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Dezember: Hängengeblieben: Erlebnisse im öffentlichen Nahverkehr
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eBook146 Seiten1 Stunde

Dezember: Hängengeblieben: Erlebnisse im öffentlichen Nahverkehr

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Über dieses E-Book

Frau Düfi fährt tagtäglich mit der Straßenbahn zur Arbeit und wieder zurück. Drei Stunden pro Tag verbringt sie in den öffentlichen Verkehrsmitteln, die ihr bald zu einer zweiten Heimat werden. Sie studiert das Lebenum sie herum und erfährt, dass der Alltag immer wieder skurrile Geschichten schreibt. Der Berufsverkehr eröffnet ein interessantes Bild auf die Menschen in der Köln-Bonner-Region. Durchbrochen werden Frau Düfis Alltagsbetrachtungen von Schilderungen ihrer Träume, Wünsche, Ereignisse und Pläne.Ein Alltagsroman über Situationen und Menschen, die einen verärgern, aber genauso oft Lachen oder Stirnrunzeln hervorrufen.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum21. Mai 2020
ISBN9783960742302
Dezember: Hängengeblieben: Erlebnisse im öffentlichen Nahverkehr

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    Buchvorschau

    Dezember - Frau Düfi

    o

    Impressum:

    Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

    Besuchen Sie uns im Internet:

    www.herzsprung-verlag.de

    www.papierfresserchen.de

    info@papierfresserchen.de

    © 2020 – Herszprung-Verlag

    Mühlstraße 10, 88085 Langenargen

    Telefon: 08382/9090344

    Alle Rechte vorbehalten. Originalausgabe erschienen 2015.

    Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.

    Titelbild: Martin Düfert

    Lektorat: Redaktions- und Literaturbüro MTM: www.literaturredaktion.de

    ISBN: 978-3-99051-011-7 – Hardcover

    ISBN: 978-3-96074-230-2 – eBook

    *

    Inhalt

    2.12.

    3.12.

    4.12.

    5.12.

    6.12.

    9.12.

    10.12.

    11.12.

    12.12.

    13.12.

    16.12.

    17.12.

    18.12.

    19.12.

    20.12.

    Nachtrag

    Die Autorin

    *

    2.12.

    So, 2013 neigt sich mittlerweile dem Ende zu, November ist seit zwei Monaten draußen. Der Verkauf läuft nicht schlecht. Privat kommen quasi wöchentlich neue Anfragen und Lobeshymnen. Die nächste Lesung ist diesen Sonntag in einer Ehrenfelder Kneipe, ganz vielversprechend.

    Die Leute in den Bahnen haben sich nicht verändert, mein Aussehen an sich auch nicht, außer dass ich heute eine neue Hose aus Biobaumwolle trage, hellgrau mit weitem Schlag. Da ich aber zum Bügeln zu faul war beziehungsweise keine Zeit hatte, sieht sie allerdings eher nach Schlafanzughose aus.

    Eine der 40er-/50er-Frauen, die in Oberkassel einsteigen, hat eben in ihrer rechten Jackentasche gekramt und währenddessen ist ihr ein Bonbonpapier herausgefallen, das jetzt mitten im Gang liegt. Ich denke, es war unabsichtlich. Ich befand mich schon des Öfteren in Situationen, in denen ich etwas gesehen habe, worauf man die Leute hätte ansprechen können, aber ich tue es nicht, meistens schweige ich und sehe mir das Ganze nur an.

    Das Bonbonpapier ist weiß-blau-durchsichtig, und wenn ich richtig sehe, steht ICE drauf, also so ein Minzding.

    Drei von fünf Frauen, die in meiner unmittelbaren Nähe sitzen, lesen – vorbildhaft. Sonst sind die üblichen Berufstätigen und Schüler unterwegs. In meinem Blickfeld ist niemand in sein Smartphone versunken. Nur ein Drei-Zentner-Mensch ist zu sehen, von dem ich immer dachte, dass es ein Mann sei. Eben aber habe ich einen anderen Eindruck gewonnen, da die Gesichtszüge doch die einer Frau sein könnten. Schuhe und Hose sehen nach unisex aus. Ein weiblicher Busen ist nicht zu erkennen. Der Berg ist sehr dunkel gekleidet, trägt eine Brille und hört über weiße Ohrstöpsel Musik. Jetzt ist er aufgestanden und verlässt uns in der Ollenhauerstraße, aber auch von hinten sind keine Geschlechtsmerkmale auszumachen.

