird mit „kleiner Wächter angegeben. Und schon der deutsche Titel des Buches ist falsch: Das Werk enthält in Wahrheit nicht eine einzige Volkssage („Folksägen"), sondern ausschließlich Volksmärchen („Folksagor").

    Darüber hinaus scheint Oberleitner den alten Grundsatz der Übersetzer „So genau wie möglich, so frei wie nötig deutlich missverstanden zu haben. In seinem Vorwort betont er, die Übersetzung sei „mit der genauen Beobachtung des Originaltextes, so weit es die deutsche Sprache erlaubte, ausgeführt worden. Das stimmt, soweit es die Wörter betrifft. Eine Übersetzung muss aber nicht die Wörter wiedergeben, sondern die Worte, also den gemeinten Inhalt, denn eine Sprache ist bekanntlich mehr als die Aneinanderreihung von Wörtern. So gilt es vor allen Dingen auch, die Idiomatik zu beachten. Andernfalls kommt es – wie hier – haufenweise zu seltsamen, teilweise unverständlichen Formulierungen.

    Eine gewisse Freiheit in der Formulierung („so frei wie nötig") ist immer dann zu beobachten, wenn Oberleitner auf Wörter stieß, die wohl nicht im Wörterbuch zu finden waren (teilweise auch heute nicht sind). Da erhielt der Schriftsteller in ihm offenbar freie Hand, und es wurden irgendwelche Ausdrücke eingefügt, die einigermaßen zu passen schienen, dies jedoch nicht immer taten. Andererseits hatte er manchmal auch durchaus gute Einfälle. Aber im Ganzen betrachtet ist die Übersetzung von Carl Oberleitner absolut inadäquat und wird der Vorlage nicht wirklich gerecht. Dennoch ist sie vor wenigen Jahren – zwar erneut durchgesehen, aber nicht grundlegend verändert – wieder auf dem Büchermarkt erschienen. Diese Tatsache und das anscheinende Fehlen einer Übersetzung des zweiten Heftes von 1849 waren der Anlass für die hier versuchte neue Übersetzung.

    Dabei wurden die im Anhang jenes zweiten Heftes enthaltenen Ergänzungen zum ersten Heft nach Maßgabe der Herausgeber eingearbeitet. Diverse Märchen wurden neu eingefügt, und zwei bis dahin als selbständige Überlieferungen angesehene Texte wurden Kapiteln neu zugeordnet. Dadurch hat sich die Zahl der Kapitel um zwei auf zwanzig verringert.

    Damit liegt nunmehr erstmals der gesamte Band einschließlich des wissenschaftlichen Apparats in deutscher Sprache vor, und zwar so geordnet, wie die ursprünglichen Herausgeber es vorsahen. Einzig weggelassen wurden bei den Angaben, wo das jeweilige Märchen noch zu finden ist, die dort erwähnten Übersetzungen Grimmscher Märchen ins Schwedische, da diese natürlich für deutsche Leser ohne Belang wären.

    Handewitt 2020

    Klaus-Peter Asmussen

    Vorwort der Herausgeber 1844

    Die vorliegende Sammlung ist in ihrer Art die erste, die im Vaterlande herausgegeben worden ist. Die Neuheit und Bedeutung der Thematik könnte daher eine Vorrede erfordern, die für den Leser eine Übersicht über die besondere Situation der Märchenliteratur eröffnet. Aber wir haben es für sinnvoller erachtet, eine solche Untersuchung auf den letzten Teil der Arbeit zu verschieben. Bis dahin mag die Sache für sich selbst sprechen, so gut sie es vermag. Hier sollte es genügen, mit einigen Worten den Standpunkt anzugeben, von dem aus wir selbst unser Thema aufgefasst und behandelt haben.

    Es war nicht unser Ziel und konnte es auch nicht sein, hier nur eine Sammlung unterhaltsamer Erzählungen zu erstellen; wir haben es uns zur Aufgabe gemacht für das Vaterland Reste der reichen Poesie zu retten, die während der Jahrtausende bei unserem Volksstamm lebendig war, die ihm Generation für Generation gefolgt ist und in wechselnden Bildern seine ganze frühere Weltanschauung widerspiegelt. Die genannten Überlieferungen sind im Begriff auszusterben oder zu verderben unter dem Einfluss einer neuen Zeit und neuer Verhältnisse, und nur in den entlegeneren Siedlungen des Landes lauscht man noch diesem verhallenden Klang, der einmal unserem ganzen Volk zu eigen und die erste Nahrung für die Bildung unserer Väter war.

    Abgesehen von der reichen poetischen Ader, die sich in der Tiefe aller unserer uralten Überlieferungen dahinzieht und die auch den Volksmärchen einen großen und allgemeinen Wert verleiht, sind die letzteren auch von Bedeutung für die Tradition. Viel ist aus ihnen zu holen für den, der die schwedische Geschichte von Grund auf studieren will, der Seele und Charakter des Volkes kennenlernen und dem ganzen Gang seiner inneren Entwicklung folgen will. Das Volksmärchen erlaubt uns manchen Blick in längst entschwundene Zeiten, es zeigt ein getreues und lebendiges Bild der Sitten und Lebensweise unserer Vorfahren und wirft ein Licht auf die Vorzeit, das nicht immer aus schriftlichen Urkunden zu gewinnen ist.

    Infolge dieser Ansichten haben wir versucht, jedes Märchen so ursprünglich und echt wie möglich zu erhalten. Wir haben zu diesem Zweck weitläufige Wanderungen und Reisen durch die verschiedenen Landschaften unseres Vaterlandes unternommen und eine recht große Anzahl Märchenüberlieferungen von den Lippen des Volkes aufgezeichnet. Was auf diese Weise gesammelt wurde, haben wir geordnet und wiedergegeben ohne willkürliche Zusätze oder Veränderungen. Das einzige, was auf uns zurückgeht, ist die äußere Form der Erzählung, welche, z. B. aufgrund des unterschiedlichen Alters und der unterschiedlichen Bildung der Erzählenden, gemeinhin eine Überarbeitung erforderte, um die Einfachheit wiederherzustellen, die dem Wesen des Märchens entspricht und die man noch bei der einen oder anderen Märchenerzählerin der guten alten Zeit findet.

    Obwohl unsere Arbeit auf diese Weise mehr für den Forscher als für die größere Allgemeinheit bestimmt ist, wagen wir dennoch zu hoffen, dass dieselbe auch bei dieser Beifall findet als unterhaltsamer Lesestoff, schwedisch in Geist und Inhalt und geeignet, bei unseren Landsleuten das Heimatgefühl zu erhöhen sowie die in der Regel herrlichen und großartigen Ansichten wiederzubeleben, die sich seit uralten Zeiten in der Tiefe unserer einheimischen Kultur gerührt haben.

    Stockholm, November 1844.

    Die Herausgeber

    1.

    Der Hütejunge und der Riese

    Dieses uralte Märchen ist weit verbreitet, sowohl innerhalb als auch außerhalb von Skandinavien. Es kommt mit mehr oder minder großen Unterschieden bei folgenden Völkern vor:

    Bei den Lappen. – Bei LÆSTADIUS, Fortsetzung von Journalen öfver Missions-Resor i Lappmarken, 1828–1832, Stockholm 1833, S. 464f. – Vgl. ebd. S. 460–464, sowie NILSSON, Skandinaviska Nordens Ur- Invånere, Stockholm 1843, Kap. 4, § 4, S. 31.

    Bei den Norwegern. – Siehe ASBJØRNSEN und JØRGEN MOE, Norske Folkeeventyr, Christiania 1843, Teil I, Nr. 6, S. 40–43, „Askepot, som kapaad med Troldet".

    Bei den Engländern. – Ein Teil des Märchens findet sich wieder in der Volkserzählung „Jack the Giant-Killer", mitgeteilt von TABART in Fairy Tal es, London 1818, sowie in mehreren anderen englischen Sammlungen.

