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Mühlviertler Schmankerl: Österreich Krimi
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eBook229 Seiten2 Stunden

Mühlviertler Schmankerl: Österreich Krimi

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Über dieses E-Book

Mercedes Brettschneider, die Nichte von Innenminister Kaputtnig, ist wie vom Erd­boden verschwunden. Also unterbricht Bezirksinspektor Grinninger seine freien Tage und startet die Ermittlungen in Altenkirchen, einem Wallfahrtsort im beschaulichen Mühlviertel. Auf seiner Suche nach der Vermissten stößt er auf zahlreiche Ungereimtheiten und verfängt sich in einem eng verzweigten, lebensgefährlichen Netz aus Korruption, Betrug und Polit-Filz. Dazu machen ihm ein Elvis-Imitator mit Alkoholproblemen, ein skandalträchtiger Priester, ein dubioser Fleischhauer und eine mit allen Wassern gewaschene Immobilienmaklerin das Leben schwer. Kommt der Grinninger hier wieder lebendig raus?

SpracheDeutsch
HerausgeberFederfrei Verlag
Erscheinungsdatum24. Juli 2020
ISBN9783990740958
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    Buchvorschau

    Mühlviertler Schmankerl - Christian Hartl

    1969)

    Intro

    Sie hört sein lüsternes Stöhnen und spürt, wie er sich ihr erregt Schritt für Schritt von hinten nähert. Seine stinkende Bierfahne lässt ihre Nackenhaare wie Drahtspitzen zu Berge stehen. Panik überfällt sie. Verkrampft und geistesabwesend schnellt sie reflexartig mit ihrem rechten Ellbogen zurück, um seinen Übergriff abzuwehren. Volltreffer! Er schreit auf. Einen kurzen Augenblick später ist alles still. Sie wagt es kaum, sich umzudrehen. Dann aber hört sie einen lauten Rumpler und ein Plärren. Von einem Moment auf den anderen verkommt sein Schreien zu einem gurgelnden Röcheln.

    Plötzlich herrscht Totenstille. Langsam bewegt sie ihren Kopf zurück. Bedachtsam blickt sie zu ihm hinunter. Da! Blutüberströmt mit einer riesigen Platzwunde am Kopf liegt er leblos am Ende der Treppe. Ist das Schwein tot? Als sie realisiert, was soeben passierte, beginnt sie leise zu weinen. Hat sie soeben einen Menschen getötet? Wie kann sie damit leben? Niemand wird ihr glauben, dass es Notwehr war. Was soll sie tun? Lautlos bewegt sie sich zu ihm hin und fühlt seinen Puls.

    Plötzlich zuckt sein ganzer Körper. Die Hände greifen verkrampft nach ihr. Gott sei Dank. Er lebt! Doch was soll sie nun tun? Sie reißt sich los und wimmert panisch um Hilfe.

    »Ist da jemand?!«

    Was sie in diesem Moment nicht weiß: Ihr schlimmster Albtraum hat soeben erst begonnen.

    Kapitel 1

    That's all right, Mama

    Vier Wochen sind seither vergangen. Heute ist der sechste Tag der Hitzewelle. Bei 36 Grad im Schatten sitzt Bezirksinspektor Gerhard Grinninger, bekleidet mit weißem Feinrippunterleiberl und Badehose im Lederhosenlook, alleine auf einer Biergarnitur vor dem Buffet am Badesee in Rohrbach. Sein graues Badetuch hängt lässig auf seiner Schulter. Vor ihm steht eine Halbe Most und in seiner linken Hand hält Grinninger eine große Bosna. Die Sonne glüht vom Himmel und lässt die Luft über der asphaltierten Fläche mit den vielen Biertischen auf- und abflimmern.

    Neben Grinninger liegt ein Buch mit dem Titel »Digital Burn­out – wie Sie dem Online-Wahn abschwören«. Grinninger beißt mit Elan in die Bosna, so fest, dass einige der feingehackten, in Curry und Ketchup getunkten Zwiebelstücke den Weg durch die Zähne auf das Leiberl finden und dort gelbliche Flecken hinterlassen.

