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German Kaiju
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eBook396 Seiten4 Stunden

German Kaiju

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Über dieses E-Book

German Kaiju

Zerstören – Fressen – Erobern

Elf Autoren entführen Sie in die Welt der Riesenmonster, wo sich verrückte Wissenschaftler abnormer Monstrositäten bedienen, außerirdische Aggressoren mit Hilfe von Giganten nach der Herrschaft streben und sich Mutter Erde mit brachialer Gewalt gegen die Ausbeutung durch den Menschen zur Wehr setzt. Seien Sie dabei, wenn Deutschland in Schutt und Asche gelegt wird und nichts und niemand den Aufmarsch der German Kaiju aufhalten kann.

Eine Hommage an den klassischen japanischen Monsterfilm mit Geschichten von

Tom Daut, Thomas Heidemann, Markus Heitkamp und Hanna Nolden, Markus Kastenholz, Finley "Gun" McKinley, Torsten Scheib, Wolfgang Schroeder, Simona Turini, Thomas Williams und Christian von Aster.

Illustrationen und Cover von Christian Günther.

Vorwort von Detlef Claus.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum18. März 2019
ISBN9783945230398
German Kaiju

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    Buchvorschau

    German Kaiju - Tom Daut

    verfallen.

    Vorwort von Detlef Claus

    Riesige Monster greifen Deutschland an. Das, was sich sonst nur in Fernost oder vereinzelt in den Vereinigten Staaten zugetragen hat, wird hier von Markus Heitkamp und einigen seiner Kolleginnen und Kollegen als Hommage an die fälschlicher Weise als triviale Trashfilme abgestempelten Meisterwerke der 60er und 70er Jahre buchtechnisch umgesetzt. Sie inszenieren Kurzgeschichten über Angriffe von Riesenmonstern auf deutsche Großstädte.

    Schon in Kindheitstagen haben mich die Riesen-Monster-Filme total begeistert. In den 70er und Anfang der 80er Jahre stand ich in endlosen Schlangen in und außerhalb der Kinos, um das jeweils neueste Monsterspektakel auf der großen Leinwand bewundern zu können. Die Eindrücke waren so nachhaltig, dass ich anfing, die Plakate und Aushangbilder von den Filmen zu sammeln. An Figuren oder ähnlichem war zu dieser Zeit in Deutschland noch gar nicht zu denken. Daraus resultierte 1998 mein erstes Buch zusammen mit Rolf Giesen mit dem Titel Godzilla, Gamera, Gappa. Ein inzwischen bereits vergriffener Bildband. Dann erschien 2011 das ultimative Nachschlagewerk für das Kinoaushangmaterial im deutschsprachigen Raum: Asiatische Monster und Science Fiction Filme.

    Die fernöstlichen Riesenmonster unter der Führung Godzillas leben in ihren Filmen und in unseren Erinnerungen. Sowie in dem auch hier in Deutschland immer größer werdenden Kult um die Riesenmonster, der durch Ideen, wie diese hier von Markus Heitkamp und seinem Autorenteam weiter befeuert wird.

    Eine bekennende Fangemeinde, wie sie es schon lange in anderen Filmbereichen wie Star Wars oder Star Trek gibt, gab es für die Anhänger von Godzilla und seinen Freunden und Gegnern in der Vergangenheit allerdings nie. Sicher gibt es einige Fans, die sich sehr für diese fernöstlichen Fabelwesen interessieren, aber wirklich organisiert sind sie nicht. Von den neu aufgelegten DVD der Filme werden alleine in Deutschland über 1200 Exemplare verkauft. Wo sind diese Fans?

    Will man sich nicht damit outen, dass man gerne Filme über Riesenmonster mit klar erkennbaren Menschen in Gummikostümen sieht?

    In der gelebten Nerd-Zeit von heute kann ich nur sagen, dass die Zeit des Versteckens und das Kellerdaseins vorbei ist. Seit 2017 gibt es in Uelzen sogar das GODZILLA-TREFFEN. Hier kommen Fans aus Deutschland und weiten Teilen Europas zusammen, um ihren fernöstlichen Giganten zu huldigen.

    Hier werden Filme geschaut, Beiträge vorgetragen, Modelle bestaunt, Figuren und Poster gekauft, verkauft und getauscht. Diskussionen und Vorträgen gelauscht und neue Freundschaften geschlossen.

