Narkoseschwester Julia: Die Klinik am See 38 – Arztroman
Von Britta Winckler
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Über dieses E-Book
Britta Winckler ist eine erfahrene Romanschriftstellerin, die in verschiedenen Genres aktiv ist und über hundert Romane veröffentlichte. Die Serie "Die Klinik am See" ist ihr Meisterwerk. Es gelingt der Autorin, mit dieser großen Arztserie die Idee umzusetzen, die ihr gesamtes Schriftstellerleben begleitete.
»Ist der Professor zu sprechen?« Fragend blickte die junge Frau in der kleidsamen Schwesterntracht die Sekretärin des Chefarztes des Schwabinger Krankenhauses St. Marien an. »Der Professor ist zwar hier, aber ich weiß nicht, ob er jetzt gestört werden möchte«, antwortete die Sekretärin. »Ist es etwas Dringendes?« fügte sie hinzu. »Wie man's nimmt«, erwiderte Schwester Julia lächelnd. »Ich wollte mich nur von ihm verabschieden.« Verstehend blitzte es in den Augen der Sekretärin auf. »Ach ja, jetzt weiß ich Bescheid«, gab sie zurück. »Sie sind doch Schwester Julia vom OP und verlassen uns.« »Richtig«, bestätigte Schwester Julia. Es klang etwas spröde, wie sie das sagte. Immerhin war sie über zwei Jahre in diesem Krankenhaus als OP-Schwester tätig gewesen, und ein Abschied von einer gewohnten Umgebung und von den Kolleginnen, mit denen man immer gut zusammengearbeitet hatte und gut ausgekommen war, ließ einen ja doch nicht gleichgültig. Was sie hier gehabt hatte – nämlich nur Gutes – das wußte Schwester Julia. Was jedoch die Zukunft in einer anderen Klinik, mit einem neuen Chefarzt, mit neuen Kolleginnen, bringen würde, das konnte sie nicht wissen.
Ähnlich wie Narkoseschwester Julia
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Rezensionen für Narkoseschwester Julia
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Buchvorschau
Narkoseschwester Julia - Britta Winckler
Die Klinik am See
– 38–
Narkoseschwester Julia
Sie konnte ihrem Schicksal nicht entfliehen
Britta Winckler
»Ist der Professor zu sprechen?« Fragend blickte die junge Frau in der kleidsamen Schwesterntracht die Sekretärin des Chefarztes des Schwabinger Krankenhauses St. Marien an.
»Der Professor ist zwar hier, aber ich weiß nicht, ob er jetzt gestört werden möchte«, antwortete die Sekretärin. »Ist es etwas Dringendes?« fügte sie hinzu.
»Wie man’s nimmt«, erwiderte Schwester Julia lächelnd. »Ich wollte mich nur von ihm verabschieden.«
Verstehend blitzte es in den Augen der Sekretärin auf. »Ach ja, jetzt weiß ich Bescheid«, gab sie zurück. »Sie sind doch Schwester Julia vom OP und verlassen uns.«
»Richtig«, bestätigte Schwester Julia. Es klang etwas spröde, wie sie das sagte. Immerhin war sie über zwei Jahre in diesem Krankenhaus als OP-Schwester tätig gewesen, und ein Abschied von einer gewohnten Umgebung und von den Kolleginnen, mit denen man immer gut zusammengearbeitet hatte und gut ausgekommen war, ließ einen ja doch nicht gleichgültig. Was sie hier gehabt hatte – nämlich nur Gutes – das wußte Schwester Julia. Was jedoch die Zukunft in einer anderen Klinik, mit einem neuen Chefarzt, mit neuen Kolleginnen, bringen würde, das konnte sie nicht wissen. Aber sie hatte es so gewollt, und nun mußte sie ihren Weg gehen und konnte nur hoffen, daß ihre neue Arbeitsstelle in der Klinik am See in Auefelden ihren Erwartungen entsprach.
Die Sekretärin nickte nur und drückte auf die Sprechtaste des neben ihr auf dem Schreibtisch stehenden Sprechapparates. »Herr Professor, Schwester Julia vom OP ist hier und möchte sich verabschieden«, teilte sie dem sich meldenden Chefarzt mit.
»Soll reinkommen«, erklang die Stimme des Professors.
»Bitte, Schwester Julia, Sie werden erwartet.« Die Sekretärin deutete auf die Tür zum Allerheiligsten des Chefarztes.
