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Dein Herz in meiner Brust: Mein neues Leben - Gedanken an den Spender
Dein Herz in meiner Brust: Mein neues Leben - Gedanken an den Spender
Dein Herz in meiner Brust: Mein neues Leben - Gedanken an den Spender
eBook206 Seiten3 Stunden

Dein Herz in meiner Brust: Mein neues Leben - Gedanken an den Spender

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Über dieses E-Book

Günter Hamann erlitt im März 2002 im wohlverdienten Urlaub einen schweren Herzinfarkt. 50 Monate und neun Tage Warten, Bangen und Hoffen. Dann die erlösende Nachricht: „Wir haben ein Spenderherz für Sie.
Hamann hält Zwiesprache mit dem Spender in Form von Briefen. Schildert sein Empfinden und den Alltag mit dem neuen Herzen, das ganz „schön abgeht“, wie er sagt. Denn es ist das Herz eines Sportlers und er versucht diesem gerecht zu werden. Neben allem Glücksgefühl über das geschenkte Leben ist auf der anderen Seite auch die Trauer um einen jungen Mann, der früh sterben musste, und das Mitgefühl für dessen Familie; tiefempfundene Dankbarkeit allerdings auch für dessen Entscheidung, im Falle eines Todes sein Herz übertragen zu lassen. Ein Buch, das zum Nachdenken anregt.

SpracheDeutsch
HerausgeberPandion Verlag
Erscheinungsdatum26. Jan. 2015
ISBN9783869114972
Dein Herz in meiner Brust: Mein neues Leben - Gedanken an den Spender

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    Buchvorschau

    Dein Herz in meiner Brust - Günter Hamann

    (Sprichwort)

    Vorwort

    Ich lernte Günter Hamann durch seine Frau kennen, die als meine Schülerin die Entwicklungschancen, die sich ihr in ihrer Schulzeit boten, geradezu aufsog und sich zu einer selbstbewussten und sozial engagierten Persönlichkeit entwickelte. Nach der Schulzeit stellte sie mir ihren damaligen Freund Günter vor, schickte später ein Hochzeitsbild und dann Bilder von ihren beiden heranwachsenden Mädchen.

    Ihr Besuch vor etwa fünf Jahren schockierte mich: Sie kam zusammen mit ihrem Mann, berichtete von seinem schweren Herzinfarkt und der Hoffnung auf eine Transplantation. Ihre Stimme war fest, geradezu souverän in der Sache. Sie wirkte entschlossen und fest davon überzeugt, dass eine Herztransplantation für ihren Mann ein guter Weg sei. Während sie sprach, schaute Günter Hamann liebevoll und mit mildem Lächeln auf seine Frau. Nie werde ich diesen Gesichtsausdruck vergessen.

    Und wie freudig habe auch ich Günter Hamann und seine Familie zu der offensichtlich gut gelungenen Transplantation beglückwünscht!

    So war es für mich selbstverständlich einzuwilligen, als Günter Hamann und seine Frau mich baten, das Manuskript zu dem vorliegenden Buch zu redigieren und eventuell ein Vorwort zu schreiben.

    Der Inhalt des vorliegenden Buches hat mich fasziniert.

    Es ist eine tief gehende Zwiesprache des Autors mit seinem Organspender, durch dessen Tod er selbst weiterleben darf. Es sind Gedanken an den jungen Mann, der für den Fall seines Todes sein Herz freigegeben hatte. Es sind schmerzliche Gedanken der Trauer um den frühen Tod des Spenders und Gedanken des Mitgefühls für dessen Familie. Auf der anderen Seite ist es tiefe Freude über das kostbare Geschenk eines trainierten Herzens, Freude über das eigene Weiterleben und Freude über das Glück in der eigenen Familie.

    Wie gehen Gefühle der Freude und der Trauer in dem Überlebenden miteinander um?

