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Klingen der Magie: Fantasy Sammelband
Klingen der Magie: Fantasy Sammelband
Klingen der Magie: Fantasy Sammelband
eBook843 Seiten9 Stunden

Klingen der Magie: Fantasy Sammelband

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Über dieses E-Book

Klingen der Magie: Fantasy Sammelband

von Hendrik M. Bekker

Dieser Band enthält folgende Fantasy-Abenteuer:

Norag und die Elbenmagierin

Norag und der Tod in Arakand

Norag und der Gottkönig

Norag und der magische Hammer

Die Legende von Wybran

Groheim – Stadt der Magier

Die Dunkelelbin und die Feuerschale von Sundam

Am Ende eines langen Tages

Abseits aller Welten und Zeiten, am Schnittpunkt der Dimensionen, erstreckt sich entlang der Küste des Zeitlosen Nebelmeeres die Ebene von Lyrrhantar.

Dort treffen in einer Ewigen Schlacht vier Heere aufeinander. Es sind die Mächte des Chaos und der Ordnung, des Lichts und der Finsternis, deren Krieger in wechselnden Koalitionen gegeneinander antreten. Es kämpfen hier Menschen und Götter; Elben und Elfen, Orks und Zwerge, Halblinge und Riesen, Trolle und Gestaltwandler, Sterbliche und Unsterbliche, Tote und Untote, Magier und Zauberer, Helden und Schurken, Söldner und Glaubenskrieger. Sie kommen aus allen Zeiten und Welten. Manchmal bringen Schiffe sie an die Küste des Zeitlosen Nebelmeeres. Manchmal versetzt auch ein unbedachter Gedanke, die Magie eines Zauberspruchs oder die Macht eines Traums die Helden an diesen Ort und wirft sie mitten in das Kampfgetümmel hinein. Nicht immer ist es ihre eigene Entscheidung, auf welcher Seite sie stehen.

SpracheDeutsch
HerausgeberBEKKERpublishing
Erscheinungsdatum22. Feb. 2020
ISBN9781393101871
Klingen der Magie: Fantasy Sammelband

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    Buchvorschau

    Klingen der Magie - Hendrik M. Bekker

    Klingen der Magie: Fantasy Sammelband

    von Hendrik M. Bekker

    DIESER BAND ENTHÄLT folgende Fantasy-Abenteuer:

    NORAG UND DIE ELBENMAGIERIN

    Norag und der Tod in Arakand

    Norag und der Gottkönig

    Norag und der magische Hammer

    Die Legende von Wybran

    Groheim – Stadt der Magier

    Die Dunkelelbin und die Feuerschale von Sundam

    Am Ende eines langen Tages

    Abseits aller Welten und Zeiten, am Schnittpunkt der Dimensionen, erstreckt sich entlang der Küste des Zeitlosen Nebelmeeres die Ebene von Lyrrhantar.

    Dort treffen in einer Ewigen Schlacht vier Heere aufeinander. Es sind die Mächte des Chaos und der Ordnung, des Lichts und der Finsternis, deren Krieger in wechselnden Koalitionen gegeneinander antreten. Es kämpfen hier Menschen und Götter; Elben und Elfen, Orks und Zwerge, Halblinge und Riesen, Trolle und Gestaltwandler, Sterbliche und Unsterbliche, Tote und Untote, Magier und Zauberer, Helden und Schurken, Söldner und Glaubenskrieger. Sie kommen aus allen Zeiten und Welten. Manchmal bringen Schiffe sie an die Küste des Zeitlosen Nebelmeeres. Manchmal versetzt auch ein unbedachter Gedanke, die Magie eines Zauberspruchs oder die Macht eines Traums die Helden an diesen Ort und wirft sie mitten in das Kampfgetümmel hinein. Nicht immer ist es ihre eigene Entscheidung, auf welcher Seite sie stehen.

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

    Alfred Bekker

    © Roman by Author / COVER DIETER ROTTERMUND

    © dieser Ausgabe 2020 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

    Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

    Alle Rechte vorbehalten.

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

    Folge auf Twitter:

    https://twitter.com/BekkerAlfred

    Zum Blog des Verlags geht es hier:

    https://cassiopeia.press

    Alles rund um Belletristik!

    Sei informiert über Neuerscheinungen und Hintergründe!

    Norag und die Elbenmagierin

    Die Ewige Schlacht von Lyrrhantar

    von Hendrik M. Bekker

    Der Umfang dieses Buchs entspricht 67 Taschenbuchseiten.

    Abseits aller Welten und Zeiten, am Schnittpunkt der Dimensionen, erstreckt sich entlang der Küste des Zeitlosen Nebelmeeres die Ebene von Lyrrhantar.

    Dort treffen in einer Ewigen Schlacht vier Heere aufeinander. Es sind die Mächte des Chaos und der Ordnung, des Lichts und der Finsternis, deren Krieger in wechselnden Koalitionen gegeneinander antreten. Es kämpfen hier Menschen und Götter; Elben und Elfen, Orks und Zwerge, Halblinge und Riesen, Trolle und Gestaltwandler, Sterbliche und Unsterbliche, Tote und Untote, Magier und Zauberer, Helden und Schurken, Söldner und Glaubenskrieger. Sie kommen aus allen Zeiten und Welten. Manchmal bringen Schiffe sie an die Küste des Zeitlosen Nebelmeeres. Manchmal versetzt auch ein unbedachter Gedanke, die Magie eines Zauberspruchs oder die Macht eines Traums die Helden an diesen Ort und wirft sie mitten in das Kampfgetümmel hinein. Nicht immer ist es ihre eigene Entscheidung, auf welcher Seite sie stehen.

    Aber da diese Schlacht am Schnittpunkt aller Dimensionen geschlagen wird, ist das Schicksal aller Welten und Zeiten mit ihr untrennbar verknüpft. Und hin und wieder materialisieren Kämpfer aller Seiten in diesen Welten, sodass ein Teil der Ewigen Schlacht dort geschlagen wird. Es heißt, dass manche der Kämpfer und Kriegsherren absichtlich ihren jeweiligen Kampf in einer anderen Welt ausfechten, weil sie sich einen Vorteil versprechen. In jeder Welt unterscheiden sich die Gesetze der Magie nämlich voneinander. Und ein Gegner, der in der einen Existenzebene stark und unbesiegbar erscheint, ist in einer anderen vielleicht schwach und verletzlich.

    Auf einem erhabenen Felsen, umspült von der Meeresbrandung, thront Feolorn, der Herr des Gleichgewichts, in seiner Festung und beobachtet den Fortgang der Schlacht. Man sagt, dass seine Magie den Geist eines Kriegers so zu beeinflussen vermag, dass er im Kampf die Seite wechselt. Nicht einmal Blaakon und Arodnap, die Götter von Ordnung und Chaos, oder Ahyr und Taykor, die Götter von Licht und Finsternis, konnten Feolorns Einflüsterungen widerstehen. Ein Gedanke von ihm reicht aus, um diese Götter mitsamt ihrem jeweiligen Heer die Seite wechseln zu lassen. Und manchmal erlaubt sich Feolorn einen grausamen Scherz, indem er zum Beispiel den Gott der Ordnung für einige Zeit die Heere des Chaos anführen lässt oder den Herrn der Finsternis für eine Weile die Mächte des Lichts.

    Feolorn zur Seite stehen der Graue Luun und die Lady der Empfindsamkeit. Es heißt, Ersterer würde sich mit Vorliebe in das Schicksal der Menschen einmischen und Letztere würde auf magische Weise Kraft aus den Leiden der Krieger ziehen.

    Die Schlacht am Schnittpunkt aller Welten, aller Zeitlinien und aller Dimensionen wird allenfalls einen vorläufigen Sieger kennen ...

    Denn dieser Krieg ist ewig.

    (Die Chronik von Lyrrhantar)

    Norag wird unrechtmäßig zum Arbeitsdienst in einem Steinbruch verdonnert, doch dort werden mitnichten Erze abgebaut. Anstelle von wertvollem Erz findet er ein Artefakt, das Norags Leben für immer verändern wird ...

