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Mord im Mühlviertel: Österreich Krimi
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eBook234 Seiten2 Stunden

Mord im Mühlviertel: Österreich Krimi

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Über dieses E-Book

Hektik herrscht in Kleinschlag im oberen Mühlviertel: Alois Hinterleitner, Biopionier und Vorzeigelandwirt wird von seinem Sohn Hannes tot im Misthaufen gefunden. Als man bei Johann Koglerauer, seinem zweiten,unehelichen Sohn, die Kreditkarte findet, scheint der Fall abgeschlossen. Inspektor Grinninger stößt aber auf viele Ungereimtheiten, die ihn schließlich in die Untiefen einer Vereinigung honoriger Persönlichkeiten bringt. Plötzlich steht der Dorfpolizist in einem tiefen Sumpf aus Korruption und Machtgelüsten. Und: Das Morden nimmt kein Ende.

SpracheDeutsch
HerausgeberFederfrei Verlag
Erscheinungsdatum27. Apr. 2017
ISBN9783903092822
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    Buchvorschau

    Mord im Mühlviertel - Christian Hartl

    Thomas

    Kapitel 1

    Ein warmer Föhn fegt durch die herbstliche Landschaft mit ihren bunten Laubbäumen, den gepflügten Äckern und den grünen Weidewiesen inmitten des hintersten Mühlviertels. An diesem Oktobertag steigt das Quecksilber im Thermometer weit über die Zwanzig-Grad-Marke. Sogar schon am Vormittag. So heiß war es zu dieser Jahreszeit in diesem Landstrich noch nie. Ein paar Krähen sitzen an den Feldrändern und bedienen sich an den vielen Samen der Wintergerste, die der Hinterleitner Hannes vergangenen Dienstag angesetzt hat. Aber nicht alles hat den Weg von der Sämaschine in das ungedüngte Erdreich gefunden.

    So dürfen auch die um diese Jahreszeit so aktiven schwarzen Krähen in den Genuss der Hinterleitnerschen Bio-Produkte kommen, die es sonst nur in einigen ausgewählten Geschäften zu kaufen gibt – und natürlich auch im örtlichen Greißler-Laden der Schwarz Irmi, die seit ein paar Monaten ein regionales Bio-Regal aufgestellt hat: Waren vom Bio-Bauern aus der Umgebung zu etwas teureren Preisen wie die herkömmlichen Industrieprodukte, nennt sich die Marktstrategie, die seit einiger Zeit auch in Kleinschlag Einzug gehalten hat. Nur recht verkaufen lassen die Bio-Müslikörner, der analogfreie Käse oder die geselchten Hopfenwürste sich nicht so wirklich gut. Kein Vergleich zum Linzer Südbahnhofmarkt, wo der Heinz, der Vater vom Hinterleitner Hannes, seit fast vier Jahren ein Standl hat.

    Seit etwa einer halben Stunde sitzt der passionierte Landwirt und potenzielle Hoferbe Hannes Hinterleitner am Traktor. Die Beine stecken in einer an den Knien abgeschnittenen Bundesheerhose. Knapp unter den Knien beginnen die schwarzen, leicht angedreckten Gummistiefel. Sein hellblaues Polo-Hemd hat er in die Hose gesteckt, das seinen Bauch, der sich durch das Sitzen leicht über den Gürtel schmiegt, noch dezenter betont. Auf der Stirn stehen leichte Schweißtropfen, und das von der Hitze im Führerhaus schweißnasse Haar steht in kleinen Büscheln vom Kopf ab.

    Das Radio spielt Schlager von Gus Backus, Roberto Blanco und diverse Oldies – dazwischen spricht ein verkrampft auf witzig getrimmter Moderator über Kraut und Erdäpfel und alles, was man aus diesen Zutaten so machen kann. Statt im Studio berichtet er live vom Südbahnhofmarkt in Linz, wo sich – so macht es zumindest im Radio den Anschein – ein größeres Publikum für das Thema interessiert. Alles, so scheint es, ist wie immer. Nur die ungewöhnliche Hitze macht allen zu schaffen. Ganz besonders dem Hannes, der schon als junger Bub dazu neigte, mehr zu transpirieren als die anderen Kinder. Besonders aufgefallen ist das natürlich im Turnunterricht, bei den Wandertagen und kurz vor den Ferien. Die Kombination verstärktes Schwitzen und der daraus resultierende Mangel an Selbstvertrauen machte es dem Hannes auch nicht gerade leicht bei der Damenwelt. Der Stempel des Versagers wurde ihm schon in der vorpubertären Phase eingebrannt – diesen dann schnell und rückstandsfrei wegzubringen, eine Kunst, die (fast) keiner kann.

