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Die Feuerschale und die Insel der Verzweiflung
Die Feuerschale und die Insel der Verzweiflung
Die Feuerschale und die Insel der Verzweiflung
eBook269 Seiten3 Stunden

Die Feuerschale und die Insel der Verzweiflung

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Über dieses E-Book

Die Feuerschale und die Insel der Verzweiflung

Anthologie von Alfred und Hendrik M. Bekker

Der Umfang dieses Buchs entspricht 242 Taschenbuchseiten.

Fantasy Abenteuer um Elben, Zwerge und Helden!

Diese Anthologie enthält folgende Romane und Erzählungen:

Alfred Bekker und Hendrik M. Bekker: Edros Suche: Die Insel der Verzweiflung

Hendrik M. Bekker: Die Dunkelelbin und die Feuerschale von Sundam

Hendrik M. Bekker: Im Dienste des Königs der Min'dar

Hendrik M. Bekker: Am Ende eines langen Tages...

Hendrik M. Bekker: Radswid und die Insel der Verzweiflung

Hendrik M. Bekker: Radswid im Zauberwald

Hendrik M. Bekker: Mjölnirs Diebstahl

Hendrik M. Bekker: Zwerg und Wächter – Abstieg in die Tiefe

SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum2. Apr. 2019
ISBN9781386307976
Die Feuerschale und die Insel der Verzweiflung

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    Buchvorschau

    Die Feuerschale und die Insel der Verzweiflung - Hendrik M. Bekker

    Die Feuerschale und die Insel der Verzweiflung

    Anthologie von Alfred und Hendrik M. Bekker

    Der Umfang dieses Buchs entspricht 242 Taschenbuchseiten.

    Fantasy Abenteuer um Elben, Zwerge und Helden!

    Diese Anthologie enthält folgende Romane und Erzählungen:

    Alfred Bekker und Hendrik M. Bekker: Edros Suche: Die Insel der Verzweiflung

    Hendrik M. Bekker: Die Dunkelelbin und die Feuerschale von Sundam

    Hendrik M. Bekker: Im Dienste des Königs der Min‘dar

    Hendrik M. Bekker: Am Ende eines langen Tages...

    Hendrik M. Bekker: Radswid und die Insel der Verzweiflung

    Hendrik M. Bekker: Radswid im Zauberwald

    Hendrik M. Bekker: Mjölnirs Diebstahl

    Hendrik M. Bekker: Zwerg und Wächter – Abstieg in die Tiefe

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

    © by Authors

    © der Digitalausgabe 2018 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

    Alle Rechte vorbehalten.

    www.AlfredBekker.de

    www.postmaster@alfredbekker.de

    Edros Suche: Die Insel der Verzweiflung

    von Alfred Bekker und Hendrik M. Bekker

    EDRO WAR EIN GESTRANDETER.

    Gestrandet auf einer schrecklichen Insel, auf der es nur öde Felsen und einen Sandstrand gab.

    Die Menschen jener Zeit hatten ihr den Namen ‚Insel der Verzweiflung‘ gegeben.

    Das Schiff, auf dem Edro gesegelt war, war in einem fürchterlichen Sturm untergegangen und wie es schien, war er der einzige, der es geschafft hatte, den Strand dieser Insel zu erreichen. Seine Gefährten befanden sich jetzt irgendwo auf dem Grund dieser bodenlos scheinenden See.

    Vor Edro auf dem nackten Fels wuchs eine Blume von unvergleichlicher Schönheit. Diese Blume war außer ihm das einzig Lebende auf dieser Insel.

    Es war eine schwarze Blume und auf ihrer Blüte leuchteten zwei brennende Augen.

    Aber es war ein kaltes Feuer, das in ihnen loderte – das kalte Feuer des Todes.

    Die Blume war viel schwärzer noch, als die Finsternis der Nacht. Mit einem unsichtbaren Mund und süßlicher Stimme sprach sie zu Edro.

    Sie sprach von ewigem Schlaf und von Vergessen. Seltsame, aus Finsternis geborene Arme wuchsen jetzt aus ihr heraus und streckten sich Edro entgegen.