    Bei den Deutschen. A. Siehe BÜSCHING, Wöchentliche Nachrichten für Freunde der Geschichte, Kunst und Gelahrtheit des Mittelalters, Bd. IV, Breslau 1819, S. 124–127, „Der Schneider und der Riese (Unteröstr. Mährchen)". – Die gleiche Aufzeichnung findet man auch bei den Brüdern GRIMM, Kinder - und Haus -Märchen, Teil II, Nr. 183, S. 436–438. – B. Verschiedene Züge des Märchens haben die Erzählung „Das tapfere Schneiderlein" bei GRIMM, Kinder - und Haus - Märchen, Teil I, Nr. 20, S. 126–137, beeinflusst. Vgl. o. a. deutsche Sammlung, Teil III, S. 30–36. Hierbei ist jedoch anzumerken, dass diese, ebenso wie verschiedene andere bei GRIMM aufgenommene Erzählungen, zweifellos entstanden ist durch Verbindung und Verwechslung mehrerer nach Art und Charakter verschiedener Märchenstoffe. So ist der erste Teil der deutschen Erzählung ein echtes Riesenmärchen und hat die größte Ähnlichkeit mit den nordischen Überlieferungen, die unten mitgeteilt werden; aber ihr späterer Teil ist nichts anderes als eine gewöhnliche Volkserzählung, die später auch von uns angeführt werden soll unter der Bezeichnung „Skräddaren, som slog sju i en smäll"¹ – Die Brüder GRIMM räumen auch ein (Teil III, S. 30), dass sie Zugang zu zwei Aufzeichnungen aus Hessen gehabt haben, in denen das Riesenmärchen als selbständiges Ganzes erscheint. – C. Siehe KUHN, Märkische Sagen und Märchen, Berlin 1843, S. 289–294. – D. Siehe MÜLLENHOFF, Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg, Kiel 1845, Nr. VII, S. 442– 445, „Dummhans unn de grote Rys’".

    Bei den Serben. – Siehe BÜSCHING, Wöchentliche Nachrichten etc., Bd. IV, S. 104, in den Anmerkungen zum Märchen „Der Bartlose und der Knabe".

    Bei den Persern. – Siehe das Märchen von „Ameen of Isfahân and the Ghool", mitgeteilt in SIR JOHN MALCOLM’s Sketches of Persia. Das Märchen findet sich auch bei KLETKE, Mærchensaal aller Völker, Berlin 1844, Teil III, S. 54–57, „Amin der Kluge". – Verwandte Tierfabeln hohen Alters und mit dem gleichen leitenden Grundgedanken sind die bekannten:

    Bei den Italienern. – Siehe STRAPAROLA, Notti piacevoli, die Fabeln von „Esel und Löwe"

    Bei den Indern. – Siehe das Märchen „The Goat and the Lion", übersetzt aus dem indischen Werk Pancha Tantra, in SIR JOHN MALCOLM’s Sketches o f Persia.

    Bei den Iren: – Siehe KLETKE, a. a. O., Teil II, S. 149–157, „Die beiden Riesen".

    Bei den Rumänen: – Verschiedene Züge in dem Märchen „Bakâla" bei SCHOTT, Walachische Mæhrchen, Stuttgart und Tübingen 1845, S. 231–233, 234–235.

    Bei den Dänen: – Siehe CARIT ETLAR [BROSBØLL], Eventyr og Folkesagn fra Jylland, Kopenhagen 1847, S. 29–35, „Bjergmandens Dreng".

    In Schweden kommt das Märchen auch als Volkssage vor. So besitzen Hrsg. in ihrer Sammlung eine fast wortgetreu gleiche Erzählung, die aus Enskällaboberg im Kirchspiel Bredaryd in Småland stammt, sowie noch eine, die an Stompekulle im Kirchspiel Filkestad in der Villandsharde in Schonen geknüpft ist.

    A. Der Junge, der mit dem Riesen

    um die Wette aß

    Aus Süd-Småland

    Es war einmal ein Junge, der ging und hütete Schafe.² Während er im Wald umherstreifte, kam er zur Hütte des Riesen; als der Riese, der darin wohnte, Lärm und Rufen in seiner Nachbarschaft hörte, kam er heraus um zu sehen, was los war. Da nun der Riese groß von Wuchs und grimmig von Aussehen war, bekam der Junge Angst und machte sich aus dem Staub, so schnell er konnte.

    Am Abend, als der Junge seine Schafe von der Weide trieb, war seine Mutter damit beschäftigt, Käse zu machen. Der Junge nahm ein Stück von dem frischen Käse, rollte es in der heißen Asche und steckte es in seinen ledernen Quersack (Tasche). Am nächsten Morgen ging er weiden, wie es seine Gewohnheit war, und kam wieder zur Hütte des Riesen. Als nun der Riese den Lärm von dem Jungen und seinen Schafen hörte, wurde er zornig, ging hinaus, ergriff einen großen Feldstein und zerdrückte ihn in der Hand, dass die Steinsplitter weit herumflogen. Der Riese sagte: „Wenn du jemals wieder hierherkommst und Lärm machst, werde ich dich so klein quetschen, wie ich nun diesen Stein zerdrücke. Der Junge ließ sich aber nicht bange machen, sondern tat, als ob er ebenfalls einen Stein ergriffe; er nahm aber stattdessen den Käse, den er in der Asche gerollt hatte, und quetschte ihn, dass die Molke ihm durch die Finger rann und auf den Boden tropfte. Der Junge sprach: „Wenn du nicht verschwindest und mich in Frieden lässt, werde ich dich drücken, wie ich nun das Wasser aus diesem Stein quetsche. Als nun der Riese vernahm, dass der Hütejunge so stark sei, bekam er es mit der Angst und ging in seine Wohnung. Damit schieden der Hütejunge und der Riese für dieses Mal voneinander.

    Am dritten Tag begegneten sie sich wieder im Wald. Der Junge fragte, ob sie aufs Neue ihre Kräfte miteinander messen sollten; damit war der Riese einverstanden. Der Junge sagte: „Bauer³, ich denke, es ist eine gute Kraftprobe, wenn einer von uns Eure Axt so hoch werfen kann, dass sie nicht wieder herunterfällt. Der Riese stimmte dem zu. Das wollten sie nun versuchen, und der Riese warf zuerst. Er holte sehr weit aus, so dass die Axt hoch gen Himmel fuhr. Doch so sehr er sich auch anstrengen mochte, die Axt fiel immer wieder herunter. Da sagte der Junge: „Bauer, ich hätte nicht gedacht, dass Eure Kraft so gering wäre. Wartet, und Ihr sollt einen besseren Wurf zu sehen bekommen. Der Junge holte dann mit dem Arm weit aus, so als ob er heftig werfen wollte, ließ aber gleichzeitig die Axt behände in seinen ledernen Quersack gleiten, der ihm auf dem Rücken hing. Der Riese merkte nichts, sondern wartete lange darauf, dass die Axt auf den Boden fallen sollte, aber keine Axt war zu hören. Nun dachte er bei sich, der Junge müsse sehr stark sein, so klein und schwach von Wuchs er auch sei. Darauf schieden sie voneinander und zogen jeder zu sich nach Hause.

    Als einige Zeit vergangen war, trafen der Riese und der Hütejunge sich aufs Neue. Der Riese fragte, ob der Junge, der ja so stark sei, sich nicht in seinen Dienst begeben wolle. Der Hütejunge war damit einverstanden, ließ seine Schafe im Wald und wanderte mit dem Riesen mit. So kamen sie zu der Behausung des Riesen.

    Es wird erzählt, dass der Riese und der Hütejunge in den Wald fahren wollten, um eine Eiche zu fällen. Als sie ankamen, fragte der Riese, ob der Junge halten oder hauen wolle. „Ich will halten, sagte der Junge, entschuldigte sich aber zugleich, dass er nicht den Wipfel erreichen könne. Da fasste der Riese die Eiche und bog sie zu Boden; als aber der Junge festhalten sollte, federte die Eiche zurück und warf ihn hoch in die Luft, so dass der Riese ihm kaum mit den Augen folgen konnte. Der Riese stand lange und wunderte sich, wo sein Knecht geblieben sein mochte, ergriff dann die Axt und begann selbst zu hauen. Als eine Weile vergangen war, kam der Junge herbeigehumpelt, denn er war nur mit knapper Not davongekommen. Der Riese fragte, warum er nicht festgehalten habe, aber der Knecht tat, als sei nichts gewesen, sondern fragte zurück, ob der Riese sich traue, einen ebensolchen Sprung zu tun, wie er ihn zuvor vollführt habe. Das verneinte der Riese. Da sagte der Junge: „Bauer, wenn Ihr Euch das nicht zutraut, müsst Ihr selbst halten und hauen. Hiermit gab sich der Riese zufrieden und fällte alleine die große Eiche.