    »Atemlos«, tönt es plötzlich in einer immensen Lautstärke aus Hannes’ Hosentasche. Sein Handy läutet. Der Jungbauer nestelt an der Außentasche der Hose und zieht sein Smartphone heraus.

    »Was gibt’s denn, Mama?«, schreit er in sein Telefon und versucht so, den Traktorlärm zu übertönen.

    »Hast du den Papa gesehen? – Seit einer Woche schon hab ich nichts mehr von ihm gehört«, brüllt seine Mama ebenso laut zurück.

    »Geh, Mama, was willst denn jetzt um die Zeit – der liegt sicher noch im Bett«, raunzt Hannes sichtlich genervt in den Hörer und lenkt zur selben Zeit den Traktor um einen Tümpel, der mitten in der Wiese angelegt wurde und von den Hinterleitners als Fischteich genutzt wird.

    »Und seit eurer Scheidung will er sowieso nicht mehr vor neun Uhr aufstehen«, erklärt er weiter und will das Gespräch schnell zu Ende bringen.

    Erstens kann er seine Mutter wegen des Traktorlärms sowieso nicht gut verstehen, und zweitens muss er mit dem Mist-Ausführen bis Mittag fertig werden, da er am Nachmittag mit ein paar Freunden zum Besuch der Freistädter Agrar-Messe verabredet ist. Darum hat er es eilig. Obwohl die Hinterleitner Gerti seit der Scheidung nicht mehr am Hof lebt, sondern in einer Zwei-Zimmer-Wohnung im zwanzig Kilometer entfernten Rohrbach, weiß sie über Hannes’ Vorhaben, die Messe zu besuchen, bestens Bescheid.

    »Zieh dich gescheit an, wennst dann nach Freistadt fährst. Am besten den graugrünen Steirerjanker, den ich dir gekauft habe. Damit schaust aus wie der Florian Silbereisen. Das gefällt den Mädchen, und du musst dir endlich wieder mal eine Freundin suchen, Bub«, tönt es nochmals aus dem Telefon in Hannes’ Ohr, bevor er den fiktiven Auflegen-Knopf drückt und über das Smartphone wischt, um das Telefonat zu beenden.

    »Silbereisen«. Bei diesem Wort hat der potenzielle Hoferbe die – für Mühlviertler Durchschnittswiesen leicht überdimensionierte – Landmaschine fast gegen das auf der Wiese abgestellte Jauchefass manövriert, das er vergangenen Mittwoch aufgestellt hat, um darauf ein Plakat zu platzieren. »Milchpreis 47 Cent – auf, Bauer, wehr dich!« ist darauf zu lesen. Nach einem geschickten Lenkmanöver setzt Hannes die Fahrt zum Hof fort. Der Miststreuer ist leer, und die halbe Wiese muss noch vor dem Mittagessen mit Dünger aus den Aftern der Rinder und Schweine bedeckt werden. Der Messe-Besuch steht an, und außerdem hat der Wetterbericht Regen angekündigt.

    Bei der Fahrt Richtung Misthaufen denkt der Hannes noch mal an das Telefonat mit seiner Mama und flucht innerlich über ihre Angewohnheit, dem beinahe fünfunddreißigjährigen Sohn noch immer sagen zu müssen, was er anziehen soll. Dabei schweifen seine Gedanken auch zu seinem Vater Heinz, den auch er seit gestern Mittag nicht mehr gesehen hat. Tarockieren gehen wollte der Altbauer, mit dem Sigi, seinem ehemaligen Schulfreund, der paar Häuser weiter mit seiner Mutter wohnt und ebenfalls Single ist. Im Gegensatz zum Heinz aber schon seit beinahe sechzig Jahren.