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

    Alfred Bekker

    © Roman by Author

    © dieser Ausgabe 2019 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

    Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

    Alle Rechte vorbehalten.

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    postmaster@alfredbekker.de

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    1

    Es klopfte an der Tür .

    Jor Ohnan sah zu seiner Frau und nickte dann dem Jungen zu.

    „Da wird Norag sein. Lass ihn rein."

    „Ja, Vater", erwiderte der Junge und sprang auf. In wenigen Schritten war er an der Tür und öffnete sie. Norag, der Tagelöhner, der sich seit einigen Wochen auf dem Hof als Knecht verdiente, trat ein. Er nickte dem Herrn des Hauses zu und setzte sich dann unweit des Tisches ans Feuer. Der Junge brachte ihm eine Schüssel dampfenden Rindereintopf und einen Humpen Met, bevor er selbst wieder an den Tisch kam und das Essen begann.

    Nach dem Essen setzte sich der Junge zu Norag ans Feuer und fragte den Knecht: „Erzählst du mir wieder eine Geschichte?"

    „Natürlich. Was möchtest du für eine Geschichte hören?"

    „Woher sind die Narben an deiner Hand?"

    „Ach, das ... Nun, dann hör mal zu ..."

    2

    Norag aus dem Hause Zolwons spürte bei jedem Schritt auf dem sandigen Boden Schmerzen in den Beinen, die sich bis zu seiner Hüfte zogen. Die Sonne brannte ununterbrochen und unerbittlich, seit sie Setua noch in der Dunkelheit verlassen hatten. Die Hauptstadt des Königreichs Marana lag nun viele Stunden hinter ihnen. Vor Norag, den Aufsehern und den anderen Gefangenen lag nur trockenes und karges Land.

    Der Sonnengott meinte es nicht gut mit ihnen, soweit war sich Norag sicher.

    Nicht dass Norag als Maraniter nicht daran gewöhnt war, die Sonne zu ertragen, ja sie eigentlich als Manifestation des Sonnengottes zu verehren. Doch seine Kehle war ausgedörrt und er war erschöpft bis zu dem Punkt, an dem er einfach nur noch umfallen wollte, nicht weitergehen, sondern liegen bleiben, wo er fiel.

    Doch er wusste, das würde man ihm nicht gestatten. Er wusste nicht die Namen der Aufseher, doch neben ihm ritten sie gemächlich hin, beäugten sie misstrauisch und trieben sie immer wieder an weiterzulaufen. Schon vier der zur Zwangsarbeit Verurteilten waren im Verlauf des Tages zusammengebrochen. Das Wissen um ihr Schicksal war alles, was Norag noch dazu antrieb zu laufen.

    Linker Fuß, rechter Fuß und von vorne, so ging es ihm endlos durch den Kopf.

    Welch grausames Schicksal, dachte er bitter. Erst vor einem Tag war er verurteilt worden, von Graf Pendargan dem Grausamen, dem Grafen von Om-Dagar – verurteilt wegen nichts Geringerem als dem Anzweifeln der Existenz des Sonnengottes. Gerade ich!, dachte er bitter. Dabei war Norag ein überzeugter Anhänger der Religion. Seine jahrelange Forschung über die frühere Zeit, die Zeit des Eisenfürsten Comrrm von Cosanien, hatte man ihm jetzt ausgelegt als ketzerische Forschung, die angeblich nichts Geringeres bezwecken sollte, als zu beweisen, dass es eine Zeit gegeben hatte, in der man nicht an den Sonnengott geglaubt habe.

    Dabei wusste Norag genau, was sein Vergehen war.

    „Da ist wieder einer umgefallen", unterbrach einer der Aufseher seine Gedanken mit einem lauten Ruf.

    „Dann wie gehabt, erwiderte ein anderer Aufseher, schwang sich aus dem Sattel und trat zu dem zusammengebrochenen Gefangenen. „Wer jetzt schon zu schwach ist ..., sagte er und stieß einmal seine Klinge in den Nacken des Mannes. Dieser zuckte kurz und blieb dann reglos liegen.

    „Was glotzt du so dumm, willst du auch sterben?", rief einer der Aufseher neben Norag und schlug ihm mit der flachen Seite seiner Klinge gegen die Schulter, sodass Norag stolpernd wieder in Gang kam.

    Nein, sein Verhängnis hatte wundervolle braune Augen gehabt und einen Ozean aus Haaren. Leider war dieses Verhängnis vergeben gewesen und ein Graf teilte nicht gerne mit niederem Adel wie Norag.

    Während er die weite Einöde vor sich betrachtete und weiterging, versuchte er den Anblick der Frau zu vergessen, die ihm all das eingebracht hatte.

    Ihn hatte es hierher gebracht, sie hingegen würde sich das nächste Spielzeug suchen, das man ihr irgendwann ebenso wegnehmen würde. Denn ihre Abstammung schützte sie vor den Konsequenzen ihrer Abenteuer.

    Ihn hingegen nicht.

    Während Norag einen Fuß vor den anderen setzte, erkannte er eine Bewegung am Horizont. Etwas näherte sich ihnen aus der Steppe und strebte auf ihren Weg im spitzen Winkel zu.

    Erst glaubte er, sie sich einzubilden, doch als er eine Weile weiterlief, erkannte er, dass da noch immer eine Bewegung war. Die Hitze ließ die Luft flirren und verhinderte, dass man richtig erkennen konnte, was da kam, bis endlich klar war, dass sich ein Pferd näherte.

    Langsam erhoben sich felsige Klüfte vor ihnen, als der fremde Reiter endlich nahe genug kam, damit die Aufseher ihn auch als das erkannten, was er war.

    Sie ließen die Gefangenen schließlich im Schatten einer Felsengruppe rasten und warteten darauf, dass der Reiter sie erreichte. Sie waren neugierig – womöglich ein Bote des Königs?

    Norag selbst sank nahe dem Fels zu Boden und blieb regungslos sitzen. Sein eigener Atem war alles, was er wirklich vernahm, bis der Reiter endlich heran war und er erkannte: Es war eine Reiterin!

    Als sie herangeritten war, kamen ihr bereits zwei der Aufseher entgegen. Ihre Hände ruhten auf den Schwertgriffen.

    „Was macht eine derart schöne Frau hier draußen so allein?", fragte der Anführer der Aufseher. Einer seiner Männer lachte dreckig, ein anderer stieß ihm den Ellenbogen in die Seite und er verstummte.

    „Ich habe ein Siegel Eures Königs aus Setua. Mein Name ist Ayarawena und ich bin eine Magierin des Elbenkönigs Daron. Ich will Euch begleiten. Leider habe ich Euren Aufbruch heute morgen verpasst, doch ich konnte Euch ja nun einholen", sagte sie mit einer sanften Stimme, die beinahe eine gesungene Betonung der Worte hatte.

    Norag hatte noch nie so etwas gehört, geschweige denn mehr als Geschichten über die fernen Elben gehört.

    „Zeigt das Siegel bitte her, Frau Ayarawena", sagte nun der Aufseher.

    „Bitte", sagte sie, als sie vom Rücken ihres Pferdes glitt. Erst jetzt erkannte Norag, dass sie weder Zaumzeug noch Sattel hatte. Es musste also wahr sein: Nur die Elben vermochten ihre Pferde angeblich ausschließlich durch die Kraft ihrer Gedanken zu lenken.

    „Wie ist Euer Name, werter Herr? Gehe ich richtig in der Annahme, dass Ihr Rodkar seid?", fragte die Elbin nun. Ihr langes beiges Gewand wehte in der abendlichen Brise. Norag sah keinen Schmutz, keinen Fleck auf der Kleidung. Dabei war sie doch angeblich den ganzen Tag geritten!

    Aufseher Rodkar besah sich das Schriftstück, das sie ihm gereicht hatte, und nickte zufrieden.

    „Der bin ich. Ihr seid weit gereist. Wieso, frage ich?"

    „Das darf ich nur mit dem Aufseher des Lagers besprechen. Es tut mir leid."

