Für immer ICH selbst: Mutige und inspirierende Lebensgeschichten von Frauen
Von Corina Lendfers
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Über dieses E-Book
So verschieden ihre Erlebnisse sind, sie haben eines gemeinsam: Diese Frauen haben ihren eigenen Weg gefunden. Sie haben tiefe Täler durchschritten und Stürme überstanden, sie waren einsam und haben in der Einsamkeit Kraft gefunden. Heute stehen sie mit beiden Beinen fest auf der Erde. Sie haben sich selbst und das Leben lieben gelernt.
Ihre Geschichten sollen inspirieren und Mut machen. Mut machen, das eigene Leben zu hinterfragen, sich aus schädlichen Bindungen zu lösen, Veränderung zuzulassen und die Flügel zu öffnen, um voller Vertrauen der inneren Freiheit entgegen zu fliegen.
Corina Lendfers
Corina Lendfers, Kulturmanagerin und Staatswissenschaftlerin, wurde 1979 in der Schweiz geboren. Sie ist Mutter von sechs Kindern und lebt mit ihrer Familie seit 2013 auf ihrem Segelschiff PINUT, zurzeit in der Karibik.
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Buchvorschau
Für immer ICH selbst - Corina Lendfers
Inhalt
Ein Wort zuvor
Lebensgeschichten als Wegweiser
Schatten unter dem Herzen – Diagnose Brustkrebs
von Gerlinde David
Loslassen und Vertrauen – Schicksalspfade im Amazonas
von Alina Graf de Yasacama
Aufstieg von ganz unten – Die Kraft des Glaubens
von Jessica Verfürth
Das Licht in uns – Selbstbestimmung ohne Schulabschluss
von Cornelia Hein
Kampf einer Löwin – Sorgerechtsentzug
von Anna Nausch
Im Glashaus – Asperger Autismus
von Marie F
Der Herzensstimme gefolgt – Mein Inselleben auf La Palma
von Olivia Badertscher
Suche nach dem Glück – Wenn Liebe Fesseln zerreißt
von Manuela Degenhardt
Höllenfeuer – Narzissmus und Gewalt
von Jessica
Der Freiheit entgegen – Familienleben unter Segeln
von Corina Lendfers
Wenn der Körper streikt – Ausbruch aus dem Trauma
von Karin Gümmer
Mein Leben auf der Seife – Neuanfänge
von Gabriele-Saskia Drungowski
Leben mit einem Mysterium – Amalgamvergiftung
von Uta
Starke Frauen – Kampf um ein positives Geburtserlebnis
von Marie Schneider
Gesänge der Seele – Mein Weg als (Lebens)Künstlerin
von Sylvia Kirchherr
Dank
Bücher unserer Autorinnen
CDs unserer Autorinnen
Ein Wort zuvor
Wenn ich ehrlich bin, mag ich keine sozialen Medien. Sie stehlen uns Lebenszeit, die wir im direkten physischen Austausch mit anderen Menschen, mit einem guten Buch in der Badewanne oder bei einem erfrischenden Spaziergang im Wald bereichernder verbringen könnten. Sie verfügen über ein gewisses Suchtpotential und verbreiten leider auch ganz schön viel Unwahrheit, Aggression und Intoleranz.
Und trotzdem habe ich dieses Buch genau diesen ungeliebten Medien zu verdanken, denen ich mich aus beruflichen Gründen nicht gänzlich entziehen kann. In einer neu gegründeten facebook-Gruppe wurden die Frauen dazu aufgefordert sich vorzustellen. Dabei stieß ich auf so viele spannende und inspirierende Lebensgeschichten, dass ich gar nicht anders konnte, als ein Buch daraus zu machen. Ich las schon immer gerne Biographien bekannter Persönlichkeiten, aber diese Geschichten aus dem „normalen" Leben waren mindestens so packend.
Ich initiierte – auf facebook – ein Buchprojekt und sammelte Geschichten. Mein einziger Anspruch war, dass sich Frauen melden sollten, die ihren eigenen Weg gefunden hatten – wie auch immer er aussah. Es musste ihr Weg sein, unbeeinflusst von gesellschaftlichen, familiären oder partnerschaftlichen Erwartungen – der Weg, der ihnen ihr Herz wies.
Hier erzählen nun fünfzehn Frauen aus ihrem Leben. Einige von ihnen schreiben nur unter ihrem Vornamen oder unter Pseudonym, um sich vor gewalttätigen Exmännern oder Verurteilungen aus ihrem Umfeld zu schützen. Ihre Geschichten, so unglaublich sie sein mögen, sind dennoch wahr, ihre Namen sind mir als Herausgeberin bekannt.