    Grinninger grunzt. Der Bezirksinspektor ist heute schlecht gelaunt. Er hasst die Hitze, er hasst es, sinnlos auf Streife zu gehen, und er hasst es, mit einem Bärenhunger im Badebuffet sitzen zu müssen, weil die mütterliche Küche schon seit drei Tagen kalt bleibt. Grund dafür ist das Seminar, das seine Mama Herta seit Sonntag in Linz besucht. Es handelt sich um die Advanced-Ausbildung zum Humanenergetiker bei Hans Eisner, einer der dubiosesten Gestalten dieser Szene.

    Grinninger nimmt einen kräftigen Schluck vom Mostglas und starrt gedankenverloren auf den See. Das Wasser ist tiefgrün. Eine Schaumschicht, wie bei einer ordentlich eingeschenkten Halben, hat sich in Ufernähe gebildet. Das heiße Wetter und der fortgeschrittene Sommer sorgten dafür, dass das im Juni noch klare Bergwasser kippte. Der dicke Algenteppich zieht sich vom linken Seeufer bis ins hintere Drittel des idyllischen Naturkleinods. Ein dicker Pensionist mit Glatze und immens vielen Rückenhaaren schwimmt seit beinahe einer halben Stunde von Ufer zu Ufer. Am rechten Seeufer liegen drei Sautröge und ein altes Surfbrett. Sie warten auf die jungen Badegäste, die seit wenigen Minuten den Beachvolleyballplatz belagern. Auf Grinningers Nachbartisch sitzen zwei von der Sonne dunkelbraun gegrillte Herren und trinken Bier. Es hat den Anschein, als ob sie Stammgäste wären. Einer von ihnen hat einen von der Sonne ausgebleichten Anker auf seinem Unterarm tätowiert. Offenbar ein sogenanntes Häfenpeckerl.

    Grinninger räuspert sich und zieht sein Handy aus der Hosentasche. Er steigt in Facebook ein und betrachtet nochmals das Profil von diesem Hans Eisner. Auf was sich da seine Mama eingelassen hat, denkt er sich, als er Eisners hochgeladene Fotos durchklickt. Mit seinen langen, schwarz gelockten Haaren und dem mit Selbstbräuner bearbeiteten gelbbraunen Gesicht sieht Eisner aus wie ein Reserve-Winnetou. In schwarzen hautengen Röhrenjeans, einem weißen Hemd und Schlangenlederstiefeln posiert er neben einem Helikopter und einem Maserati.

    »Woher der Typ so viel Geld hat«, denkt sich der Bezirksinspektor, überlegt kurz und seufzt schließlich. »Klar. Das Seminar von der Mama bei diesem Scharlatan kostet eine Menge Geld«, sinniert Grinninger weiter und surft auf ein Bild, das Eisner mit drei jungen Frauen in einer Disco zeigt.

    Grinninger schätzt diesen Typen auf etwa 60 Jahre. Er schüttelt den Kopf. Plötzlich vibriert es in seiner Badehose. Das Diensthandy meldet sich. Wie er es nur hasst, ständig erreichbar zu sein.

    »Ich bin der Sklave des digitalen Goldrausches!«, flucht Grinninger und wirft einen prüfenden Blick auf das Display.

    Der Bezirksinspektor verdreht die Augen und hebt ab.

    »Grinninger. Hören Sie gut zu, das ist jetzt wichtig«, hört er die ihm unsympathische Stimme von Bezirkspolizeikommandant Stefan Schlager sprechen.

    »Was ist denn jetzt schon wieder passiert? Chef, ich habe heute meinen freien Tag.«

    »Das ist mir jetzt wurscht. Sperren Sie die Lauscher auf: Innenminister Harald Kaputtnig hat sich persönlich bei mir gemeldet. Seine Nichte Mercedes Brettschneider ist seit zwei Wochen verschwunden.«

    Grinninger spürt die Anspannung von Schlager durch das Telefon. Sein großes Vorbild, Innenminister Kaputtnig, will was von ihm.