    Günter Hamann schreibt in Briefform seine fast täglichen Berichte über sein körperliches und seelisches Befinden an den Spender. Aus jedem dieser Briefe quellen sowohl eine tief empfundene Dankbarkeit für das eigene weiterbestehende und bessere Leben als auch Trauer um den Tod des Unbekannten und die Suche nach dessen bisherigem Leben. Beeindruckend lässt Hamann den Leser seine emotionale Zerrissenheit und seinen unermesslichen und im wahrsten Sinne unendlichen Dank an den Spender miterleben. Wo auch immer möglich, setzt sich der Autor aktiv dafür ein, dass sich immer mehr Menschen für eine Organspende entscheiden mögen.

    In seinen Briefen verarbeitet Hamann das Trauma des Todes als „ständigen Begleiter". In der gedanklichen Auseinandersetzung mit dem Tod findet Hamann jedoch immer wieder mit bewundernswerter Kraft einen Weg, seine schwere Erkrankung mit in das lebendige Leben hineinzunehmen, anstatt sein Leben in die Krankheit einzuordnen.

    Eine starke Hilfe ist ihm dabei seine Familie, die selbstverständlich und liebevoll ihr eigenes Leben um das Zentrum der Bedürfnisse des Familienvaters einrichtet.

    Die stärkste Hilfe gewinnt Hamann durch sein Vertrauen zu Gott. In fast kindlicher Vorstellung beschreibt Hamann seine Zwiegespräche mit Gott und mit Jesus, der das Leiden nach der christlichen Tradition für alle Menschen durchlebte. Jeden Tag des Überlebens und jede Phase seiner Genesung empfindet Hamann als Geschenke Gottes. Daher die Dankbarkeit, die sich in seiner immer wiederkehrenden tiefen Freude am Leben und an allem Lebendigen, das die Natur für ihn bereithält, äußert. Daher auch die Mobilisierung aller seiner Kräfte, um die körperliche Stärke wieder zu gewinnen. Er will sich des geschenkten Herzens und der wiedergeschenkten Lebensfreude als würdig erweisen. Es ist die tiefe lebensorientierte Überzeugung, die Hamanns Gottesvorstellung ausmacht.

    Hamann lässt erkennen, welche Kräfte die Vorstellung eines liebenden Gottes in ihm bewirkt: Es ist die unverbrüchliche Gewissheit einer umfassenden Geborgenheit für sich und seine Familie im Leben und über das Leben hinaus. Es ist die Freude des Gebens und Nehmens in seinem familiären, beruflichen und medizinischen Umfeld sowie in seinem Freundes- und Bekanntenkreis. Seine Gedanken findet der Autor in religiösen Worten als auch in säkularer Form in Gedichten, in der Philosophie oder in anderen Religionen wieder, wie es u. a. das Beispiel seiner Bekanntschaft mit einem Inder zeigt.

    Hamann verweist in ganz einfacher, oft noch in seinem heimischen Dialekt verwurzelter Sprache in seinen Aufzeichnungen auf das geistige Lebenszentrum des Menschen:

    Die Kraft einer unverbildeten Freude am Leben, ein Gottesgeschenk.

    Das ist die Botschaft des Buches.

    Karin Klausen

    65474 Bischofsheim, im Februar 2010

    Die ersten Wochen

    01.08.

    Mein neues Leben!

    Mein Freund, ich denke, dass ich dich mittlerweile so nennen darf. Seit drei Wochen trage ich dein Herz in meiner Brust und habe immer mehr das Gefühl, dass wir beide gut miteinander auskommen werden. Heute, am ersten Tag meiner Reha, oder soll ich sagen, unserer Reha, kann ich dir zum ersten Male so richtig „danke" sagen. Danke, dass du als junger Mensch irgendwann einmal den Entschluss getroffen hast, deine Organe im Falle deines Ablebens anderen Menschen zur Verfügung zu stellen. Ich kann dir gar nicht genug danken, dir und deinen Angehörigen, denn die Kraft deines Herzens hat mir schon jetzt, nach drei Wochen, unvergleichlich Gutes getan.