Die Geschichten sind so vielfältig wie das Leben selbst, aber sie haben alle eins gemeinsam: Sie sind echt und sie sind stark. Sie sollen motivieren, das eigene Leben kritisch zu hinterfragen, sie sollen inspirieren und Mut machen, anstehende Veränderungen in Angriff zu nehmen.
Denn es ist unser Leben, und wir tragen die Verantwortung dafür! In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, berührende und inspirierende Lesestunden.
Herzlich, Corina Lendfers
November 2018, Santa Marta, Kolumbien
Lebensgeschichten als Wegweiser
„Soll ich wirklich meine Geschichte aufschreiben? Ist sie für irgendwen lesenswert? Kann ich das überhaupt?"
Uta beginnt ihre Geschichte mit diesen Fragen, und ich weiß, dass sich viele andere Frauen mit denselben Zweifeln herumgeschlagen haben, bevor sie mir zu- oder abgesagt haben, als ich sie bat, mir ihre Lebensgeschichte zu erzählen.
Auf diese Fragen gibt es nur eine akzeptable Antwort: Ja, ihr könnt es, und ja, eure Geschichten sind lesenswert! Jede einzelne! Genauso, wie jede Frau liebens- und begehrenswert ist.
Woher kommen diese Selbstzweifel? Eigentlich, so müsste man meinen, sollten sie im Zuge der Emanzipation verschwunden sein.
Mit rationalem Denken hat das nichts zu tun. Längst sind in unseren westlichen Gesellschaften Männer und Frauen vor dem Gesetz gleich, Frauen studieren an Universitäten und regieren Staaten, sie sind in allen Berufen, egal ob männlich oder weiblich geprägt, vertreten, sie fahren Auto, gehen alleine aus und leben nicht selten ein bewusst gewähltes, glückliches Singledasein. Aber all diese äußerlichen Entwicklungen sagen nicht viel über das Innenleben von uns Frauen aus.
Viele der hier erzählten Lebensgeschichten sind geprägt durch die Beziehung der Frauen zu einem Mann. Häufig wird die Aussage gemacht (wörtlich oder sinngemäß): „Er machte mich klein. In vielen Beziehungen, die sich ihrem Ende zuneigten, „ließ er kein gutes Haar an mir
, „wertete meine Arbeit ab", schlicht: versuchte der Mann meist erfolgreich, das Selbstbewusstsein der Frau zu untergraben.
Warum geschieht so etwas? Um die Frau am Fortgehen zu hindern, um sein eigenes Versagen zu vertuschen, als Ventil für Druck und Aggression aus der Arbeitswelt – die Gründe mögen vielfältig sein, aber das Ergebnis ist immer dasselbe: Das Selbstbewusstsein und damit die Selbstliebe der Frau nehmen ab, und so geschwächt lässt sie sich auf den nächsten Partner ein. Kommen dann noch belastende Situationen aus Beruf oder näherem Umfeld dazu, stoßen viele Frauen an ihre Grenzen. Eine negative Spirale, ein Ausstieg ist schwierig und braucht Kraft.
Die Frauen, die hier erzählen, haben es geschafft. Einige haben mit Krankheiten gelebt, andere wurden von Männern psychisch oder physisch misshandelt. Einige kämpften um das Sorgerecht ihrer Kinder oder um eine selbstbestimmte Geburt, und wieder andere folgten einfach ihrem Herzen und gestalteten ihr Leben aus sich heraus. Sie alle sind keine Superwomen, sondern Frauen von nebenan, die ihre innere Stimme gehört und sie ernst genommen haben. Sie alle waren einsam und auf sich selbst zurückgeworfen, sie alle haben in der Einsamkeit ihren Weg erkannt und die Kraft gefunden, ihn vertrauensvoll zu gehen.
„Mutig sein bedeutet nicht, keine Angst zu haben, sondern es trotzdem zu machen. Dieser Satz aus dem Text von Karin Gümmer bringt es auf den Punkt. In welche Lebensumstände wir auch immer hineingeboren werden, welche „Schicksalsschläge
uns ereilen, wir können jederzeit lernen, achtsam und aufmerksam uns selbst und unseren Bedürfnissen gegenüber zu sein. Wir können lernen, unser Leben selbst in die Hand zu nehmen. Aller Angst zum Trotz.
