Herz schlägt Krieg
Von Jörg Krämer
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Über dieses E-Book
Hilde Niggetiet, 1910 geboren, erzählt in ihrer Biografie von dem Versuch, in den Wirren der Kriege ein normales Familienleben zu führen.
Bombenangriffen, Kinderlandverschickung und persönlicher Schicksalsschläge zum Trotz lässt sie sich nie entmutigen.
Als sie aber gegen den Willen ihrer Familie mit ihrem Geliebten Erwin durchbrennt, scheint für sie die Chance auf ein glückliches Familienleben endgültig gescheitert.
Jörg Krämer
Jörg Krämer ist 1966 in Witten geboren. Nach seinem Abitur und einer Ausbildung zum Kommunikationselektroniker arbeitet er inzwischen als Integrationsbeauftragter. Mit dem Schreiben hat er als Sachbuchautor begonnen. "Germanischer Bärenhund-Portrait einer außergewöhnlichen Hunderasse" war sein erstes Buch. Es sollte ursprünglich auch sein einziges Sachbuch bleiben. Eine Hundeausstellung, ein Geburtstag und ein Versprechen machten seinen Vorsatz zunichte. Er schrieb ein zweites Hundebuch: "Pyrenäenberghunde- Aus den Pyrenäen in den Ruhrpott". Um seinen Schreibstil zu verbessern, absolvierte er einen mehrjährigen Lehrgang in der Schule des Schreibens. Aus den Aufzeichnungen seiner Großmutter sind die Bücher "Im Schatten von Schlägel und Eisen" und "Herz schlägt Krieg" und das Vorlesebüchlein "Stiefelchen, der Wald und die Tiere" entstanden. Mit dem Roman "Gefährten der Hoffnung-Eriks Suche" ist er bei meinem eigentlichen Genre, der Fantasy angekommen. Die Fortsetzung "Gefährten der Hoffnung-Giada" ist in Arbeit.
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Herz schlägt Krieg - Jörg Krämer
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Elisabeths Hochzeit
Emma kehrte das Unterste nach oben. »Sieh nur, Elisabeth, die hübsche Bettwäsche und die Tischdecken! Eine noch schöner als die andere.«
Auch Haushaltssachen und Besteck waren unter den Geschenken. Elisabeth und Heinrich bedankten sich bei all ihren Gästen ganz herzlich.
Emma entdeckte noch ein Geschenk: eine herrliche Blumenvase mit siebzehn Rosen.
»Sieh nur, Elisabeth, du hast doch keinen heimlichen Freund?«
»Rede nur nicht so einen Blödsinn! Mach schon, lies vor!«, drängte Elisabeth.
Emma las ganz langsam: »Alles Glück der Welt für dich und deinen Mann.« Sonst nichts.
Elisabeth war so gerührt, dass Heinrich ihr ein paar Tränen abwischen musste. »Mein Mädel, er muss dich sehr liebgehabt haben, aber mit der Zeit wird er dich vergessen.«
»Ja«, meinte Elisabeth, »es bleibt ihm ja nichts anderes übrig.«
Emma entschuldigte sich. »Schwägerin, nicht traurig sein! Ich habe mal wieder meine vorlaute Klappe nicht halten können.«
»Aber Emma, ich weiß doch, was du für ein Spaßvogel bist. Ohne dich wäre unsere Hochzeit nur halb so schön.«
Elisabeth hatte sich schon wieder gefangen. »Wenn du das meinst, dann los! Kinder, zeigt, was ihr könnt! Jeder muss sein Bestes geben. Ich mache den Anfang. Aber dass sich keiner drückt …«
»Los, Emma, fang schon an!«
Das war das Stichwort. Sie war nicht mehr zu bremsen und riss einfach alle mit.
Heinrichs Schwester Elfriede übertraf Emma noch mit ihrem trockenen Humor. Sie hatte sich einen alten Arbeitsanzug angezogen. Das Hemd hing aus der Hose raus. Dann holte sie sich Vaters lange Pfeife und ging zu jedem und bat um Feuer.