    In den vergangenen Wochen hatte ich damit zu tun, um dich und mit deiner Familie zu trauern und mit meiner für mich rasend schnellen Genesung klar zu kommen. Auch die Ärzte haben gestaunt, und nach zehn Tagen durfte ich schon das erste Mal nach Hause. Du hattest etwa mein Alter, hat man mir gesagt, und vielleicht hattest du ja auch eine Frau und Kinder, die dich liebten und denen du jetzt so sehr fehlst. Doch nun lebt ein Teil von dir in mir weiter, ein ganz großer Teil, dein Herz. Deine Lebendigkeit hat bei mir einen neuen Platz gefunden und ich will deinem Geschenk gerecht werden. Laut ärztlicher Auskunft warst du ein Sportler durch und durch, was ich leider seit meinem Herzinfarkt vor fünfeinhalb Jahren von mir nicht mehr behaupten kann. Aber vorher, da war ich das auch, und seit heute weiß ich, dass ich wieder auf dem besten Weg dorthin bin. Dank der neuen Kraft, der Kraft deines Herzens und dank meines Willens, der Liebe meiner Frau und meiner Kinder, der Kompetenz des Ärzteteams und nicht zuletzt meines Gottvertrauens werden wir es schaffen. Da bin ich mir ganz sicher. Nun mein Freund, werde ich Schluss machen für heute, aber ich werde weiterhin sehr, sehr oft an dich denken. Ich zünde jeden Abend eine Kerze an, auch wenn ich es nicht darf in der Reha. Ich bete jeden Abend für deine Familie und bin mir sicher, Gott ist bei ihnen und bei uns.

    02.08.

    Das geht ja ab

    mit deinem Herzen! Ich bin den ganzen Tag auf den Beinen, mache alle Aktivitäten mit, gehe zwischendurch noch stramm spazieren und war heute erstmals seit Jahren wieder im Kraftraum. Stell dir vor, ich habe geschwitzt, richtig geschwitzt! Nicht vor Angst, wie vorher, wenn ich stundenlang mit meinen Herzproblemen im Bett oder auf der Couch lag. Nein, ich war geschwitzt von den Übungen und den zehn Minuten Radfahren. Ein herrliches Gefühl. Doch es tut mir weh, dass du gestorben bist, auch wenn ich so davon profitiere. Wenigstens kann ich sagen, dass auch ich schon seit langer Zeit einen Organspenderausweis mit mir trage, und dass auch ich froh bin, wenn’s halt mal so sein sollte, anderen Menschen zu helfen. Aber muss es durch den eigenen Tod sein? Irgendwann schreibe ich dir mal, wie das Ganze abgelaufen ist. Das wird dann ein etwas längerer Brief. Du könntest mir mal die Mailadresse vom Himmel zukommen lassen, dann könnte ich das alles hinschicken.

    Heute hat der Arzt eine Ultraschalluntersuchung von „deinem-meinem Herzen gemacht und er war mehr als begeistert. Ich hoffe, ich werde deiner großartigen Spende gerecht. Kämpfen kann ich ja wie kaum ein Zweiter. Aber der Schokolade und den Gummibärchen zu widerstehen, das fällt mir doch mehr als schwer. Bin halt „hart wie Butter in der Sonne, aber nur in dieser Beziehung. Ach ja, mit der Kerze, das trau ich mich irgendwie nicht. Aber sobald ich wieder zu Hause bin, werde ich deiner wieder mit der kleinen Flamme des Lebens gedenken. Doch ich weiß, dass zurzeit meine Frau dies für mich übernimmt. Sie ist so froh, dass es mir besser geht. Und glaube mir, ich denke oft an dich, nicht nur, weil ich durch dich weiterleben darf.

    Ich mache mir oft Gedanken, wie es deinen Angehörigen geht. Ich habe selbst eine liebe Frau und zwei schon große Mädchen, und ich weiß, wie die heile Welt, in der man lebt, zusammenbrechen kann. Und diese zusammengebrochene Welt, eure Welt geht mir nicht aus dem Kopf.

    03.08.

    Schönen guten Tag,

    ich will mich mal anders melden. Es ist irgendwie schon eine komische Sache, einem Menschen Briefe zu schreiben, der nicht mehr lebt und dennoch lebt. In mir lebt, in meinem Körper, in meiner Brust, da schlägt dein Herz. Ich bin dir so dankbar dafür. Heute war ich zweimal im Kraftraum, bin Fahrrad gefahren, habe mit den Omis und Opis Gymnastik gemacht. Nach der Gymnastik hörte ich, wie die eine Frau zu einer anderen sagte: „Der neben mir, das war der mit dem neuen Herzen, der hat ja geturnt wie ein Wilder, das ist doch ein richtiges Wunder." Eigentlich sehe ich es auch so, eine wunderbare Sache, wie ich mich bewegen kann. Ich kann mich frei bewegen, ohne auf Hindernisse Rücksicht zu nehmen und ohne diese Angst, den nächsten Tag nicht erleben zu dürfen.