    Die Schwarze Blume des Todes wollte Edro umarmen!

    Dieser beugte sich zu der kleinen Pflanze nieder.

    Ja, er wollte vergessen! Sein ganzes, trauriges Leben wollte er vergessen. Es war ein verlockendes Angebot, welches ihm die Schwarze Blume unterbreitete: Sie versprach ihm den Tod.

    Ihre Stimme klang beinahe wie Musik in Edros Ohren. Er vermochte gar nicht mehr die einzelnen Worte zu verstehen, die sie sprach. Einzig und allein der Klang ihrer zauberhaften Stimme wurde von ihm jetzt wahrgenommen. Sonst nichts.

    Vergessen ... Schlaf ...

    Alle Qual dieser Welt würde jetzt ein Ende finden!

    Edro hatte einen Großteil seines traurigen Lebens damit verbracht, nach einem seltsamen Land zu suchen, von dem niemand genau zu sagen wusste, ob es überhaupt existierte. Dhum war der Name, den dieses Land trug – aber es trug auch noch tausend andere Namen, so hatte Edro gehört.

    Er hatte gehofft in Dhum die Erfüllung seiner Träume und den Sinn seines Lebens zu finden. Aber er hatte jenes Land nicht gefunden. Immer noch war da ein Verlangen in Edro, ein Verlangen danach, Dhum zu betreten, ein Verlangen nach Wahrheit, Erkenntnis und Verstehen.

    Aber er wusste jetzt, dass er das Universum in seiner großartigen Vielfalt niemals verstehen würde.

    Dhum lag hinter einem Gebirge aus Schweigen und Vergessen und Ignoranz – nicht einmal die Götter dieser Welt hätten ihm sagen können, wo es lag.

    Edro spürte die Berührung der aus Finsternis geborenen Arme. Eine unwahrscheinliche Kälte durchflutete ihn – die Kälte des Todes.

    Da packten ihn plötzlich zwei Hände bei den Schultern und zogen ihn mit einem kräftigen Ruck weg von der Schwarzen Blume des Todes. Edro wehrte sich heftig, aber die fremden Hände waren stärker als er. Ein lautes Kreischen ging von der düsteren Pflanze aus und ihre schwarzen Arme fuchtelten hilflos in der Luft.

    Schnell rappelte Edro sich auf. Seine Hand schnellte zum Schwertgriff. Er wandte sich um und sah in die seltsam vertrauten Augen eines in einen weiten, wehenden Mantel gehüllten Mannes. Alles an ihm war grau: der Bart, die Haare, der Mantel ...

    Und auch seine Augen!

    Freundlich lächelte er Edro an.

    Aber dieser lächelte nicht zurück. Seine Augen flackerten wild, seine Hand befand sich noch immer am Schwertgriff und er war dazu bereit, es jeden Augenblick zu ziehen.

    Der seltsame Fremde hingegen war unbewaffnet. Er trug nur einen mit fremdartig erscheinenden Ornamenten verzierten Wanderstab.

    „Wer seid Ihr?", keuchte Edro schließlich.

    „Mein Name ist Luun. Manche nennen mich auch nur den Grauen Wanderer."

    „Und woher kommt Ihr? Ich dachte, die Insel der Verzweiflung wäre unbewohnt."

    „Es ist nicht entscheidend, woher ich komme, Edro. Ihr würdet es ohnehin nicht verstehen!"

    „Ihr kennt mich?"

    Aber Luun gab hierauf keine Antwort. Seine Züge wurden jetzt sehr ernst und beinahe traurig. Er deutete mit seinem Wanderstab auf die Schwarze Blume, die noch immer nicht aufgehört hatte, herumzukreischen. In diesem Zustand erregte sie bei Edro direkt etwas Mitleid.

    „Ihr wolltet Euch von Ihr umgarnen lassen, nicht wahr?", fragte Luun. Edro nickte.

    „Ja, sie versprach mir Vergessen und ewigen Schlaf – alles, nach dem ich zur Zeit sehne. Mit welchem Recht habt Ihr hier eingegriffen, Luun?"