    In den beiden größten deutschen Facebook Gruppen der asiatischen Monster, GODZILLA DEUTSCHLAND und UNITED KAIJU FORCE kannten sich die Fans bisher nur über das Internet, aber kaum real. Auf diesen neuen Treffen wird daraus eine stetig wachsende große Familie.

    Wenn dieses Buch nun eure Erinnerungen an alte Zeiten belebt und ihr Lust habt, dabei zu sein und euch mit Gleichgesinnten von 7-70 Jahren auszutauschen oder einfach nur tolle Tage mit Riesenmonstern erleben möchtet, dann meldet euch bei mir über meine Webseite (siehe nächste Seite).

    Ach ja, das dicke Godzillabuch Asiatische Monster und Science Fiction Filme, könnt ihr über meine Homepage bei mir bekommen. Nun aber erstmal viel Spaß mit der Anthologie und der Zerstörung unserer Großstädte.

    Detlef Claus

    Detlef Claus

    Detlef Claus ist Jahrgang 1964, Autor, ehemaliger Filmvorführer und Sammler aus Leidenschaft. Er gilt weit über die deutschen Grenzen hinaus als eine Koryphäe in Sachen Kaiju. Neben einer fast vollständigen deutschen Sammlung und eines immensen Konvoluts weiteren europäischen Materials beherbergt er auch noch hunderte Miniaturen, Bausätze und Actionfiguren zu diesem Thema. Des Weiteren organisiert er seit einigen Jahren für die deutschen Fans das GODZILLA-TREFFEN in Uelzen, welches sich Jahr für Jahr wachsender Begeisterung erfreut und mittlerweile auch Anhänger aus dem europäischen Ausland anzieht.

    Infos unter: www.godzilla-germany.com

    Vorwort von Markus Heitkamp (Herausgeber)

    Wenn es eine Bibel für den Monsterfilm geben würde, so würde sie beginnen mit den Worten: Am Anfang schuf Honda Godzilla.

    Und das war 1954. Wobei, für manch anderen beginnt das ganze bereits 1933 mit Willis O’Brian und King Kong.

    Was hat eine Automarke mit einem Gummimonster zu tun, werden sich nun einige fragen. Und warum ist King Kong ein Kaiju? Und was ist überhaupt ein Kaiju?

    Wenn man so wie ich, in den 70er Jahren, mit 4 Mark in der Tasche am Wochenende in die Jugendvorstellung der Vorstadtkinos ging, dann sah man sie. Riesige Monster, die alles verwüsteten, gegeneinander kämpften und irgendwie trotzdem die Helden waren. Sie hießen King Kong, Frankenstein, Yongarri und natürlich Godzilla. Die große Ära des Kaiju-Eiga. Diese Filme haben mich geprägt, bis hin zu der Tatsache, dass ich mit 20 Jahren immer wieder vor der Entscheidung stand: cooles Mechamonster ansehen oder kuscheln mit der Freundin.

    Ja, auch in den 90ern Jahren gab es diese Filme und auch heute gibt es sie noch. Die Monsterfilme. Cloverfield, Rampage, The Host und das neue Monsterverse mit den alten Helden Godzilla und King Kong ziehen Millionen von Menschen in ihren Bann. Selbst ich, mit meinem fast 50 Jahren, erliege immer noch der Faszination dieser Filme. Zum Glück bin ich inzwischen mit einer Frau verheiratet, die es nicht stört, wenn ich beim Kuscheln mit meinen Monsterfiguren spiele.

    Mittlerweile treffen unterschiedliche Generationen aufeinander, moderne CGI-Effekte im Wettstreit mit Stop-Motion und Suitmotion (Männer in Monsterkostümen).

    Was bleibt, ist die Faszination für die wirklich großen Monster. Und ist es nicht alleine das, was zählt?

    Man muss nicht wissen, wer Ishiro Honda war, um Kaiju zu lieben. Und man muss nicht wissen, wer Tsuburaya, Arnold oder Harryhausen waren, um die Filme zu genießen.

    Und man muss nicht wissen, was ein Kaiju ist, um dieses Buch zu lesen. Man sollte sich lediglich darauf einlassen, dass es Aliens von der Venus gibt, riesige Mutanten Großstädte zerstören und gigantische Kampfmaschinen außer Kontrolle geraten.