    Ach ja, da war doch noch etwas. Heute Morgen war ich bei der Ernährungsberaterin. Ich habe ihr gebeichtet, dass ich doch so gerne Schokolade und Gummibärchen esse. Dann kam der Knaller: Sie hat es mir nicht verboten. Ich solle mich zwar gesund ernähren, doch wer mache das schon immer, sagte sie. Ein bisschen weniger, dafür mit Lust, dann wäre das schon in Ordnung. Im Laufe des Gespräches meinte sie: „Sie sind aber motiviert! Ich stutzte und dachte an die Worte des Arztes in der Uniklinik, der meinte: „Werden Sie diesem Herzen gerecht, es ist ein besonderes Geschenk. Ich war schon bei nahezu zweihundert Herztransplantationen anwesend, aber ein perfekteres Herz und eine solche perfekte Operation habe ich noch nicht erlebt.

    „Ich bin noch mehr als motiviert!" war meine Antwort.

    Glaube mir, mein Freund, ich werde alles tun, damit dein Herz sich bei mir wohl fühlt. Ich bin mir sicher, dass wir das schaffen! Gott hilft uns.

    04.08.

    Hi, mein Freund,

    heute ist Samstag. Ob du jemals in einer Reha warst, weiß ich nicht, aber heute und morgen sind hier, wie man so sagt, die Katzen begraben. Ich hatte so wenig zu tun, dass ich fast den Brief an dich nicht geschrieben hätte. Allerdings war ich im Kraftraum. Möchte dir und deinem-meinem Herzen doch etwas Gutes tun. Schließlich wird dein Herz mit mir locker fertig, sagte der Arzt in der Uniklinik. Da bin ich dir ja einiges schuldig.

    Allerdings schmerzen mich vom Krafttraining mein Knie und mein Hinterteil vom Sitzen. Ich bin eben noch das lange Liegen gewöhnt. Morgen, am Sonntag, ist noch weniger los. Da schreibe ich weiter an meinem dritten Buch. Ach ja, ich habe das ja noch gar nicht erwähnt, wann auch. Ich habe in der Zeit meines Wartens zwei Bücher geschrieben. Ist eine tolle Sache. Irgendwie musste ich ja die langen Liegezeiten nutzen, und so habe ich mich entschieden zu schreiben, nicht was du vielleicht denkst. Ich habe lustige Mundartgeschichten mit nachdenklichem Hintergrund geschrieben. Schade, dass du sie nicht lesen und mir antworten kannst, das fehlt mir irgendwie.

    Heute hatte ich zum ersten Mal außerfamiliären Besuch. Mein bester Freund und seine Frau waren da. Sie haben mir mein Auto mitgebracht. – Wieder ein Stückchen mehr Freiheit!

    Und wandern war ich auch. Also doch nicht so faul. Ich glaube, ich habe dir noch viel zu erzählen, doch das geht nicht so einfach, wie ich es gerne möchte. Ich verspreche dir, dass du alles von mir erfährst, was mit unserer Leidens- und unserer gemeinsamen Lebensgeschichte zu tun hat. Das wird aber ein bisschen dauern.

    Nun bekomme ich langsam einen dickeren Bauch. Den kann ich gar nicht gebrauchen, aber Hunger habe ich wie ein Bär. Das kommt alles durch die Medikamente. Aber sonst geht es mir wirklich sehr gut. Mal schauen, was der morgige Tag so bringt.

    05.08.

    Ein guter Tag

    geht für mich dem Ende zu. Denn endlich ist es mir an diesem Sonntag gelungen, meine Frau von meiner Kraft durch dein Herz in meinem Körper zu überzeugen. Wir waren lange, lange spazieren und haben uns endlich mal wieder so ganz ohne Druck unterhalten können.

