Kunst als Therapie: Gedanken zu einer spirituellen Kunsttherapie | Ein Résumé nach 25 Jahren
Von Urs Weth
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Buchvorschau
Kunst als Therapie - Urs Weth
abrufbar
Urs Weth
KUNST ALS THERAPIE
Gedanken zu einer spirituellen Kunsttherapie | Ein Résumé nach 25 Jahren
INHALT
KUNST ALS THERAPIE 3
INHALT 4
VORWORT 5
EINLEITUNG 7
GRUNDGEDANKEN 11
HEILUNGSFRAGE 16
ERKENNTNISFRAGE 21
HALTUNGSFRAGE 25
WISSENSFRAGE 29
THERAPIEFRAGE37 KUNSTFRAGE 62
BILDUNGSFRAGE 67
ZU GESUNDHEITSFRAGEN 79 VOM SINN DER BIOGRAFIE 92
VORWORT
In dieser kleinen Schrift gibt Urs Weth nach 25- jähri- ger Tätigkeit als Kunsttherapeut Einblicke in die Kunst- therapie. Er richtet sein Augenmerk auf die Heilungs- und Erkenntnisfrage, auf die Haltungs - und Wissensfrage, gibt Auskunft über Fragen zur Therapie und nimmt Stellung zur Kunst- und Bildungsfrage. Abschließend macht sich Urs Weth Gedanken über Fragen zur «Gesundheit», wie sie im heutigen Kontext aufgefasst wird.
Solche Selbst- Erfahrung, wie sie in diesen Aufsät- zen dargestellt werden, bedeutet den Schlüssel für jeden Kunsttherapeuten, der notwendig ist, um zum wirksamen
Handeln zu gelangen. Der Schritt zur Selbstwahrnehmung und Selbsterkenntnis ist in der therapeutischen Arbeit unerlässlich und ist Voraussetzung, um den anderen zu erkennen; da das Einfühlen in einen anderen Menschen immer nur über das eigene «Selbst» oder «Ich» gehen kann.
Diese Schrift richtet sich an alle Interessierten der Kunsttherapie, sowie an werdende Kunsttherapeuten und Kunsttherapeutinnen. Dabei versteht sich der Bericht we- der als Angabe von Methoden oder Ratschlägen, noch als Angebot von Lösungen, die einfach als Lerninhalt über- nommen werden - denn es gibt keine allgemeinen «Fälle», sondern immer nur individuelle Menschen.
Folglich kann es nicht ausreichen, sich lediglich auf fer- tige Konzepte zu verlassen, sondern es wird zunehmend notwendig sein, nach einem eigenen «intuitiven Weg» zu suchen.
Urs Weth beschreitet diesen Weg, der ihm eine neue Sichtweise des Menschen eröffnet. Es werden auf diese Weise Möglichkeiten offenbart, die ihm vorher - trotz oder gerade wegen allem Wissen - verborgen geblieben waren.
Kein Buch kann die Erkenntnis aus «reinem Herzen» ersetzen. Zu Vorstellungen und Wissen müssen Achtsam- keit und eigene Erfahrungen kommen. Die Kunst aber ist hier das Mittel, denn sie ist die Sprache, die den Menschen unmittelbar anspricht, weil sie lebendig in seine Seelentie- fen eindringen kann.
Johanna Schneider
EINLEITUNG
Die Methode meiner kunsttherapeutischen Tätigkeit richtet sich nach den Leitgedanken der Anthroposophie Rudolf Steiners. Ich bezeichne sie deshalb als eine anth- roposophische Kunsttherapie, weil sie sich an einer «Frei- heitswissenschaft» orientiert, deren zentrales Anliegen
es ist, die individuelle Menschenseele mit dem geistigen Weltganzen, also deren Herkunft, (rück-) zu verbinden.
In diesem Sinne ist es auch ein «religiöses» Anliegen, denn genau genommen heißt Religion, eine «Rückver- bindung» (re = wieder; ligere = binden) zu einem höheren Selbst im Menschen. Jede therapeutische Handlung ist eine heilige Aufgabe, denn aus dieser Kraft erwächst Hei- lung. Es liegt allerdings nicht am rein Inhaltlichen, wie der Zugang zu diesen Gedanken aufzufassen ist. Vielmehr ist es der Versuch, zu einem «neuen Wissen» hinzugelangen, welches sich nicht primär nach dem Lerninhalt richtet, sondern die selbsterlebte Erfahrung, ja gewissermaßen das Leben selbst, zum Erkenntnisorgan macht - und so letzt- lich heilsam ist!