Mutter war begeistert von dieser Familie. Wie ernst die ihre war, außer Anna und August. Die beiden machten auch ihre Kunststückchen.
Bald hatten alle Gäste Bauchweh vor Lachen. Es war furchtbar mit Emma und Elfriede. Was die alles für Schnaken drauf hatten.
Da platzten noch zwei Gäste in die Gesellschaft rein. Elfriede ließ ihre Pfeife verschwinden und zog ihren Anzug aus.
Sofort wurde es leiser.
»Oh, Mutter, was sagst du dazu? Frau Weber und Maria.«
»Kind, ich bin genauso überrascht wie du.«
Aber die frohe Stimmung war ein bisschen hin.
Mutter kümmerte sich sofort um die beiden. »Frau Weber, ist das eine Freude! Nehmen Sie Platz.«
Anna brachte schnell zwei Gedecke, Kuchen und Torte. Ach, hatten Maria und Elisabeth sich viel zu erzählen.
»Aber Maria, wir wollen erst die herrlichen Blumen in eine Vase stellen. Hoffentlich finden wir auch eine.« Elisabeth wollte gleich losstürmen.
»Aber, Elisabeth, die habe ich gleich mitgebracht.«
»Die ist doch viel zu wertvoll!« Lisbeth war platt.
»Hier ist noch ein kleines Geschenk von Frau Michels und ihren Töchtern. Sie lassen alles Gute wünschen.«
Elisabeth strahlte. »Oh, Mutter, sieh nur, habe ich wirklich so viel Gutes verdient?«
»Es wird schon so sein. Alle haben dich gern.«
»Elisabeth, ein Kompliment muss ich dir noch machen«, meinte Frau Weber, »du bist eine wunderschöne Braut.«
»Ja, das verdanke ich nur meiner lieben Mutter. Sie hat für alles gesorgt. Nichts war ihr zu teuer. Bei ihrer Bescheidenheit kann man das kaum verstehen. Jetzt geht tanzen, ihr zwei, und amüsiert euch!«
Mutter unterhielt sich noch mit Frau Weber. »Frau Biel, sehen Sie nur, wie man die junge Braut umschwärmt. Hoffentlich nicht nur ihrer Schönheit wegen.«
»Oh nein, das wissen Sie doch am besten.«
»Hoffentlich bekommt sie einen guten Mann.«
Frau Weber war da guter Hoffnung. »Oh ja, das glaube ich bestimmt. Aber vorher kann man das nie wissen.«
Heinrich steuerte direkt auf den Tisch von Frau Weber zu. Er begrüßte sie besonders herzlich und sagte: »Das ist aber eine Überraschung! Elisabeth hat es sich so sehr gewünscht, aber nicht mehr daran geglaubt, wo Sie doch so viele Verpflichtungen haben.« Er setzte sich einen Augenblick zu den beiden.
Als die Musik spielte, bat er Frau Weber, mit ihm den Walzer zu tanzen.
Sie tat es nur zu gerne.
Heinrich wirbelte sie über die Tanzfläche. Er war so glücklich und übertrug seine Freude auf all seine anderen Gäste. Frau Weber war schon etwas gewöhnt, aber hier war doch alles anders, viel natürlicher. Sie war von Heinrichs Charme begeistert.
Zu Mutter meinte sie später: »Frau Biel, ich glaube, Ihr Schwiegersohn könnte eine ganze Gesellschaft alleine unterhalten.«
»Nicht nur das, er ist auch fleißig und zuverlässig. Und dann will ich Ihnen noch eines verraten: Sie müssten ihn mal auf der Bühne sehen. Er spielt die schönsten Mädchenrollen.«
»Was sagen Sie da? Davon hat uns Elisabeth nie etwas erzählt.«
»Es war ihr wohl nicht wichtig genug.«
Langsam wurde es zwölf Uhr. Die Gäste bildeten einen großen Kreis. In der Mitte stand der Sessel von Elisabeth. Jetzt musste sie sich hinsetzen. Die Brautführer nahmen ihr den Schleier ab. Dabei sangen sie »Wir winden jetzt den Jungfernkranz mit veilchenblauer Seide«. Dann setzte sich Emma vor Elisabeth und sagte: »Ich habe noch ein schönes Gedichtchen für dich, Elisabeth.«
»Ja, dann los!« Da fing Emma ganze leise an: »Ach, dieser Mensch, der hat mich gar und ganz betrogen, als Braut war er mir sehr gewogen und ging in Liebe mit mir um. Doch heute schimpfet er wie dumm …«
Lisbeth wurde ganz blass.