    Ich sitze übrigens in der beheizten 66 mit grünen Sitzen, die nicht gepolstert sind, aber dafür mit Stoff überzogen. Passend dazu gibt es gelbe Stangen. Der Stoff auf der Sitzfläche ist schon nicht schlecht. In der 16 sitzt man schließlich noch etwas härter, was im Sommer ziemlich ungut kam, als ich die Arme verschränkt und den Kopf nach vorn geneigt morgens geschlafen hatte. Während ich mich zum Aussteigen aufrichtete, merkte ich, dass mein BH-Verschluss die ganze Zeit zwischen Wirbelsäulenhöcker und Plastestuhl eingeklemmt war. Herrlicher Morgen!

    Sonst ist im Prinzip alles beim Alten. Ich bin noch immer ewig am Pendeln und habe keine Zeit für nichts. Es ist wieder kälter geworden, allerdings ist es noch nicht so kalt wie letztes Jahr. Der November war in Ordnung und auch jetzt haben wir immerhin vier bis sechs Grad.

    Ich habe letzte Nacht nicht gut geschlafen, bin auch etwas zu spät ins Bett gekommen, da ich mir Richard Gress in Afrika angesehen habe. Davon kam ich nicht so schnell los. Leider hat sich das etwas auf meine Träume ausgewirkt – und das war weniger gut.

    Ich habe das Gefühl, dass sich entweder viele Leute beschwert haben oder die Verkehrsbetriebe es mittlerweile selbst mitbekommen haben, dass die 16 zu kalt ist. Jedenfalls scheint sie wenigstens zu einem gewissen Grad beheizt zu sein. Das ist echt gut! Ich lobe dich, KVB.

    Endlich verschwinden hier die beiden Kerle, die zwei Stationen lang bei mir saßen und sich trotz ihres Mundgeruchs unterhielten, der noch immer im Raum schwebt. Esst mal was, ihr Irren!!!

    In meinem Vierer sitzt jetzt ein Typ, der Musik hört, eine ockerfarbene Kurthose trägt, braune Sneakers, einen schwarzen Mantel und eine schwarze Tasche. Eben ist er aufgestanden und setzte sich dann wieder mit suchendem Blick. Wahrscheinlich ist was von seinen Ohrstöpseln weggekullert.

    Eine der Behinderten, die immer in Hersel – dort sind die Bonner Werkstätten der Lebenshilfe – aussteigen, sitzt allein in meinem Blickfeld. Sie ist meist allein, da die anderen sie nicht mögen. Dieses Jahr ist sie 50 geworden, was sie hörbar sowohl ihren Arbeitskollegen als auch den Passagieren eröffnet hat. Einmal hat sie ihre neuen Schuhe präsentiert. Wir waren beeindruckt.

    Jetzt ist in Buschdorf ein richtiger Trottel eingestiegen, der auch immer mitfährt und mich ganz schön nervt. Was könnte der von Beruf wohl sein? Für einen Anwalt ist er zu sportlich gekleidet. Für einen Computerspezialisten wirkt er zu dümmlich. Ein Versicherungsvertreter ohne Außeneinsätze könnte er sein. Er sieht die Leute gern direkt durch seine hässliche Brille an und zwinkert zu oft. Dann niest er laut und kann nicht still sitzen. Manchmal würde ich ihn am liebsten abknallen, manchmal aber nur.

    Wie man merkt, sind meine Aggressionen nicht weniger geworden, ganz im Gegenteil. Ich rege mich ständig darüber auf, dass ich mich über alles aufrege. Es ist schwierig momentan. Zu allem Überfluss meinte mein Arbeitgeber auch noch, mir einen Urlaubstag für Silvester stehlen zu müssen, sodass ich am 27. Dezember den halben Tag arbeiten darf. Wir sollten vor zwei Wochen bereits unsere Urlaubsanträge für die Weihnachtszeit abgeben. Ich hatte noch zweieinhalb Tage, sodass ich mir den 27. und 30. genommen habe. Somit hatte ich vom 24.12. bis 1.01. frei – dachte ich mir. Doch von der Personalabteilung kam die Ansage, dass das nicht ginge, weil ich dann einen halben Tag im Minus sei, denn der automatisch abgezogene Urlaubstag für Silvester werde erst am Jahresende verrechnet und nicht von vornherein. Wie soll ich da ruhig bleiben?