    Ich hoffe nur, dass er am Abend bald heimgekommen ist, er ist dran mit Kochen, und wenn es wieder spät wurde, dann ist der alte Herr wieder nicht auszuhalten, denkt der Hannes sich, während er den Traktor samt Miststreuer gekonnt rückwärts steuert und nur wenige Zentimeter vor der Betonkante des Hinterleitnerschen Misthaufens zu stehen kommt.

    Flink springt er aus dem Traktor, rennt zum Hoftruck mit Frontlader, den er vor einer halben Stunde neben dem Haufen abgestellt hat, und betätigt den Zündschlüssel. Einmal aufs Gas gestiegen, und schon bewegt die Mischung aus Traktor und Stapler sich zum Misthaufen.

    Gekonnt sticht er mit der Baggerschaufel, die mit spitzen Zähnen gespickt ist und wie eine riesige Mistgabel aussieht, in den Haufen. Er lädt eine Fuhre auf und leert diese mit einem lauten »Wwwums« in den Miststreuer. Plötzlich bemerkt er einen Widerstand.

    Hannes fährt mit dem Hoftruck einen Meter zurück, nimmt Anlauf und sticht mit voller Wucht in den Misthaufen, der wegen der ungewöhnlich hohen Temperatur heute noch mehr Fliegen anzieht als gewöhnlich. Die Gabel bohrt sich wie Butter durch die Mischung aus Stroh, Kuh- und Schweineexkrementen. Als er die Fuhre hochheben und zum Miststreuer transportieren will, stutzt er. Da kann was nicht stimmen. Die Ladung ist schwerer als sonst. Hannes muss Zwischengas geben, damit der Motor nicht abstirbt.

    »Scheiße«, schreit er auf, als er die Baggerschaufel mit den Zähnen kippt, um den Mist in den Streuer zu leeren: Ein menschlicher Körper hängt daran.

    Die Zinken der Gabel durchbohren den Hals, die Brust und den linken Oberschenkel. An der Spitze der Gabelzinken klebt Blut. Die Fliegen surren direkt darauf zu, um sich hinzusetzen. Eine dicke Dreckschicht bedeckt Gesicht und Kleidung der Leiche, nur Teile der Jacke ragen sauber heraus. Hannes tritt näher. Die dicken Hirschhornknöpfe mit den Initialen H. H. lassen das sonst eher rötliche Gesicht ganz bleich anlaufen. Hannes’ Augen weiten sich, der tuckernde Lärm des Hoftrucks verstummt langsam unter einer Decke aus Watte, dann wird alles um ihn schwarz.

    Kapitel 2

    Im Gemeindeamt von Kleinschlag sitzt Bürgermeister Engelbert Watzinger an seinem Schreibtisch. Neben einem Computerbildschirm, einigen Notizzetteln, auf denen die Termine der Vorwoche vermerkt sind, und einem ungewaschenen Kaffeehäferl liegen auch noch ein paar Pläne und Akten, die Bürgermeister Watzinger an die bevorstehende Bauverhandlung am Nachmittag erinnern sollen.

    In der Hand hält der Bürgermeister der Kleingemeinde ein Smartphone, das er unlängst aus den Händen des Bezirksparteichefs, dem Landtagsabgeordneten Hubert Schneeberger, für sein dreißigjähriges Engagement erhalten hat. Ein ganz neues Gerät, der Mercedes unter den neuen Wisch-Handys – so hat es auch der Bezirkschef ausgedrückt, als er Watzinger gestern das Stück beim Bezirksparteitag vor versammelten Funktionären überreicht hat.