    Als nun der Baum nach Hause geschafft werden sollte, sagte der Riese: „Willst du bei der Krone tragen, dann werde ich bei der Wurzel tragen. „Nein, Bauer!, erwiderte der Junge, „tragt Ihr selbst bei der Krone, dann will ich wohl das dicke Ende tragen. Damit war der Riese einverstanden und hob das dünne Ende der Eiche auf seine Schulter. Aber der Junge, der hinter ihm stand, rief, er solle den Baum weiter nach vorne rücken. Der Riese tat wie gesagt und hatte zuletzt den ganzen Stamm im Gleichgewicht über seiner Achsel; der Junge selbst aber sprang auf den Baum und verbarg sich zwischen den Zweigen, so dass der Riese ihn nicht sehen konnte. Der Riese begann nun zu gehen und meinte, der Junge trüge am anderen Ende. Als sie dann eine Weile gegangen waren, fand der Riese, das sei eine schwere Arbeit und stöhnte heftig. „Bist du noch nicht müde?, fragte der Riese seinen Knecht. „Nein, das bin ich nicht, erwiderte der Junge, „der Bauer ist doch wohl nicht müde von so einem bisschen? Der Riese wollte nicht zugeben, dass dem so sei, und setzte seinen Weg fort. Als sie nun angekommen waren, war der Riese halbtot von dem Weg. Er warf daher den Baum auf den Boden; aber der Junge war unterdessen heruntergesprungen und tat so, als trüge er das dicke Ende der Eiche. „Bist du noch gar nicht müde?, fragte der Riese. Der Junge erwiderte: „Ach, der Bauer muss nicht glauben, dass ich von so einem bisschen müde werde. Der Stamm schien mir nicht schwerer, als dass ich ihn gerne alleine hätte tragen können.

    Am anderen Morgen sagte der Riese: „Wenn es Tag wird, müssen wir hin und dreschen. „Nein, erwiderte der Junge, „ich finde, es ist besser, in der Dämmerung zu dreschen, bevor wir frühstücken. Darin war der Riese mit ihm einig, und da ging er hin und holte zwei große Dreschflegel, von denen er selbst den einen fasste. Als sie nun dreschen sollten, konnte der Junge seinen Flegel gar nicht heben, so groß und schwer, wie er war. Da ergriff er einen Knüppel und ballerte ebenso schnell auf den Fußboden, wie der Riese drosch. Der Riese merkte nichts, und sie machten so weiter, bis der Tag hell wurde. Da sagte der Junge: „Nun wollen wir hineingehen und frühstücken. „Ja, sprach der Riese, „ich finde, wir haben stramm gearbeitet.

    Einige Zeit danach schickte der Riese seinen Knecht zum Pflügen. Er wies ihn zugleich an: „Wenn der Hund kommt, musst du die Ochsen ausspannen und in den Stall bringen, wo er vorausläuft. Der Junge versprach zu tun, wie gesagt war. Als aber die Ochsen ausgespannt waren, kroch der Hund des Riesen unter dem Fundament hindurch in ein Gebäude, an dem keine Tür zu finden war. Der Riese wollte damit feststellen, ob sein Knecht stark genug sei, alleine das Haus anzuheben und die Ochsen an ihren Platz zu stellen. Der Junge überlegte lange und gründlich, was nun zu tun sei; schließlich fiel ihm ein Ausweg ein, er schlachtete die Tiere und warf ihre Körper durch die Öffnung. Als er nun nach Hause kam, fragte der Riese, ob er die Ochsen in den Stall gebracht habe. „Ja, erwiderte der Knecht, „hineingebracht habe ich sie, wenn ich sie auch ein wenig verändert habe."

    Nun begann der Riese, misstrauisch zu werden, und überlegte mit der Riesin, wie sie den Knecht ums Leben bringen sollten. Das Weib sagte: „Mein Rat ist, dass du deine Keule nimmst und ihn heute Nacht erschlägst, während er schläft. Der Riese fand, das sei ein guter Rat, und versprach zu tun, wie sie gesagt hatte. Aber der Junge stand auf der Lauer und belauschte ihr Gespräch. Als es nun Abend wurde, legte er ein volles Butterfass ins Bett und verbarg sich hinter der Tür. Um Mitternacht stand der Riese auf, ergriff seine Riesenkeule und schlug auf das Butterfass, dass ihm der Rahm ins Gesicht spritzte. Danach ging er zu seiner Frau, lachte und sagte: „Ha, ha, ha, den habe ich so geschlagen, dass das Gehirn hoch an die Wand spritzte. Da freute sich das Weib, lobte den Mut ihres Mannes und meinte, nun könnten sie geruhig schlafen, da sie keine Angst mehr zu haben bräuchten vor dem durchtriebenen Knecht.

    Aber kaum war es heller Tag, da kam der Junge aus seinem Versteck gekrochen, ging hinein und begrüßte das Riesenpaar. Nun war der Riese sehr erstaunt und fragte: „Was? Bist du gar nicht tot? Ich dachte, ich hätte dich mit meiner Keule erschlagen. Der Junge erwiderte: „Ach so, ich hatte heute Nacht das Gefühl, mich hätte ein Floh gebissen.

    Am Abend, als der Riese und sein Knecht essen sollten, hatte das Riesenweib Grütze zum Abendessen gekocht. „Das ist schön, sagte der Junge, „nun wollen wir einmal sehen, wer am meisten essen kann, der Bauer oder ich. Der Riese war sofort bereit, und sie begannen zu essen, so viel sie konnten. Aber der Junge war schlau; er hatte sich seinen Quersack vor den Bauch gebunden und steckte sich einen Löffel Grütze in den Mund, während er zwei in die Ledertasche stopfte. Als der Riese nun sieben Schüsseln Grütze aufgegessen hatte, war er so satt, dass er schwer ächzte und nicht mehr konnte, aber der Junge aß genauso eifrig weiter wie vorher. Da fragte der Riese, wie das zugehe, dass er so klein von Wuchs sei und doch so viel verzehren könne. Der Junge erwiderte: „Bauer, das will ich Euch gerne lehren. Wenn ich so viel gegessen habe, wie ich mag, schneide ich mir den Bauch auf und kann noch einmal ebenso viel essen." Mit diesen Worten nahm er ein Messer und schnitt die Tasche auf, so dass die Grütze herausquoll. Der Riese fand, dies sei ein guter Einfall und wollte es ihm nachtun. Aber als der Riese sich sein Messer in den Bauch stach, begann das Blut zu fließen, und es endete nicht besser, als dass es ihm den Tod brachte.

    Als der Riese nun tot war, nahm der Junge alle Wertsachen, die sich in der Hütte befanden, und zog bei Nacht seiner Wege. Und damit endet das Märchen von dem schlauen Hütejungen und dem dummen Riesen.

    Anmerkungen

    1. Eine andere Überlieferung dieses Märchens, ebenfalls aus Süd-Småland, weicht in verschiedenen Nebenumständen ab. So wird berichtet, dass, als der Hütejunge und der Riese ausprobieren wollten, wer der Stärkere wäre, der Riese einen großen Stein hoch gen Himmel warf; der Stein fiel jedoch immer wieder herunter. Der Junge aber warf einen Vogel, den er gefangen hatte und in seiner Mütze bei sich trug. Als der Vogel nun wegflog und nicht wiederkam, glaubte der Riese, dass der Wurf bis in die Wolken gegangen sei und schloss daraus, dass der Junge der Stärkere von ihnen beiden sein müsse.

