Buddhismus und Tiere: Ein Essay über Gewaltlosigkeit gegenüber Tieren anhand der Lehrreden des Buddha
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Über dieses E-Book
Die Geistesschulung in dieser bedingungslosen Liebe sollte einhergehen mit ethischen Reflexionen und einem grundlegenden moralischen Verhalten. Der Buddha hat daher in Lehrreden verschiedener Quellen eindeutige Aussagen dazu gemacht und gefordert, dass ernsthaft praktizierende Anhänger gegenüber Tieren gewaltlos und hilfsbereit sind. Das impliziert, dass eine vegetarische oder vegane Lebensweise angemessen ist. Insbesondere in der gegenwärtigen Entwicklung, in der die massenhafte Produktion von Fleisch ein unvorstellbares Ausmaß an Leiden schafft, sind diese Worte des Buddha von Bedeutung.
Leider gibt es über die Frage, ob der Buddha das Essen von Fleisch verboten hat, viele Missverständnisse. Vielfach besteht auch die Vorstellung, der Buddha hätte diesen Punkt nicht abschließend bestimmt. Dieses Essay soll zeigen, dass es eine eindeutige und unmissverständliche Position des Buddha zu dem Thema Fleischessen gibt. Dabei werden zahlreiche Zitate aus mehreren Lehrreden als authentische Quelle herangezogen.
Andreas Melchior Essig
Andreas Essig (MBA, geb. 1977) studierte buddhistische Philosophie unter der Leitung von Geshe Thubten Ngawang am Tibetischen Zentrum e.V. (Hamburg). An der Universität Trier studierte er Philosophie, Latein und Geschichte und graduierte an der Donau-Universität Krems (Österreich) in Business Administration. Die ersten Erfahrungen mit buddhistischer Meditation machte er 1997 in der Waldkloster-Tradition (Theravada) von Ayya Khema. Darauf folgte ein sechsjähriges Retreat in einem abgelegenen Waldhaus in Oberalben (Rheinland Pfalz). In dieser Zeit studierte er begleitend zur Meditationspraxis in zehn Semestern die buddhistische Philosophie der vier großen Lehrmeinungen (Mahayana). Dabei begegnete er seinem Hauptlehrer Geshe Ugyen Tseten Rinpoche. Nach Beendigung des Retreats studierte er in Trier und danach berufsbegleitend in Krems. Andreas Essig lebt in Berlin und arbeitet im Bereich Buchhaltung und Controlling.
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Buchvorschau
Buddhismus und Tiere - Andreas Melchior Essig
Liebe
1. Einleitung
Die bedingungslose Liebe und das grenzenlose Mitgefühl sind in allen Traditionen des Buddhismus zentrale Geisteshaltungen. Eine meditative Praxis, die Liebe und Mitgefühl unberücksichtigt lässt und nur auf die persönliche Entspannung und Sorgenfreiheit ausgerichtet ist, ist im Grunde ohne Essenz. Wenn uns der buddhistische Pfad nicht von Jahr zu Jahr, von Monat zu Monat und von Tag zu Tag zu einem warmherzigeren Menschen werden lässt, ist der Funke des erwachten Geistes noch nicht in unser Bewusstsein eingedrungen.
Wir alle wissen das aus Erfahrung oder intuitiv als Menschen, denen die Güte als Talent mitgegeben ist. Dennoch stellen uns die Herausforderungen des täglichen Lebens immer wieder vor neue Herausforderungen. Es ist nicht leicht, ein in allen Lebenslagen gütiger und mitfühlender Mensch zu sein. Das Ideal, das der Buddha vorgelebt hat, ist überragend und die Zerstreuungen des Alltags lassen dieses absolute Ziel bisweilen fern oder gar unerreichbar erscheinen.
Hinzu kommen gesellschaftliche Strukturen, die im 21. Jahrhundert mehr denn je „egoistisch" genannt werden können. Das ökonomische Denken, der Erfolgsdruck, die Vereinzelung, die Beschleunigung – diese und andere Schlagwörter drücken eine Tendenz aus, die im krassen Gegensatz zu der Ausrichtung eines im buddhistischen Sinne heilsamen Lebens steht. Kapital scheint ein Zweck an sich zu sein. Der Wettbewerb um dieses fiktive Gut, das schon so oft in der Geschichte wie ein Kartenhaus in sich zusammengefallen ist, treibt die Akteure in ihrem Wahn zu immer größerer Herzlosigkeit.