    „Sei‘s drum. Ihr seid am Feuer willkommen", sagte Rodkar und reichte ihr das Schriftstück zurück. Er gab Anweisungen, zwei Feuer zu errichten, und in der Abendsonne begannen die Flammen zu tanzen. An einem Feuer saßen die Gefangenen und am anderen die Aufseher sowie die Elbenmagierin. Norag gab sich große Mühe zu lauschen.

    Er bekam nicht viel mit, nur dass Ayarawena ihr Essen ablehnte und schließlich mit geschlossenen Augen dasaß, als alle bis auf die Nachtwache sich schlafen legten.

    Was für fremdartige Wesen, dachte Norag, als er schlussendlich eine angenehme Position fand und einschlief.

    3

    Am nächsten Morgen ging es früh weiter. Sie wurden rüde geweckt und mussten sofort wieder losmarschieren. Einer der Gefangenen wachte nicht wieder auf. Sie ließen ihn an Ort und Stelle liegen – etwas, das Norag sehr störte. Entgegen der Anklage war er durchaus gläubig und ihm gefiel es nicht, jemanden noch im Tod zu bestrafen, indem man ihm die anständige Beerdigung vorenthielt.

    Sie marschierten weiter. Die Landschaft wurde immer zerklüfteter und unwegsamer.

    Schlussendlich öffnete sich die Landschaft vor ihnen wieder und gab den Blick frei in ein einige hundert Schritte breites Tal. Die Wände waren steil und ragten hunderte Schritte hinauf in den Himmel. Einige Dutzend große Zelte waren zu sehen und ein Langhaus aus Holz, das am Ende des Tals lag.

    Schwere Türen wurden in diesem Augenblick aufgestoßen und einige Dutzend Männer in Ketten und Fußfesseln traten aus dem Langhaus heraus, während eine andere ebenso große Gruppe sich auf den Weg in die Hütte machte. Aufseher bewachten dies alles und irgendwo in diesem Langhaus mussten Tunnel in den Fels hinunterführen, wurde Norag klar – sonst würden nie so viele Leute dort hineinpassen. Es war lediglich die Abdeckung für einen Eingang in eine Höhle, die bei Regen nicht gleich volllaufen sollte.

    4

    Sie wurden in ein Zelt gesteckt, wo sie Essen bekamen, und eine Weile war Norag nur mit Essen und Trinken beschäftigt. Ihm war egal, dass der Zwieback, den man ihm gab, fad schmeckte und das Bier schal und dünn. Er war froh, nach dem Marsch Nahrung zu bekommen. Erst als er langsam satt wurde, dachte er wieder an die Elbenfrau. Was sie hier wohl wollte? Es gab Dutzende Arbeitslager in diesem Land. Es wurde nach Gold oder seltenen Steinen geschürft. Die Ländereien der Elben waren weit weg, was ging sie das an?

    Er hatte das Gefühl, dass er gerade erst fertig mit dem Essen war, als bereits ein Aufseher kam und sie mitnahm. Ihnen wurden in einem anderen Zelt Spitzhacken, Hämmer und Meißel gereicht und sofort ging es in die Hütte am Ende des Tals. Wie er sich gedacht hatte, lag darunter ein Schacht, der in die Erde führte. Tiefer und tiefer ging es. Inzwischen war ihre Gruppe gemischt worden mit einer Gruppe anderer Gefangener. Sie waren dünner, ausgemergelter und ihre Haut war kränklich weiß.

    Er erkannte auch zwei Trorks unter den Arbeitern. Ihre augenlosen Gesichter verrieten ihre Gedanken nicht, ihre kräftigen Körper waren ebenso ausgezehrt wie die der menschlichen Arbeiter.

    Doch ihre sechs Finger fand Norag faszinierend. Er wusste, dass einst ein Volk von sechsfingerigen Dämonen hier gelebt haben sollte, doch das war lange vor der Zeit des Eisenfürsten und lange vor dem Reich Marana gewesen.

    Als sie unten waren, kletterte einer der Aufseher auf einen Felsbrocken. Sie waren in einer weiten Halle angekommen.

    „Ihr werdet in Gruppen zu zehn Männern eingeteilt. Eure Schicht geht bis Sonnenuntergang, dann werden die nächsten herunterkommen. Wartet auf das Hornsignal. Ihr bekommt Tunnel zugewiesen, in denen ihr euch wie angewiesen vorantreibt. Wenn ihr etwas Ungewöhnliches findet, meldet ihr euch. Sofort!"

    Sie warfen sich Blicke zu, während die Gefangenen, die schon lange hier waren, nur stumm nickten.

    Dann ging es an die Arbeit.

    Norag schuftete und grub in einem Tunnel. Seite an Seite mit anderen Arbeitern verlor er jedes Gefühl für Zeit und Raum. Er schlug nur die Spitzhacke in das poröse Gestein. Es war dunkel und voller Löcher, kleinen Lufteinschlüssen. Er kannte diese Steine, hatte sie schon einmal schwimmen gesehen.

    Immer weiter gruben sie, bis schlussendlich ihre Schicht zu Ende war. Das Horn erscholl und sie wurden hinaufgerufen. Eine andere Mannschaft kam herunter.

    So ging es Tag ein, Tag aus.

    Irgendwann sah Norag einmal die Elbin in den Hallen wandeln. Sie stritt heftig mit einem dickbauchigen Mann, den Norag inzwischen vom Sehen kannte. Er war der Leiter des Lagers. Dhosko war sein Name und seine Haut hatte einen ungesunden violetten Stich. Manche behaupteten hinter vorgehaltener Hand, dass sein Vater einmal ein Blauling-Dienstmädchen vergewaltigt habe, doch niemand traute sich, dies laut zu sagen. Dhosko war klein, kaum mehr als anderthalb Schritte hoch, und hatte einen dicken Bauch. Doch wer auch immer sein Vater war, hatte ihm die Leitung dieses Lagers verschafft, und die Aufseher respektierten ihn.

    Norag verlor bald jedes Gefühl für Zeit. Er wusste nicht, wie viele Tage er schon hier war, welche Schicht er gerade hatte oder wie lange sie noch gehen würde.

    Jeder Gedanke wurde nach und nach durch die Eintönigkeit der Arbeit ausradiert. Was blieb, war eine einfache Reihenfolge: die Spitzhacke heben und niedersausen lassen. Die Steine hochheben, nach irgendetwas Ungewöhnlichem suchen und schlussendlich alles in die Wagen kippen, die darauf warteten, dass die Trorks oder ein Esel sie davonzogen.

    So ging es immer weiter, bis eines Tages ...

    5

    „Norag, sieh dir das mal an", sagte einer der Arbeiter aus Norags Schicht. Norag hatte gerade mit der Spitzhacke ausgeholt und hielt in der Bewegung inne, bevor er sie seufzend sinken ließ und zur Seite legte.

    „Was?"

    „Das hier. Das ist ... das ist was wert, oder?"

    Norag trat zu dem anderen und betrachtete einen aufgebrochenen Hohlraum. Er brauchte einen Moment, um zu erkennen, dass dort sechs Ringe lagen, die mit einer feinen silbernen Kette verbunden waren. „Die ist doch sicher was wert", sagte er und nahm sie hoch.

    „Wenn sie dich damit erwischen, wie du ihnen die vorenthältst, bringen sie dich um, sagte Norag und schüttelte den Kopf. „Außerdem, was willst du tun? Sie ihnen wegnehmen, und dann? Verkaufen? An wen? Hier sind nicht so viele, die Schmuck zu schätzen wissen.

    „Ach, was glaubst du? Ich muss hier nur noch zwei Jahre abarbeiten. Dann bin ich frei. Frei, sag ich. Das ist doch gutes Startkapital. Wie lange musst du?"