    Wer sich jetzt immer noch fragt, was ein japanischer Autokonzern mit Monstern zu tun hat, ist hier richtig.

    Wer egal in welchem Alter mit seiner Freundin kuschelt und dabei mit Monsterfiguren spielt, ist hier ebenfalls richtig.

    Streicht den letzten Satz aus eurem Gedächtnis, er könnte missverständlich wirken.

    Viel Spaß bei GERMAN KAIJU und wenn ihr nach dem Lesen dieses Vorworts vollkommen verwirrt seid und euch fragt, was wollte der Verfasser eigentlich damit sagen, dann könnt ihr hier gar nicht richtiger sein.

    Markus Heitkamp

    Vorwort von Marc Hamacher (Verleger)

    Und es begab sich zu einer Zeit großer Hitze in einem saunigen Saal in Bad Godesberg. Man schrieb das Jahr 2017. Nichts ahnend von den kommenden Ereignissen, offerierte ich dem vorbeiziehenden Volk die Grandiosigkeit meiner Verlagswerke. Und dann kam er … ER!

    Ich kannte ihn schon vorher. Wusste, dass er ein engagierter Autor und Mitglied des sagenumwobenen Tintenzirkels ist, der irgendwo mittig der Halle einen eigenen Stand hatte. Äußerlich erfüllte er fast alle Klischees eines Fantastik-Nerds: Grauer Bart, noch wunderlich viele Haare auf dem Kopf, schwarzes Shirt mit der Aufschrift »Nuclear Winter is coming«, die mich hätte warnen sollen. Dazu einen schwarzen Kilt, leicht fanatisch flackernde Augen, zwanghafte Grummeligkeit und eine Aura aus Kirschbierduft – es war Markus Heitkamp.

    »Du, Marc … wollen wir was trinken? Ich müsste mal mit dir reden!«, sagte er und zwang sich zu einem imageschädigenden Lächeln.

    Ich hatte Zeit. Wir gingen raus in den lauschigen Vorgarten der Halle, in das Büro von Markus (Kirschbierstandbierbank).

    »Ich hab da eine Idee … einen Traum.«, begann er. Und ein Hauch von Martin Luther King hing in der Luft. Und dann zückte er eine abgewetzte Kladde mit gefühlt 286 Seiten und einem kompletten Konzept zu diesem Buch. Inklusive Covergestaltung, Aufmachung, Vermarktung, Werbemaßnahmen und möglicher Übersetzerin für die internationale Ausgabe in Englisch. Mir wurde schlecht! Aber es klang alles so abartig krank und trashig, dass meine Neugierde mich davon abhielt, schnell meine Beine in die Hand zu nehmen.

    Als neuer Verleger, der sich gerade noch einen Namen machte, torkelte ich danach mit wild kreisenden Gedanken zu einem meiner besten Freunde in der Branche; dem bissigen Meister des humorigen Horrors. Und ich schaute mit dem verzweifelten Blick der Hilflosigkeit tief in die low’schen Augen und fragte ihn: »Sachmal … du kennst doch den Markus, oder? Der hat eben versucht, mich hypnotisch zu einem Projekt zu überreden. Was meinst du? Kennst du den Kerl näher?«

    Und die Augen des Übervaters der literarischen Kelly-Family blitzten amüsiert. »Ja … Markus ist voll ok. Sehr engagiert. Und fast so bekloppt wie du. Ihr passt gut zusammen!«

    So kommt es, dass der Leseratten Verlag hier dieses Werk veröffentlicht. Eigentlich versuche ich eher die Nische der Funtastik, des Witzes und des Klamauks zu besetzen. Aber wieso nicht auch Kaiju? Ich hab zugegebenermaßen keine Ahnung von der Materie, aber Markus sagt, das muss ich auch nicht. Dafür gibt es ja ihn, Markus Heitkamp, einen der irrsten Nerds der Szene in Deutschland. Und ehrlich, nachdem ich die Geschichten alle gelesen habe, muss ich sagen, dass der Schritt von humorigen Fantastik zum gewaltigen, zerstörerischen Trash der Kaiju-Welt nicht wirklich groß ist … obwohl … in dieser Welt ist ALLES groß. So, wie das Fachwissen und das Ego des Herausgebers. Ich hatte meinen Spaß, ihr habt ihn hoffentlich auch.

