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Silicon Valley in Berlin: Erfolge und Stolpersteine für Start-ups
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eBook283 Seiten2 Stunden

Silicon Valley in Berlin: Erfolge und Stolpersteine für Start-ups

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Über dieses E-Book

Dieses Buch stellt die Berliner Start-Up-Szene vor und zeigt sowohl Schwierigkeiten und Stolpersteine als auch die Erfolgsfaktoren von Gründern auf. Viele Aspekte wie zum Beispiel die Finanzierungsfragen lassen sich dabei auch auf Gründungen in der gesamten Republik übertragen. Die Autorin bedient sich sowohl Zahlen und Fakten als auch den aussagekräftigen Interviews mit Machern und Beobachtern, die interessante und überraschende Insider-Einblicke gewähren.
SpracheDeutsch
HerausgeberUVK Verlag
Erscheinungsdatum20. Mai 2015
ISBN9783864967467
Silicon Valley in Berlin: Erfolge und Stolpersteine für Start-ups

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    Buchvorschau

    Silicon Valley in Berlin - Nadine Schimroszik

    Anmerkungen

    Teil 1

    Berlin, Halleluja, Berlin

    Kapitel 1. Gründerzeit auf der Silicon Allee

    „Jedem, der gründen will, sollte bewusst sein, dass er nicht Mark Zuckerberg ist, sondern Mustafa’s Gemüse Kebab."

    Darius Moeini, Managing Director bei Berlin Startup Consulting

    Die Spitznamen Silicon Allee und Berlin Valley hat sich die deutsche Hauptstadt erst kürzlich in der internationalen Presse verdient. Die Anfänge dieser Erfolgsgeschichte, die immer mehr Start-ups aus dem Berliner Sand sprießen lässt und weltweit immer stärkere Beachtung findet, liegen schon einige Jahre zurück. Für viele gelten die Gründung des Online-Auktionshauses Alando 1999 und der schnelle Verkauf an den US-Handelsriesen eBay als Startschuss für den neuen Mut am Gründen in Berlin. „Zu diesem Zeitpunkt entstand eine neue Generation digitaler Unternehmern, die noch heute den Markt aufmischt. Sie kamen damals zu Geld und sind weiterhin in der Branche aktiv", sagt der Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Startups, Florian Nöll. Schließlich verziehe sich ein erfolgreicher Gründer nach dem Exit in der Regel nicht auf die Seychellen, sondern investiere sein frisch erworbenes Vermögen lieber wieder in Start-ups.

    Hinter Alando stand neben den heute berühmt-berüchtigten Samwer-Brüdern Alexander, Marc und Oliver auch Jörg Rheinboldt, der nun den Accelerator Axel Springer Plug & Play des bekannten Medienhauses leitet. Kurz nach dem Alando-Verkauf starteten die Samwers den damals sehr erfolgreichen Klingeltonanbieter Jamba, bei dem der derzeitige Chef und Gründer des Spieleanbieters Wooga, Jens Begemann, sein Handwerk lernte.

    Damals wie heute ist die Branche eng vernetzt und doch hat sich seit diesen Tagen vieles getan. Zunächst platzte die Dotcom-Blase, der Neue Markt ging unter und eine Zeitlang wollte eigentlich niemand mehr mit Informationstechnologie zu tun haben. Gegen Ende der Nullerjahre ging es dann mit Zalando und Co. wieder los und die Start-up-Branche schöpfte Hoffnung.

    „Eigentlich ist nichts gleich geblieben, außer dass sich weiterhin alles ums World Wide Web dreht", findet Christoph Räthke, der sein erstes Start-up 1999 gründete und damit baden ging.

    Rheinboldt nennt diese Episode gern den „nuklearen Winter".

    Trotzdem blieb er der Branche treu. Seit 2012 leitet er den Accelerator Berlin Startup Academy. Laut Räthke hat sich die gesamte Start-up-Szene mit der zweiten Gründungswelle rund um Zalando und Rocket Internet enorm professionalisiert und an Erfahrung gewonnen. „Alles ist viel vernetzter und man kann sich über das Internet viel besser informieren. Als wir früher Alando gegründet haben, gab es noch nichts davon, sagt Rheinboldt. Ähnliche Veränderungen macht auch Shoepassion-Gründer Tim Keding aus: „Als ich 2008 hier anfing, kannte in der Branche noch jeder jeden. Diese Zeiten sind längst vorbei. Heute ist die Berliner Start-up-Welt genauso groß und kunterbunt wie die Stadt selbst.