Primäre Intention einer so verstandenen Kunsttherapie, ist also die Anerkennung einer höheren geistigen Instanz im Menschen, die man als «Ich» oder auch anders be- zeichnen kann. Deren Ausdrucksform prägt jede Individu- alität in der ihr gemäßen Art im physischen Erdendasein aus. Eine umfassende Methode muss aus meiner persön- lichen Sichtweise ihr Augenmerk voll und ganz und aufs konsequenteste nach der (freien) Individualität ausrichten.
Dabei ist der Zustand der «Freiheit» kein zum Vornherein gegebener, wie sich leicht nachvollziehen lässt. Vielmehr ist damit eine Zielrichtung intendiert, auf dem Weg dahin. Jede Maßnahme, die darauf ausgerichtet ist, Menschen zu
«heilen», muss deshalb auf das Ziel hin fokussiert sein, an dieses wahre Wesen (den eigentlichen Heiler in jedem Menschen) heranzuführen. Dabei wird die Freiheit miss- verständlich interpretiert, wenn sie zu einem «tun und lassen können, was jeder will» hinausläuft!
All diese Dinge, die sich als Ausdruck in den Handlun- gen, im Denken und im Fühlen zeigen, sind nichts anderes als Manifestationen einer zentralen Kraft, möge man sie als «Ich», «Selbst», «göttlicher Kern» oder anders bezeich- nen. Das daraus hervorgehende Menschenbild verwechselt dabei keineswegs die Individualität (Unteilbarkeit) mit dem egoistisch geprägten Persönlichkeitsmuster des Ty- pus-Charakters (der vielfältig ausgeprägt erscheint).
Trotz dieser Vielfältigkeit, lässt sich etwas erkennen, was durch diese subjektiv gefärbte Persönlichkeit hin- durch tönt (per sonare) - und sich lediglich im Besonderen seinen individuellen Ausdruck verschafft.
Um dieses dahinter liegende Zentrum muss es primär gehen. Sekundär, aber dennoch wichtig, erscheint - als Phänomen im Lichte einer Persönlichkeit - die besondere Prägung.
Folgende Gedanken Rudolf Steiners mögen zum besseren Verständnis dessen beitragen, was mir in den vergangenen 25 Jahren wichtig geworden ist: «Die Geis- teswissenschaften sind im eminenten Sinne daher Frei- heitswissenschaften. Die Idee der Freiheit muss ihr Mit-
telpunkt, die sie beherrschende Idee sein. Deshalb stehen Schillers ästhetische Briefe so hoch, weil sie das Wesen der Schönheit in der Idee der Freiheit finden wollen, weil die Freiheit das Prinzip ist, das sie durchdringt...
Man ersieht aus alledem, dass man eine wahrhafte Psy- chologie nur gewinnen kann, wenn man auf die Beschaf- fenheit des Geistes als eines Tätigen eingeht. Man hat in unserer Zeit an die Stelle dieser Methode eine andere set- zen wollen, welche die Erscheinungen, in denen sich der Geist darlebt, nicht diesen selbst, zum Gegenstande der Psychologie macht. Man glaubt die einzelnen Äußerungen desselben ebenso in einen äußerlichen Zusammenhang bringen zu können, wie das bei den unorganischen Natur- tatsachen geschieht. So will man eine «Seelenlehre ohne Seele» begründen. Aus unseren Betrachtungen ergibt sich, dass man bei dieser Methode gerade das aus dem Auge verliert, worauf es ankommt. Man sollte den Geist von seinen Äußerungen loslösen und auf ihn als den Produzen- ten derselben zurückgehen. Man beschränkt sich auf die ersteren und vergisst den letzteren…
Die einheitliche Seele ist uns ebenso erfahrungsgemäß gegeben wie ihre einzelnen Handlungen. Jedermann ist sich dessen bewusst, dass sein Denken, Fühlen und Wollen von seinem «Ich» ausgeht. Jede Tätigkeit unserer Persön- lichkeit ist mit diesem Zentrum unseres Wesens