    „Drei, erwiderte Norag wahrheitsgemäß. Er wusste nicht, wie viele Tage er schon hier war, doch er wusste, dass noch keines der Jahre herum sein konnte. „Lass es. Sie bringen dich um. Wenn du Glück hast sogar schnell, sagte er und meinte jedes Wort, wie er es sagte. Er hatte die Aufseher erlebt. Sie waren nicht zimperlich. Nicht einmal die körperlich sicher einmal weit stärkeren Trorks hatten sich während der ganzen Zeit, die er jetzt hier war, gegen sie erhoben.

    „Ihr da, was habt ihr da?", kam nun einer der Aufseher herüber. In wenigen Schritten war er bei ihnen und riss die Kette an sich.

    „War da noch mehr?", fragte er. Norag verneinte und zeigte, wo sie die Kette gefunden hatten.

    „Weitergraben, los!"

    Sie gruben weiter, doch bis auf einige Knochen fanden sie nichts. Es gab einen Hohlraum, der nahelegte, dass jemand hier vom Fels begraben worden war und die Kette einst ihm gehört hatte.

    Schlussendlich war der Aufseher zufrieden.

    „Mitkommen", bellte er und eilte hinauf, gefolgt von Norag und dem anderen Arbeiter. Inzwischen erinnerte sich Norag auch an dessen Namen. Elis hieß er. Einst war Elis sicher ein beleibter Mann gewesen, doch seine einst speckigen Wangen hingen nun schlaff herab.

    Sie wurden in eines der Zelte geführt. Es war das einzige Zelt, das etwas abseits lag. In diesem lebte Dhosko. Sie trafen ihn beim Essen an. Die Elbin Ayarawena saß bei ihm und diskutierte eindringlich mit ihm, schwieg aber dann, als sie eintraten.

    „Wir haben etwas, sagte der Aufseher stolz. Er reichte die Kette an Dhosko. „Herr, ich habe mit Hilfe dieser Arbeiter etwas gefunden.

    Norag und Elis warfen sich einen Blick zu, korrigierten den Wächter aber nicht.

    „Zeig her", sagte Doshko, wischte sich seine Finger an seinem beigen Hemd ab und griff sich die Kette.

    „Faszinierend", sagte er und ließ die Ringe durch seine Finger gleiten.

    „Wie ich schon sagte, unterbrach ihn nun die melodiöse Stimme Ayarawenas, „die Artefakte der Sechsfinger sind gefährlich. Ihr solltet Euch vorsehen, genauso wie Euer König.

    „Ach, er weiß, was er tut. Er hat Magier, die ihn beraten, Elbenmagierin. Er kann damit umgehen."

    Sie sagte nichts darauf, doch Norag war sich sicher, dass der harte Ausdruck um ihre Lippen bedeutete, dass sie das bezweifelte.

    Er begann sich die Ringe über die Finger zu ziehen.

    Norag sah, wie sich die Elbin anspannte, doch es geschah ... nichts.

    Der letzte verbleibende Ring baumelte herunter, während Dhosko sie auslachte.

    „Seht Ihr? Nichts geschieht! Womöglich gehörte es den Sechsfingern, denn sie trugen sicherlich auch Schmuck. Es ist vielleicht nicht mehr als billiger Tand dieser toten Spezies. Sie mögen die Trorks geschaffen haben, aber sie sind tot. All ihre legendären Geschichten sind nicht mehr als Staub auf den Regalen der Bibliothek. Wer weiß? Vielleicht sind die Trorks auch in Wirklichkeit nur ihre degenerierten Kinder – Bastarde ohne Wert, die nichts mehr haben von der Macht der Eltern?"

    „Darf ich die Kette haben? Ich möchte sie untersuchen", fragte nun Ayarawena, ohne auf die Worte Dhoskos einzugehen. Dieser schüttelte den Kopf.

    „Nein, ich glaube nicht, dass es nötig ist."

    „Mit Verlaub, sagte sie nun betont ruhig. „Erstens seid Ihr kein Magier. Es steht Euch nicht zu, darüber zu urteilen, so wie ich nicht über die Führung Eures Lagers urteile. Ebenso habe ich ein Schreiben Eures Königs, das mich genau dazu berechtigt, hier meine Untersuchungen anzustellen.

    „Es berechtigt Euch, erwiderte Dhosko in einem Tonfall, der ihren betont ruhigen nachäffte, „lediglich dazu, uns hier als Gast beizuwohnen und zu beobachten. Ihr seid geduldet. Mehr nicht. Wenn Euch das nicht passt, bitte. Beschwert Euch beim König.

    Sie schürzte die Lippen, erwiderte aber nichts darauf.

    „Die beiden haben es ausgegraben?", fragte er an den Aufseher gewandt.

    „Ja, Herr, unter meiner Anleitung."

    „Gib ihnen frei und eine doppelte Ration zu essen. Ich bin kein Untier. Auch du sollst frei haben heute. Nimm dir eine extra Flasche Wein. Er soll dir zustehen. Weiter so."

    Norag konnte sein Glück kaum fassen, als er vor einer doppelten Ration Essen saß und sich den Bauch vollschlagen konnte.

    Als sie fertig waren, durften Elis und Norag sich vor das Essenszelt setzen und bekamen jeder eine Pfeife gereicht. Sie sollten nicht weggehen. Ihr freier Tag brachte einige der Aufseher sehr durcheinander. Immerhin war es nicht vorgesehen, dass sie einfach so herumsitzen durften. So wurden sie mit beaufsichtigt von den Wachen, die den Tag über durch das Lager liefen. Auch nachts gab es natürlich Wachmannschaften, denn es wurde Tag und Nacht unter der Erde gegraben. Und das alles nur wegen so einer Kette?, fragte sich Norag.

    Als er sah, wie einer der Trorks heraufkam, begleitet von einem der Aufseher, dachte er noch einmal über die Bemerkung Dhoskos nach. Die Trorks hatten sechs Finger, so wie jenes Volk, das einst in diesem Teil der Welt geherrscht haben sollte, lange vor Ankunft der Menschen, wenn man den Geschichten glauben wollte. Aber Norag kannte auch andere Geschichten, die sagten, es handele sich dabei nur um Lügen der Elben – Lügen, die behaupten sollten, die Menschen hätten nicht schon immer hier gelebt.

    Als er sah, wie der Trork in das Zelt Dhoskos trat, überlegte er, was es mit diesen sechs Fingern auf sich hatte. Immerhin hatte die Kette auch sechs Ringe. Er wusste, das es Gnome mit sechs Fingern gab. Jedenfalls hatte man ihm das erzählt. Gesehen hatte er noch keinen.

    In diesem Augenblick wurde seine Aufmerksamkeit abgelenkt durch die Elbin Ayarawena, die aus einem der anderen Zelte trat und sich von einem Aufseher hinab in die Höhlen begleiten ließ.

    Norags Blick war gefesselt von ihrer anmutigen Schönheit. Heute trug sie eng anliegende lederne Beinlinge und ein hellgrünes Hemd, das ihre weiblichen Reize nur betonte.

    „Vergiss es, sagte Elis und stieß Norag in die Seite. „Bist du nicht deswegen hier?

    Norag lachte. „Schon, irgendwie."

    „Und die ist definitiv weit mehr außerhalb deiner Reichweite, als es andere Frauen je sein könnten", erwiderte Elis.

    „Meine einzige Freude ist, dass ich womöglich einen Bastard auf den Thron gesetzt habe, lachte Norag. „Wer weiß?

    „Erzähl dir das, wenn du dich in den Schlaf weinst, brummte Elis und zog genüsslich an seiner Pfeife. „Oh, wie ich es hasse hier zu sein.

    „Keiner ist gern hier."

    „Doch, Dhosko ist sicher gerne hier. Hier ist er jemand. So einen wie den hätte ich früher mit Vergnügen vernichtet. Aber jetzt ..."

    „Was warst du früher?"

    „Händler. Ich war wirklich gut. Ich war sogar mal bei den Elben. Aber ich habe mich mit den Falschen angelegt. Ich habe ein Handelsembargo unterlaufen und na ja ... ich war leider selbst auf dem Schiff, mit dem ich das tat. Da war nicht viel Möglichkeit sich rauszureden."