    Es gibt nicht mehr nur Autodidakten als Gründer, sondern auch welche, die das gelernt haben.

    Das weckt Ambitionen. Einige sehen Berlin auf dem Weg zum Silicon Valley Europas. Der Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Berlin Partner, Stefan Franzke, der schon aufgrund seiner Position zum Optimismus verpflichtet ist, sagt: „Ich bin zutiefst überzeugt, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Hauptstadt einmal mit Tel Aviv oder New York gleichzieht. Dafür benötigen wir ein Ökosystem, was auf Gründer eingestellt ist. Dazu gehören Anwälte, die sich auskennen und Banken sowie Sparkassen, die nicht nur den Handwerker finanzieren, der gerade seinen Meister gemacht hat, sondern auch die Gründung im digitalen Bereich. Auch Hauseigentümer sollten der Meinung sein, dass man auch mit Start-ups einen guten Mietvertrag abschließen kann." Allein die Liste von Franzke zeigt, dass noch genügend Arbeit vor Berlin liegt. Zwar gehören Start-ups längst zum Stadtbild, und Namen wie Wooga oder Zalando sind auch dem Otto Normalverbraucher vertraut, doch die Frage ist, ob sie bereits so ernst genommen werden wie Großkonzerne. Immerhin überwiegt derzeit die positive Grundstimmung. Franzke geht sogar so weit zu behaupten, dass die aktuelle Gründergeneration in Berlin schneller und flexibler als ihr Pendant im Silicon Valley ist.

    Einer der wenigen wissenschaftlichen Beobachter der Start-up-Branche, Professor Tobias Kollmann, bestätigt: „Wir haben inzwischen eine substanzielle Gründerlandschaft, die sich gut entwickelt. Allerdings schwingt in diesem Satz auch gleich ein großes ‚aber‘ mit. Denn Kollmann sagt auch: „Das genügt noch nicht. Vor allem im Vergleich zum Silicon Valley laufe Deutschland hoffnungslos hinterher. Das liege unter anderem daran, dass es immer noch zu wenig Gründer gebe und das Unternehmertum in Deutschland zu wenig ausgeprägt sei, betont der Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik an der Universität Duisburg-Essen. Das könne für eine Volkswirtschaft zu einem Problem werden, kritisiert Kollmann und fordert, aktiv zu werden. „Ohne neue Unternehmen verliert ein Land die Fähigkeit zur Innovation und es werden weniger Jobs geschaffen. Man hat keine Chance mehr, die Weltmarktführer von morgen aufzubauen. Die kommen dann aus anderen Staaten." Die derzeit dominanten Schlüsselkonzerne, die ganze Industrien aufmischen – nämlich Apple, Google, Amazon und Facebook – kommen allesamt aus den USA und zwar eben aus dem Silicon Valley. Ähnlich klangvolle Namen hat kein anderes Land zu bieten.

    Es gibt viele Gründe, warum es sich für eine Volkswirtschaft lohnt, Start-ups den Boden zu bereiten.

    Neben den positiven Effekten für die künftige Wettbewerbsfähigkeit spielt dabei vor allem der Arbeitsmarkt eine wichtige Rolle.

    Dies zeigt auch eine entsprechende OECD-Studie. Demnach waren im vergangenen Jahrzehnt bei Firmen, die erst fünf Jahre alt oder jünger waren, ein Fünftel aller Menschen angestellt, die außerhalb des Finanzsektors arbeiten. Entscheidend ist, dass in diesen jungen Firmen fast die Hälfte aller neuen Jobs kreiert wurde¹.

