Strandsteine: Sammeln und Bestimmen von Steinen an der Ostseeküste
Von Frank Rudolph
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Über dieses E-Book
Woher kommen die bunten Steine, die man nach einem Strandspaziergang oft in seiner Jackentasche hat und welche Geschichten haben sie zu erzählen? Jede Ader, jede Färbung, jeder Riss hat etwas zu berichten - von Vulkanausbrüchen, Erdbeben und Eiszeiten, von immensen Kräften und imposanten Ereignissen der Natur.
Entstehung, Herkunft, Alter, Zusammensetzung und auch die besten Fundorte - das alles erklärt der Geologe und passionierte Steinesammler Dr. Frank Rudolph in diesem Buch. Es ist gezielt für den ahnungslosen Strandspaziergänger geschrieben, klar strukturiert und verlangt keine Vorkenntnisse.
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Buchvorschau
Strandsteine - Frank Rudolph
Strandsteine
Sammeln und Bestimmen
an der Ostseeküste
Frank Rudolph
© 2016 Wachholtz Verlag – Murmann Publishers, Kiel/Hamburg
Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
1.Auflage 2018
Gesamtherstellung: Wachholtz Verlag
E-ISBN 978-3-529-09266-4
Besuchen Sie uns im Internet:
www.wachholtz-verlag.de
Inhaltsverzeichnis
Ein Wort vorweg
Einführung
Grundlagen
Wie man mit Hamburgern und Cola die Eiszeit erklärt
Die Kraft des Eises
Die Einteilung der Gesteine
Grundlagen der Gesteinsbestimmung
Bestimmungsmerkmale
Geologisches
Das Sammeln
Magmatite: Plutonite
Magmatite: Vulkanite
Metamorphite
Sedimentite
Fossilien
Verschiedenes
Anhang
Ein Wort vorweg
Norddeutschland wurde durch mehrere Eiszeiten geformt. Bis zu 1000 Meter mächtige Gletscher transportierten gewaltige Mengen an Gesteinen aus Skandinavien, die sie aus ihrem natürlichen Verband (dem Anstehenden) herausgerissen hatten, südwärts. Beim Abschmelzen der letzten Gletscher vor etwa 10 000 Jahren blieben diese sogenannten Geschiebe zurück. Die Steine, die sich an Steilküsten, auf Lesesteinhaufen oder in Kiesgruben finden, zeugen also von dem letzten großen erdgeschichtlichen Ereignis – der Eiszeit.
Am Strand kann man Steine aller Erdzeitalter finden. Sie stammen aus Norwegen, Schweden, Finnland, vom Grund der Ostsee oder aus Estland. Hier in Norddeutschland kann man eine Wanderung durch zwei Milliarden Jahre Erdgeschichte und durch alle Gegenden Skandinaviens unternehmen, ohne weit zu reisen. Sogar Fossilien, Überreste einstiger Lebewesen, lassen sich am Strand relativ leicht finden.
Für das Buch wurden solche Steine ausgewählt, die besonders häufig, typisch oder leicht ansprechbar, also bestimmbar, sind, damit der interessierte Laie die Unterschiede erkennen und die Gesteine unterscheiden lernt. Schon nach kurzer Zeit sollte der Leser rund ein Dutzend verschiedener Gesteine bestimmen können. Mit ein wenig Übung werden es schnell mehr. Das Buch soll anregen, selbst einmal auf die Suche zu gehen und einzutauchen in die Geschichte unseres Planeten. Alle Fotos wurden an den Ostseestränden Schleswig-Holsteins aufgenommen. Die gezeigten Objekte entstammen also nicht einem Museumskeller, sondern können überall entdeckt werden – auch heute noch. Jede Küste hat dabei ihre Besonderheiten. In Weißenhaus kommen sehr viele Kinne-Diabase vor. In Johannistal gibt es viele Småland-Porphyre. Am Brodtener Ufer sind kleine Schieferstückchen und schöne Granatamphibolite zu finden. Am Schönberger Strand und bei Heidkate sind Feuersteine mit Druckmarken nicht selten. Um Heiligenhafen gibt es neben dem Heiligenhafener Gestein viele Kalke mit Gletscherschrammen. Donnerkeile sind besonders häufig an den Steilküsten Wagriens und auf Fehmarn. An der nördlichen Eckernförder Bucht wird man besonders rote und braune Ostseequarz-Porphyre und Åland-Rapakivi-Granite entdecken. An den Küsten der Flensburger Förde trifft man vielfach auf dunkle Gesteine wie Basalte und Amphibolite. Und je weiter man nach Norden kommt, umso häufiger werden Rhombenporphyre und Larvikite.