    Ich habe mir jetzt angewöhnt, den Rucksack quer auf meinen Schoß zu legen und darauf den Laptop zu positionieren. Es klappt, denn es wärmt auch. Zudem habe ich mir abgewöhnt, mich direkt ans Fenster zu setzen. Dummerweise hatte ich letztes Jahr immer noch die Illusion der Isolierung im Kopf, die mich die eisige Fensterscheibe ignorieren ließ. Das ist vorbei. So ist es ganz gut. Wir sind gleich in Wesseling und die Bahn ist schon proppenvoll, sodass einige stehen.

    Ich habe Hunger. Wie sollte es auch anders sein? Und ich Depp habe meinen Apfel vergessen, verdammt! Dafür habe ich die ersten Plätzchen mit, die ich gestern gebacken habe. Ich werde mir gleich mal eine Erinnerung einspeichern, dass ich mir heute Abend Obstsalat mache.

    Erledigt! Ich habe gleich noch mit dazugeschrieben, dass die Küche aufgeräumt werden muss. Verdammtes Mehl!

    Verdammte Bahn! Wenn die bremst, rutscht mein Rucksack samt Inhalt und daraufliegendem Ballast nach vorn weg.

    Das Chemiewerk steht und leuchtet noch immer. Manchmal stinkt es, manchmal nicht. Aber morgendlichen Hunger habe ich im Prinzip immer.

    Ich hole gleich VanBrown ab. Dann gehen wir gemeinsam zur Arbeit, vielmehr schreibe ich ihr dreimal vorher und stehe dann doch vor ihrer Tür und muss mindestens drei Minuten warten. Aber es ist eigentlich egal, solange es nicht zu kalt ist.

    Meine Träume waren echt nicht schön. Es war anstrengend und ich konnte teilweise nicht schlafen. David hat auch nicht gut gelegen und einen steifen Nacken gehabt. Dabei war der Sonntag so schön: Plätzchen, Richard Gress, Wrap, Mein Name ist Nobody, Plätzchen, Nobody ist der Größte, Richard Gress.

    Na ja ... wird schon! Gleich erst mal lecker Tee und was zwischen die Beißerchen – dann wird’s schon wieder gehen.

    Die Leute drängeln sich durch den Gang, um einen Stehplatz zu erobern. Die Kinder stehen im Eingangsbereich und bilden dort eine träge Traube, durch die sich die Berufstätigen quetschen müssen.

    Ich habe oft einen Hauptbahnhof und Bahnen erlebt, die absolut von Schweigen erfüllt waren. Auch jetzt hört man nur ab und zu, wie Schüler sich unterhalten oder die Frage nach Sitz- beziehungsweise Aufstehmöglichkeiten.

    Ein blondiertes Mädchen mit Koffer mustert mich seit einiger Zeit verstohlen. Für sie scheint mein Tippen auf dem Laptop eine ganz spannende Angelegenheit zu sein. Auf ihrem Schoß hält sie eine kackbraune Handtasche. Ihre dunkle Jacke und ihre hellblaue Jeans sind unspektakulär – wie alles andere hier auch.

    Rechts von mir scheint ein Anwalt zu sitzen, wie ich dem Blatt entnehme, das er mir gerade entgegengestreckt hat, um das darunterliegende zu lesen. Der Typ fährt auch jeden Morgen mit, hat eine markante Brille und ich glaube, es würde ihm besser gefallen, wenn ich weiter vorn säße, da ich in letzter Zeit oft ganz hinten saß und mich zum Aussteigen durch die Menschenmassen, auch an ihm vorbei, drängeln musste.

    Aber das interessiert mich nicht. Ich habe auch nicht das Gefühl, dass er etwas gegen mich hat.

    So, gleich bin ich da. Guten Hunger!

    Rückfahrt

    Erst kam die Bahn beschissene zehn Minuten zu spät. Dann konnte ich mich erst kurz vor Siegstraße setzen, weil sich, als ich in Rodenkirchen aussteigen musste, damit die anderen durch den Gang passten, ein alter Sack beim Wiedereinsteigen vorgedrängelt hatte. Jetzt sitze ich hier mal wieder unbequem auf

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