    Norag lachte. „Erwischt auf frischer Tat."

    „Leider ja."

    „Nun, darauf dass wir das hier überleben."

    „Genau darauf", erwiderte Elis und sie stießen symbolisch mit ihren Pfeifen aneinander.

    Dann durchbrach ein bestialischer Schrei die lethargische Ruhe des heißen Tages.

    Elis und Norag kamen mühsam auf die Beine, als mehrere Männer aus dem Zelt Dhoskos gestürmt kamen. Ein bestialischer Ruf war zu hören.

    Dann war ein erneuter, diesmal langgezogener verzweifelter Schrei zu hören, der abrupt endete.

    Männer rannten herbei, Schwerter gezückt und Speere in den Händen, als die Zeltbahnen zerrissen wurden und der Trork zum Vorschein kam. Norag wusste sofort, dass etwas nicht stimmte. Seine Gestalt war hochgewachsener als vorher, sein Körper kräftiger und sein ganzes Aussehen war von einer blassblauen Aura umgeben, die wie eine Flamme um ihn herumtanzte.

    Er schrie und sein Gesicht war verzerrt vor Schmerz. Ein Aufseher kam heran gerannt, stieß seinen Speer in die Seite des Trorks und die Spitze versank im Fleisch. Wütend wischte der mehr als einen Kopf größere Trork den Mann mit einem einzigen Prankenhieb von den Füßen und zog die Klinge heraus. Die Wunde schließt sich einfach sofort!, erkannte Norag verzweifelt.

    „Los, komm", sagte er und zog Elis hinter sich in Richtung des Bergstollens, während andere der Aufseher herbeikamen. Einer spannte eine Armbrust und legte an.

    „Was, da runter? Bist du bescheuert?"

    „Lieber in die Wüste?, giftete Norag zurück. „Da unten ist die Elbin. Die Magierin!

    Elis zögerte kurz, rannte dann aber hinter Norag her.

    Sie rannten in die Tiefen der Stollen hinab. Einige Aufseher kamen ihnen entgegen, doch irgendwer hatte bereits Hilferufe vernommen und das Chaos war vollkommen.

    Sie fanden die Elbin bald darauf. Ihre helle Haut bildete einen deutlichen Kontrast zur Dunkelheit, die kaum von den Fackeln der Höhlen vertrieben werden konnte.

    „Frau Ayarawena", rief Norag. Einer der Aufseher, der nahe bei der Elbenmagierin stand, trat ihm in den Weg.

    „Was willst du? Wieso bist du nicht bei der Arbeit?", knurrte er Norag an.

    „Bitte, es ist wichtig. Dhosko hat einen Fehler gemacht. Er hat sich einen der Trorks des Lagers kommen lassen und nun rennt der oben rum, blau brennend und tötend!, rief Norag. „Ich bin mir nicht mal sicher, ob Dhosko noch lebt.

    „Er hat dem Trork die Kette gegeben, damit dieser die Ringe über seine sechs Finger ziehen kann. Ich habe das befürchtet, sagte Ayarawena und wandte sich an den Aufseher neben ihr. „Nehmt diese Gefangenen, sammelt alle Gefangenen hier unten und flieht. Gibt es einen Tunnel, der hier fortführt?

    „Nein, Herrin. Nur den Weg ins Lager."

    „Dann los, sammelt alle ein. Ich werde mit Euch hinausgehen und ihn aufhalten. Ihr werdet mir nicht helfen, sondern direkt in die Wüste fliehen. Verstanden?"

    „Ich ..."

    „Habt Ihr verstanden? Ich habe ein Siegel Eures Königs. So wenig Dhosko es auch respektieren möchte, respektiert Ihr es?"

    „Ja, Herrin", sagte der Aufseher kleinlaut.

    Er eilte los und begann zusammen mit Norag und Elis alle Männer zusammenzutrommeln. Sie waren noch immer bewaffnet mit Spitzhacken und Meißeln. Schlussendlich hatten sie drei Dutzend Männer versammelt.

    „Folgt mir und seht zu, dass Ihr in die Wüste kommt. Man muss in Setua wissen, dass dies hier geschehen ist!", rief Ayarawena und eilte den Männern voran.

    Als sie draußen angekommen waren, fanden sie den Trork dabei vor, wie er sich genüsslich an einem toten Aufseher weidete. Die Zelte waren niedergerissen und Dutzende Tote lagen herum. Manche lagen in grotesk verdrehten Posen, als hätte man sie nach ihrem Tod achtlos zur Seite geworfen.

    Der Trork wandte ihnen seinen Blick zu.

    „Lauft", befahl Ayarawena und trat mit erhobenen Händen auf die Kreatur zu. Sie sprach einige Worte in der Sprache der Elben und Fesseln aus purem Licht brachen aus dem Boden, die den Trork an den Armen griffen und zu Boden rissen.

    „Nehmt Eure Waffen, rief Norag den anderen zu. „Wir müssen ihr helfen! Los, was seid ihr? Feiglinge? Wir haben hier eine Strafe abzusitzen und wenn wir diesen Dämon besiegen, dann sind wir frei! Wer will uns das noch nehmen? Los, wir müssen sie retten!, rief er.

    Einige der Männer hielten inne. Andere sahen sich kurz um und rannten einfach weiter. Doch ein gutes Dutzend blieb.

    Norag selbst griff sich eine Spitzhacke, die einer der Flüchtenden liegen gelassen hatte, und wandte sich dem Monster zu.

    Der Trork riss in diesem Moment die Energiefesseln einfach entzwei. Seine linke Pranke glühte in einem schwarzen Schleier, unter dem Norag schwach die sechs Ringe und die sie verbindende Kette erkennen konnte.

    Also hatte die Magierin recht gehabt!

    Der Trork griff sich eine der Leichen in seiner Nähe und warf sie in die Richtung Ayarawenas. Sie hob die Hände und fing die Leiche aus der Luft mit einem Zauber, der sie zur Seite wegfliegen ließ. Nun griff einer der Gefangenen den Trork an, rammte ihm seine Spitzhacke in den Oberarm und wurde wütend fortgeschleudert. Ein weiter Mann kam heran, doch der Trork spie Feuer! Norag hielt in der Bewegung inne. Kein Trork, den er je gesehen hatte, vermochte das!

    Drei Männer gingen in Flammen auf, bevor ein weiterer es schaffte, dem Trork seinen Hammer an den Kopf zu werfen. Dieser schloss sein flammenspeiendes Maul und knurrte.

    Norag sprang mit erhobener Spitzhacke zum Trork und hieb diese in seine Schulter, sodass sie sich eine Handbreit tief in den Oberarm rammte. Wütend schlug die augenlose Kreatur nach ihm. Er taumelte zurück, sprang zur Seite und landete neben der Leiche eines Aufsehers. Dieser war gestorben, ohne sein Schwert auch nur ziehen zu können. Das erledigte nun Norag für ihn. Er riss den Einhänder heraus. In diesem Augenblick tauchten erneut leuchtende Bänder aus dem Boden auf, die sich um die Handgelenke und den Körper des Trorks wickelten. Die Elbenmagierin hatte diesmal mehr Kraft in den Zauber gelegt und die Fesseln waren dick wie der Oberschenkel eines Mannes. Der Trork knurrte und brüllte.

    Norag sprang vor und hieb mit dem Schwert nach der Pranke der Kreatur. Er trennte sie sauber ab. Die gewaltige Klaue mit den sechs Fingern, an denen die sechs Ringe durch eine Kette verbunden waren, leuchtete grell auf, als sie auf den Boden fiel, und Norags Schwert wurde glühend heiß.

    Er ließ es fallen und sah, wie es binnen Sekunden zu Schlacke wurde, während die Hand verdorrte und nur eine graue Masse übrig blieb.

    Dann war alles vorbei. Der Trork wurde aus den Energiefesseln entlassen, nun wieder dünn und ausgemergelt. Die Elbenmagierin eilte direkt zu ihm, noch immer einen Zauber murmelnd. Erst begriff Norag nicht, was sie noch zauberte, bis er den Handstumpf der Kreatur sah und erkannte, dass sie eine Art leuchtenden Pfropf auf die Wunde setzte, um sein Verbluten zu verhindern.