    „Mit dem Recht dessen, der etwas mehr über die Welt weiß, als Ihr, Herr Edro. Ihr werdet mir einst für meine Handlungsweise dankbar sein, lieber Freund!"

    Edro blickte zu den wedelnden Armen der Schwarzen Blume, zu ihren flackernden Augen.

    Erneut verspürte er den Drang, sich ihr hinzugeben, zu vergessen ...

    Aber Luuns graue Augen hielten ihn davon ab.

    „Lasst mich jetzt in Ruhe, Herr Luun", knurrte Edro. Seine Stimme hatte jetzt einen drohenden und gefährlichen Klang.

    „So wollt Ihr nicht gerettet werden?", fragte der graue Mann.

    „Gerettet? Wie sollte ich gerettet werden? Vielleicht kommt einmal in hundert Jahren ein Schiff an dieser Insel vorbei! Meine Chancen, hier jemals lebend davonzukommen, sind gleich null!"

    „In der nächsten Zeit wird ein Schiff hier vorbeikommen!", versprach Luun. Edros Züge zeigten seine Verblüffung.

    „Ein Schiff, sagt Ihr, kommt in der nächsten Zeit hier vorbei? Woher wollt Ihr das wissen?"

    „Ich weiß es, das soll Euch genügen. Und Ihr könnt Euch darauf verlassen, es kommt, guter Freund!"

    „Erzählt Ihr mir da nicht nur ein schönes Märchen?"

    „Aber nein! Verlasst Euch drauf! Das Schiff kommt!"

    „Erzählt etwas über jenes Schiff! Wie sieht es aus?"

    „Es ist ein rotes Schiff, Edro! Und seine Segel hängen auch bei starkem Wind schlaff von den Masten. Eine seltsame, übernatürliche Kraft treibt es voran und bestimmt auch seinen Kurs. In gewissen Zeitabständen besucht es die Insel der Verzweiflung, um die auf ihr Gestrandeten zu retten."

    Edros Augen blitzten plötzlich seltsam.

    „Woher kommt dieses Schiff – und wohin fährt es?"

    „Woher es kommt? Das weiß niemand mit absoluter Sicherheit zu sagen. Man vermutet, das Húlkin es einst erbaute, der große und berühmte Magier aus Mondland, den Piraten von der Adlerinsel erschlugen!"

    Edro hatte den Namen Húlkin bereits gehört. Weit schallte der Ruf jenes mächtigen Magiers und sein Ruhm war nach seinem tragischen Ende eher noch gewachsen.

    „Auch über das Ziel des Roten Schiffes weiß man nichts absolut genaues. Es heißt aber in Húlkins Schriften, dass es jeden Ort ansteuere und an jedem Ort schon gewesen sei."

    „So fährt es auch nach Dhum?", fragte Edro.

    Luun nickte.

    „Ja, auch dorthin fährt es."

    „Reist nicht auf jenem Schiff, Edro! Auf ihm reisen nur die Verrückten, die Entarteten, die Träumer und die Verdammten und Verfluchten! Reist Ihr auf diesem Schiff, so werdet Ihr einer von ihnen. Es erwarten Euch unzählige Schrecken, Qualen und Kämpfe. Bei mir findet Ihr Ruhe und Frieden – Vergessen und ewigen Schlaf", sang jetzt die Stimme der Schwarzen Blume. Ihre schwarzen Arme streckten sich zu dem Gestrandeten aus.

    „Ich warne Euch vor der Schwarzen Blume, Edro! Sie hat tausend Gesichter und dies ist nur eines von ihnen! Sie ist hinterlistig", erklärte Luun.

    „Glaubt Ihr denn, dass sie hält, was sie verspricht? Glaubt Ihr, dass ich bei ihr tatsächlich Frieden und Vergessen finde?"

    Luun zuckte mit den Schultern.

    „Ich weiß es nicht. Dennoch würde ich an Eurer Stelle das Rote Schiff der Schwarzen Blume vorziehen!"