»Elisabeth, du musst nicht erschrecken, es ist ja nur Spaß.«
Langsam wurde der Kreis aufgelöst. Der Schleier war abgenommen, und jeder bekam ein Andenken davon. Er wurde kurz und klein gerissen. Wer kein Stückchen abbekommen hatte, versuchte, es den anderen wegzunehmen. Es war ein Getöse und ein Trubel. Frau Weber und Maria wurden richtig mitgerissen.
Später meinte Frau Weber: »Ja, Frau Biel, jetzt wird es aber langsam Zeit, dass wir nach Hause gehen.«
Maria musste Elisabeth versprechen, sie bald zu besuchen. »Mache ich. Bis dahin alles, alles Gute!«
»Lass nicht so lange auf dich warten!«, bat Elisabeth.
Das Fest ging langsam zu Ende. Die Reserven waren ausgegangen. Nach und nach verabschiedete sich einer nach dem anderen. Der Saal leerte sich bis auf ein paar Unentwegte. Sie wollten das Brautpaar bis zur Wohnung begleiten, hatten draußen vor der Saaltür einen großen Handwagen. Darauf wurde das Brautpaar nach Hause gebracht. Ein Bandoneon-Spieler sorgte für Musik. Der Rest ging singend, mehr grölend, hinter dem Wagen her. Alle waren der gleichen Meinung: »Heinrich, es war einmalig! Macht’s gut, ihr zwei!«
Der nahm seine Elisabeth und ging mit ihr ins Haus. Sie war so müde und erschöpft, sie sagte nur immer wieder: »Es war ganz herrlich. Aber jetzt kann ich nicht mehr. Ich bin froh, dass alles vorbei ist.«
»Mir geht es genauso, Elisabeth. Ich glaube, wir machen ein paar Tage nicht auf. Das haben wir uns wirklich verdient.«
Aber daraus wurde nichts. Elisabeth war schon in aller Frühe wach. »Heinrich, ich kann nicht schlafen. Geht es dir auch so?«
Doch der schlief wie ein Baum. Sie stand ganz leise auf und machte das Frühstück. Elisabeth konnte es gar nicht erwarten, bis sie all ihre Geschenke auspacken konnte. Zuerst ging sie in die Küche und bestaunte all die Sachen. Dazu hatte sie ja bis jetzt ganz wenig Zeit gehabt.
Heinrich war erstaunt: Als er neben sich fasste, war seine Elisabeth nicht da. Er sprang aus dem Bett: »Kleines, du solltest doch schlafen, du warst doch so müde.«
»Oh nein, Heinrich, erst muss ich Ordnung haben. Und ich bin so begeistert von unserer schönen Wohnung. Das ließ mir keine Ruhe.«
Sie hatte sich noch nicht gewaschen und frisiert. Aber heute fiel das gar nicht auf. Ihre Locken hingen nur so über die Schultern. Heinrich nahm sie immer wieder in die Arme und drückte sie fest. Dann setzten sie sich an den Tisch und frühstückten gemeinsam. Man kann nicht beschreiben, wie glücklich und stolz Elisabeth war. Heinrich nicht weniger. Beide hofften, dass es immer so bliebe.
Die ersten Ehejahre
Aber die Flitterwochen gingen schnell vorbei, und der Ernst des Lebens begann. Elisabeth war trotz ihrer siebzehn Jahre eine tüchtige Hausfrau. Heinrich und auch seine Eltern staunten oft, wie fleißig sie war. Außerdem erwartete sie ein Baby.