    2. Unter F. HAMMERICHs Skandinaviske Reiseminder ⁴, enthalten in der Zeitschrift Brage og Idun, 2. Band, 2. Heft (Kopenhagen 1839 und 1840), S. 544–547, kommt eine Überlieferung des vorliegenden Märchens aus Blekinge vor. Sie enthält keine besonders abweichenden Züge, außer dass das Weib des Riesen diejenige ist, die den Jungen in der Nacht umbringen will, während er schläft. Aber sie trifft stattdessen ein Butterfass, das der Knecht ins Bett gelegt hat. Als nun das Riesenpaar sich wieder zur Ruhe begeben hat, steht der Junge auf und haut auf ihren Bettpfosten ein, dass es kracht und dröhnt. „Wer hat mich geschlagen?, fragte der Riese. „Ich war’s nicht, Väterchen, erwiderte das Weib und kroch unter die Bettdecke. Der Junge aber setzte sein Spiel so lange fort, bis der Riese ihm seinen vollen Lohn auszahlte und die Erlaubnis gab, sogleich seiner Wege zu gehen. Der Junge ging daraufhin fort und lachte mit seiner Mutter über die Dummheit des Riesen.

    3. Im letztgenannten Werk (S. 547–552) kommt eine verworrene und unechte Erzählung vor mit dem Titel „Lille Knøs"⁵ (darüber siehe später die Erzählung vom „Pojken, som åt för tolf och arbetade för tolf"⁶). Der Schluss der genannten Erzählung weist deutliche Spuren auf, dass er einem alten Riesenmärchen entlehnt ist, obgleich er weiter verfälscht ist durch die Hereinnahme des aus der jüngeren Volkserzählung bekannten Eulenspiegel. Er soll dennoch hier angeführt werden, gewissermaßen als Seitenstück zum Abschluss in unserem oben mitgeteilten Märchen, und lautet folgendermaßen:

    „Es wird erzählt, dass der König Kleiner Bursche gerne loswerden wollte und demjenigen eine große Belohnung versprach, der ihn überwältigen könne. Dies erfuhr Eulenspiegel. Da ließ er sich einen Balg aus drei Ochsenhäuten machen, welchen er sich um den Leib spannte. Als der Balg fertig war, wurden zwei große Töpfe aufs Feuer gestellt und Grütze in einer ansehnlichen Menge gekocht. Dann ging Eulenspiegel hin zu Kleiner Bursche und fragte: „Hast du Lust, zuerst mit mir um die Wette zu essen und dann um die Wette zu laufen? Kleiner Bursche bejahte dies. Sie setzten sich nun zum Essen und aßen nach Herzenslust; aber für jeden Mundvoll, den Eulenspiegel aß, tat er zwei Löffel Grütze in den Ochsenbalg. Damit fuhren sie fort, bis beide Töpfe leer waren. Aber dennoch ließ sich keiner anmerken, dass er satt sei. Als sie nun um die Wette laufen sollten, blieb Eulenspiegel weit zurück, da ihn der große Balg belastete. Da zog er ein Messer hervor und stieß es in den Balg, dass die ganze Grütze herausquoll. Aber als Kleiner Bursche desgleichen tun wollte, stach er sich in den Bauch, so dass er umfiel und mausetot war. Es heißt, dass er dort noch heute liege.

    B. Der Junge, der das Kind des Riesen in den Brunnen

    fallen ließ

    Aus Uppland.

    Es war einmal ein Riesenpaar, das wohnte im Wald. Rund um ihre Hütte lagen fruchtbare Felder, so dass ihr Vieh immer gut genährt war; die Leute im nächsten Dorf aber hatten geringe und magere Weide. Das verdross sie, und sie ließen bisweilen ihr Vieh auf den Gütern des Riesen weiden. Aber dergleichen verlief nicht immer zum Guten; denn der Riese, der sehr grausam von Gemüt war, überfiel die Hirten und tötete sie.

    Nicht weit vom Hof des Riesen wohnte eine arme Frau, die hatte einen einzigen Sohn. Er war klein und schwach von Wuchs, aber sehr durchtrieben und dreist von Gemüt. Eines Tages sagte der Junge zu seiner Mutter, sie solle drei Käse machen. Die Frau tat nach seinem Begehr. Als nun die Käse fertig waren, wälzte der Junge sie in der Asche, dass sie grau und unappetitlich aussahen. Darüber ärgerte sich die Mutter und schalt ihn, dass er die Gottesgabe derart vergeudete. Aber der Junge bat sie, sich zufrieden zu geben; sie konnte ja auch nicht wissen, was er vorhatte.

    Frühmorgens zog der Junge mit den Tieren seiner Mutter in den Wald und trieb das Vieh auf die Weidegründe des Riesen. Hier streifte er ungehindert umher, solange die Sonne am Himmel stand; gegen Abend versammelte er sein Vieh und machte sich bereit, nach Hause zurückzukehren. Aber unterdessen hatte der Riese seinen Besuch bemerkt und kam nun mit großen Schritten auf ihn zu. Der Riese war sehr zornig und sah so grimmig aus, dass der Junge es trotz all seiner Beherztheit mit der Angst bekam. „Was tust du hier auf meinem Weideland?, brüllte der Riese. Der Junge erwiderte, er habe Weide für sein Vieh gesucht. Der Riese sprach: „Scher dich sofort weg, oder ich werde dich drücken, wie ich jetzt diesen Stein drücke. Damit ergriff der Riese einen großen Feldstein, der auf dem Boden lag, und drückte ihn, dass der Stein in tausend Splitter zersprang. Der Junge sagte: „Du bist sehr stark; aber meine Kräfte sind nicht geringer, wenn ich auch klein von Wuchs bin. Dann nahm er einen seiner Käse und quetschte ihn, dass die Molke herauslief. Als der Riese das sah, war er höchst verwundert und meinte, es müsste ein Betrug dahinterstecken. Er ergriff also wieder einen Stein vom Boden und drückte ihn zu kleinen Stücken; aber der Junge nahm den zweiten Käse und drückte das Wasser heraus wie vorher. Darauf wurde das Spiel noch einmal wiederholt, und der Junge drückte das Wasser aus dem dritten Käse. Da sagte der Riese: „Ich hätte nicht gedacht, dass du so stark sein könntest. Komm mit auf meinen Hof und diene mir treu, dann werde ich dir drei Scheffel Gold geben. Aber wenn du es mir nicht recht machst, werde ich drei breite Riemen aus deinem Rücken schneiden. Der Junge erwiderte: „Das scheinen mir gute Bedingungen zu sein; aber nun muss ich mein Vieh ins Dorf treiben." Sie kamen dann überein, sich am nächsten Tag zu treffen, und damit endete ihre Unterredung für dieses Mal.

    Am anderen Tag ging der Junge in den Wald und traf sich mit dem Riesen, wie vereinbart war. Sie gingen nun zusammen zur Hütte des Riesen. Die Riesin aber war so groß und abstoßend von Aussehen, dass der Junge sie mehr fürchtete, als er Angst vor dem Riesen selbst hatte.

    Als eine Weile vergangen war, sollten der Riese und sein Knecht in den Wald gehen und Brennholz hauen. Der Riese sagte: „Da du ja so stark bist, kannst du meine Axt tragen." Aber die Axt war sehr groß und schwer, so dass der Junge sie kaum heben konnte. Er sprach: „Bauer⁷, es ist besser, Ihr tragt Eure Axt selbst, dann kann ich vorausgehen und den Weg weisen. Damit war der Riese zufrieden, und sie zogen los. Als sie nun hinkamen, blieb der Riese bei einem großen Baum stehen. Er sagte: „Da du so stark bist, kannst du den ersten Hieb tun, dann tue ich den zweiten. „Nein, erwiderte der Knecht, „ich bin es nicht gewohnt, mit so einer kleinen Axt zu hauen. Ihr könnt selbst den ersten Hieb tun, dann will ich den zweiten tun. Der Riese gab sich damit zufrieden, hob die Axt und tat einen gewaltigen Hieb gegen die Wurzel; dieser Hieb aber war so heftig, dass der Baum mit einem lauten Krachen umfiel. So musste der Junge diesmal keine Probe seiner Kraft ablegen.

    Als nun der Baum nach Hause gebracht werden sollte, fragte der Riese: „Willst du bei der Krone tragen oder bei der Wurzel? Der Knecht antwortete: „Ich will bei der Krone tragen. Der Riese hob den Baum auf die Schulter, aber der Junge rief, er solle weiter darunter gehen. Der Riese tat, wie ihm gesagt war, und hatte zuletzt den ganzen Stamm im Gleichgewicht auf der Achsel. Dann sprang der Junge selbst hinauf und verbarg sich zwischen den Zweigen des Baumes. Als sie nun auf dem Hof ankamen, war der Riese sehr erschöpft, aber der Knecht meinte, das sei keine allzu schwere Arbeit gewesen.