    Edros Gesicht wirkte angestrengt. Seine Augen waren abwesend in die Ferne gerichtet – auf das Meer.

    Aber noch tauchte da kein Schiff auf – weder ein rotes, noch sonst irgendeines.

    Im Hintergrund hörte er die Stimme der Schwarzen Blume.

    Es war eine süßliche Stimme – ekelerregend süß, fand Edro auf einmal.

    Das Rote Schiff würde ihn nach Dhum bringen, dem Land, von dem er sein Leben lang geträumt, dass er viele Jahre lang vergeblich gesucht hatte.

    Nein, er konnte nicht anders. Er musste an Bord dieses Schiffes gehen. Die Schwarze Blume konnte warten.

    Vielleicht ... vielleicht würde er dann irgendwann einmal an diesen schrecklichen, öden Ort zurückkehren, um sich von der Blume umarmen zu lassen. Aber nicht jetzt.

    „Ich werde an Bord des Roten Schiffes gehen", entschied er sich also. Und der süße Gesang der Schwarzen Blume ging sofort darauf in trauriges, wildes Kreischen über.

    Ihre Konturen verschwammen und sie verschwand.

    „Lasst uns zum Strand gehen und auf das Schiff warten", forderte Luun auf. Und Edro nickte.

    Lange standen sie da und blickten in die Ferne. Aber noch war nirgends ein Schiff zu sehen. Der Horizont blieb leer.

    „Wie lange, glaubt Ihr, wird es noch dauern?", fragte Edro ungeduldig.

    Luun zuckte mit den Schultern.

    „Ich weiß es nicht. Es kann noch eine Stunde dauern – vielleicht aber auch noch viele Wochen. Wer weiß? Es ist auch gar nicht wichtig, Edro. Irgendwann werdet auch Ihr einsehen, dass die Zeit nichts weiter ist als eine Illusion – der Augenblick bedeutet nicht weniger als die Ewigkeit. Die Eintagsfliege lebt ebenso lange wie der Mensch! Die Zeit als solche ist nichts weiter als ein Geschöpf der menschlichen Einbildungskraft!"

    Edro erwiderte nichts. Was sollte er hierauf auch antworten?

    Natürlich hatte Luun recht. Aber die Ungeduld in Edro wuchs und wuchs – ihm kamen düstere Überlegungen. War es vielleicht möglich, dass Luun ihn hereingelegt hatte?

    Aber warum sollte der graue Mann so etwas tun?

    Nein, das hatte Edro von Anfang an gespürt: Luun war ein Freund.

    Edro konnte sich nicht helfen: von irgendwoher kannte er ihn.

    Seine Stimme kam ihm seltsam vertraut vor und auch seine grauen, so entsetzlich weisen und entlarvenden Augen.

    Da tauchte plötzlich etwas Rotes am Horizont auf.

    Es war das Rote Schiff!

    Schnell kam es näher und es wurden einige Konturen sichtbar.

    Edro stieß einen Freudenschrei aus.

    Luun, jedoch, blieb ganz ruhig und sagte nichts.

    Stumm schwenkte er seinen mit fremdartigen Ornamenten verzierten Wanderstab in der Luft. Das Rote Schiff schien dieses Signal zu verstehen, denn es hielt nun direkt auf die beiden Wartenden zu.

    Es warf Anker und ein Boot wurde zu Wasser gelassen.

    Ein einzelner Mann ruderte es durch die seichten Wellen.

    Schnell hatte es den Strand erreicht und Edro und Luun begrüßten den Bootsinsassen. Er reichte Edro die Hand.

    „Mein Name ist Brat!"

    „Ich bin Edro. Fährt dieses Schiff nach Dhum?"

    „Es fährt zu allen Orten dieser Welt – auch nach Dhum."

    „Dann nehmt mich mit!"

    Brat nickte und deutete zum Boot.

    „Steigt ein, Edro!"

    Luun hatte sich unterdessen von den beiden anderen entfernt.

    Er stand auf einer der Felsklippen und wandte ihnen den Rücken zu.