Jede Küste ist eine wahre Schatzkiste für Steinesammler. Oftmals erkennt man Gesteine besser, wenn sie nass sind, aber nicht immer. Steine im Wasser sind häufig von Algen bewachsen; kommen sie frisch aus der Steilküste, sind sie oft lehmverkrustet. Bernstein findet man dort, wo kleine Holzstückchen und Seetang angespült sind. Donnerkeile liegen im groben Kies. Jeder mag selbst entscheiden, wo er am liebsten sammelt.
Aber Vorsicht! Wen einmal der Steinesammel-Virus gepackt hat, der kommt so schnell nicht mehr davon los.
Einführung
Schleswig-Holstein ist eines der schönsten Bundesländer – und es ist das einzige, das zwischen zwei Meeren liegt. Auf der einen Seite die Nordseeküste mit dem Wattenmeer, kilometerlangen breiten Sandstränden mit zahllosen Muschelschalen, mit den Gezeiten und den kleinen Halligen. Auf der anderen Seite die teils schroffen Steilküsten der Ostsee, die sich mehr als zehn Meter erheben, davor der steinige und recht schmale Strand, der angespülte Seetang und die herabgestürzten Bäume.
Es sind die großen Gegensätze zwischen der flachen Marschlandschaft und dem ostholsteinischen Hügelland, die Schleswig-Holstein so reizvoll machen. Wir dürfen – den Gletschern sei dank – diese Landschaft genießen. Richtig: Ohne Gletscher, ohne die Eiszeit, würde es Schleswig-Holstein gar nicht geben. Lediglich einige wenige winzige Inseln würden aus dem vereinigten Nord-Ostsee-Meer herausschauen. Denn was uns noch von anderen Ländern unterscheidet: Bei uns gibt es keinen gewachsenen Felsen (mit winzigen Ausnahmen). Sand und Kies und Schotter, das ist Schleswig-Holstein, ein Erbe der Eiszeiten, aufgebaut aus Milliarden von meist zerriebenen Gesteinen. Und dieses Material gehört uns nicht einmal – fremdes Land, das bei uns eine neue Heimat gefunden hat.
Die Gletscher rissen aus dem gewachsenen Felsen der nordischen Länder riesige Brocken heraus, transportierten gewaltige Schuttmengen von Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland, vom Grund der Ostsee, aus Estland und dem restlichen Baltikum zu uns. Dieser Schutt blieb nach dem Abschmelzen des Eises liegen – und deswegen müssen sich nicht 2,7 Millionen Schleswig-Holsteiner auf dem Segeberger Gipsberg drängeln, auch wenn es bei einigen Musik-Veranstaltungen und den Karl-May-Festspielen in der Kalkberg-Arena manchmal fast den Anschein hat. Die Vielfalt der Gesteine am Strand, in Kiesgruben, auf Lesesteinhaufen oder sogar auf den Kieswegen ist fantastisch. Ein Strandspaziergang eröffnet den Blick in die gesamte Geologie des baltoskandinavischen Raumes.
Steine aus dem Oslo-Gebiet liegen neben solchen von den Åland-Inseln oder von Bornholm. Einige Geschiebe sind 1000 Kilometer weit transportiert worden, andere stammen aus dem unmittelbaren Untergrund des Fundortes. Es gibt Gesteine mit einem Alter von über zwei Milliarden Jahren (das ist fast halb so alt wie die Erde!), andere sind zur Zeit der Dinosaurier entstanden und wieder andere sind „nur" wenige Millionen Jahre alt. Die ältesten Fossilien, die wir am Strand finden können, sind fast 550 Millionen Jahre alt und zeugen vom Beginn des Lebens und der kambrischen Explosion. Funde von versteinerten Lebewesen aus fast allen erdgeschichtlichen Epochen und aus allen Tiergruppen sind möglich. Und diese Vielfalt, die uns die Hinterlassenschaften der Eiszeiten bieten, ist großartig. Nirgendwo kann man so vielfältigen geologischen Fragestellungen nachgehen wie an den Stränden der Ostsee zwischen Dänemark und Mecklenburg-Vorpommern. Das vorliegende Buch möge dazu Anleitung und Anregung zugleich sein.
Grundlagen
Wie man mit Hamburgern und Cola die Eiszeit erklärt
Vor 115 000 Jahren begann es im Norden zu schneien. Zuerst nur ein wenig, dann immer mehr. Der Schnee taute auch