    Problematisch in Deutschland ist, dass die Mehrheit der Bevölkerung mit dem Thema Gründen überhaupt nicht vertraut ist und es damit dem Einzelnen entsprechend fern liegt. Der TEA-(Total Early-Stage Entrepreneurship Activity)-Index, der sich auf die Gründungsaktivitäten der Gesamtbevölkerung bezieht, hält alarmierende Zahlen parat. Deutschland belegte 2013 mit 5 Prozent den 22. Platz von 26 innovationsbasierten Volkswirtschaften. Im Jahr 2012 hatte der Wert noch bei 5,3 Prozent gelegen². Noch drastischer fällt das Ergebnis des Europa-Barometers aus, einer Umfrage unter Europäern zwischen 16 und 30 Jahren. Demnach sind 72 Prozent der befragten Deutschen nicht an einer Unternehmensgründung interessiert. Damit belegt Deutschland europaweit den letzten Platz³. Bitter für die Start-up-Branche ist, dass auch für diesen Sektor die Zahlen kläglich ausfallen. Laut einer Studie des Vodafone Instituts wollen ein Drittel der Deutschen im Alter zwischen 18 und 30 Jahren auf keinen Fall eine Karriere in der digitalen Wirtschaft beginnen. 70 Prozent können sich nicht vorstellen, für ein Start-up zu arbeiten oder ein Unternehmen in der digitalen Wirtschaft zu gründen (77 Prozent). In Ländern wie Spanien und Italien ist die Bereitschaft hingegen höher⁴. Diese Zahlen findet auch Bitkom-Geschäftsführer Niklas Veltkamp alarmierend:

    „Wenn wir mehr gute Start-ups in Deutschland haben wollen, benötigen wir eben auch einfach erstmal mehr Start-ups."

    Natürlich zeichnen diese Statistiken ein einseitiges Bild. Vielen Deutschen ist das Gründen so fern, weil ihre Arbeitsplätze vergleichsweise sicher und die Aussichten, einen guten Job zu finden, hoch sind. Zugleich sind Fachkräfte gefragt wie nie.

    Im Jahr 2012 kam es laut der Studie des Bundeswirtschaftsministeriums ‚Gründerland Deutschland‘, die sich auf Daten des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM Bonn) bezieht, zu 346.400 Existenzgründungen. Da allerdings deutlich mehr Unternehmen Insolvenz anmeldeten, war der Saldo am Ende negativ. Deutschland zählte zum Jahresausklang rund 24.000 weniger Firmen als Ende 2011. Auch die Gründungen aus der Arbeitslosigkeit nahmen ab – und zwar im Vergleich zum Vorjahr um fast ein Drittel.

    Aus Unternehmersicht kam es zuletzt sogar zu traurigen Rekorden. Laut KfW-Gründungsmonitor wurde 2012 mit 775.000 Gründern der niedrigste Stand seit Beginn der Erhebung in 2000 erreicht. Demnach lagen die Ursachen neben den bereits genannten Gründen in bürokratischen Hürden bei der Firmeneröffnung, finanziellen Belastungen und Problemen bei der Finanzierung. Doch KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner macht eine positive Entwicklung aus: „Ausgehend vom Tiefpunkt 2012 ist die Anzahl der Gründer 2013 deutlich auf 868.000 gestiegen. Der Anstieg beruht zwar ausschließlich auf so genannten Nebenerwerbsgründern." Aber insgesamt hätten deutlich mehr Gründer angegeben, mit ihrer Selbstständigkeit einer expliziten Geschäftsidee zu folgen. Im Gegensatz zu Notgründern, die eine Selbstständigkeit aufgrund fehlender Alternativen angingen, seien Chancengründer typischerweise innovativer und brächen ihr Gründungsprojekt seltener ab.

    AUSNAHME BERLIN?