Dabei gelten keine Argumente wie: „Aber ich trage die Verantwortung für meine Kinder, ich kann nicht einfach gehen. Oder „Wenn ich meinen Job künde, finde ich keinen neuen mehr.
Oder „Mein Mann braucht mich, er bringt sich um, wenn ich ihn verlasse. Oder „Was denken meine Freunde und meine Familie, wenn ich nun plötzlich nur noch für mich schaue?
Die persönliche Komfortzone zu verlassen – selbst dann, wenn sie bei genauem Hinsehen gar nicht so komfortabel ist, wie wir uns vormachen – kostet Überwindung. Zu einfach und verlockend ist es, sich dem allzu Vertrauten hinzugeben, dem Partner, dem Chef, der Familie, den Ärzten, den Lehrern oder den Freunden die Verantwortung für das eigene Befinden zu überlassen.
Ich gebe zu: Wer die Verantwortung abschiebt, kann durchaus auch ein Leben in Freiheit führen. Frei von Selbstbestimmung, Eigenverantwortung, kräftezehrenden Entscheidungsprozessen, anstrengender Beziehungsarbeit, kritischem Infragestellen gesellschaftlicher Normen. Frei von der Auseinandersetzung mit sich selbst, seinen ureigenen Bedürfnissen, Talenten und Begabungen. Es ist alles eine Frage der Perspektive. Und des Anspruchs an die eigene Zufriedenheit, das ganz persönliche Seelenheil.
In mir lebt die tiefe Überzeugung, dass wir auf dieser Welt sind, um das Potential, das in uns steckt, gewinnbringend zu entfalten. Gewinnbringend nicht dahingehend, dass wir davon steinreich werden und uns in einer Millionärsvilla hinter mannshohen Mauern von der Restwelt abschotten. Das wäre ein verkürztes Gewinnverständnis. Wir sind hier, um unsere ureigenen Stärken zu leben, sei es, dass sie sich darin äußern, anderen Menschen zu helfen, oder eine geniale Erfindung zu machen, die die Welt vor dem Ersticken im Plastikmüll rettet, oder kluge Texte zu produzieren, die zum besseren Verständnis des Lebens auf der Erde beitragen, oder um die Lederschildkröten vor dem Aussterben zu retten. Im Detail betrachtet ist es unwichtig, für welche Aufgabe wir hier sind, welchen Sinn wir für uns selbst entdecken. Es zählt lediglich, dass wir erkennen, weshalb wir leben.
Natürlich sind wir ein kleines Rad im Weltgetriebe. Aber wenn sich dieses kleine Rad mit Liebe dreht, dann wird sich auch das Nachbarrad mit Liebe drehen, und was auch immer wir bewegen, es wird besser sein, als es vorher war.
Darum lohnt es sich eben doch, sich auf den Weg zu machen. Nie aufzuhören Fragen zu stellen: Bin ich noch am richtigen Ort in meinem Leben? Nähren mich die Beziehungen, in denen ich stecke? Schlafe ich gut? Wache ich morgens mit Freude auf? Bekomme ich mindestens soviel Energie zurück, wie ich verbrauche? Spüre ich Liebe in mir?
Wenn ich eine einzige dieser Fragen mit nein beantworten muss, ist es Zeit, aufzubrechen. Nicht immer ist ein Rundumschlag notwendig. Nicht immer muss die Scheidung eingereicht, der Job gekündigt, aus dem Gesellschaftssystem ausgestiegen und ausgewandert werden. Erkenntnis ist der erste Schritt auf dem Weg zur Verbesserung. Das heißt nichts anderes, als dass meistens bereits das geschärfte Bewusstsein zu einer Verbesserung der Situation führt, indem kleine Veränderungen vorgenommen werden. Anstatt nach der Arbeit in facebook zu hängen, mache ich einen Spaziergang durch den Wald oder gehe in den Fitnessraum. Anstelle von fünf Tassen Kaffee trinke ich zwei Liter Kräutertee. Der Fernseher wird ausgeschaltet, wenn die Kinder von der Schule nach Hause kommen, und anstelle der Pizza vom Kurier kochen wir gemeinsam.
Doch trotz aller Achtsamkeit ist eine radikale Veränderung hin und wieder das einzig Richtige. Dann gilt es in erster Linie loszulassen. Das Vertraute – Positives wie Negatives –, die vermeintlichen Sicherheiten, vor allem aber die Angst vor der Veränderung und vor den Konsequenzen.