    Marc Hamacher

    Thomas Heidemann

    Der Wunsch, Großstädte dem Erdboden gleichzumachen, wurde Thomas Heidemann gewissermaßen in die Wiege gelegt. Aufgewachsen in einer Zeit, in der Kinder noch keine Computer besaßen, dienten ihm Sandkiste und Legosteine vor allem zur Inszenierung epischer Zerstörungsorgien. In seinen ersten Schreibversuchen spielten Vulkanausbrüche und Amok laufende Dinosaurier eine prominente Rolle. Naheliegend, dass er den Beruf des Landschaftsgärtners erwählte, in dem er mit Kettensägen, Walzen und Baggern hantieren durfte.

    Trotz dieser destruktiven Tendenzen fand er eine wundervolle Frau, gründete eine Familie, schloss eine Hausratsversicherung ab und schrieb Kurzgeschichten, in denen nicht ständig etwas explodierte. Fortan beschränkte er sich darauf, hin und wieder eine Tasse vom Tisch zu stoßen. Bis heute …

    Mehr zum Autor und seinen Werken unter:

    www.t-heidemann.de

    Nakama, der Schrecken vom Mond

    Im nervösen Flackern der Kathodenstrahlröhren hält Wotans Auge seine ewige Wacht. Die stählerne Kugel beobachtet durch einen Kranz hochwertiger Zeiss-Objektive die Nachrichtenprogramme auf allen hundertzwanzig Schwarzweiß-Monitoren gleichzeitig, während ihren empfindlichen Mikrofonen kein Wort der Kommentatoren entgeht.

    »… soeben erfahren, hat Armin Strohm vom Balkon des Frankfurter Römers eine Hakenkreuz-Fahne entrollt. Damit tritt die Besetzung des Rathauses in eine kritische Phase …«

    Wotans Auge rotiert und fährt eines der Objektive in Richtung des Monitors aus, dessen Lautsprecher diese Nachricht verkündet hat. Auf dem Pol der Kugel beginnt eine kleine rote Lampe zu blinken.

    Ein zweiter Bildschirm zeigt das Rathaus aus einer leicht verschobenen Perspektive. Schnitt. Das Hakenkreuz füllt das Bild. »… après la victoire électorale du RDV, Armin Strohm a occupé le Römer …«

    Ein Monitor nach dem anderen infiziert sich mit dem Nazi-Symbol. Aus der erregt klingenden Moderation des Al-Jazeera-Sprechers sticht der deutsche Name hervor wie Blut auf einem weißen Laken: »Armin Strohm!«

    Die Kugel dreht sich hektisch. Sämtliche Objektive sind ausgefahren.

    »… seine Partei, die sich Retter des Deutschen Volkes nennt, hatte bei der gestrigen Bundestagswahl überraschend die meisten Stimmen geholt.«

    »But who is this man? Armin Strohm, who turned thirty-one just two weeks ago …«

    »… Armin Strohm …«

    »… gibt es in Deutschland knapp neunzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wieder eine große Zustimmung für nationalsozialistisches …«

    »… Armin Strohm!«

    »Armin Strohm.«

    »Strohm.«

    Die Rotation des Auges stoppt abrupt. Aus dem Blinken der Lampe ist ein permanentes Glühen geworden.

    In den Elektronenrechnerbänken, die Wotans Gehirn bilden, läuft das Erweckungsprotokoll an. Ein Regiment von Lochstreifendruckern stanzt Kommandos in Endlosfolien, die sich über Walzen und Umlenkrollen in die angrenzende Kaverne schlängeln und in Lesegeräte einfädeln.

    In der Mitte der gewaltigen Höhlung ruht das Produkt, das die menschenleere Fabrik in Jahrzehnten der ständigen Selbstverbesserung gefertigt hat.

    Aus dem Boden rund um die titanische Konstruktion wachsen Rohre empor und verbinden sich mit Tankstutzen und Schmiernippeln. Mechanische Greifarme montieren Hitzeschildkacheln und füllen Magazine und Fächer mit Plutoniumbatterien, Nullpunktgeneratoren und panzerbrechender Munition.