    Angesichts dieser Erhebungen scheint es eher überraschend, dass es in Deutschland überhaupt eine Stadt gibt, die mit einem Start-up-Hype in Verbindung gebracht wird. Doch in Berlin hat sich die neue Gründergeneration Deutschlands niedergelassen. „Endlich gibt es Unternehmer, die schon gegründet haben und es nun erneut tun, lobt der Chef des Angel VCs Point Nine, Christoph Janz. Schlüsselfaktor für den Erfolg eines Standortes sei, dass es einen Talentpool an Leuten gibt, die in einem Start-up arbeiten wollen. Und genau dies ist für Berlin der Fall. „Es zieht offenbar immer mehr Absolventen von Top-Universitäten in die Berliner Start-up-Szene, die vorher mit dem Internet gar nichts zu tun hatten. Sie schätzen die Chance hier am meisten Geld zu verdienen am höchsten ein, sagt Shoepassion-Chef Tim Keding. Die Mitgründerin des Coworkingspace Betahaus, Madeleine Gummer von Mohl, beschreibt die Beweggründe einiger junger männlicher Hochschulabsolventen, eine Firma aufzubauen, mit einem knackigen Satz: „Der schnellste Weg zum Porsche kann schon mal die Gründung eines Start-ups sein. Dass sich nun anscheinend auch Geld mit Start-ups verdienen lässt, erhöht wohl den Wunsch, ebenfalls zu gründen. Doch es ist auch genau diese Haltung, die Investoren gern mal abschreckt. Schließlich geht es vor allem bei Start-ups darum, den Entrepreneur-Geist zu leben. Und dieser verliert sich schnell, wenn es nur darum geht, das eigene Konto zu füllen. Konstantin Guericke, der an der Stanford-Universität lehrt und Partner beim VC (Venture Capital) Earlybird ist, bevorzugt Gründer mit der Einstellung: „Meine einzige Exit-Strategie ist der Tag, an dem ich sterbe. Der Gründer sollte seiner Meinung nach sehr traurig sein, wenn eine große Firma anklopft und einen Batzen Geld auf den Tisch legt. Meist bedeute dies nämlich, dass die Produkte in ein, zwei Jahren mehr oder weniger verschwunden seien. Wirklich mehrheitsfähig unter Gründern scheint der Run aufs Geld dann auch nicht zu sein. Und wenn, dann wollen sie ihre Konten zumindest nicht über einen Ausstieg füllen. Fast 72 Prozent gehen laut Startup Monitor 2014 davon aus, dauerhaft in ihrer Firma zu verbleiben und planen nicht gleich an der ersten Ampel den Ausstieg. So ist bisher auch das Berliner Vorzeige-Start-up Soundcloud verfahren. Mitgründer Eric Wahlforss: „Wir sind Anhänger der Auffassung, dass man ein Unternehmen nur gründen sollte, weil man das, was man tut auch liebt und nicht weil man darauf fixiert ist, an den Höchstbietenden zu verkaufen. Wir fahren mit diesem Mantra bisher sehr gut." Soundcloud ist eins der vielen Beispiele dafür, dass sich die Start-up-Branche in Berlin gewandelt hat.

    Kerstin Bock, Kommunikationschefin des Branchentreffs Tech Open Air, ist der Meinung, dass die Start-up-Szene in Berlin deutlich nüchterner geworden ist. Derzeit werde „gearbeitet. „Es wird viel mehr in Produkten und Dienstleistungen gedacht, die sich am Ende des Tages rentieren können. Man stellt sich häufiger die Frage, was auch außerhalb der Start-up-Welt vom Kunden angenommen werden könnte, sagt Bock. Diejenigen, die längst arbeiten‘, kennen die Fallhöhe. „Ein Start-up zu haben, ist eine wahnsinnige Herausforderung. Während in der Ideenphase alles nach Plan verläuft, merkt man im Tagungsgeschäft schnell, wo es überall hakt. Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist einfach gewaltig.

    Der Alltag ist eingekehrt. Es geht darum, das eigene Unternehmen voran zu bringen, sich immer stärker zu internationalisieren und professionalisieren.

    Am Anfang waren wir nicht darauf vorbereitet, dass wir an unserem Theoriemodell noch so viel anpassen und verbessern müssen", erzählt die Mitgründerin von Original Unverpackt, Milena Glimbovski, von ihren eigenen Erfahrungen.

    Praxis ist zehnmal schwerer.

    Von den Herausforderungen und der großen Ungewissheit im Zusammenhang mit dem Gründen lassen sich nach Meinung von Shoepassion-Chef Tim Keding zumindest in Berlin weniger als früher abschrecken: „Ich denke, die große Medienaufmerksamkeit hat dafür gesorgt, dass Gründer aktuell ein hohes Ansehen genießen. Bisher galt doch eher ein Konzernjob als erstrebenswert." Florian Nöll vom Bundesverband Deutsche Startups rät denn auch allen Gründungswilligen gemäß des amerikanischen ‚Let‘s-Do-It-Spirits‘, einfach loszulegen. In Deutschland werde häufig noch zu lange gehadert, geprüft und gewartet:

    Eine Haltung, die in Deutschland, wenn überhaupt, dann wohl in Berlin anzutreffen ist. Hier ist es en vogue, sich mit

    „Amerikaner sind hingegen Experten in Power-Point und verkaufen auch schon mal eine Software, die noch gar nicht existiert."

    dem eigenen Unternehmen zu profilieren. Aus dem KfW-Gründungsmonitor 2013 geht hervor, dass Berlin im bundesdeutschen Vergleich eine der höchsten Gründerquoten vorweist. Der Anteil der Gründer an der Bevölkerung im Alter zwischen 18 und 65 Jahren lag in der Hauptstadt bei 2,55 Prozent. Dahinter folgte Hamburg auf Rang zwei mit 2,3 Prozent. Schlusslicht unter den 16 Bundesländern war 2012 Brandenburg, wo lediglich rund ein Prozent zu den Unternehmern gehörten. Laut Bundeswirtschaftsministerium versuchen sich eher jüngere Menschen am Aufbau einer Firma.