    Tags darauf sagte der Riese, er wolle wegfahren; der Knecht solle zu Hause bleiben und der Frau⁸ beim Buttern helfen. Die Riesin holte nun ein Butterfass voll Milch herbei; aber das Butterfass war so groß, dass der Junge kaum den Stößer zu heben vermochte. Er sagte: „Frau, das scheint mir eine leichte Arbeit zu werden; aber ich möchte, dass Ihr mir zeigt, wie ich mich dabei anstellen soll. Die Riesin tat nach seinem Begehr und begann zu buttern; der Junge stand und sah zu. Auf einmal begann das Riesenkind zu schreien. Da sagte das Weib: „Nimm du die Kleine mit zum Brunnen und mache sie sauber. Ich werde buttern, solange du weg bist. Der Junge ging und hatte es nicht sehr eilig. Als er nun zum Brunnen kam und die Kleine waschen sollte, die wenig kleiner war als er selbst, hatte er das Pech, dass ihm das Riesenkind hinunter ins Wasser kullerte und ertrank. Der Knecht meinte, das sei ein geringer Schaden; aber er dachte, dass es nunmehr nicht ratsam sei, noch lange bei den Riesen zu bleiben.

    Als der Junge wieder zur Hütte kam, war das Weib fertig mit Buttern. „Du bist lange weggeblieben, sagte sie zum Knecht, „aber wo hast du mein Kind gelassen? Der Junge erwiderte: „Ja, nachdem ich sie gewaschen hatte, lief sie in den Wald, um ihrem Vater entgegenzugehen. „Ach so, entgegnete das Weib, „dann kommen sie wohl bald gemeinsam nach Hause."

    Gegen Abend kam der Riese aus dem Wald nach Hause und war sehr müde. Das Weib rief ihm entgegen: „Vater, wo hast du unser Mädchen gelassen? Der Riese erwiderte: „Ich habe kein Mädchen gesehen. Da erschrak die Riesin und begann laut zu schreien und zu jammern. Der Junge sagte, dass er mit dem Riesen in den Wald gehen und das Kind suchen wolle. Sie zogen nun in den Wald und suchten überall, konnten aber niemanden finden.

    Als der Riese und sein Knecht lange umhergestreift waren, kamen sie schließlich an die Grenze vom Gut des Riesen. Da sagte der Hütejunge: „Bauer, ich bin jetzt nicht weit von zu Hause. Gebt mir doch Urlaub, zu meiner Mutter zu gehen, die auf mich wartet. Morgen komme ich wieder und helfe Euch suchen. Der Riese erwiderte: „Du kannst gehen, wo du mir so treu gedient hast. Aber komm bald wieder. Mit diesen Worten holte der Riese gute drei Scheffel Gold hervor und gab sie dem Jungen als Lohn für seinen Dienst. Der Knecht aber dankte ihm und sagte, das nächste Mal wolle er ihm noch besser dienen.

    Der Riese und der Hütejunge zogen nun jeder in seine Richtung. Der Junge ging nach Hause zu seiner Mutter und gab ihr all das Gut, das er gewonnen hatte, so dass sie von dem Tage an reich und glücklich waren. Der Riese aber streifte im Wald umher, um sein Kind zu suchen. Dort geht er mit seinem Weib noch heute und sucht.


    ¹ „Der Schneider, der sieben auf einen Streich schlug"

    2 Wörtlich: Böcke.

    3 Wörtlich: Vater (in Schweden eine durchaus gängige Anrede)

    ⁴ „Skandinavische Reiseerinnerungen"

    ⁵ „Kleiner Bursche"

    ⁶ „Der Junge, der für zwölf aß und für zwölf arbeitete". Die Geschichte ist in diesem Band nicht enthalten.

    7 Wörtlich: Vater

    8 Wörtlich: Mutter

    2.

    Das Weib, das im Ofen gebraten wurde

    Ähnliche ausländische Märchen kommen vor:

    Bei den Deutschen: A. Siehe die Brüder GRIMM, Kinder - und Haus -Märchen, Teil I, Nr. 15, S. 91–100, „Hänsel und Grethel". – B. Bei STÖBER, Elsässisches Volksbüchlein, Straßburg 1842, S. 102–109, „Das Eierkuchen-Häuslein". C. Siehe BECHSTEIN, Deutsches Märchenbuch, Leipzig 1845, S. 55–60, „Hänsel und Grethel". – Siehe MÜLLENHOFF, Sagen, Märchen und Lieder der Herzothümer Schleswig, Holstein und Lauenburg, Kiel 1845, Nr. XIX, S. 449–550, „Peter und Lene". – E. KUHN und SCHWARTZ, Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche, Leipzig 1848, wo der vordere Teil der Erzählung sich wiederfindet auf S. 319–321 in dem Märchen „Die alte Frick".

    Bei den Franzosen: A. Ein Bruchstück in der Lunéville-Volksprache findet sich bei OBERLIN, Essai sur le patois . – B. Eine ähnliche Einleitung kommt vor im Märchen „Finette" unter den Contes des Fées der Gräfin D’AULNOY.

    Bei den Italienern: – Siehe den Anfang des Märchens „Nennillo ed Ninnella" in BASILEs Pentamerone, V, Nr. 3.

    Bei den Norwegern: – Siehe ASBJØRNSEN und MOE, Norske Folkeeventyr, Teil II, Nr. 53, S. 92–96, „Smørbuk".

    Bei den Dänen: – Siehe WINTHER, Danske Folkeeventyr, 1:ste Samling, Kopenhagen 1823, S. 1–6, „Pandekagehuset".

    Bei den Wenden: – Siehe HAUPT und SCHMALER, Volkslieder der Wenden in der Ober- und Nieder-Lausitz. Aus Volksmunde aufgezeichnet und mit den Sangweisen, deutscher Uebersetzung, den nöthigen Erläuterungen, einer Abhandlung über die Sitten und Gebräuche der Wenden und einem Anhange ihrer Märchen, Legenden und Sprichwörter . (2 Teile 4:to). Grimma 1841–3, Teil 2, S. 172–4, „Hänschen und Hannchen".

    A. Die Riesenhütte, deren Dach aus lauter Würsten

    bestand

    Aus Süd-Småland

    Es war einmal ein armer Kätner – und das sind wohl viele –, der tief im Wald wohnte. Er hatte zwei Kinder, einen Jungen und ein Mädchen. Eines Tages sagte der Kätner, dass sie hinausgehen und Tannenzweige schlagen sollten. Die Kinder gehorchten; der Junge nahm eine Axt, die Schwester ging mit, und dann zogen sie in den Wald, um Zweige zu schlagen, wie ihr Vater befohlen hatte. Aber wie sie so hin und her liefen, konnten sie schließlich den Weg nach Hause nicht mehr finden. Es wurde Mittag, es wurde Abend, und je länger es dauerte, desto tiefer verirrten die armen Kinder sich in der Wildnis. Da bekam das Mädchen es mit der Angst, und sie setzte sich auf einen umgefallenen Baumstamm und weinte bitterlich; der Junge aber war guten Mutes und tröstete seine Schwester, so gut er es vermochte. „Weine nicht, sagte er, „ich will uns eine Hütte bauen; morgen, wenn es Tag wird, finden wir schon wieder den Weg nach Hause. Gesagt, getan; er nahm seine Axt und baute eine kleine Hütte aus Tannenzweigen; das Mädchen trocknete sich die Tränen, und dann blieben sie die Nacht über im Wald.

    Am folgenden Morgen begannen die Kätnerkinder wieder ihre Wanderung, konnten aber den Weg ebenso wenig finden wie am Tag vorher. Als sie nun lange tüchtig gewandert waren, wurde das Mädchen müde, setzte sich hin und weinte bitterlich. „Weine nicht, tröstete ihr Bruder sie, „der Tag ist noch lang, und wir kommen wohl nach Hause, ehe die Sonne im Wald versinkt. Das Mädchen sagte: „Ich kann nicht mehr gehen, ich bin so hungrig, so hungrig." Aber der Junge blieb guten Mutes und meinte, dieser Sorge werde er wohl Abhilfe schaffen. Er hieß seine Schwester dort bleiben, während er fortging um etwas zu essen zu beschaffen.