    Von der Kavernendecke schwebt in einer Halteklammer ein Aggregat von der Größe eines Kohlewaggons herab: ein hochkomprimiertes Elektronenhirn. Behutsam wird es in eine Aussparung im Kopf der Maschine eingepasst. Gefechtsmaske und Sturmhaube senken sich darüber und verkapseln es hermetisch.

    Während die Konstruktion auf Rollen in den Schleusentunnel gezogen wird, sendet Wotan Befehlsfolgen im Binärcode.

    Die Antwort erfolgt Sekunden später. Sein Kind meldet Einsatzbereitschaft.

    Freie Energie flutet den aus exotischen Metallen geschmiedeten Leib. Augenlinsen vom vierfachen Durchmesser eines Flak-Scheinwerfers glimmen in düsterem Rot auf. Ihr Blick brennt sich in die auseinander gleitenden Schotthälften, von denen Mondstaub in die Schleuse herabrieselt. Dahinter leuchtet vor dem Schwarz des Alls die blau-weiße Halbkugel der Erde.

    Die Operation Ewiges Reich hat begonnen.

    Der Zugriff erfolgte schnell und präzise.

    Auf allen live übertragenden Sendern war die Erstürmung des Balkons durch eine GSG9-Einheit zu sehen. Strohms Leibwächter beschäftigten die Beamten gerade lange genug, um dem Rechtspopulisten zu einem letzten Aufruf »an alle mit aufrechter, deutscher Gesinnung« zu verhelfen.

    »Das, Kameraden, ist das wahre Gesicht der Demokratie! Polizeigewalt gegen gewählte Volksvertreter, finanziert von ausländischen Geheimdiensten und Großkonzernen. Das ist das letzte Aufbäumen des maroden Systems, das euch …«

    Ein Beamter entriss Strohm das Megaphon, drehte ihm die Arme auf den Rücken und ließ die Handschellen zuschnappen. Zwei weitere entfernten das Hakenkreuz-Banner. Unter ihnen verwandelte sich der Römerberg in einen Hexenkessel. Aus der Menge heraus feuerte jemand eine Pistole ab; das Projektil schlug oberhalb des Balkons in die Fassade ein.

    Die letzten beiden Elite-Polizisten, die nach hinten sichernd vom Balkon abrückten, zogen die Türen zu. Die plötzliche Stille im Kaisersaal währte nur Sekunden.

    »Sie verlieren alle ihren Job«, kreischte Strohm. »Das wird ein Nachspiel haben!«

    »Armin Strohm«, sagte die Kommandeurin der Einsatztruppe. »Ich verhafte Sie wegen Landfriedensbruch, Volksverhetzung, Anstiftung zur Gewalt, Gründung einer terroristischen Vereinigung und Verwendung nationalsozialistischer Symbole.«

    Strohm starrte verblüfft in das schwarze Visier, in dem sich sein Gesicht spiegelte: eingefallene Wangen, große Augen, die lange, schmale Nase.

    »Eine Frau?«, gackerte er. »Bei der GSG9? Soll das ein Witz sein? Für wen mussten Sie dafür die Beine breit machen?«

    Ich sollte ihn gleich hier erschießen, ging Nasrin Akbay durch den Kopf. Was er wohl sagen würde, wenn er wüsste, dass ich Muslima bin? »Möchten Sie diese Bemerkung vor Gericht wiederholen?«

    »Welches Gericht? Ich genieße Immunität.«

    »Sie hätten warten sollen, bis Sie als Abgeordneter vereidigt sind.« Die Kommandeurin schob Strohm zusammen mit den anderen Verhafteten aus dem Saal.

    »Sie wissen genau, dass die linksreaktionären Kräfte eine Koalition der Verlierer verabredet haben. Das Mandat zur Regierungsbildung liegt bei der RDV! Wir müssen den Willen des Volkes … hey! Wo bringen Sie meine Leute hin?«

    Die Frage sollte lauten, wo wir dich hinbringen, dachte Nasrin Akbay grimmig. Während der Rest der Einheit über die Treppe nach unten lief, blieb sie mit zwei Mann Flankenschutz im zweiten Obergeschoss. »Paket ist bereit zur Übergabe«, funkte sie die verabredete Meldung. Sie nickte den Kameraden zu. »Weiter!«

    Ihr Weg führte sie über die sogenannte Seufzerbrücke in die benachbarte Kämmerei. Strohm wand sich in ihrem Griff. »Meine Anwälte warten nur darauf, Sie fertigzumachen.«

    »Wer soll die bezahlen? Ihr nobler Förderer von Heeren?«

    An seinem Gesicht sah sie, dass sie ins Schwarze getroffen hatte.