Die Mutter machte sich große Sorgen.
»Aber, Mutter«, sagte der Vater, »du warst doch auch nicht älter und hast es geschafft, acht Kinder großzuziehen.«
»Oh, Vater, das war aber oft sehr schwer. Ich möchte doch, dass es Elisabeth besser geht.«
»Heinrich ist doch vernünftig und steht ihr zur Seite.«
»Das hoffe ich auch. Aber erst muss er ja mal zwölf Stunden in der Zeche arbeiten.«
Dann war er ein leidenschaftlicher Taubenzüchter, und samstags hatte er seinen Skat-Abend. Da blieb nicht mehr allzu viel Zeit für Elisabeth übrig. Doch er war ein sehr gütiger und lieber Mensch. Aber was baut man sich mit siebzehn nicht alles für Luftschlösser!
Wie oft saß Heinrich lange bei seinen Tauben. Dann kam sich Elisabeth ganz verloren vor. Sie musste sich doch erst einmal an die neue Umgebung gewöhnen. Es war alles viel, viel schwerer, als sie es sich vorgestellt hatte, und es flossen schon hin und wieder ein paar Tränen.
Dann nahm Heinrich sie in die Arme: »Was ist denn los?«
»Weißt du, ich fühle mich oft so einsam.«
»Lisbeth, warte erst mal, bis du da Baby hast. Und ich bin doch auch bei dir.«
Jetzt hatte Heinrich auch noch Nachtdienst. Das war besonders schlimm. Elisabeth konnte dann vor Angst kaum einschlafen.
Einmal in der Woche besuchte sie ihre Eltern. Das waren die schönsten Stunden. Sie war ja immer der Liebling gewesen.
Abends gingen ihre Eltern dann ein Stück mit. »Elisabeth, grüß deinen Heinrich. Denke immer, du hast einen sehr fleißigen und gütigen Mann. Eine Ehe hat ja nicht bloß Sonntage, das hast du doch bei uns gesehen. Da geht es dir doch schon viel besser.«
»Du hast recht, Mutter. Aber weißt du, zu Hause war immer was los.«
»Warte ab, das kommt bei euch auch noch! Aber so viele Kinder wie wir willst du doch bestimmt nicht?«
»Warum nicht, Mutter? Es war herrlich!«
Mutter drückte Elisabeth fest an sich und sagte: »Wenn du einsam bist, Kleines, besuche deine Geschwister. Sie haben dich alle sehr lieb. Und Kopf hoch, du hast alles, was du brauchst. Und dein Heinrich tut für dich, was er kann. Darum gönne ihm auch ein bisschen Freude.«
»Du hast recht, Mutter.«
Auf dem Heimweg sprach Vater: »Unsere Kleine kommt mir so ernst vor.«
Die Mutter war da ein bisschen rauer. »Sie hat einen sehr guten Mann. Was will sie noch mehr?«
»Mutter, du hast gut reden, ich war, außer wenn ich auf der Zeche war, immer bei dir. Heinrich könnte ja auch auf eines seiner Hobbys verzichten, dann wäre Elisabeth glücklich. Besonders jetzt in ihrem Zustand. Ich werde ihn mir mal vorknöpfen.«
»Vater, halte dich da lieber raus!«
»Wenn du meinst, Mutter.« Manchmal gab Vater zu schnell nach.
Elisabeth putzte und wienerte den halben Tag. Jede Woche machte sie Wäsche und bügelte. Alles wurde sofort gestopft. Es kam nichts in den Schrank, was nicht in Ordnung war.
Nach und nach kaufte sie die Babywäsche. Das machte ihr Freude. Und Heinrich war begeistert, mit wie viel Liebe sie alles verrichtete. Seine Taubenfreunde beneideten ihn um seine hübsche Frau.