    »Und? Was soll ich damit?«

    »Ermitteln, Sie Vollkoffer. Glauben Sie, wir zahlen Sie fürs Däumchendrehen? Zeugen haben Fräulein Brettschneider zuletzt in Altenkirchen gesehen. Das liegt in Ihrem Ermittlungsbereich. Und wenn Ingenieur Harald Kaputtnig, der beste Innenminister aller Zeiten, was will, dann springen wir. Klar? Da ist es mir egal, ob Sie Ihren freien Tag haben.«

    »Altenkirchen?« Grinninger zieht eine unfreundliche Grimasse und nippt seelenruhig am Mostglas.

    »Sie meinen …«

    »… Ja. Dalli, dalli. Auf geht’s. Ich möchte dem Herrn Innenminister so schnell wie möglich erste Details liefern.«

    Grinninger verdreht die Augen und presst die Luft aus seinen Lungen. Das hat ihm noch gefehlt, dass er nach Altenkirchen muss. Wegen dieser Quelle mit angeblich heiligem Wasser ist in diesem Kaff neuerdings die Hölle los. Menschen aus allen Teilen Österreichs, ja sogar aus Italien, Deutschland und Spanien pilgern in dieses stinklangweilige Örtchen. Und alles nur deswegen, weil einem dieser schrulligen Weibsbilder an der Wasserquelle vor ein paar Wochen angeblich die Heilige Maria erschienen ist. Als sie nach ihrem Schreck von diesem Quellwasser trank, waren ihre Krampfadern Geschichte. Die Zeitungen sind voll mit diesem angeblichen Wunder und auch das regionale Fernsehen berichtet laufend über die Pilgerströme und Messen, die seither das damals noch beschauliche Leben in Altenkirchen erfassen.

    Schon lange Zeit vorher war Altenkirchen als Mekka der Zweitwohnsitzbesitzer bekannt. Kein Wunder: liegt es doch nur einen Steinwurf von der Landeshauptstadt Linz entfernt inmitten des gigantischen Speckgürtels entlang der Donau. Reichenghettos mit Schuhschachtelbauten prägen das Ortsbild und machten aus dem Kuhkaff den Hotspot des Mühlviertels. Dass diese Entwicklungen sich in horrenden Grundstückspreisen und für Einheimische nahezu unleistbaren Mieten auswirken, steht auf einem ganz anderen Blatt.

    »Das echte Mekka ist ein Schas dagegen«, denkt sich Grinninger und ertappt sich, wie er ganz beiläufig Schlagers unfreundlichen Ausführungen über die Person Mercedes Brettschneider via Diensthandy lauscht.

    »Sie ist – sagen wir mal – das persönliche Gegenteil unseres hochgeschätzten Innenministers. Gutmensch, Fallobstveganerin oder Birkenstockträgerin trifft es wohl am besten. Sie verstehen? Sie ist so eine dieser Willkommensklatscherinnern. Na ja. Die Verwandtschaft kann sich auch unser Herr Innenminister nicht aussuchen. Ist halt auch nur ein Mensch, gell. Zeugen zufolge soll sie Gast in der Pension Eder gewesen sein. Ich empfehle, dort nachzufragen. Und ja. Die Anzeige über ihr Verschwinden hat eine Geschäftspartnerin von dieser Brettschneider eingebracht. Sie ist auch so ein Subjekt, sicher eine dieser Genderemanzen. Ich sage es Ihnen: Wenn diese Person mit dem Namen Brettschneider nicht die Nichte von Kaputtnig wäre, würde uns ihr Verschwinden am Allerwertesten vorbeigehen.«

    Grinninger legt auf, trinkt aus und verlässt den Badesee, ohne auch nur mit den Zehenspitzen in Berührung mit dem kühlen Nass gekommen zu sein.