»Danke.« Schwester Julia betrat das Zimmer von Professor Gersheim. »Ich will Sie nicht lange stören, Herr Professor«, ergriff sie auch gleich das Wort, als sie vor dem Schreibtisch des Chefarztes stand, »aber ich wollte mich verabschieden.«
»Hm, ja, Sie gehen ja nach Auefelden in die Klinik am See«, entgegnete Professor Gersheim. »Ich bedaure das ein wenig, denn Sie waren eine gute Kraft.«
»Danke«, gab Schwester Julia leise zurück. Etwas lauter setzte sie hinzu: »Ich möchte Ihnen auch danken, daß Sie mich in jene Klinik vermittelt und empfohlen haben.«
»Nun, das war nicht so schwierig«, entgegnete der Professor. »Den dortigen Chefarzt und Klinikleiter, Doktor Lindau, kenne ich persönlich und ich bin sicher, daß auch er mit Ihnen und Ihrer Arbeit zufrieden sein wird.« Ein feines Lächeln huschte um seine Mundwinkel. »Wenn ich das nicht wüßte, hätte ich Sie bestimmt nicht empfohlen«, sagte er.
»Danke, Herr Professor.«
Prüfend sah der Chefarzt die vor ihm stehende OP-Schwester an. »Ich verstehe allerdings nicht ganz, weshalb Sie uns überhaupt verlassen wollen, weshalb Sie so auf eine Versetzung in eine andere Klinik gedrängt haben. Sie wissen doch, daß Sie Ihr Praktikum als angehende Narkoseschwester auch bei uns hätten machen können.« Seine Worte brachten Schwester Julia in eine leichte Verlegenheit.
»Das weiß ich«, antwortete sie. »Doch es sind mehr private Gründe, deretwegen ich weg von München möchte.«
In den Augen des Professors blitzte es kurz auf. »Ein Mann?« fragte er verhalten.
Schwester Julia nickte nur.
»Aha, dachte es mir doch«, meinte
Professor Gersheim lächelnd. »Ich verstehe.«
»Nicht ganz, Herr Professor«, berichtigte Schwester Julia ihren bisherigen Chef. »Es ist nicht, was Sie jetzt wahrscheinlich denken – daß ich mich habe versetzen lassen, weil ich zu einem Mann will oder in seine Nähe wenigstens.«
Das Lächeln des Chefarztes verschwand. »Also ist kein Mann die Triebfeder?« meinte er fragend.
»Ja und nein«, erwiderte Schwester Julia. Den erstaunten Blick des Professor ignorierend, stieß sie ein wenig unbeherrscht hervor: »Ich will weg von einem Mann, weg von München, damit ich ihn nicht mehr zu sehen brauche und er mich nicht länger demütigen kann.«
Professor Gersheim nickte. Deutlich konnte er die Enttäuschung aus den Worten der OP-Schwester heraushören. Taktvoll aber stellte er keine weiteren Fragen. »Schwester Julia, ich respektiere Ihren Entschluß«, sagte er nur, stand auf und gab der scheidenden Mitarbeiterin aus dem OP verabschiedend die Hand. »Ich wünsche Ihnen viel Glück – beruflich wie privat – und daß Sie nach dem Praktikum da unten dann auch Ihr Anästesie-Examen mit den besten Noten bestehen, wovon ich übrigens überzeugt bin.«
»Ich werde mich bemühen, Herr Professor«, versprach Schwester Julia.
»Was ich noch sagen will – wie immer sich auch Ihre weitere berufliche Zukunft entwickeln wird, sollen Sie aber wissen, daß ich Sie jederzeit gern wieder in unserem Krankenhaus aufnehme«, erklärte Professor Gersheim. »Eine gute Narkoseschwester kann ich immer gut gebrauchen.«
»Danke«, murmelte Schwester Julia, fügte einen letzten Gruß hinzu und verließ das Zimmer des Chefarztes. Minuten später, die nachmittägige Besuchszeit hatte gerade begonnen, ließ sie das St.- Marien-Krankenhaus hinter sich. Von den Kolleginnen hatte sie sich schon verabschiedet. Ein Kapitel ihres Lebens war jetzt abgeschlossen und ein neues begann – beruflich wie privat. Einen letzten Blick warf sie noch zurück, setzte sich dann aber verhalten seufzend in ihren kleinen Fiatwagen und fuhr der Innenstadt zu.