    Das Leuchten ließ nach und ließ einen silbrigen Stumpf zurück. Norag hatte beinahe das Gefühl, dass der Stumpf mit flüssigem Quecksilber versiegelt worden war. Es sah aus, als würde es jede Sekunde wegfließen, war doch aber hart und gab nicht nach, als der Trork es betastete.

    „Es wird einige Monate halten, bis die Wunde schließlich geschlossen ist, sagte die Elbenmagierin Ayarawena schwer atmend und trat zu dem Trork. „Es tut mir aufrichtig leid, dass Dhosko dir diese Kette aufgesetzt hat. Er hätte das nicht tun sollen.

    Sie warf Norag einen Blick zu und verneigte sich leicht. Nun hatte sie offensichtlich auch ihre Fassung wiedergewonnen.

    „Ich bin Euch und Eurem mutigen Einsatz zu Dank verpflichtet, Herr ..."

    „Norag, nennt mich nur Norag, sagte er und wollte ihr die Kette reichen. Er hob sie auf, doch sie war heiß wie glühende Kohlen. Laut fluchend ließ er sie fallen und betrachtete seine verbrannte Hand. Sie trat zu ihm und mit einer einzigen Berührung von ihr und einem geflüsterten Wort war der Schmerz verschwunden und die Wunde sah aus, als wäre sie seit Monaten verheilt, wenn auch die Vernarbung blieb. „Was habt Ihr getan?

    „Euch ein wenig beim Heilungsprozess geholfen. Die Kette ist nicht ungefährlich, wenn Ihr auch keiner von den Sechsfingern seid, nehme ich an. Doch lasst mich besser", sagte sie und griff die Kette. Sie steckte sie in einen kleinen Lederbeutel, den sie an ihrem Gürtel trug.

    Sie sah Norag direkt an. „Ihr seid nicht einfach geflohen", stellte sie fest.

    Er nickte. „Warum sollte ich? Ihr seid bereit gewesen uns zu retten. Wir konnten Euch schlecht allein kämpfen sehen. Immerhin hab ich gesehen, was der Trork konnte unter dem Einfluss von dem Ding ... was ist das eigentlich?"

    „Ein Werkzeug, das die Sechsfinger nutzen – nicht die Trorks, sondern jene, die einst hier herrschten. Es gibt viele Geheimnisse in diesem Land, viele ... Überbleibsel. Danach suche ich. Davor versuche ich die Menschen zu bewahren, erklärte Ayarawena geheimnisvoll. „Mehr müsst Ihr nicht wissen. Wir sind hier, denke ich, fertig. Sammelt die Gefangenen und folgt mir.

    Auf einen Gedanken von ihr erschien selbstständig ihr Pferd am Rand des Lagers und kam auf sie zu.

    Norag fröstelte trotz der Hitze unwillkürlich vor der Macht dieser Frau.

    6

    „So bekam ich diese Narben", erklärte Norag und sah erwartungsvoll zu dem Jungen neben sich am Feuer. Er sprang sofort auf und holte eine Karaffe mit frischem Met.

    „Und wie ging es dann weiter?", fragte er.

    Norag lachte. „Na ja, wir sind durch endlose Wüste marschiert, bevor sie uns in der Stadt ließ – ohne der Stadtwache zu sagen, ob wir Aufseher oder Gefangene gewesen waren."

    Er hielt inne und fügte nicht hinzu, dass er nie sicher gewesen war, ob sie das wirklich interessierte. Was wusste er schon von den Elben in ihrem fernen Reich? Auf der anderen Seite, wäre sie alleine schneller gewesen.

    „Wärst du so nett, Junge, und gibst mir noch etwas von dem Brot?"

    „Nur wenn du weitererzählst, Norag. Bitte, sagte der Junge und sah ihn mit flehendem Blick an. „Nur noch ein bisschen.

    Norag seufzte.

    7

    Norag sah, wie die Elbenmagierin sich zum Gehen wandte.

    „Wartet", bat er sie und sie hielt inne. Sie standen auf der Hauptstraße Setuas, die hinauf zum Herrschersitz führte. Die Gruppe der ehemaligen Gefangenen hatte sich zerstreut, nur Norag war bei der Frau geblieben.

    Die Elbenmagierin Ayarawena sah ihn erwartungsvoll an, sagte aber nichts.

    „Ihr habt nicht vor, Euch Hilfe beim Adel zu holen, sondern wollt einfach wieder verschwinden? Ihr nehmt den Ring mit Euch, richtig? Damit werdet Ihr ganz allein ins Land der Elben gehen?"

    „Was interessiert Euch die Kette, die Ringe und all die Macht, die in ihnen ruht?", fragte sie ruhig.

    „Nun, ich habe hier wenig, das mich hält, und ich weiß nicht, ob Ihr ... Hilfe gebrauchen könntet."

    „Ich kann sehr gut auf mich selbst aufpassen."

    „Das sah im Lager aber nicht so aus", bemerkte Norag vorlaut und die Augenbrauen der Elbin gingen in einer Mischung aus Ärger und Amüsement hoch.

    „Was ist es, das Euch an diesem Abenteuer reizt?"

    „Womöglich meine kurze Lebensspanne im Vergleich zu Eurer. Man muss zusehen, dass man was sieht von der Welt. Dann ist es als nächstes nämlich schon vorbei", erwiderte Norag schnippisch und sah ihre Mundwinkel leicht zucken.

    „Ich werde Euch nicht aufhalten", sagte sie und ging in Richtung des Stadttores.

    Norag folgte ihr, schloss zu ihr auf und ging neben ihr.

    „Wenn wir ins Reich der Elben wollen, wieso steuern wir dann nicht den Hafen an? Wieso verlassen wir das schöne Setua schon wieder?"

    „Weil binnen weniger Stunden jeder Überlebende seine Geschichte jemandem erzählt hat und binnen eines Tages jeder in der Stadt von uns weiß. Der Wind ist allerdings ungünstig, es laufen aktuell wenig Schiffe aus. Ich habe wenig Interesse daran, dass die gesamte Stadt weiß, wer wir sind und vor allem was wir besitzen."

    „Wieso sollte jemand diese Kette wollen?"

    „Dummheit und Selbstüberschätzung."

    Norag schnaubte. Nahe am Stadttor trabte ihr weißes Pferd zu ihnen. Ayarawena streichelte die Mähne des Tieres, das zufrieden schnaubte.

    „Sprecht Ihr in Gedanken mit dem Pferd?, fragte Norag. „Die Leute sagen, die Elben können das.

    „Das ist richtig. Aber selbst ein Elb, der magisch minderbegabt ist, kann auf dem Tier reiten, ohne mit ihm zu reden. Es ist ein empfindsames Wesen, es spürt leichte Bewegungen der Oberschenkel und lässt sich so auch gut ohne Zaumzeug lenken."

    Sie wanderten in südlicher Richtung an der Küste entlang.

    „Habt Ihr ein besonderes Ziel?", fragte Norag nach einigen Stunden.

    „Den Hafen von Zurkos."

    „Das Räubernest?", fragte Norag entsetzt.

    „Mir wurde gesagt, es sei ein Umschlagplatz, ein Naturhafen, den die Fischer der Region gerne nutzen, um sich die horrenden Zölle weiter die Küste hinauf in Setua zu sparen", erwiderte die Elbenmagierin.

    Norag lachte.

    „Oh ja, darum tun sie das. Und weil das Dorf Zurkos ein eingeschränktes Marktrecht besitzt, sodass sie dort auch verkaufen dürfen. Aber die Dörfler sollen alle korrupt sein. Niemand hält sich wohl daran, verbotene Waren zu konfiszieren, wenn ein extra Betrag dabei ist."

    „Ich will dort eine Schiffspassage mindestens bis Apesia, keine moralische Debatte führen", belehrte ihn Ayarawena.