    Genervt von der tief stehenden Sonne und dem Lärm der Renovierungsarbeiten im Nebenzimmer, drückt Watzinger mit seinen klobigen Fingern auf das Display. Kontakte aktualisieren, Nummern vom alten Telefon auf das neue transferieren und ein paar Apps herunterladen und installieren, lautet der Arbeitsauftrag des Kleinschlager Bürgermeisters für diesen Vormittag, an dem er von keinem gestört werden will. Doch es funktioniert nicht so, wie Watzinger es sich vorstellt. Die Gebrauchsanweisung für das Handy ist in einer Fremdsprache verfasst – zumindest einige Wörter, wie Display, Touchscreen, WLAN oder Browser, kommen Engelbert Watzinger spanisch vor und lösen in seinen Synapsen keine fruchtenden Verbindungen aus. Das ist auch kein Wunder. Die Schulzeit ist seit Jahrzehnten vorbei, und das letzte Gespräch in Englisch hat der Bürgermeister vor etwa zwei Jahren geführt, als er mit seiner Frau Herta einen Pauschalurlaub auf den Kanarischen Inseln verbrachte, um so den dreißigjährigen Hochzeitstag auf besondere Weise zu begehen. Sozusagen, um dem Hamsterrad der Ehe neuen Schwung zu geben.

    Denn in der jüngsten Zeit lief es nicht mehr so richtig. Ausschlaggebend war die Sprengelversammlung der Regionalbank, bei der Engelbert Watzinger ein paar Bier zu viel erwischte. Bei der anschließenden After-Party beim Kirchenwirt hat er der neuen Bankangestellten der Filiale in Kleinschlag ein bisschen auf den Busen gegriffen. Die Wochen darauf hat er sie gerne mal besucht, um bei einem Einzeltermin die Finanzen der Gemeinde zu besprechen beziehungsweise zu optimieren.

    Als Watzinger gerade dabei ist, Facebook auf seinem Smartphone zum Laufen zu bringen, versagt das Gerät plötzlich. Statt der Oberfläche des Sozialnetzwerkes erscheint ein schwarzer Bildschirm, der auch nach mehreren panikartigen Wisch-Versuchen nicht mehr verschwindet. Die Rückseite des Telefons wird immer heißer und die Laune des Bürgermeisters zusehends schlechter.

    »Anni«, plärrt er in seiner Hilflosigkeit und lockert sich den Knopf seiner schwarzen Krawatte, die er passend zu einem dunkelblauen Sakko zur Feier des Tages angezogen hat. »Anni, komm – es ist dringend«, schreit er nochmals und wirft bei seinen Wisch-Versuchen das alte Kaffeehäferl vom Bürgermeister-Schreibtisch auf den Boden.

    Prompt geht die Tür seines Büros auf, und Gemeindesekretärin Annemarie Schauer steht neben dem Bürgermeister, der das Handy in seiner linken Hand hält und mit dem Zeigefinger der rechten Hand im Sekundentakt draufhämmert. Mit einem Grinser im Gesicht nimmt die immer freundlich und korrekt wirkende Gemeindebedienstete das Smartphone aus den Händen ihres Chefs, macht mit einer gekonnten Bewegung den Deckel zum Akku auf, nimmt das Teil heraus und schaltet es wieder ein.

    »Bertl, du gehörst halt auch nimmer zur Internet-Generation«, scherzt sie und wartet, bis das Telefon sich wieder hochlädt. »Bist halt auch in den Fünfzigern, und da kann man halt nicht mehr so mithalten mit den jungen Leuten, gell?!«

    Dieser Satz – obwohl er keinesfalls böse gemeint war, sondern lediglich als sogenannte »Höflichkeits-Floskel« verwendet wurde – hat dem Bürgermeister gar nicht gefallen. Er wollte immer schon hoch hinaus, scheiterte aber immer an sich selbst und seiner eher patscherten Art.

    Auch seine damaligen Freunde, die er im katholischen Privatgymnasium in Schlägl kennenlernte, zeigten dem Kleinschlager Original immer wieder, dass es für seine geplante Karriere nicht ganz reichen wird. Was helfen schon hart erkämpfte Mittelmaß-Schulnoten, ehrliches Engagement in der Parteijugend oder ungehinderte Loyalität bei älteren Schulkollegen und Verbindungsbrüdern, wenn das Elternhaus nicht dem entspricht, was einem smarten Karrieristen in die Wiege gelegt werden sollte. Der Watzinger war und blieb immer der fleißige Bauernbub, dessen Kompetenzen höchstens einmal dafür reichen sollten, eine regionale Bankfiliale zu leiten oder sich in der Politik auf Kommunalebene durchaus Respekt zu verdienen. All das musste er immer wieder verspüren und – obwohl er es niemals so aussprach – dulden.