Das Tier als Ware, als Sache, als wirtschaftliches Produkt, dem kein Recht auf Lebensentfaltung und Lebensgefühl zusteht – das ist tatsächlich eines der größten Probleme unserer Zeit. Die künstliche Beschleunigung des Wachstums eines Tierkörpers und die totale Reduktion eines Lebewesens auf seinen materiellen Verwertungsgehalt, zeigen erschreckend, was der Mensch sein kann, wenn sein Herz erkaltet und sein Verstand nur den eigenen Vorteil sucht.
Dabei sind aus buddhistischer Sicht die Täter nicht weniger bemitleidenswert als die Opfer. Von den karmischen Folgen solcher Einstellungen einmal abgesehen, ist ein gefühlloser Geist klein und verkrampft. Welcher Geist sollte denn ein inneres, befreites Glück erleben können, dessen Gedanken den Willen und die Gefühle anderer Lebewesen völlig missachtet? Wie sollen wir uns selbst lieben und unseren innersten Wünschen gerecht werden können, wenn wir blind für die Bedürfnisse anderer Wesen sind? Uns allen ist klar, dass das unmöglich ist. Ein Herz, das andere Herzen missachtet, empfindet keine Freude.
2. Verschleierte Kausalität
Das Phänomen der massenhaften Fleischproduktion ist ein Produkt unserer Zeit. Alles wird dem Prinzip des Marktes untergeordnet, so auch das Züchten und Schlachten von Tieren. Zu der Zeit das Buddha gab es keine Rationalisierung und auch keine Massentierhaltung. Daher gibt es auch keine Lehrreden des Buddha, aus denen wir explizit eine Antwort auf die Frage erhalten, wie wir uns dieser Entwicklung gegenüber verhalten sollten.
Ist es unethisch Fleisch zu essen, das aus der Massentierhaltung stammt? Sollten wir ausschließlich Fleisch mit einem Bio-Siegel essen? Sollten wir ganz auf den Konsum von Fleisch verzichten? Oder gibt es vielleicht gar keine ethisch-moralische Verbindlichkeit bezüglich des Fleischkonsums für Menschen, die Zuflucht in die Lehre und Praxis des Buddha nehmen?
Feststellen können wir zunächst, dass ganz losgelöst von ethischen Reflexionen der lieblose und zum großen Teil auch verachtende Umgang mit Rindern, Schweinen, Hühnern und anderen Tieren uns alle in irgendeiner Weise erschüttert. Selbst Menschen, die sonst mit wenig Bedacht durch das Leben zu gehen scheinen, sind betroffen, wenn sie Bilder aus Schlachthäusern sehen. Selbst den überzeugtesten Fleischessern kommt ein Moment des Zweifels, wenn sie in den Nachrichten erfahren, dass mehr als 100.000 Tiere pro Jahr in Deutschland vor dem Schlachten nur teilweise oder gar nicht betäubt sind und folglich bei vollem Bewusstsein, minutenlang an den Beinen hängend, mit dem Kopf nach unten ausgeblutet werden¹.
Auf der anderen Seite ist die Gewöhnung an und die Lust auf das Fleischessen so groß, dass ein Verzicht in aller Regel² ausgeschlossen erscheint. Auch gesundheitliche Argumente spielen eine große Rolle, da die Überzeugung allgemein sehr ausgeprägt ist, Fleisch sei für eine gesunde und reichhalte Ernährung unabkömmlich.
Eine geschickte Lösung dieses Widerspruchs zwischen Mitleid und Verlangen sind die betriebliche Zucht und der Handel. Der Konsument erwirbt und verköstigt die Wurst wie ein lieblich verpacktes Produkt an sich, wie etwas, das unabhängig von Züchten und Töten existieren würde. Wenn die Wurst fein gewürzt und mit Siegel in der Theke liegt, sehen wir nicht das Leiden des Tieres, das seinen Körper für unseren Konsum, für unseren Genuss auf der Zunge hergeben musste. Und selbst wenn wir in Dokumentationen von den Leiden der Tiere hören, stellt sich doch der volle Genuss des Fleisches wieder her, wenn nur die schrecklichen Bilder aus dem Schlachthaus wieder aus dem Bewusstsein gewichen sind. Gleichwohl gibt es eine ununterbrochene kausale Verbindung zwischen dem Fleisch auf unserem Teller und dem Tier, das optimaler Weise auf