    Sie schwang sich auf den Rücken ihres Pferdes. Kurz zögerte sie, dann reichte sie ihm eine Hand.

    „Kommt, wir haben einen weiten Weg vor uns und Ihr werdet kaum mit mir Schritt halten können."

    „Meine schwachen menschlichen Beine danken für die Hilfe", erwiderte Norag und setzte sich hinter sie auf das Pferd.

    8

    In der Dämmerung erreichten sie das Dorf Zurkos. Es waren mehrere Dutzend Hütten und einige umliegende Höfe. Die ersten Lampen brannten in den Straßen, die Schatten wurden immer länger, während die Sonne am Horizont verschwand. Ein Bauer kam ihnen entgegen. Er zog einen Wagen hinter sich her, davor einen alten Bullen gespannt.

    „Sagt, wo finde ich Seefahrer, die bereit sind, durch das Pereanische Meer bis in die Südwestlande zu segeln?", fragte Ayarawena gebieterisch. Der Mann hielt seinen Wagen an, musterte sie und spuckte auf den Boden. Er nahm sich ein paar frische Blätter aus einem Beutel an seinem Gürtel und begann darauf herumzukauen.

    Die Elbin musterte sein Spucken mit hochgezogenen Augenbrauen. Norag sah sich genötigt einzugreifen.

    „Guten Abend. Verzeiht, werter Herr. Ihr habt erfolgreich Eure Güter im Dorf verkaufen können?", fragte er. Der Mann lächelte.

    „Doch Manieren, so so. Ja, ich bin einiges losgeworden. Die Seemänner fressen ziemlich, wenn sie dann mal wieder festen Boden haben. Was Ihr sucht, ist die Schenke ‚Zum gefallenen Stern‘. Da sind vor allem die weitreisenden Seefahrer."

    „Wir danken Euch, guter Mann", sagte Norag und warf der Elbin einen Blick zu, der ihr bedeuten sollte weiterzureiten. Er drückte seine Fußkanten sanft in die Flanken des Pferdes, doch dieses machte keine Anstalten, sich in Bewegung zu setzen.

    Ayarawena warf ihm einen Blick zu und erst einige Herzschläge später setzte sich das Pferd in Bewegung.

    Sie ritten schweigend zum „Gefallenen Stern", einem alten Fachwerkhaus, bei dem das Fachwerk längst erneut hätte gestrichen werden müssen. Musik war zu hören. Norag fand, es klang, als würde jemand eine Geige quälen.

    „Lasst mich reden", sagte Ayarawena und schwang sich von ihrem Pferd. Norag kletterte ebenfalls herunter, was für ihn ohne Steigbügel sehr viel schwerer war. Die Elbin trat zu ihrem Pferd, strich ihm über die Mähne und nickte ihm zu. Dann galoppierte es davon.

    „Ihr schickt ihn weg?"

    „Ein Elbenpferd findet seinen Weg nach Hause. Es ist unwahrscheinlich, dass wir ihn auf dem Schiff gut mitnehmen können und er wird noch tagelang in einer Reichweite sein, dass ich ihn jederzeit rufen kann.

    Norag zuckte die Schultern.

    „Wie Ihr wollt. Es ist Euer Tier."

    Sie betraten die Spelunke. Einige Dutzend Tische standen im Raum verteilt, an denen kleine Gruppen von Männern saßen. Manche tranken, andere aßen Eintopf und an zwei Tischen wurden Würfelspiele gespielt. In einer Ecke auf einem der Tische saß ein graubärtiger Mann mit einem fleckigen Gesicht und spielte auf einer Geige.

    Die Elbenmagierin sah sich im Raum um.

    „Ich hol uns mal was zu trinken, sagte Norag. „Ihr habt Geld?

    „Tut, was Ihr nicht lassen könnt. Ich brauche nichts", sagte die Elbenfrau und wandte sich zu einem der Tische. Norag schüttelte den Kopf, als er sich an die Theke setzte.

    Eine Frau mit rabenschwarzen Locken trat zu ihm und musterte ihn mit grauen Augen.

    „Was darf’s sein, Fremder?"

    „Etwas zu essen und einen Humpen Bier, ich bin hungrig und ausgedörrt."

    „Zu essen haben wir nur Hammeleintopf, dafür frisch."

    „Sehr gerne. Meine Freundin da hinten zahlt."

    „Soll mir recht sein, Süßer", sagte die Frau.

    Sie kam kurz darauf zurück mit einem großen Humpen Bier und einer dampfenden Holzschüssel voller Eintopf. Gierig machte sich Norag darüber her.

    „Und, was treibt Euch in diesen Ort?", fragte ein breitschultriger Mann, der sich neben Norag setzte.

    „Eine Passage, wir suchen eine Passage in Richtung der Südwestlande. Am besten natürlich weiter, aber das Pereanische Meer, das ist die Richtung."

    „Wollt zu den Elben, was?", fragte der Mann.

    Norag sah ihn sich genauer an. Er hatte ein beiges Hemd zu abgewetzten und oft geflickten Segeltuchhosen an. Dazu trug er einen Gehrock aus Leder.

    „Perk mein Name. Ich habe zufällig ein Schiff."

    „Wieso glaubt Ihr, dass wir zu den Elben wollen?"

    „Weil Eure Freundin spitze Ohren hat und ihresgleichen hier weit von zu Hause fort ist. Also soll’s vermutlich das Reich der Elben sein."

    „Das stimmt", erwiderte Norag und trank von seinem Bier. Er war durstig nach dem langen Tag und hatte den Humpen in wenigen Zügen geleert. Der gut gewürzte Eintopf tat sein Übriges, seinen Durst zu entfachen.

    „Ach, nehmt noch einen, ich bin heute gut gelaunt, sagte Perk und winkte die Bedienung ran. „Noch einen Humpen.

    Er warf ihr eine Münze zu, die sie geschickt auffing. „Sofort."

    Während Norag der Humpen gereicht wurde, fragte Perk: „Warum müsst Ihr denn so dringend zu den Elben? Oder will Eure Freundin nur nach Hause?"

    „Was? Die? Nein, wir müssen ... Ach, nicht so wichtig."

    „Hmm, brummte Perk. „Ich sag Euch mal was. Ich habe ein Schiff und fahre in die richtige Richtung, noch heute Nacht. Der Wind hat gedreht und ist günstig. Aber ich nehm Euch nur mit, wenn ich weiß, dass es nichts Gefährliches ist. Elben kann man nicht trauen.

    Norag trank einen weiteren Schluck seines Humpens.

    „Ne, der kann man trauen. Wir haben ein gefährliches magisches Artefakt, das muss weggeschafft werden. Aber es ist ungefährlich, solange es niemand benutzt."

    „Was passiert denn dann?"

    „Wenn man die Ringe mit der Kette aufsetzt, dann wird man zu einer Bestie, ich hab’s bei ’nem Trork gesehen und der war hinterher deutlich furchteinflößender, als er es vorher war."

    „Noch mehr als vorher?"

    „Erheblich mehr, hat Leute zerrissen. Aber die Kette ist ungefährlich, wenn du sie nicht aufsetzt. Würdet Ihr uns mitnehmen?"

    „Sicher. Solltet Ihr bezahlen können."

    Norag sprang von seinem Stuhl auf. Er schwankte ein wenig. Beinahe kam es ihm so vor, als wäre er bereits auf hoher See.

    „Dann lasst uns zu Lady Ayar... zu meiner elbischen Freundin gehen."

    Er eilte mit Perk zu Ayarawena, die gerade von einem Tisch aufstand.

    „Kein Glück gehabt?", fragte Norag, als er an ihr vorbei das Gesicht ihres Gesprächspartners sah.

    Sie schüttelte sanft den Kopf, sodass ihr einige Strähnen ins Gesicht fielen.

    „Er wird uns nicht mitnehmen."

    „Nun, ich habe einen gefunden", sagte Norag stolz und deutete auf Perk.