    Ich glaube, sie hat gemerkt, dass sie mich nicht mehr bremsen muss. Sie hat sogar meinem Plan zugestimmt, dass ich ab dem nächsten Ersten wieder voll arbeiten gehen möchte. Das alles dank deines Herzens in meiner Brust! Trotz meiner Trauer um dich und trotz des Ganzen, was so drumherum in den letzten Wochen geschehen ist, habe ich das Organ von dir nie als Fremdkörper empfunden. Von Anfang an hatte ich ein sehr gutes Gefühl, ein Gefühl, dass wir es zusammen schaffen. Ach ja, ich könnte ja mal anfangen zu erzählen, wie der ganze Schlamassel begann.

    Im März 2002 fiel ich bei meinem ersten wohlverdienten Urlaub mit einem Herzinfarkt vom Fahrrad.

    Es ist nicht so leicht, das Geschehene aufzuschreiben, denn ich werde im Kopf alles noch einmal durchleben. Durchleben beim Aufschreiben. Der Grund meines Schreibens ist, dass ich den vielen Menschen, die in ähnlicher Lage wie ich auf eine Organspende warten, wieder Hoffnung geben möchte. Ich habe so viele hoffnungslose Menschen in meiner langen Leidenszeit erlebt, dass ich es als meine Aufgabe ansehe, Hoffnung vorzuleben, Hoffnung in fast allen Lebenssituationen. Das habe ich gelernt und ich bin stolz darauf. Die Zeit nach meiner Transplantation aufzuschreiben, war sehr interessant, jeder Tag bedeutete eine neue Lebenssituation. Die neue Kraft, das neue Leben, wenn auch zeitlich begrenzt, ich werde alles in Ehren halten. Doch auch nach der Transplantation habe ich Menschen leiden sehen, sterben hören. Ich habe Menschen erlebt, die einfach aufgaben, die nicht in der Lage waren, sich helfen zu lassen, weil sie hoffnungslos waren. Menschen ganz ohne Vertrauen, ohne Vertrauen zu Gott, den Ärzten, ohne Vertrauen auf die eigene Kraft. Ich verstehe das nicht. Schließlich muss ich doch noch ganz viele Apfelbäumchen pflanzen! Seit Monaten will ich anfangen, die folgenden Zeilen aufzuschreiben, doch die Angst, dies alles wieder im Kopf erleben zu müssen, ließ mich einfach nicht loslegen. Heute werde ich es schaffen. Schaffen zu beginnen.

    Der Infarkt

    Es war so …

    Der Euro ist eingeführt. Seit September hatte ich in unserer Bank die Aufgabe, die Währungsumstellung zu koordinieren, zu organisieren und durchzuführen. Es hat mir einen Riesenspaß gemacht. Doch es war auch sehr anstrengend. Das Wort „Stress" habe ich immer schon gehasst. Denn den meisten Stress, denke ich, macht man sich selbst. Nichtsdestotrotz freute ich mich auf ein paar Tage Urlaub. Ich hatte mir ein neues Fahrrad gekauft und war richtig heiß, es auszuprobieren.

    Auf dem Weg mit unserem Wohnwagen auf der Autobahn zu der Verwandtschaft nach Oberfranken dachte ich noch am frühen Morgen: Welch ein Vertrauen doch die Kinder und die Frau in dich haben! Sie schlafen so friedlich und vertrauen dir alles an. Zwei Tage später war ich nur noch ein atmender Torso. Doch so weit sind wir noch nicht.

    Wie immer, eine nette Begrüßung und ein schöner erster Tag. Am nächsten Morgen fuhr ich mit meiner Frau zum Bummeln. Wir schlenderten durch die Geschäfte und schalteten einfach mal ab. Nachmittags wollte ich unbedingt mit meinem Fahrrad über die Straßen radeln, doch es war noch sehr kalt. Ein Grad über Null, doch das sollte mich nicht aufhalten. Ich zog mich dick an und wollte gerade losradeln, da kam noch meine älteste Tochter und meinte: „Hier Papa, nimm mal ein Handy mit, ich habe die Nummer von hier gerade noch einprogrammiert." Ich mochte das nicht, doch gab ich nach und fuhr dann

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