»Weißt du, Heinrich, sie sticht alle aus. Aber sie ist ja auch noch ein halbes Kind.«
Heinrich war dann stolz wie Oskar. Aber er hatte einfach zu wenig Zeit für seine Frau.
Elisabeth nahm es nicht mehr ganz so ernst. Sie unterhielt sich oft mit den Nachbarn. Im Sommer saßen sie sogar zusammen in der Laube und strickten Strümpfe für ihre Männer.
Familienzuwachs
Am 24. Mai 1908 sagte Lisbeth: »Heinrich, ich glaube, du musst die Hebamme holen.« Sie krümmte sich vor Schmerzen.
Er lief gleich zum Nachbarn. Der nahm ihm den Weg ab, damit er bei Elisabeth bleiben konnte. Heinrich tröstete sie, aber helfen konnte er nicht.
Nach ein paar Stunden hatte sie es überstanden.
»Ein kleiner Sohn«, sagte die Hebamme.
Heinrich drückte und küsste seine Elisabeth und strahlte übers ganze Gesicht.
Sie war glücklich, dass sie es hinter sich gebracht hatte.
Als Heinrich die Eltern sah, rief er schon von Weitem: »Ein Sohn!«
Die Mutter zog sich nur den Mantel über und rannte los. Elisabeth erzählte so oft, dass ihre Mutter ganz außer Atem ankam.
»Oh, Lisbeth, bin ich froh.«
»Mutter, setz dich erst mal!«
»Nun zeig ihn mir schon, deinen kleinen Stammhalter! Mensch, was für ein kräftiger Bursche!«
Heinrich hatte mit seinem Schwiegervater anständig einen gehoben. Das war früher so Sitte, und Heinrich spuckte ja nicht ins Glas. Dafür war er bekannt. Lisbeth nahm es ihm heute nicht übel. Es war ja etwas Besonderes.
Die Mutter hatte ihren Schwiegersohn mit all seinen Fehlern ins Herz geschlossen. Die beiden waren ein Herz und eine Seele.
Wilhelmine blieb die ersten Tage bei Elisabeth und verwöhnte sie.
Heinrich hielt sich jetzt nicht so lange bei seinen Tauben auf. Es hatte doch geholfen, dass der Vater ihm ins Gewissen geredet hatte. Doch davon wusste Mutter nichts. Aber böse konnte Vater ihm auch nicht sein. Er hatte so viel Humor, und an Güte fehlte es ihm auch nicht. Außer an seinem Karten-Abend ging er auch nicht in die Wirtschaft. Dann aber ausgiebig.
Die Mutter sagte: »Lisbeth, jetzt hast du dein Baby, da kann dein Heinrich ruhig mal ein bisschen länger bei seinen Tauben bleiben.«
»Bitte, Mutter, lass ihn das nicht hören! Dann übertreibt er wieder. Du kannst das nie verstehen, hast nie auf Vater warten brauchen. Aber du hast recht, er ist ein lieber Kerl und bei allen so beliebt. Das macht es so schwer. Sie lassen ihn nicht weg. Und wenn er so richtig in seinem Element ist, vergisst er die Zeit.«
»Kind, das ist doch nicht so schlimm! Jeder Mensch hat seine Fehler. Die muss man in Kauf nehmen. Mit der Zeit gewöhnst du dich daran.«
»Oh, Mutter, schade, dass du schon wieder weg musst. Es war herrlich, mal so richtig verwöhnt zu werden«, meinte Elisabeth traurig.
»Lisbeth, jetzt hast du dein Baby, das du verwöhnen kannst; da ist der Tag schön ausgefüllt. Wie soll euer Sohn denn heißen?«
Stolz erklärte Elisabeth: »Natürlich wie sein Vater. Wir rufen ihn Heini, sonst weiß niemand, wer gemeint ist.«
Die ganzen Geschwister kamen, um den jungen Eltern zu gratulieren.
Anna war Lisbeths Lieblingsschwester. Sie war unverheiratet und blieb ein paar Tage bei Lisbeth. Als Schürzennäherin konnte sie sich ihre Arbeit selbst einteilen.