    „Luun! Wohin wollt ihr?", rief Edro ihm nach. Aber der seltsame graue Mann gab keine Antwort.

    Brat legte dem Wartenden eine Hand auf die Schulter.

    „Stört ihn nicht, mein Freund!"

    „Fährt er nicht mit uns?"

    „Nein, ich glaube nicht, Edro!"

    „Wohin mag er gehen?"

    Brat zuckte mit den Schultern.

    „Ich weiß es nicht. Er ist ein seltsamer Mensch. Plötzlich taucht er aus dem Nichts heraus auf und ebenso schnell verschwindet er dann auch wieder! So mancher an Bord hat ihn schon einmal getroffen."

    Das Boot wurde ins Wasser geschoben und sie ruderten zum Schiff.

    An einer Strickleiter kletterten sie an Deck.

    Es schien niemand an Bord zu sein.

    „Wo ist die Besatzung?, fragte Edro, nachdem das Boot hochgezogen worden war, „ich sehe hier niemanden!

    „Dieses Schiff braucht keine Besatzung, Edro. Eine übernatürliche Kraft lenkt dieses Schiff. Hier gibt es nur Passagiere!"

    Edro sah, wie sich das Rote Schiff von selbst in Bewegung setzte. Lautlos durchschnitt es die Wellen – und trotz des frischen Windes hingen die Segel schlaff von den Masten.

    Brat öffnete die Tür zu einer Kajüte.

    „Kommt herein, Edro!", forderte er auf und Edro folgte ihm.

    Das Innere der Kajüte war recht düster. Nur wenig Licht fiel in sie hinein. Eine Reihe seltsamer Gestalten saß schweigend herum.

    Ihre Kleider waren aus aller Herren Länder zusammengewürfelt, so dass es fast unmöglich schien, zu sagen, wo ihre Heimat war.

    Ein finsterer Mann ging auf Edro zu und reichte ihm die Hand.

    Sein Kragen war hochgeschlagen und seine Augen waren düster.

    „Ihr seid also der Neue?", fragte er mit einer breiten Aussprache. Seine Hand ruhte dabei locker auf dem Kopf eines Beils, das in seinem Gürtel steckte.

    Edro nickte unsicher und ergriff die ihm anschließend dargebotene Hand.

    „Edro aus Dakor ist mein Name. Ich suche nach Dhum."

    „Ich bin Narkon und suche nach Atun. Vielleicht meinen wir das gleiche Land", erwiderte der Mann mit der breiten Aussprache.

    „Möglich, Dhum hat viele Namen."

    „Wie wird es ablaufen? Bringt das Rote Schiff uns einen nach dem anderen ans Ziel?"

    Narkon schüttelte den Kopf.

    „Es prüft dich. Das Ziel einer Person steuert es nur an, wenn es dich als würdig erachtet. Und selbst dann, erklärte Narkon und senkte seine Stimme zu einem Flüstern, „bin ich nicht sicher, nach welcher Logik es die Leute an diversen Orten absetzt. Ich glaube, es bringt sie nicht direkt ans Ziel, sondern auf den nächsten Etappenpunkt ihrer Reise.

    Edro nickte langsam. „Ist das nicht besser als nichts?"

    Narkon lachte fröhlich und schlug Edro auf die Schulter. „Natürlich, sonst wären wir ja nicht hier."

    Er setzte sich an einen der Tische und reichte Edro einen frischen Krug.

    Edro trank einen tiefen Schluck aus dem dargebotenen und schmeckte das süßeste Getränk, das er je zu sich genommen hatte. Dabei wurde ihm klar, wie ungeheuer hungrig er war.

    Er bediente sich an der reich gedeckten Tafel und schließlich ging einer nach dem anderen aus dem Raum, bis nur noch eine Handvoll Leute übrig waren.

    „Wo schlaft ihr?", fragte Edro dann an Brat gewandt, der sich zwischenzeitlich zu ihm gesetzt hatte und sich angeregt mit einem dunkelhäutigen Mann unterhielt in einer Sprache, die Edro noch nie vernommen hatte.