    »Wissen Sie was?«, sagte sie in fröhlichem Tonfall. »In diesem Moment findet eine Razzia bei der Teutonischen Bank wegen des Verdachts der illegalen Parteienfinanzierung statt. Vielleicht dürfen Sie und von Heeren sich eine Zelle teilen.«

    Strohm presste die Lippen aufeinander.

    Auf dem Dach wartete ein Helikopter. Es dauerte keine zehn Sekunden, den schimpfenden und bockenden Strohm an die Beamten in der Maschine zu übergeben. Nicht einmal Nasrin wusste, wohin er gebracht wurde, nur dass dieses Vorgehen gewaltbereite Rechtsextremisten von Befreiungsversuchen abhalten sollte.

    Erst als sie wieder alleine auf dem Dach waren und ihre Einheit meldete, das Rathaus unbehelligt verlassen zu haben, fiel die Anspannung von ihr ab.

    Sie ließ das Panorama der beleuchteten Skyline auf sich wirken. Frankfurt hatte sie schon immer fasziniert; die Stadt, die sich höher als jede andere aus der Asche erhoben hatte, in die Menschen wie Strohm sie einst geworfen hatten.

    »Verdammt! Was ist das denn?«

    Nasrin folgte den Blicken ihrer Begleiter Richtung Süden. Eine flammende Spur zog sich über den Himmel und näherte sich rasend schnell dem Boden.

    »Allah!«, stieß sie hervor. »Ist das ein Flugzeug?«

    Das höhere Dach des Römers verhinderte die weitere Beobachtung.

    »Gehen wir«, ordnete Nasrin an. »Wir werden früh genug erfahren, was passiert ist.«

    Auf der Isenburger Schneise waren an diesem Abend nur wenige Autos unterwegs. Eines davon gehörte Tobias Dankert.

    Die Druckwelle erwischte ihn unvorbereitet. Sie knickte Bäume wie Grashalme und jagte eine Wolke aus Staub, Schutt und abgerissenen Ästen über die Straße.

    »Scheiße!«

    Mit durchgetretener Bremse brachte der junge Gärtner den Toyota schlingernd zum Stehen.

    Als der Staub sich setzte, fiel der Lichtkegel des Scheinwerfers auf einen Baumstamm, der einen Meter vor dem Wagen die Fahrbahn versperrte.

    »Hab ich ein Schwein«, murmelte Tobias. Er öffnete die Tür.

    Der Wind trug den Gestank nach Rauch und heißem Metall durch den zerstörten Wald. Und ein metallisches Geräusch, das ihn an einen anfahrenden Güterzug erinnerte, langgezogen und klagend.

    »Alter, was geht denn da ab?«

    In dieser Situation tat Tobias das, was jeder Mann mit gesundem Menschenverstand tun würde: Er zückte sein Handy, startete eine Videoaufnahme und marschierte auf die Feuer zu.

    Ein Gebirge schien aus dem Boden gewachsen zu sein, schrundig wie Hochofenschlacke und heiß wie Lava. Es hatte einen haushohen Wall lockerer Erde aufgeworfen und alles Brennbare entzündet, das nicht von der Druckwelle fortgeschleudert worden war.

    »Also, ein Flugzeug ist das schon mal nicht«, kommentierte Tobias, während er sich den Wall hinauf kämpfte. »Hat auf jeden Fall ein bisschen zu lange auf dem Grill gelegen.«

    Er versuchte die Maße abzuschätzen. Von einem Ende zum anderen erstreckte sich das rätselhafte Objekt bestimmt über hundert Meter. Die höchste Stelle ragte mindestens vierzig Meter über ihm auf.

    Ein lautes Knacken ließ ihn zusammenzucken. In der Wand vor ihm hatte sich ein Spalt aufgetan, aus dem blaues Licht quoll. Kurz darauf ein zweiter. Immer weitere Linien überzogen die Oberfläche und verbanden sich zu einem Wabenmuster. Eine Platte, groß wie die Fassade eines Einfamilienhauses, löste sich daraus und stürzte zehn Meter neben ihm in den Erdwall.