Heinrich war so stolz. Er kaufte den schönsten Kinderwagen. Da konnte Lisbeth nachmittags spazierenfahren.
Die Tage gingen viel schneller um. Heini war ein ganz artiger Junge. Doch als er erst einmal laufen konnte, das war mit zehn Monaten, da entwickelte er sich zu einem richtigen Lausbuben. Aber seine Mutter wurde schon mit ihm fertig.
Karneval
Jetzt kam langsam die Karnevalszeit. Die beiden jungen Eltern hatten sich eine hübsche Standmaske ausgedacht. Lisbeth musste dabei eine Stunde stillstehen, sie durfte sich nicht rühren. Heini wurde zu seinen Großeltern gebracht. Lisbeth freute sich schon seit Wochen darauf.
Endlich war es so weit. Der Saal war proppenvoll. Die besten Masken wurden prämiert. Es waren schöne Preise ausgesetzt. Das nur so nebenbei.
War das eine Spannung!
Lisbeth wurde an einen Baum gefesselt. Ihre blonden Locken hingen bis auf die Schultern. Sie trug ein langes weißes Kleid und eine rosa Maske. Sie spielte Königin Elsa, dem Hungertode preisgegeben.
Die Schiedsrichter hatten genug zu tun. Es waren hundert Masken gemeldet.
Alle schlichen um Elisabeth herum. Heinrich beobachtete alles von Weitem, sonst hätten sie Verdacht geschöpft. Es war ein herrlicher Anblick! Aber Elisabeth wurde fast ohnmächtig. Die Stunde wollte nicht umgehen. Sie durfte sich ja nicht rühren. Kein Mensch hatte sie erkannt, aber alle waren von dem Anblick begeistert.
Jetzt wurden die Preise verteilt und an die Masken gehängt. Das war ein Trubel! Lisbeth hatte den ersten Preis bekommen. Alle gratulierten.
Heinrich drückte und küsste seine Frau: »Du bist die Schönste im Saal. Sieh nur, wie sie dich alle anstarren. Schade, dass du dein Haar nicht immer so offen tragen kannst.«
Es wurde noch getanzt bis zum nächsten Morgen. Lisbeth konnte sich kaum noch rühren. Die beiden holten noch so manchen Preis. Aber Fastnacht war ja nur ein paar Wochen, dann zog der Alltag wieder ein.
Hilde kündigt sich an
Die Großeltern kamen oft am Sonntag zu Besuch. Dann spielten die Männer Schafskopf und tranken einen Krug Bier.
Lisbeth erzählte der Mutter, dass sie wieder ein Baby bekäme.
Die Mutter war erschüttert: »Mein Gott, ihr wollt uns doch nicht überholen?«
Später sagte Mutter zu Heinrich: »Hätte das nicht noch ein bisschen Zeit gehabt? Heini ist doch noch so klein.«
»Oh, Mutter, es ist ja nicht mit Absicht geschehen. Du weißt ja, wie es früher bei euch war.«
Lisbeth war es ein bisschen viel, aber sie freute sich schon. »Dann werden die Kinder zusammen groß. Vielleicht ist es ein Mädchen. Hoffentlich.«
Heinrich war sehr besorgt. Er blieb nicht mehr so lange bei seinen Tauben. Darüber war seine Frau sehr glücklich.
Sie bekamen einen schönen Garten und Heinrich die Aufsicht über die Mieter. Der Hausbesitzer wohnte auswärts. Damit gab es aber für die beiden noch ein ganzes Stück Arbeit mehr. Der komplette Tag war ausgefüllt. Sie mussten ja alles in Ordnung halten und die Asche von den Mietern sieben und mit der Schubkarre wegfahren. Aber den beiden machte das nichts aus. Ihnen machte die Arbeit Spaß.
Heinrich war ein starker Mann.
Er trank jeden Tag einen Liter Milch. Auch wurde nicht am Essen gespart, sonst hätten die beiden das