Kurze Begegnungen in kurzen Geschichten
Von Gustav Tilmann
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Über dieses E-Book
Bizarres findet dabei seine Ausdrucksform in kurzen und kompakten Texten. Oft geht es um Ungewöhnliches im Gewohnten. Ob Liebespaare oder Begegnungen unter Wasser, Treffen alter Freunde, oder Begegnungen mit Unerwartetem: stets sind es exclusive Ereignisse mit eigenem Glück, eigener Melancholie, Kompliziertheit, Tragik oder Komik.
Gustav Tilmann
Gustav Tilmann, geb.31. Mai 1941, freischaffender Künstler und Autor, lebt mit seiner Familie in Bremen. Nach Kunst-und Lehrerstudium unterrichtete er an der Fachoberschule für Gestaltung, der heutigen Wilhelm-Wagenfeld-Schule. Ab 1993 war er als künstlerischer Leiter im Bereich bildende Kunst in der Kulturwerkstatt Westend, Bremen, tätig. Neben Ausstellungen im In-und Ausland war er an diversen künstlerischen Architekturprojekten vor allem in Bremer Krankenhäusern tätig. Seit einigen Jahren schreibt er Romane, Novellen, Kurzgeschichten und Gedichte.
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Buchvorschau
Kurze Begegnungen in kurzen Geschichten - Gustav Tilmann
Der jungen Frau
im blauen Trenchcoat
gewidmet
Inhalt
Selfpublishing
Bestseller
Im Lesesaal
Begegnung mit kleinem Aquarell
Am See
Tauchgang
Begegnung im Meer
Begegnung im Bett
Das Leerzimmer
Nasse Begegnung
Der Pilot
Der Beobachter
Die Bahnfahrt
4 Minuten und 33 Sekunden
Klavierkonzert
Die Rolltreppe
Stillstunde am Mittag
Heikle Entscheidungen
Leserbriefe
Baumschnitt
Im Wartezimmer
Hilferuf
Der Füllfederhalter
Begegnung in Bremen
Kopftuch
Maler und Modell
Küchenschatten
Erklärung
Missverständnis an der Kasse
Budapest
Die kleinen Quadrate
Virtuell
Der alte Senator
Der Besuch
Roland von Bremen
Sterbedatum
Schrott
Siesta
Selfpublishing
Als der Autor eines Selfpublishing-Verlags bei der Begegnung mit seinem Publikum erkannte, dass er sich auch selbst vorstellen, die Anwesenden selbst herzlich begrüßen, nach ihrem Befinden fragen und sich selbst bedanken musste, dass sie sich auf den Weg zu dieser Lesung gemacht hatten, sowie, dass er eben keinen Moderator, einen Buchhändler zum Beispiel, oder jemanden aus der Stadtbibliothek an seiner Seite hatte, der oder die in das Motto des heutigen Abends einführen würde, welches Begegnung lautete und all ihre Möglichkeiten und Tücken umfassen sollte, schließlich darüber informierte, dass die Lesung etwa eine Stunde dauern würde, aber dann noch ein wenig Zeit bliebe, um ins Gespräch zu kommen, war die Zeit der Lesung schon zu weit fortgeschritten, um jetzt noch mit der Lektüre seiner Texte zu beginnen, weshalb der Autor seinem Publikum noch einmal für seine Anwesenheit dankte und es mit dem Wunsch für einen guten Heimweg entließ.
Bestseller
Während sie ihn aus den Augenwinkeln musterte, wurde sie Zeugin, wie der Mann schnell einige Bücher vom Stapel in eine große Einkaufstüte aus kräftigem roten Papier schob, wie er dann in diskreter Eile die offene Zone des Buchgeschäfts mit den Podesten der gestapelten Bücher verließ und sich schnell im Kaufpublikum auf der Shoppingmall verlor. In einer spontanen Regung folgte sie ihm, und trotz vieler roter Tüten hatte sie das Glück, wie sie empfand, ihn mitten in der Menge zu entdecken, während er sie bei seinen schnellen Blicken in alle Richtungen auch bemerkte, da er sie während seines gewagten Buchdiebstahls ebenfalls mit einem Seitenblick gesehen und wegen ihres auffallend dunklen Haars, das auf einen türkisfarbenen Mantelkragen fiel, interessant gefunden hatte.