    INFOKASTEN – WAS IST EIN START-UP?

    Start-ups unterscheiden sich maßgeblich von herkömmlichen Gründungen. Während der überwiegende Teil der Gründer auf bewährte Geschäftsideen oder erprobte Konzepte setzt, geht es bei Start-ups um Innovationsfähigkeit.

    Hochgerechnet brachten 2012 nur knapp 18 Prozent der Neugründungen ein neues Produkt oder eine neue Dienstleistung auf den Markt. Bei Start-ups gehört dies per Definition zum Geschäft, auch wenn es nicht immer gelingt. „In der Start-up-Szene leiden viele an Hybris. Ich habe schon Uni-Absolventen erlebt, die einem die x-te Power-Point-Präsentation mit einem weiteren Wein-Onlineshop präsentieren und eine Bewertungssumme von zwei Millionen Euro verlangen", plaudert der Chef des Company Builders M Cube, Jan Dzulko, aus seinem Alltag.

    Nach den Kriterien des Bundesverbandes Deutscher Startups (BVDS) gilt eine Firma als Start-up, wenn sie jünger als zehn Jahre ist, ein signifikantes Mitarbeiterwachstum oder ein Wachstum anderer wichtiger Kennzahlen aufweist und ihr Geschäftsmodell oder ihre Technologie hoch innovativ ist. Damit ist der Begriff Start-up sehr weit gefasst. Simon Schaefer, Gründer der Start-up-Residenz Factory in Berlin, hält es für nötig, ein Start-up per Gesetz zu definieren. Zusammen mit anderen Branchenkennern erarbeitete er bereits Kriterien, die deutlich enger gefasst sind als die des BVDS: „Demnach ist eine Firma ein Start-up, wenn sie zu 80 Prozent risikofinanziert, seit maximal zwei Jahren am Markt ist und weniger als 15 Mitarbeiter besitzt. Diese spezielle Unternehmensform sollte im Prinzip Narrenfreiheit haben – auch rechtlich gesehen."

    Der BVDS geht anhand seiner Definition davon aus, dass es zwischen 4000 und 5000 Start-ups in Deutschland gibt. Ein Großteil davon dürfte sich in Berlin befinden. Die Industrie- und Handelskammer schätzt die Zahl auf 2500. Glaubt man den Zahlen, hätte die Hälfte aller Start-ups ihren Hauptsitz in der Hauptstadt. Gemessen an den etwa 260.000 Unternehmern in Berlin, die IHK-Mitglieder sind, ist dies zwar ein verschwindend geringer Anteil⁵. Aber in der Start-up-Branche kommt Berlin damit eine Bedeutung zu, die es nirgends sonst in Deutschland gibt. Laut der Studie „Berlin gründet"⁶ des Beratungsunternehmens McKinsey gehen in der Hauptstadt täglich zwei neue Start-ups in innovativen Bereichen wie beispielsweise dem E-Commerce oder Software-Sektor an den Start. Einer anderen Erhebung zufolge entstanden 2012 in der Digitalwirtschaft 500 Gründungen⁷. Insgesamt werden danach nun 5800 Firmen gezählt.

    Wie viele Start-ups sich in Berlin ganz genau am Markt befinden, ist kaum festzustellen. An validen Zahlen mangelt es seit Jahren. Auch das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg stellt keine aussagekräftigen Daten zur Verfügung. Dies liegt zum einen am schwammigen Start-up-Begriff und den fließenden Übergängen von einem jungen Unternehmen zu einem etablierten Marktteilnehmer.

    Einer Stadt mit weit mehr als 200.000 Arbeitslosen würde ein solcher Jobboom gut stehen.

    Die Wirtschaftsberater von McKinsey malen ein rosiges Zukunftsbild für die Start-up-Szene der Hauptstadt. Ihrer Studie „Berlin gründet – fünf Initiativen für die Start-up Metropole Europas" zufolge könnten bis

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