    Als der Junge eine Weile gewandert war, kam er an eine kleine Lichtung; mitten auf der Lichtung stand eine Hütte, deren Dach aus lauter Würsten bestand. Da wurde dem Jungen froh zumute, und er schlich sich immer näher um zu sehen, ob er an das schöne Essen gelangen könnte. Nichts war zu hören, und der Junge wagte es schließlich, auf das Dach der Hütte zu klettern. Als er nun durch das Rauchloch hinunterblickte, wurde er einen alten Riesen gewahr, der zusammen mit seiner Frau dort drinnen wohnte. Da wollte der Junge sich hinwegbegeben; aber der Riese bemerkte ein Geräusch und rief mit harter Stimme: „Wer raschelt da auf meinem Dach? Der Junge erwiderte mit dünner Stimme: „Nur ein ganz, ganz kleiner Vogel. „Ja dann, brummte der Riese, „du kannst ja keinen Schaden anrichten. Der Junge nahm nun eine Handvoll Würste und lief hastig fort zu seiner Schwester, die unterdessen mit großer Angst und Furcht seine Rückkehr erwartet hatte.

    Es vergingen dann einige Tage, ohne dass die beiden Geschwister Mangel litten, wenn sie auch den Weg aus der Wildnis nicht finden konnten. Als nun ihr Nahrungsvorrat aufgebraucht war, musste der Junge sich wieder auf den Weg machen, um mehr zu beschaffen. Er schlich sich daher zur Riesenhütte, deren Dach aus lauter Würsten bestand, und kroch sachte aufs Dach. Aber der Riese hörte ein Geräusch und rief mit barscher Stimme: „Wer raschelt da auf meinem Dach? Der Junge erwiderte mit dünner Stimme: „Nur ein ganz, ganz kleiner Vogel. „Ja dann, brummte der Riese, „du kannst ja keinen Schaden anrichten. Der Junge nahm dann wie das vorige Mal eine Handvoll Würste und lief hastig fort zu seiner Schwester, die voll Unruhe abwartete, wie sein Ausflug ablaufen würde.

    Nach einiger Zeit musste der Junge sich wieder hinbegeben, um etwas zu essen für sich und seine Schwester zu beschaffen. Diesmal wollte das Mädchen mitgehen, um zu sehen, wie er es anstellte. Der Junge lehnte ihr Begehren lange ab und meinte, es wäre besser, wenn er alleine ginge. Aber die Schwester war beharrlich, und, wie es in solchen Fällen gewöhnlich geht, zuletzt bekam sie ihren Willen. Als sie nun zur Riesenhütte kamen, bekam das Mädchen es mit der Angst und begann zu weinen. „Ach, sei nur still, tröstete sie ihr Bruder, „du wirst sehen, es ist gar nicht so gefährlich. Er kroch dann aufs Dach und warf seiner Schwester, die unten stand, Würste zu. Als der Riese ein Geräusch hörte, brummte er wie zuvor: „Wer raschelt da auf meinem Dach? Der Junge erwiderte mit schriller Stimme: „Nur ein ganz, ganz kleiner Vogel. Aber nun konnte das Mädchen ihr Lachen nicht mehr zurückhalten und kicherte laut: „Hi, hi, hi!" Da bekam der Junge es mit der Angst und wollte forteilen; aber dabei rutschte er aus, brach ein Loch ins Dach und stürzte Hals über Kopf durch die Öffnung. Als das Mädchen dieses Unglück bemerkte, erschrak sie gewaltig und floh hastig zurück in den Wald.

    „Ja, nun sehe ich, was für ein kleiner Vogel du bist, sagte der Riese, als der Junge durch das Hüttendach heruntergefallen kam. Dann sprach er mit seiner Frau und sagte: „Mutter, nimm den Bengel und mäste ihn gut, dass wir uns demnächst einen guten Braten schmecken lassen können. Die Frau des Riesen tat, wie ihr Mann sie geheißen hatte, ergriff den Jungen und sperrte ihn in einen Verschlag. Dort bekam er Nüsse und süße Milch, soviel er essen mochte, und wurde bald stärker und rundlicher, als er vorher gewesen war.

    Es verging dann einige Zeit, da wollte der Riese wissen, ob der Junge schon auseichend gemästet wäre. Er ging daher zum Stall und rief, der Junge solle seinen Finger herausstrecken. Aber dieser merkte Unrat und streckte stattdessen einen Holzstock heraus. Der Riese fasste diesen an und meinte, der Junge müsse noch sehr mager sein, da er sich in dem Loch so hart anfühlte. Der Riese ging nun zu seiner Frau und sagte, der Junge solle doppelt so viele Nüsse und süße Milch bekommen als bisher, was dann auch geschah.

    Einige Tage später ging der Riese wieder zum Verschlag um festzustellen, ob der Junge schon fett genug wäre. Dieser streckte, wie zuvor, einen Holzstock heraus. Der Riese wunderte sich sehr, dass der Junge so wenig Fleisch angesetzt hatte, und wurde sehr böse auf seine Frau. Aber die Frau des Riesen entschuldigte sich und meinte, es sei nicht der Mühe wert, den Jungen weiter zu mästen, da er doch nie fett würde. Der Riese sagte: „Wenn es so ist, wie du sagst, will ich mich gleich heute auf den Weg machen und unsere Verwandten zu Gast laden. Du kannst inzwischen den Ofen befeuern und den Braten vorbereiten." Dies, fand das Weib, sei ein guter Rat, und versprach zu tun, wie ihr Mann gesagt habe. Darauf sattelte der Riese sein Ross und ritt seiner Wege.

    Als der Riese fort war, zündete das Weib ein großes Feuer an und ließ den Ofen sehr heiß werden. Dann holte sie den Jungen aus dem Verschlag und ließ ihn sich auf den Brotschieber setzen, um in den Ofen geschoben zu werden. Aber der Junge merkte, dass es sein Leben galt, und fiel deshalb jedes Mal herunter, wenn das Weib den Schieberstiel anfasste. Die Riesin ärgerte sich über solche Ungeschicklichkeit; aber der Junge entschuldigte sich, er wisse nicht richtig, wie er sitzen solle. „Frau, sagte er, „setzt Euch einmal selbst auf den Brotschieber, dann kann ich es wohl lernen. Die Frau tat nach seinem Begehr und setzte sich mit krummem Rücken auf den Brotschieber. Sofort war der Junge bei der Hand, ergriff den Schieberstiel und schob das Weib in den glühend heißen Ofen. Das war das Ende der Riesin.

    Als die Riesin tot war, sammelte der Junge eiligst alles zu essen, was er im Haus finden konnte, und ging dann, um seine Schwester zu suchen. Er fand sie in der kleinen Reisighütte, und es lässt sich wohl denken, was das für eine Freude war, als sie sich trafen, die schon gedacht hatten, sie würden sich nie mehr wiedersehen. Aber das Mädchen hatte sich unterdessen von den Würsten ernährt, welche der Junge vom Dach heruntergeworfen hatte, als er damals beim Riesen festgesetzt worden war. Nun hatte sie gedacht, ihr Bruder sei längst aufgefressen, und selbst hatte sie die ganze lange Zeit nur immerzu um ihn geweint.

    Während all dies geschah, kam der Riese von seiner Reise zurück und wunderte sich, dass seine Frau ihm nicht entgegenkam, wie es ihre Gewohnheit war. „Aber, dachte er bei sich, „sie hat sicherlich so viel zu tun mit dem Gastmahl, dass sie nicht herauskommen kann. Der Riese stieg nun vom Pferd und ging hinein; aber das Weib war nirgends zu sehen. „Vielleicht, meinte der Riese, „ist sie ja in den Wald gegangen; ich werde unterdessen einmal nach dem Braten sehen. Als er nun die Ofentür öffnete, siehe, da saß seine eigene Frau gebraten und verbrannt im Ofen; und der listige Junge war entflohen. Als der Riese das sah und begriff, wie alles zugegangen war, wurde er so wütend, dass ihm das Herz zersprang und er tot bei der Feuerstelle hinfiel.