    Kapitel 2

    Crying in the Chapel

    Pfarrer Monsignore Pius Thorwartl sperrt den Tabernakel ab und reibt sichtlich nervös an seinem Kragen herum. Plötzlich fasst er sich an den Hosensack, weil er glaubt, sein Handy vibriert. Fehlanzeige. Er steht im Gotteshaus von Altenkirchen und genießt diesen Moment der Stille. Thorwartl schaut auf seine Armbanduhr. Es ist kurz nach 14 Uhr. In weniger als einer Stunde wird er die Kirchentür öffnen und wieder zahlreiche Pilger, Schaulustige und fromme Kirchgänger bei seiner Krampfadernvesper begrüßen. Das hätte sich der Priester noch vor 20 Jahren nie im Traum gedacht, dass seine heiligen Messen jemals so gut besucht sein würden. Seit der Krampfaderngeschichte ist die Marktgemeinde mit ihren 2500 Einwohnern zur Pilgerhauptstadt des Mühlviertels geworden. Der ansonsten leer gefegte Platz vor dem Ortsbrunnen hat sich in einen riesigen Busparkplatz verwandelt. Neue Mieter sind dabei, den vor zwei Jahren geschlossenen Nahversorger in ein Souvenirgeschäft zu verwandeln und der am Boden liegenden regionalen Wirtschaft neuen Schwung zu geben. Sogar der Bürgermeister gab schon Interviews für internationale Fernsehstationen. Dabei betonte der Gemeindevertreter immer wieder, wie tiefgläubig und christlich die Altenkirchner im Allgemeinen seien und wie schön die Landschaft sei, in der sie leben dürfen. Alles Dinge, die Pius Thorwartl niemals für möglich gehalten hätte. Sogar die Fernsehreporter sprechen vom Wunder von Altenkirchen und vergleichen den Ort mit bereits etablierten Pilger­orten wie Lourdes oder Mariazell.

    Das Business mit dem Glauben boomt. Mehr als 700 Pilgerwege gibt es in Österreich. Alleine im Gebiet um Bad Hansberg und Altenkirchen kreuzen sich der Granitsteig und der Jakobsweg dreimal. An der Abzweigung Herz-Jesu-Bankerl rinnt diese Altenkirchner Heilquelle. Um einen bewussten Gegenpol zum Fundamentwertweg der Opus-dei-Ableger »Die schmerzhaften Sünder« zu setzen, schufen Kistus, wie Thorwartl auch genannt wird, und seine Mitstreiter den »Krampfadernsteig«, den sie mit dem Heimatverein betreiben. Bürgermeister, Wirte und Wirtschaftstreibende reiben sich bereits die Hände und hoffen auf Devisen.

    Pfarrer Thorwartl wird aber zunehmend nervöser. Er reibt seine Hände aneinander und blickt auf die Uhr. Dass er so nervös ist, ist kein Wunder: Hat sich doch Nuntius Salvatore de Angelis, der berühmte Kirchenwissenschaftler aus dem Vatikan, angekündigt. Noch heute soll diese Koryphäe der römisch-katholischen Geistlichkeit in Altenkirchen ankommen und ihr Quartier im Pfarrhof beziehen. Tür an Tür mit Thorwartl wird er wohnen und dem Landpfarrer bis zum Umfallen auf die Finger schauen. Er ist sehr interessiert an dieser Heilquelle und prüft dieses Phänomen genau.

    »Eine normale Pfarrvisitation ist ein Kindergeburtstag dagegen«, denkt sich Thorwartl und schnauft kurzatmig durch.

    Schon einmal hatte Pius Thorwartl das Vergnügen, einen Aufpasser der Diözese Linz für mehrere Tage an seiner Seite zu haben. Der Grund damals war aber eher weltlicher Natur. Es war ein TV-Bericht über ihn mit dem Titel »Die Gaststuben sind sein zweites Gotteshaus«. Eine Homestory sozusagen, in der das Fernsehen Pius Thorwartls Leben bis in den letzten Winkel hinein durchleuchtete und auch die schillernden Seiten des 59-jährigen Franziskanerpriesters zum Besten gab. Ausschlaggebend dafür war sein Auftritt in der Brieflosshow.

    Pfarrer und Schlagerfan Pius Thorwartl gab darin eine Kostprobe seiner Gesangskünste ab und begeisterte das Publikum. In Talar und Stola sang er vom Leben und der Liebe. Dass ein über die Liebe zu Frauen singender Gottesmann mit Zölibat die Medien anzog wie die Motten das Licht, war klar. Die TV-Homestory rückte seine Passion als Jäger und seinen extrovertierten Lebensstil in den Mittelpunkt. Das war halt der Preis, den Thorwartl für die Publicity zahlte. Sein Spitzname »Jesus Kistus« kam dabei ebenfalls zur Sprache wie seine Liebe zu Frauen und zum Alkohol. Es ging vor allem um seinen eher extrovertierten Lebenswandel.