    „Kapitän Perkurik von der MEERESDIENERIN. Nennt mich Perk, wenn es Euch beliebt. Zu Euren Diensten. Euer Gefährte berichtete mir, dass Ihr eine Passage sucht, und wir fahren in Eure Richtung. Gegen einen kleinen Obolus wären wir bereit Euch mitzunehmen. Kost und Logis sind selbstverständlich frei."

    „Frei, nachdem wir Euch für die Überfahrt bezahlen", erwiderte die Elbenmagierin. Perk lächelte.

    „So frei, wie etwas nur sein kann im Leben."

    Ayarawena blickte zu Norag.

    „Was? Ist nicht das erste Mal, dass ich recht habe, oder?", erwiderte er. Sie schien zu überlegen, ob sie Perk trauen wollte. Möglicherweise, dachte Norag, war sie auch nur pikiert, dass er erneut bewiesen hatte, dass er nützlich für sie war.

    „Bis nach Apesia kann ich Euch mitnehmen", sagte Perk nun.

    „Wir würden uns freuen", sagte Ayarawena und reichte ihm eine Handvoll Münzen. Er wog sie in der Hand, nickte dann.

    „Mich ebenso. Habt Ihr noch etwas zu erledigen, sonst könntet Ihr mich direkt zur MEERESDIENERIN begleiten. Wir wollen bald ablegen. Der Wind hat gedreht und ist günstig."

    „Wir sind hier fertig", sagte die Elbenmagierin und folgte mit Norag Perk aus der Schenke hinaus.

    9

    Er führte sie hinab zum Hafen, in dem einige Dutzend Schiffe in einiger Entfernung lagen. Keines war bis auf die letzten hundert Meter herangekommen. Jeder musste die Schiffe mit dem Beiboot verlassen und betreten, ansonsten war die Bucht zu seicht.

    Ein Mann, dem der Ringfinger der linken Hand fehlte, winkte ihnen zu und mit dem Beiboot fuhren sie zur MEERESDIENERIN. Es war ein kleiner Einmaster, gute zehn Schritte lang mit vier Männern Besatzung.

    „Männer, wir legen ab, befahl Perk, als sie an Deck standen. „Der Wind ist günstig und wir haben Gäste.

    Er sah zu Norag und Ayarawena.

    „Bitte folgt mir. Ihr müsst unter Deck bleiben, bis wir hinaus auf hoher See sind. Das Schiff ist groß genug, aber nicht so groß, dass Ihr hier nicht im Weg stehen werdet."

    Norag nickte und die Elbenmagierin sah Perk nur skeptisch an, folgte ihm aber ebenfalls.

    Unter Deck brachte er sie in einen kleinen Raum, zwei Schritte breit und drei Schritte tief. Zwei Holzbänke waren fest montiert, dass sie nicht verrutschten.

    „Bitte wartet hier. Es ist kein komfortabler Ort, aber es ist auch nicht für lange. Versucht zu schlafen."

    „Guten Wind, sagte Norag. Als hinter ihnen die Tür geschlossen wurde, drehte er sich zur Elbin. „Hat doch gut geklappt, oder?

    In diesem Augenblick hörte er das Kratzen eines Metallschlosses.

    „Wir sind eingesperrt", stellte Ayarawena entsetzt fest und stürmte zur Tür. Sie schlug und trat, doch die Tür bewegte sich nicht.

    „Ich habe mich gleich gewundert, warum sie so stark eisenbeschlagen ist", murmelte sie. Dann sagte sie etwas auf Elbisch, das für Norag wie eine Verwünschung klang.

    „Wenn Ihr es geahnt habt, wieso habt Ihr nichts gesagt?", fragte Norag erbost und rüttelte an der Tür. Sie bewegte sich kaum, das Schloss saß fest.

    „Weil ihr mir alle ein Rätsel seid, fauchte die Elbin. „Ihr seid laut, singt und seid einfach zu viel, in jeder Hinsicht.

    In die folgende Stille hinein fragte Norag: „Ist das deine erste längere Reise zu den Menschen?"

    Sie lachte. Auch wenn es leicht hysterisch klang, hatte Norag doch das Gefühl das sie sich entspannte. „Ja, und ich bin nicht vorbereitet gewesen auf all das. Es gibt Zaubersprüche, die mein Gehör dämpfen, damit ich nicht alles höre, was jemand vier Meter entfernt sagt. Ihr seid so laut! Und ihr ... ihr habt einen Geruch, der sehr stark für jemanden meiner Art ist."

    Norag schnüffelte unwillkürlich an seinem Wams. Er musste zugeben, dass es nach all dem, was ihm passiert war, kaum nach Rosen roch, aber es war noch immer erträglich.

    „Es tut mir leid, sagte sie und verneigte sich. „Ich denke ... es war sehr viel. Auch sehr anstrengend, durch die Zauber, die ich wirkte. Ich bin erschöpft.

    „Zweifellos. Kenne ich. Hab mal in einem Bergwerk gearbeitet", sagte er trocken und setzte sich auf eine der Pritschen.

    Sie schwieg daraufhin.

    Eine Katze miaute.

    Irritiert sah Norag zu der Elbenmagierin.

    „Da redet jemand mit einer Katze, nein mit zweien. Ich höre sie schnurren, sagte Ayarawena. „Doch sie haben nur ein Herz.

    „Nur ein Herz?"

    „Ja."

    „Hallo?", fragte Norag und ging nahe an die der Tür gegenüberliegende Wand. Die Stimme und das Schnurren verstummten.

    „Guten Abend, sagte eine angenehme Männerstimme. „Ich wollte Euren Disput keineswegs stören.

    „Mitnichten, seid Ihr hier auch gefangen?", fragte Norag.

    Der Mann lachte.

    „Leider ja. Bei meinem letzten Fluchtversuch habe ich einen von ihnen getötet, entsprechend gut verschnürt sind wir beide."

    „Ihr beide?"

    „Mein Name ist Lakyr von der Zweiköpfigen Katze und eben jene ist mit mir hier."

    „Eine ... ach vergesst es. Was haben die mit uns vor?"

    „Sie sind Menschenhändler. Wenn Ihr etwas wertvolles dabei habt, werden sie es Euch wegnehmen und Euch, denke ich, verkaufen. Wir sind unterwegs zu einem Sklavenmarkt in Cosanien, habe ich aufgeschnappt."

    Er sagte leise etwas und erneut war das Schnurren einer Katze zu hören.

    „Es tut mir leid, aber die Fessel kann ich dir nicht nehmen", sagte er zu der Katze.

    „Ihr seid gefesselt?", fragte Norag.

    „Ja, sagte der andere düster. „Nachdem meine kleine einen von ihnen getötet hat, haben sie versucht, sie zu töten. Das gelang ihnen nicht, doch sie ist in einem Stahlkäfig, den ich nicht öffnen kann. Er ist zu klein für sie.

    „Der Wellengang nimmt immer mehr zu. Wir müssen uns von der Küste entfernen", bemerkte Ayarawena.

    Resigniert setzte sich Norag wieder hin und streckte sich auf der Bank aus.

    „Wir sollten schlafen, jetzt können wir eh nichts tun." Er sah zu Ayarawena.

    „Ihr schlaft doch, oder?"

    „Wir können schlafen, auch wenn wir oft meditieren, um unsere Kräfte zu regenerieren", sagte sie. Er seufzte.

    „Gute Nacht", erwiderte er und drehte sich weg.

    10

    Später schreckte er aus dem Schlaf hoch. Norag war schlagartig wach und überlegte, was ihn geweckt hatte. War es ein Traum gewesen? Nein, dachte er, eher eine Idee: Die Kette, die der Trork benutzt hatte, könnte ihnen hier vielleicht helfen.

    Er setzte sich auf und sah Ayarawena im Schneidersitz auf der anderen Bank sitzen. Ihre Augen waren offen, doch ihr Blick war abwesend. Sie bewegte die Lippen, als würde sie ein Gedicht langsam rezitieren. Er legte den Kopf schief und bewegte die Hand vor ihrem Gesicht hin und her. Sie reagierte nicht, nicht einmal ihre Pupillen zuckten.

    Norag ließ sich die Idee

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