    Ein paar Tage danach war der Essensvorrat der Kätnerkinder aufgebraucht. Da überlegte der Junge bei sich, dass er wohl hingehen müsste und nachsehen, wie die Dinge beim Riesen stünden. Diesmal durfte das Mädchen aber nicht mitkommen. Als der Junge nun zur Hütte des Riesen kam, kroch er ganz sachte aufs Dach und spähte hinunter durch den Rauchfang. Aber wer kann sich seine Freude vorstellen, als er den Riesen tot vor dem Ofen liegen sah. Der Junge lief nun zu seiner Schwester und überbrachte ihr diese Nachricht. Dann gingen die Kätnerkinder zurück und nahmen alles Silber und sonstige Sachen, die den beiden Riesen gehört hatten, mit. Auf der anderen Seite der Hütte des Riesen aber fanden sie einen Weg, der durch den Wald führte. Diesem folgten sie und kamen so glücklich wieder zu ihrem Vater. Danach bin ich nicht mehr mit dabei gewesen.

    B. Die Hütte, deren Dach aus lauter Käsen

    bestand

    Aus Uppland.

    Weit fort auf einem Berg im Wald wohnte eine böse Hexe, die sehr gerne Kinderfleisch fraß. Sie pflegte daher ihre Hütte mit Käsen zu decken, um damit kleine Jungen und Mädchen anzulocken, welche in der Gegend umherstreiften. Wenn sie aber irgendwelche Kinder zu fassen bekam, so briet sie sie im Ofen und fraß sie dann.

    Nahe dabei wohnte ein armer Kätner, der hatte einen Sohn und eine Tochter. Als nun das Essen im Hause knapp war, sagte der Kätner eines Tages zu seinen Kindern, sie sollten in den Wald gehen und Beeren pflücken. Die Geschwister gingen und kamen schließlich an den hohen Berg. Hier erblickten sie eine Hütte, deren Dach aus lauter Käsen bestand. Da ratschlagten die Kinder miteinander und überlegten, dass sie gerne etwas von den schönen Käsen essen würden.

    Der Junge sollte nun zuerst sein Glück versuchen und kroch sachte aufs Dach hinauf. Als aber die Hexe ein Geräusch hörte, rief sie: „Wer knabbert da an meinem Dach? Der Junge antwortete mit dünner Stimme: „Das sind nur Gottes Englein, Gottes Englein. – „Dann knabbert nur in Frieden", erwiderte die Hexe. Da ergriff der Junge einen Stapel Käse und kam unbeschadet wieder zu seiner Schwester.

    Am anderen Tag gingen die Kätnerkinder wieder zu dem Berg; aber nun wollte das Mädchen unbedingt mit ihrem Bruder zur Hütte der Hexe gehen. Als sie nun auf das Hüttendach kamen und von den schönen Käsen zu pflücken begannen, rief die Hexe: „Wer knabbert da an meinem Dach? Der Junge antwortete mit dünner Stimme: „Das sind nur Gottes Englein, Gottes Englein. „Und ich, ich", fügte das Mädchen hinzu. Da bekam die Hexe Macht über die beiden Kinder, so dass das Dach entzweibrach und sie kopfüber in die Hütte hinunterfielen.

    „Ja, das ist gewisslich wahr, ihr seid ein paar hübsche Gottes Englein, sagte das Weib, als sie durch das Dach herunterpurzelten. Sie setzte hinzu: „Das ist ja schön, nun kriege ich einen feinen Braten. Eine Weile danach fragte sie: „Wie schlachtet eure Mutter ihre Schweine? „Nun, sie sticht sie mit einem Messer, sagte das Mädchen. „Nein", verbesserte der Bruder, „sie wickelt ihnen ein Bund Hede¹⁰ um den Hals. – „So will ich es auch machen, sprach die Hexe. Sie rollte nun ein Bund Hede zusammen und wickelte es um den Hals des Jungen, wobei dieser sich zu Boden fallen ließ, als ob er tot wäre. „Bist du nun tot?, fragte die Hexe. „Ja, antwortete der Junge. „Nein, erwiderte das Weib, „du bist wohl doch nicht richtig tot, denn dann dürftest du nicht reden. Der Junge entgegnete: „Ich rede aber, weil meine Mutter immer die Gewohnheit hatte, ihre Schweine nicht zu schlachten, bevor sie gemästet worden waren. „So will ich es auch machen, sagte die Hexe.

    Das Weib nahm nun die Kinder und sperrte sie in einen Koben. Eine Weile danach fragte sie: „Wie mästet eure Mutter ihre Schweine?" „Mit Treber und Schlempe¹¹, sagte das Mädchen. „Nein, verbesserte der Junge, „sie mästet sie mit Nüssen und süßer Milch. – „So will ich es auch machen, sprach die Hexe.

    Eines Tages ging das Weib zum Koben um zu sehen, ob die Kinder gut Fleisch angesetzt hätten. „Steckt den Finger heraus, rief sie, „dass ich fühlen kann, ob ihr genug gemästet seid. Das Mädchen tat, wie das Weib gesagt hatte; aber der Junge schob sie hastig beiseite und hielt stattdessen einen Holzstock hin. Die Hexe fühlte ihn an und sagte: „Ihr seid viel zu mager, ich will euch noch einige Zeit mästen." Sie gab ihnen daraufhin doppelt so viele Nüsse und süße Milch als vorher, so dass sie weit mehr davon hatten, als sie zu verzehren vermochten.

    Nach einigen Tagen ging das Weib wieder zum Koben um zu prüfen, ob die Geschwister hinreichend Fleisch angesetzt hätten. „Steckt einen Finger heraus, rief sie, „dass ich euer Fleisch fühlen kann. Der Junge hielt nun einen Kohlstrunk hin, den er im Koben gefunden hatte. Das Weib schnitt mit ihrem Messer hinein und dachte dann, die Kinder seien sehr fett. Sie nahm sie darauf mit in die Hütte, wo der Ofen angeheizt und alles bereit war, sie zu braten.

    Nun sagte die Hexe, eins der Geschwister solle sich auf den Brotschieber setzen. Da trat das Mädchen vor und wollte tun, wie das Weib gesagt hatte; aber der Junge stieß sie beiseite und setzte sich statt ihrer selbst hin. Als die Hexe ihn dann in den Ofen schieben wollte, stellte er sich sehr tollpatschig an und kullerte jedes Mal herunter, wenn das Weib den Schieberstiel ergriff. Die Hexe wurde darüber sehr verärgert; aber der Junge war listig und bat sie überaus freundlich, sie möge sich doch selbst auf den Brotschieber setzen und es ihm zeigen, dann werde es das nächste Mal besser gelingen. Das Weib tat nach seinem Begehr und setzte sich auf den Schieber; der Junge aber war flugs bei der Hand, packte den Stiel, schob die Hexe in den Ofen und verriegelte die Ofentür.

    Die Kätnerkinder nahmen nun alle Schätze, die sich in der Hütte befanden, und kehrten zu ihrem Vater zurück. Aber ich weiß nicht mit Sicherheit, ob die Hexe schon durchgebraten ist, denn es dürfte kaum jemand die Ofentür aufgemacht haben um nachzusehen.

    Anmerkungen

    1. Eine andere Aufzeichnung aus Uppland weicht nur in Bezug auf die Einleitung ab, die in Übereinstimmung mit dem erzählt wird, was im Märchen „Pojken, som frälste sina bröder ifrån Jätten"¹² vorkommt.

    2. In einer Überlieferung aus Östergötland hat das Märchen bereits seinen ganzen ursprünglichen Charakter verloren. Die handelnden Personen sind hier zwei Burschen, von denen der eine, Truls, Sohn des Zimmermanns, hässlich und böse ist; aber Pehr, der Sohn des Pastors, ist gut und liebenswürdig. Truls wird gebraten und aufgefressen von einer Hexe, deren Hütte mit Hippen¹³ gedeckt war. Aber Pehr rettet sich durch die gleiche List wie die Kinder in dem oben mitgeteilten Märchen.

    3. Eine andere, gleichfalls jüngere Überlieferung des vorliegenden Märchens, ist einzeln abgedruckt in Stockholm, 1825, u. a. O., unter dem Titel „Den stekta Trollpackan"¹⁴, und findet sich bearbeitet in Barn-Vännen, Jul-gåfva för snälla Barn, Gefle 1840, S. 47–51.