Julia Dressler und Bernd Bachler war auf einem schmalen Messingschildchen an der Tür der Wohnung zu lesen, die Schwester Julia zwanzig Minuten später betrat. Sie lag in der ersten Etage eines Altbaues in einer stillen Straße. Seufzend ließ sich Julia in einen Sessel fallen und sah sich in dem länglichen Wohnzimmer um. Fast ein Jahr hatte sie nun hier gelebt, gewohnt und geliebt – mit Bernd zusammen. Glücklich war sie gewesen, als sie damals zu Bernd Bachler in seine Wohnung zog, eben in diese, die sie in einer Stunde für immer verlassen würde. Bis vor einigen Monaten noch hatte sie daran geglaubt, daß Bernd bald mit ihr aufs Standesamt gehen würde. Sie hätten sich dann eine andere, größere Wohnung gesucht. Schließlich sollten ja auch einmal Kinder da sein. Julia war nicht einmal enttäuscht gewesen, daß Bernd eine legalisierte Zweisamkeit immer wieder hinausgezögert hatte. Er wollte zuerst etwas schaffen. Eine vernünftige finanzielle Basis, wie er sich immer ausdrückte. Sie hatte das akzeptiert, denn ihre Liebe zu ihm war stark genug, um sich noch gedulden zu können. Es war ihr ja auch gar nicht so ungeheuer wichtig, ob das Standesamt seinen Segen gab. Hauptsache war ihr nur, daß sie mit Bernd zusammenleben konnte. Sie hatte ihren guten Beruf, mit dem sie zufrieden war. Daß dieser Beruf allerdings auch seine Schattenseiten hatte, die sich auf das Privatleben doch ein wenig negativ auswirkten, war für sie nicht so bedeutungsvoll. Die sich abwechselnden Dienstzeiten im Krankenhaus, vor allem der häufige Nachtdienst, ließen natürlich nicht sehr großen Spielraum für häufiges und längeres privates Beisammensein. Hinzu kam noch seit etlichen Wochen ihr Studium, das sie noch nebenbei machte, um eine ausgebildete Narkoseschwester zu werden.
Julia gestand sich ein, daß Bernd relativ wenig von ihr hatte. Gemeinsame liebevolle und zärtliche Stunden waren wegen ihres Dienstes und ihres Studiums einfach nicht oft möglich. Allerdings war das nicht ihre alleinige Schuld. Bernd war auch oft tagelang unterwegs – für die Immobilienfirma, in der er als rechte Hand des Firmenchefs tätig war. Oft genug hatte sie, wenn sie mal keinen Nachtdienst hatte, die Abende und Nächte allein verbringen müssen, weil Bernd wieder einmal für einige Tage irgendwo unterwegs gewesen war. Das alles hatte sie mit einer bemerkenswerten Duldsamkeit hingenommen ohne zu klagen. Einmal, wenn sie erst ihr Examen als Narkoseschwester hinter sich haben würde, fiel dann auch der bisherige leidige Nachtdienst weg, auch das jetzige Studium der Anästhesie. Dann gab es auch mehr Zeit füreinander.
So gesehen, war Julia mit ihrem Los keineswegs unzufrieden gewesen – bis vor nunmehr sieben oder acht Wochen. Da hatte sich in ihrer beider Leben etwas zu ändern begonnen. Julia hatte eine ganze Weile gebraucht, um dahinterzukommen, was der Grund für Bernds verändertes Verhalten ihr gegenüber war. Seine sichtbare Nervosität, sein abgespanntes Wesen, wenn er wieder von einer tagelangen Tour zurück war, und seine Sparsamkeit mit Zärtlichkeiten für sie hatte sie rätseln lassen. War seine Liebe zu ihr erkaltet? Diese bange Frage hatte sie sich in den vergangenen Wochen oft gestellt, ohne eine Antwort darauf zu finden. Vorsichtige und tastende Fragen waren von Bernd stets ausweichend beantwortet worden.
Eines Tages aber – vier oder fünf Wochen mochte es jetzt her sein – war es ihr wie Schuppen von den Augen gefallen. Schlagartig war ihr klar geworden, daß hinter Bernds eigenartig kühlem Verhalten eine andere Frau steckte. Da waren Anrufe, bei denen sich niemand meldete, wenn sie abhob, Briefe an Bernd, die er sofort verschwinden