    „Unter Deck sind Hängematten, stets für jeden eine. Das Schiff will es so, es ist nie eine zu viel und nie eine zu wenig."

    Das Schiff fuhr über die Wellen des Meeres und tagelang war kein Land in Sicht.

    Die Tage verliefen nach einer Weile für Edro in ewiger Eintönigkeit, die allen zu schaffen machte.

    Stets saßen sie, trainierten an Deck ihre Waffenfertigkeiten und verbrachten die Abende mit Geschichten über ihre Abenteuer und Würfelspielen.

    Gespielt wurde um nichts, denn was sie am Leib trugen war allen lieb und teuer. Denn mehr besaßen sie nicht mehr.

    Sie waren nun Passagiere des Schiffes und seinem Willen untergeordnet.

    Edro freundete sich immer mehr mit Narkon an. Narkon blickte stets düster, als wüsste er Dinge, die kommen werden. Ein Leid lastete auf ihm, das Edro nicht genau in Worte fassen konnte. Er vermutete eine schwere Last, die aus der Vergangenheit auf den Schultern des breitnasigen Glatzkopfes lastete. Narkon hatte keine Haare mehr, was er Edros Meinung nach mit einem üppigen, buschigen Bart kompensierte. Dazu hatte er schwarze Augenbrauen, die dick wie Raupen waren und sich ohne eine Unterbrechung über seinen Augen herzogen.

    Er führte ein einen Schritt langes Schwert mit zwei Schneiden und brachte Edro den ein oder anderen Kniff bei.

    Eines Abends, sie saßen bereits unter Deck zum Essen, erschallte ein Ruf vom Vorderdeck herunter.

    „Land!"

    Dieses eine Wort, dumpf durch die dicken Holzplanken zwischen ihnen und dem Rufenden, ließ sie alle aufspringen. Wie ein Mann spannten sie sich an und rannten an Deck.

    Tatsächlich, eine Küstenlinie zog sich vierhundert Schiffslängen vor ihnen her.

    Das Schiff erbebte plötzlich, Seile und Taue bewegten sich von alleine und refften das Segel.

    „Jemand wird geprüft werden, stellte Narkon fest. „Irgend etwas dort ist zu erledigen. Nur wer würdig ist, wird mitgenommen.

    „Blödsinn, erklärte ein Anderer. „Wir sind am Ziel für jemanden. Es wird ihn hier von Bord lassen und er wird seinem Ziel näher sein.

    „Nur näher? Bringt es einen also nicht ans Ziel?", fragte Edro. Es gab dazu allerhand Meinungen an Bord.

    „Nicht genau, so wie ich das sehe", gab Narkon zu.

    „Wie lange wartest du schon, ans Ziel gebracht zu werden?", fragte Edro, den ein ungutes Gefühl beschlich. Verschwendete er hier nur seine Zeit?

    „Ich bin nicht sicher", wich Narkon aus und schien angestrengt nachzudenken.

    Wie Schlangen wanden sich die Taue über das Deck des Schiffes und schienen jemanden zu suchen.

    „Drei Jahre?", fragte Narkon plötzlich, mehr an sich gewandt als an Edro.

    Er schien entsetzt zu sein.

    Plötzlich packten die Taue Edro am Knöchel und hoben ihn hoch.

    Mit Mühe hielt er sein Schwert in der Scheide.

    Die Welt drehte sich für ihn, als die Taue ihn packten und ins Meer warfen.

    Die Wellen schlugen über ihm zusammen und er strampelte nach Kräften, um wieder nach oben zu kommen.

    Auf dem Schiff war der Teufel los, einige johlten, andere versuchten Taue dazu zu bewegen ihm zu helfen.

    Edro fackelte nicht lange und begann in Richtung der Küste zu schwimmen. Er war kein guter Schwimmer und wusste, wenn er lange darauf wartete, dass man ihm half, würde er ertrinken.

    Wenn ihn das Schiff nicht wollte, würde er es niemals wieder betreten.

    Er war sich sicher, hinter sich ein Platschen zu hören.

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