    4. Eine andere Überlieferung aus Süd-Småland, die im Übrigen mit der Aufzeichnung A übereinstimmt, beendet das Märchen damit, dass das Kätnerkind das Boot des Riesen nahm und sich auf den See hinausbegab. Als nun der Riese nach Hause kam und seine Frau gebraten im Ofen vorfand, aber das Kind draußen auf dem Wasser sah, legte er sich nieder, um den See auszutrinken. Da rief der Knabe: „Vater, Vater, sieh nur, wie ich fliege!" Sogleich wollte der Riese sich erheben; aber er hatte zu viel getrunken, so dass er platzte; woraufhin das Kind seine Habe nahm und fröhlich wieder zu sich nach Hause zog.

    5. Laut einer Aufzeichnung aus Värmland kam das Kätnerkind an einen Berg, wo eine Hexe mit Namen Bergdusa wohnte. Als die Hexe nun Lärm hörte, rief sie:

    „Wer macht sich da breit und isst von meinem Dach?" Der Knabe erwiderte:

    „Ach, das sind Sankt Peter und ich."

    Die Fortsetzung ist gleich wie oben. – Das Kind wird gefangen und in einen „Eisenkäfig" gesetzt, um gemästet zu werden, entkommt aber durch die Schläue des Knaben.


    9 Wörtlich: „Mutter".

    10 Werg, bei der Aufbereitung und Verarbeitung von Flachs und Hanf anfallende Kurzfasern.

    11 Treber und Schlempe: alkoholfreie Rückstände aus der Bier- und der Branntweinherstellung, als Tierfutter verwendet.

    ¹² „Der Junge, der seine Brüder aus der Gewalt des Riesen erlöste"

    ¹³ Ein Gebäck

    ¹⁴ „Die gebratene Hexe"

    3.

    Der Junge, der die Wertsachen des Riesen stahl

    Das Märchen kommt vor:

    – Auf Norwegisch: – Bei ASBJØRNSEN und J. MOE, Norske Folkeeventyr, Teil I, Nr. 1, S. 1–7, „Om Askepot, som stjal Troldets Sølvænder, Sengeteppe og Guldharpe".

    – Auf Englisch: – In TABARTs Fairy Tales u. ä. Sammlungen, unter der Überschrift „Jack and the Beanstalk".

    – Auf Deutsch: – In verworrener Form bei KUHN und SCHWARTZ, Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche, Leipzig 1848, S. 324–326, „Die drei Burschen und der Riese".

    A. Das Schwert, die Goldhühner, die Goldlaterne und

    die Goldharfe

    Aus Süd-Småland.

    Es war einmal ein armer Kätner, der hatte drei Söhne. Die beiden ältesten gingen mit ihrem Vater in den Wald und aufs Feld und dienten ihm als Beistand bei seiner Arbeit; der kleinste Junge aber blieb zu Hause bei seiner Mutter und half ihr bei ihrer Hausarbeit. Deswegen wurde er von seinen Brüdern geringgeschätzt, und sie bereiteten ihm Verdruss, wann und wo immer sie konnten.

    Es geschah nach einiger Zeit, dass die Kätnersleute starben und die drei Söhne ihr Erbe aufteilen mussten. Da ging es, wie man es sich wohl denken kann: Die älteren Brüder nahmen das, was Wert hatte, und ließen ihrem jüngeren Bruder nichts übrig. Als nun alles andere verteilt war, blieb nur noch ein alter, zersprungener Backtrog übrig, den keiner von ihnen haben wollte. Da sagte einer der Brüder: „Der alte Trog ist gerade richtig für unseren jüngsten Bruder, er bäckt und schlabbert ja so gerne." Wohl dachte der Junge, das sei doch ein dürftiges Erbteil, aber er musste sich damit abfinden. Von dem Tag an hielt er es aber nicht für gut, noch länger zu Hause zu bleiben; er sagte daher seinen Brüdern Lebewohl und zog hinaus in die Welt, um sein Glück zu versuchen. Als er nun an das Seeufer kam, kalfaterte er seinen Trog mit Werg und machte ein kleines Boot daraus, woran er zwei Knüppel als Riemen befestigte. Danach ruderte er seiner Wege.

    Als der Junge über den See gerudert war, kam er an einen großen Königshof. Er ging hinein und verlangte mit dem König zu sprechen. Dieser fragte: „Was ist deine Herkunft, und was ist dein Anliegen?"

    Der Bursche antwortete: „Ich bin ein armer Kätnersohn, der auf der ganzen Welt nichts besitzt als einen alten Backtrog. Nun bin ich hierhergekommen, um eine Anstellung zu suchen. Als der König dies hörte, lachte er und sagte: „Da hast du allerdings ein kümmerliches Erbe; aber das Glück nimmt oftmals seltsame Wendungen. Der Bursche wurde dann unter die Pagen des Königs aufgenommen und war bei allen wohlgelitten wegen seiner Kühnheit und Keckheit.

    Nun muss erzählt werden, dass der König, der über diesen Königshof herrschte, eine einzige Tochter hatte. Sie war sowohl schön als auch klug, so dass im ganzen Lande von ihrer Schönheit und Klugheit gesprochen wurde, und Bewerber kamen von Osten und Westen und freiten um sie. Aber die Prinzessin gab ihnen allen einen Korb, wenn sie ihr nicht als Brautgeschenk vier schöne Sachen bringen konnten, die einem Riesen jenseits des Sees gehörten. Diese Wertsachen waren: ein goldenes Schwert, drei¹⁵ Goldhühner, eine Goldlaterne und eine Harfe aus Gold. Viele Ritter und Königssöhne waren losgezogen, um diese Kostbarkeiten zu gewinnen; aber keiner war zurückgekommen, denn der Riese hatte sie alle gefangen und aufgefressen. So etwas fand der König übel; er fürchtete, dass seine Tochter ohne Mann bleiben und er selbst niemals einen Schwiegersohn bekommen würde, der das Reich erben könnte.

    Als der Bursche davon reden hörte, dachte er bei sich, dass es wohl einen Versuch wert wäre, die schöne Königstochter zu gewinnen. In solchen Gedanken ging er eines Tages zum König und meldete sein Anliegen. Aber der König wurde zornig und sagte: „Wie kannst du, der du ein geringer Bursche bist, daran denken, das auszuführen, was bisher kein Ritter vermocht hat. Der Bursche blieb dennoch fest auf seiner Meinung bestehen und bat um Erlaubnis, sein Glück zu versuchen. Als der König nun seinen Mut sah, ließ er seinen Zorn fahren und erteilte ihm die Erlaubnis. Er setzte hinzu: „Es gilt dein Leben, und ich möchte dich nicht gerne verlieren. Nach dieser Unterredung schieden sie voneinander.

    Der Bursche ging nun ans Seeufer, suchte sein Boot auf und sah es von allen Seiten genau nach. Danach ruderte er zurück über den See und legte sich bei der Hütte des Riesen auf die Lauer. Dort blieb er die Nacht über. Aber am Morgen, noch ehe es hell wurde, ging der Riese auf seine Tenne und drosch, dass es weit umher in den Bergen hallte. Als der Bursche das vernahm, sammelte er einen Haufen kleiner Steine in seine Tasche, kroch auf das Dach und machte ein kleines Loch, so dass er hinuntersehen konnte. Der Riese pflegte immer sein goldenes Schwert an der Seite zu tragen, und das Schwert hatte eine so wundersame Eigenschaft, dass es jedes Mal laut klang, wenn der Riese zornig wurde. Als der Riese nun mitten beim Dreschen war, warf der Bursche einen kleinen Stein, dass dieser auf das Schwert fiel, wobei dieses einen starken Klang gab. „Warum klingst du, sagte der Riese verdrießlich, „ich bin doch nicht zornig? Er drosch weiter, aber plötzlich klang das Schwert noch einmal. Da verlor der Riese die Geduld, legte seinen Gürtel ab und warf das Schwert durch die Scheunentür hinaus. „Dort liege, sagte er, „bis ich mit Dreschen fertig bin. Aber der Bursche wartete nicht ab, sondern kroch eilig vom Dach herunter, ergriff das goldene Schwert des Riesen, lief zu seinem Boot und ruderte über

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