    »Oh Scheiße …«

    Tobias rannte den Hang hinab. Auf dem lockeren Untergrund verlor er den Halt und überschlug sich mehrmals. Nachrutschende Erde begrub ihn.

    Hustend und spuckend wühlte er sich frei und blickte zurück. Eine weitere Platte hatte sich genau dort in den Wall gebohrt, wo er eben noch gestanden hatte. Und noch immer platzten riesige Krustenstücke ab und rutschten mit dem Donnern eines Felssturzes über die Wölbung des gewaltigen Fremdkörpers: ein Massiv aus silbergrauem Stahl, über das grellblaue Lichtbögen wanderten. Tobias schwenkte das Handy nach links.

    »Leck mich fett«, hauchte er. »Das sieht aus wie ein Gesicht.«

    Das Gesicht lag auf der Seite. Unter zwei swimmingpoolgroßen, roten Glaslinsen erstreckte sich ein rüsselartiger Wulst bis zu einem zylindrischen Vorsatz, dessen Öffnung Lamellen bedeckten. Wie eine halb geöffnete Jalousie, dachte Tobias.

    Das Ganze erinnerte frappierend an eine Gasmaske. Dazu passte, dass über die Augen die Krempe eines Wehrmacht-Stahlhelms von der Größe eines Zirkuszelts ragte.

    Wieder erklang das Seufzen malträtierten Metalls, vermischt mit einem weit hallenden Klacken. Tobias’ Blick folgte dem Geräusch. Ein Teil des Stahlmassivs zu seiner Rechten geriet in Bewegung.

    »Das darf doch nicht Warstein! Ist das ’ne Hand?«

    Es war eine Hand. Die Finger, jeder so lang wie ein Reisebus, entfalteten sich in Zeitlupe. Ein Arm winkelte sich nach hinten ab. Die Handfläche presste sich auf den Boden.

    Schließlich hatte der Roboter es geschafft, sich auf einem Ellenbogen abzustützen und den Kopf in Tobias’ Richtung zu drehen. Eine Stimme dröhnte aus dem Mundzylinder, knisternd wie eine alte Tonbandaufnahme: »Landung erfolgreich. Zielgebiet: Frankfurt, Großdeutsches Reich.«

    Im Zentrum der rot glühenden Augen öffneten sich Irisblenden.

    »Männliche Person anwesend«, schnarrte es durch die flatternden Lamellen. »Schwarze Haare, braune Augen. Könnte ein Jud sein.«

    »Ne, ne, lass mal jud sein«, brabbelte Tobias, der im selben Moment das leuchtende Hakenkreuzemblem auf der tennisplatzgroßen Brust bemerkte. »Ich bin absolut deutsch! Hier, das steht sogar auf meinem Führerschein.« Er fummelte das Portemonnaie aus der Hosentasche, zog die Karte heraus und hielt sie am ausgestreckten Arm vor sich.

    Die Maschine drückte mit überraschender Geschwindigkeit den Oberkörper vom Boden hoch und starrte aus sitzender Position auf Tobias herab. Dieser keuchte vor Schreck und stolperte rückwärts. Der Koloss ragte bestimmt fünfzig Meter über ihm auf!

    »Sie sind der Führer?«

    »Fahrzeugführer. Also ja, ist schon richtig.« Er steckte die Brieftasche ein und filmte weiter.

    Die Maschine salutierte, wobei sich ein letzter Lichtbogen vom Zeigefinger zur Helmkrempe entlud.

    »Mein Führer! Vollstreckungseinheit Siegfried erwartet Ihre Befehle.« Seine Augen flackerten sekundenlang wie Stroboskoplampen.

    Tobias lachte irre. »Was soll ich denn befehlen? Bring mir Suppe, oder was?« Mann, gleich auf der Party konnte er was erzählen! Gut, dass er alles auf dem Handy hatte. Die Kumpels würden ihn sonst für verrückt halten.

    Plötzlich ging ein Ruck durch den gewaltigen Roboter.