Als sie sich nicht mehr ausweichen konnten und dies offenbar auch nicht wollten, standen sie sich jetzt unvermittelt gegenüber. Er machte eine beschwichtigende Handbewegung, in der auch eine Begrüßung lag, doch als er gerade nach passenden Worten suchte, gab sie sich einen Ruck und sagte: „Wie kommen Sie dazu, einfach Bücher zu stehlen, wobei sie außer seinem verlegenen, aber nicht sehr ertappt wirkenden Minenspiel seine sympathische Ausstrahlung und anziehende Erscheinung zur Kenntnis nahm. Nach einem kleinen Zögern, das ihm Zeit ließ, seinen Eindruck von seiner Verfolgerin zu vertiefen und das Bedürfnis aufkommen zu lassen, ihr über die Schulter zu streichen, antwortete er: „Um es kurz zu machen: ich habe es einfach satt, meine eigenen Bücher als Massenware ausgestellt zu sehen, wodurch mir jedes Wertgefühl für meine Romane und Novellen abhandenkommt und eine Abneigung gegen mein eigenes Schreiben sich bis ins Unerträgliche steigert!
Sie schwieg, ging einen Schritt auf ihn zu, sah ihm durchdringend in die Augen, wobei der Blick zuletzt zärtlich wurde, und gab ihm einen Kuss, den er erwiderte, nachdem er die rote Tüte auf dem Fliesenboden abgestellt hatte.
Dort blieb sie allein zurück, als am Abend das Publikum die Shoppingmall verließ und sich auf den Heimweg machte.
Im Lesesaal
Er gab sich alle erdenkliche Mühe, ihr den Inhalt seiner Bücher zu erklären, die er im Laufe der letzten Jahre geschrieben und veröffentlicht hatte. Sein Katalanisch reichte vielleicht für alltägliche Dinge, für den augenblicklichen Zweck der literarische Kommunikation mit der Bibliothekarin, die in liebenswürdiger Geduld bei neuen Begriffen katalanische Übersetzungen vorschlug, dabei aber immer häufiger einen Blick auf die Uhr über dem Eingang des Lesesaals warf, war er in der mallorquinischen Sprachwelt, die hier das Klima bestimmte, noch zu wenig bewandert. Gerade versuchte er der Dame die Einsicht in das von ihm verarbeitete Motiv für einen Mord, oder wenigstens für die bewusste Tötung eines vielleicht sogar sehr nahestehenden Mitmenschen zu vermitteln, wobei er auch noch ein kurz vor der Veröffentlichung stehendes weiteres Werk ankündigte, als sie ihm, einem Mittsiebziger, wiederholt einen Blick in Richtung des Computerbildschirms nahelegte. Bis er schließlich begriff, dass es dabei nicht um einen literarischen Bericht im Internet ging, auf den ihn, wie er dachte, die Bibliothekarin aufmerksam zu machen versuchte, weil er es so verstand, als stünde dieser in Zusammenhang mit der Veröffentlichung des erwähnten Buches, sondern dass sie ihn, der schon seit einiger Zeit im Begriff war, sich zu verabschieden und den Lesesaal zu verlassen, nur immer wieder auf seinen Gehstock hinzuweisen bemüht war, der gelangweilt am Computertisch lehnte, wo er, nachdem er bei der Ankunft sich seiner entledigt, ihn aus dem Blick und aus dem Bewusstsein verlor, wäre es fast zu spät gewesen, den beredten Herrn noch freundlich zu verabschieden, denn der Bibliothekarin brannte eine Verabredung zum Mittagessen mit einem lieben
Bekannten, vielleicht ihrem Geliebten, schon