Alle Frauen in diesem Buch haben losgelassen. Einen Partner, ein Kind, gute Freunde, einen Job, eine Krankheit, ein vertrautes Umfeld, eine Illusion und nicht selten sich selbst oder zumindest die Hülle, von der sie glaubten, dass sie sie gewesen wären. Loslassen kann schmerzhaft sein, wird aber mit Freiheit belohnt.
Wenn wir loslassen gehen wir einen Schritt auf unserem eigenen Lebensweg, einen Schritt in die richtige Richtung. Und häufig brauchen wir Wegweiser auf unserem Weg durchs Leben. Diese Geschichten sollen als Wegweiser dienen. Sie sind so vielfältig, dass es wohl kaum eine Leserin geben wird, die nichts für sich selbst daraus mitnehmen kann. Und sei es schlicht die Erkenntnis, dass wir nicht allein sind auf dieser Welt mit unseren Herausforderungen. Die Geschichten sind Liebeserklärungen an sich selbst und an das Leben.
Schatten unter dem Herzen –
Diagnose Brustkrebs
von Gerlinde David
Wo fängt man eine Geschichte über sein Leben an? Ohne lange darüber nachzudenken, kam ich sofort zurück zu diesem unvermeidlichen Tag:
Kurz vor meinem 50. Geburtstag entdeckte meine Frauenärztin „etwas in meiner Brust. Ich versuchte sie – und mich – zu beruhigen, da ich in meinem Lebensplan keinen Platz für so „etwas
wie Krebs hatte. Es folgten weitere Untersuchungen und ich fand mich auf der Onkologie wieder. Hier gehöre ich doch gar nicht hin, dachte ich zu Anfang, dies ist alles nur ein großer Irrtum.
„Ich hatte in meinem Lebensplan keinen Platz für so etwas wie Krebs."
Mein Onkologe saß mit der Diagnose vor mir.
„Muss ich überhaupt etwas machen lassen? fragte ich ihn, „schließlich bin ich 50, geschieden und mich braucht kein Mensch auf der Welt.
Er sagte ganz erstaunt: „Sie sind ERST 50!"
Was ging mir in diesem Moment durch den Kopf? Beide Brüste voller Krebs, Entfernung beider Brüste und vielleicht noch Chemotherapie? Zu diesem Zeitpunkt, wo mein Leben gerade wieder lebenswert wurde? Mein Leben flog wie im Zeitraffer an mir vorbei:
Kurz vor meinem 18. Geburtstag war ich zu Besuch bei meiner Oma in Koblenz und verliebte mich Hals über Kopf, sowohl in das Rheinland als auch in einen grünäugigen Binnenschiffer. Mit dem Abitur in der Hand und dem Vorsatz, jetzt Gärtnerin zu werden, startete ich in die große weite Welt, wobei der Binnenschiffer bereits nicht mehr an mich dachte. Egal.
Ich stürzte mich ins Leben, machte meine Ausbildung zur Gärtnerin, und einige Jahre vergingen, bis ich meiner großen Liebe begegnete. Morgens auf dem Parkplatz stieg neben mir ein junger Mann aus einem Auto und ich war hin und weg. Er begann im gleichen Baumarkt zu arbeiten wie ich. Meine Gedanken damals waren: Ein wunderschöner junger Mann, den will ich heiraten.
Doch vorerst kam es ganz anders. Es folgte ein ganzes Jahr, in dem nur die Fetzen flogen, da wir uns überhaupt nicht verstanden. Er kündigte schließlich und lud mich zum Essen ein, als Wiedergutmachung für den ganzen Ärger. Drei Tag später zog ich zu ihm, drei Monate später heirateten wir. Happy End! Zwei wunderbare Kinder zogen wir groß, kauften alte Häuser, die wir renovierten, gründeten ein Haustechnikunternehmen und wurden ein erfolgreiches Unternehmerpaar. Ein Vorzeigeehepaar, welches sich viele als Vorbild nahmen.
23 glückliche Jahre zogen ins Land und ich wurde immer kranker und fetter, dafür gibt es keine schöneren Worte. Ich bekam Migräne und war jeden Winter ständig erkältet. Die Spirale aus Reichtum anhäufen, erfolgreich sein und Probleme lösen drehte sich unaufhörlich. Ich hatte keinerlei finanzielle Sorgen und ein repräsentatives Zuhause – und fühlte mich dennoch seit bald 30 Jahren nie heimisch dort, wo ich war.
Irgendetwas stimmte nicht mit mir.
An einem 50. Geburtstagsfest saß ich alleine zwischen den Menschen und schaute urplötzlich von