    »Jesus verwandelte Wasser in Wein, Pius ›Kistus‹ Thorwartl verwandelt den getrunkenen Wein in Wasser, das er bereits auf unzähligen Wirtshaustoiletten dosiert abließ.«

    Es ging aber noch tiefer und das Niveau nach unten kannte in dieser Reportage keine Grenzen. Phrasen wie »Das einzig dünne an Thorwartls Körper sind seine Haare« oder »Er lebt wie Gott in Frankreich und kennt beinahe jede Gaststube des Landes« waren dafür ausschlaggebend, dass die Diözesen-Watchdogs plötzlich eine Visitation anberaumten.

    Seither hat sich viel getan. Die besonders gläubigen Altenkirchner wandten sich von ihrem Hirten ab und besuchten die Messen lieber im 20 Kilometer entfernten Bad Hansberg. Andere Altenkirchner aber entdeckten in der Person Pius Thorwartl ihren Glauben neu und zählten seither zu den neuen Schäfchen, die der Gottesmann für das Wort des Herrn gewinnen konnte.

    Einer davon war Karl King, ein pensionierter Postler und passionierter Hobbymusiker, der dank seines Namens immer wieder als Elvis-Imitator auftrat. Er wurde Thorwartls bester Freund. King ist auch der Cousin von Erich Eder, Fleischer, Gastwirt und Quartiergeber von Mercedes Brettschneider, die vor knapp einer Woche zuletzt lebend gesehen wurde.

    Thorwartls Handy klingelt.

    »Was gibt’s, Charly? ... Jaja. Wie geht es unserer Fracht im Keller? ... Ist sie bereit für die Faust Gottes?«

    Thorwartl lacht kurz auf und verabschiedet sich mit einem schlampig ausgesprochenen »Servus« von seinem Gesprächspartner.

    Kapitel 3

    Heartbreak Hotel

    Als Bezirksinspektor Gerhard Grinninger die Tür zu Erich Eders Fleischerei am Altenkirchner Hauptplatz öffnet, schrillt ihm die Türglocke in voller Lautstärke entgegen. »Pilger Wilkommen!« prangt auf einer riesigen Holztafel neben der Tür. Ein hölzernes Comicschwein mit einer Tafel unter dem Arm und einer weißen Serviette um den Hals grüßt von der Fleischtheke, die gleichzeitig auch als Rezeption für die Pensionsgäste gilt. Die Kühlvitrine surrt beinahe so laut wie eines dieser auffrisierten Mopeds und der Duft von Knackwürsten liegt in der Luft.

    Hinter der Verkaufsbudel und den aufgehängten Wurststangen und Speckrenken lachen Grinninger mehrere Urkunden, Fotos, Medaillen und sogar ein schweinsledernes Dokument mit Wachssiegel entgegen. »Speckkaiser«, »Pökelpapst«, »AMA-Aushängeschild«, »Genussbotschafter« – die Inhalte zeugen davon, dass Erich Eder wohl ein Meister seines Fachs ist. Fotos, die Eder mit zweifelhaften Persönlichkeiten zeigen, sind das plakative Beiwerk dieser Speckpropaganda. Neben älteren Urkunden hängt auch eine ganz neue: »Die goldene Speckgabel für Eders Dry Aged Pastrami« ist darauf zu lesen. Daneben hängt ein Foto mit Eder und dem stellvertretenden Agrarlandesrat Sepp Hintringer, der der Verleihung beiwohnte.

    Grinninger grinst kurz und schaut sich um. Obwohl am Marktplatz von Altenkirchen heute der Bär steppt, ist es in diesem Fleischerwirtshaus eher ruhig. Lediglich eine etwa 40 bis 50 Jahre alte Karrieretussi in marineblauem, weit ausgeschnittenem Kostüm, mit wasserstoffblonder Föhnfrisur und High Heels sitzt an einem der

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