    Apropos Politik: Schon zweimal hat Watzinger sich angeboten, als Spitzenkandidat im Mühlviertel für den Landtag oder den Nationalrat zu kandidieren. Als er bei der letzten Wahl wegen der Krassnitzer Bettina, einer fünfundzwanzigjährigen Unternehmertochter, die ein paar Monate davor zur Miss Mühlviertel gewählt worden war, nur auf den dritten Listenplatz gereiht wurde, wollte er fast aus der Partei austreten. Bezirkschef Schneeberger, der Listenerste, stellte ihm darauf einen Bundesratsposten in Aussicht.

    »Da kann nichts passieren, bei uns sind wir ja sowieso die Hausmacht, und dann kannst dich in Wien präsentieren – das mit der Krassnitzer hat die Partei tun müssen, das war ein aufgelegter Elfer. So sind wir bei der Jugend wieder voll dabei gewesen. Auch du hättest das an meiner Stelle gemacht. Schau, Bertl, jetzt haben wir das beste Ergebnis seit 1945«, sagte der Schneeberger, als der Watzinger ihn deswegen auf seinem Bauernhof in Berg bei Rohrbach besuchte und ihm drohte, aus der Partei auszutreten und danach auch der lokalen Presse für ein Exklusivinterview zur Verfügung zu stehen.

    Auch die Sache mit dem Schönhuber Karl, dem Präsidenten des Wirtschaftsverbundes, wollte er dabei zur Sprache bringen. Karl Schönhuber ist das politische Aushängeschild des Bezirks. Geboren in Johannesbrunn. Der Gastwirtssohn, der sich als Obmann des dortigen Wirtschaftsverbundes schnell einen Namen machte, verstand es, seine Geschäfte und Karrieregespräche mit seinen Rotlicht-Verbindungen und den daraus leicht zu organisierenden Partys mit den sogenannten Begleitdamen ganz besonders spannend und kurzweilig zu gestalten.

    Dieses Verhandlungsgeschick brachte ihn schnell an die Spitze der Alpenrepublik, und es sieht so aus, als könne der gute Mann bald in Brüssel Karriere machen. Gerüchten zufolge soll Bert Reibacher, der Chef der größten oberösterreichischen Bank, sich besonders gut auf Schönhubers Partys amüsiert haben. So gut, dass er die dort aufgekeimte gute Laune später sogar ins Berufsleben mitgenommen hat und bei seinen Gesprächen mit der hohen Politik im Bundesland ob der Enns den Namen Schönhuber immer wieder gerne verwendete. Und nicht nur dessen eventtechnische Erfahrungen hat er weiterempfohlen. Mit dem Bekanntheitsgrad stieg auch die Karriere des Wirtsbuben.

    Geld und Ruhm sind es also, die dem braven Watzinger immer fehlten, um die Karriere zu machen, die er sich wünschte. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass seit der letzten Bürgermeisterwahl, bei der Watzinger zum dritten Male – diesmal ohne Gegenkandidaten – zum Ortschef gewählt wurde, ein sogenannter Anlageberater jeden Montag dem Gemeindeamt einen Besuch abstattet. Auch heute hat der Herr Doktor Werner Weiss von der Offshore Trade Company Inc. sich wieder angekündigt, um der Gemeinde in finanziellen Angelegenheiten zur Seite zu stehen. Die Idee, diese Sachen mit der Mayer Franziska, der Filialleiterin der Regionalbank Kleinschlag, zu besprechen, scheiterte an der Watzinger Herta und ihrem Misstrauen gegenüber ihrem Mann, der in dieser Causa ja nicht unbefangen war. Die Gespräche mit dem Herrn Doktor Weiss waren dann doch ergiebiger. Sprach er doch immerzu von einer zwanzigprozentigen Rendite, die man, klug angelegt, auch in Zeiten der Wirtschaftskrise machen kann. Auch der Doktor-Titel des Anlageberaters überzeugte Watzinger und die Mitglieder des Gemeinderates sofort.

    Doktor Weiss hat ausnahmsweise für elf Uhr sein Kommen angekündigt.

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