Alltagswunder: Eine Sammlung kurzer Geschichten
Von Stefanie Kulig
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Über dieses E-Book
Stefanie Kulig
Stefanie Kulig wurde in der niederbayerischen Stadt Landshut geboren, wo sie auch heute lebt. Sie studierte zunächst Germanistik und anschließend Buchwissenschaft / Verlagspraxis in München. Bereits in ihrer Schulzeit verfasste sie leidenschaftlich gerne kleine Texte und kurze Geschichten. Alltagswunder ist ihr erstes Buch.
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Buchvorschau
Alltagswunder - Stefanie Kulig
Für meinen Opa Pit,
der das Schreiben ebenso liebte wie ich
Inhaltsverzeichnis
Platz an der Sonne?
Der Brief
Durch die dunkle Gasse
Am Abgrund
Nebel
Weihnachtseinkauf
Dicke Luft
Zweifel
Schwere Trennung
Hilflos
Letzte Reise
Das blassblaue Leinenkleid
Platz an der Sonne?
In einem ruhigen und beschaulichen Dörfchen in Bayern wohnte Barbara in einem kleinen, gemütlichen Haus. Wegen ihres Jobs und einiger ehrenamtlicher Tätigkeiten war sie tagsüber nur sehr selten zu Hause.
Nach einem stressigen und arbeitsreichen Tag freute sie sich daher immer auf einen ruhigen Abend mit einem guten Buch oder vor dem Fernseher. Ihr liebstes Hobby war aber das Kochen, weshalb sie meist die erste Hälfte des Abends in der Küche verbrachte.
Beim Schneiden von Karotten, Zwiebeln oder Fleisch hatte sie durch ihr Küchenfenster immer einen guten Ausblick auf den Garten des Nachbarehepaars Boisenberg.
Im Gegensatz zu Barbara hatte das Ehepaar seinen ganzen Urlaub auf den Sommer gelegt und verbrachte jeden Tag im Garten. Neben den üblichen Tätigkeiten wie Rasenmähen oder Blumen gießen, sonnten sich die beiden die meiste Zeit in ihren Liegestühlen. Von Barbaras Küchenfenster aus hatte man genau diese beiden Liegestühle im Blick.
Seit Jahren standen sie jeden Sommer an derselben Stelle und so dicht nebeneinander, dass sich die Armlehnen der Stühle berührten. Barbara kannte ihre Nachbarn zwar kaum, da sie die meiste Zeit unterwegs war. Wenn sie abends aber in der Küche stand und auf die nun wieder leeren Liegestühle blickte, die sich zu berühren schienen, stellte sie sich die Boisenbergs als sehr glückliches Paar vor, das jede freie Minute miteinander teilte.
Jeden Abend blickte Barbara beim Kochen also aus dem Fenster und fragte sich, was ihre Nachbarn wohl den Tag über gemacht hatten. So verbrachte sie den ganzen Sommer über ihre Zeit, während sie sich ihr Abendessen zubereitete.
Eines Tages allerdings war etwas anders. Barbara stand wie immer in ihrer Küche und schaute in den Garten der Nachbarn. Eigentlich schien alles zu sein wie jeden Tag, aber Barbara bemerkte, dass etwas nicht stimmte.
Die Liegestühle standen nach wie vor an derselben Stelle. Allerdings hatte sich der Abstand zwischen den Armlehnen verändert. Es wäre bestimmt niemandem aufgefallen, aber Barbara, die täglich die dicht an dicht stehenden Armlehnen sah, bemerkte die Veränderung sofort. Sie konnte nicht genau sagen, ob die rechte oder die linke Liege ein Stück verrückt worden war, aber der Abstand der Armlehnen hatte sich definitiv um wenige Zentimeter vergrößert.
Immer wieder blickte Barbara nach draußen in den Garten der Boisenbergs um zu überprüfen, ob sie sich nicht doch geirrt hatte. Aber je öfter sie die Liegestühle sah, desto auffälliger wurde der Abstand. Sie hatte es sich also nicht eingebildet.
Diese unscheinbare Banalität beschäftigte Barbara nun die ganze Woche jeden Abend lang. Täglich kontrollierte sie die Liegestühle auf neue Veränderungen. Aber es blieb bei den paar Zentimetern Abstand. Zunächst fragte sie sich, warum die Liegen wohl auseinander geschoben worden waren. Störten sie beim Rasenmähen? Standen sie beim Bepflanzen der Blumentöpfe im Weg? War jemand aus Versehen daran angestoßen und niemand hatte gemerkt, dass eine Liege dadurch ein Stück bewegt worden war?
Einige Tage später beschloss Barbara, dass sie wegen einer solchen Nichtigkeit schon viel zu viel Zeit mit Nachdenken verbracht hatte. Daher zog sie in der Küche die Vorhänge zu, um die Liegen nicht mehr zu sehen.
In der nächsten Woche kam sie nach einem sehr langen und arbeitsintensiven Tag erschöpft nach Hause. Als sie die Post aus dem Briefkasten holte, entdeckte sie einen Paketschein. Darauf stand, dass ihr Päckchen bei den Boisenbergs abgegeben worden war. Also machte sich Barbara gleich auf den Weg zu ihren Nachbarn.
Als sie klingelte, dauerte es ein paar Minuten, bis Frau Boisenberg die Tür öffnete.
„Guten Abend Frau Boisenberg. Ich hoffe, ich störe Sie nicht. Ich