    »Ihr Name ist Tobias Dankert.«

    »Was, echt?« Tobias kicherte nervös. »Ach, deswegen steht das auf dem Führerschein. Sonst könnte ja Jever kommen.«

    »Sie sind nicht der Führer«, grollte Siegfried. »Armin Strohm ist der Führer.« Das Glühen der Augen war merklich dunkler geworden. Tobias trat unwillkürlich einen weiteren Schritt zurück.

    Die Maschine begann, sich vom Boden zu erheben. Tobias hatte das Gefühl, einer Apollo-Rakete aus nächster Nähe beim Start zuzusehen. In seiner ganzen furchteinflößenden Mächtigkeit konnte Siegfried sich ungeniert in die Frankfurter Skyline einreihen.

    »Also, ich geh dann mal. Meine Zimmerlinde macht sich bestimmt schon Sorgen.«

    Weit über sich sah Tobias eine ganze Fabrik unterschiedlichster Waffenläufe aus dem linken Arm des Giganten ausklappen. Ihm wurde eiskalt.

    »Wer sich als Führer ausgibt«, hallte Siegfrieds Stimme über den Wald, »wird mit dem Tode bestraft.«

    Der erste Hubschrauber, der den Ort des Geschehens erreichte, gehörte dem Privatsender info planet.

    »Wir haben zwei Minuten, bevor Polizei und Luftwaffe hier sind«, schrie Mark Radek gegen den Lärm der Rotoren an. Er hing halb aus der offenen Tür, eine Hand am Einstiegsbügel, die andere am Mikrofon. Im Gegensatz zu ihm hatte sich Pia mitsamt der Kamera eingeschirrt. Seit dieses unglaubliche Monstrum von Roboter in Sicht gekommen war, filmte sie wie im Rausch. Die Aufnahmen würden sie und Mark unsterblich machen und info planet die sprichwörtliche Lizenz zum Gelddrucken verschaffen.

    »Grünes Licht von der Aufnahmeleitung. Wir gehen auf Sendung.« Mark räusperte sich. »Was Sie hier sehen, sind keine Ausschnitte aus einem japanischen Monsterfilm, sondern eine Liveübertragung aus dem Süden Frankfurts. Was zunächst nach einem tragischen Unfall aussah, entpuppte sich als die spektakuläre Landung eines Riesenroboters. Wir schätzen seine Größe auf knapp hundert Meter. Zum Vergleich: Eine Boeing 747 ist circa siebzig Meter lang. Noch liegen uns keine Erkenntnisse vor, von wo dieses Ungetüm gestartet ist, aber wir konnten inzwischen eine Amateuraufnahme auswerten, auf der zu erkennen ist, dass es kurz vor dem Aufprall anscheinend Bremsdüsen gezündet hat. Die Leuchtspur, die den Himmel über Frankfurt erhellt hat, erinnert zudem an den Wiedereintritt einer Sojus-Kapsel in die Erdatmosphäre. Welche Schlüsse Sie daraus ziehen, bleibt Ihrer Fantasie überlassen. Oh, wie ich sehe, ist die Maschine gerade dabei, aufzustehen.«

    Pia gab hektische Handzeichen. Auf dem Display der Kamera erschien ein wohlbekanntes Symbol in Rot, Weiß und Schwarz.

    Für einen Moment war Mark sprachlos. »Unglaublich. Der Roboter trägt ein Hakenkreuz auf dem Rumpf. Ein bloßer Zufall, so kurz nach den Ereignissen im Frankfurter Römer?«

    »Ich werde angefunkt«, meldete sich der Pilot. »Es ist, äh, die Luftwaffe. Ich muss abdrehen.«

    »Auf keinen Fall!«, schrie Mark. »Fliegen Sie uns näher ran! Ich übernehme die Verantwortung.«

    »Wie Sie meinen.«

    »Die können uns gar nichts«, fauchte der Journalist. Er wandte sich wieder dem Metallkoloss zu. »Das Erscheinungsbild dieses Roboters ähnelt frappierend einem deutschen Wehrmachtssoldaten zur Zeit des Zweiten Weltkriegs, inklusive Stahlhelm und Gasmaske. Und er scheint bewaffnet zu sein … Ja, es ist deutlich zu erkennen, dass er auf etwas am Boden feuert.«

    »Eine Kampfmaschine«, sagte Pia mit

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