101 Unorte in Frankfurt
Von Christian Setzepfand und Frank Berger
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Buchvorschau
101 Unorte in Frankfurt - Christian Setzepfand
Frank Berger, Christian Setzepfandt
101 Unorte in Frankfurt
Alle Rechte vorbehalten • Societäts-Verlag
© 2011 Frankfurter Societäts-Medien GmbH
Umschlaggestaltung: Sebastian Sell und Daniel Günther, Frankfurt
Satz: Nicole Proba, Societäts-Verlag
eBook: Beltz Bad Langensalza GmbH, Bad Langensalza
ISBN 978-3-7973-1248-8
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Literatur
Die Autoren
Ungebunden
Das Vorwort
Wie oft bei schrägen Projekten, begann alles mit einem Glas Wein. Dabei hatten die Autoren die Idee, sich mit eher unbekannten Orten Frankfurts zu beschäftigen. Hier ist das Ergebnis.
Es hat Spaß gemacht, Frankfurter „Un-Orte zu definieren und zu kommentieren. Dabei ging es uns um unbekannte und nicht uninteressante Orte. Wirklich „böse
Orte sind nur wenige dabei. Umso mehr unbekannte und abseitige. Zu allen Orten gibt es etwas zu erzählen. Hier und da dient die Beschreibung sogar der Belehrung des geneigten Lesepublikums.
Allseits bekannte Orte sollen nicht das Thema sein. Jeder in Frankfurt kennt – hoffentlich – Rosemarie Nitribitt, den Römer, das Goethehaus, die Alte Brücke, den Kaiserdom, die Justinuskirche, den Eschenheimer Turm, die Alte Oper, die Börse, den Saalhof, die Staufermauer, die Ratgeb-Wandgemälde, das Haus Wertheim, den Hauptbahnhof, das IG-Farben-Hochhaus, die Großmarkthalle, das Karmeliterkloster, das Waldstadion und die vielen Museen.
Die Auswahl der Unorte ist unausgewogen. Sie will auch nicht politisch korrekt sein. Eher unvorsichtig, respektlos und entdeckend. Sie lädt ein zum Nachforschen, gerne zu Fuß in der Innenstadt oder mit dem Fahrrad in den Stadtteilen.
Die Verfasser stehen für alle Artikel gemeinsam gerade. Gleiches gilt für die Abbildungen. Gegenseitig wurde einiges ergänzt, mehr noch gestrichen. Jeder hätte alleine schon 100 Ideen zu Frankfurter Unorten gehabt. Daher bleiben sie auch weiter nicht untätig.
1. Unterwegs
Die Adlerwerke
Kleyerstraße 15-31
Ein alter Fabrikbau von 1898/1912, jetzt ohne Produktion, aufwändig saniert, ein Kulturdenkmal. Das Summen der PC-Ventilatoren und das Klappern der Tastatur haben den Maschinenlärm ersetzt. Dienstleistung statt Industrieproduktion. Eine gewaltige Fabrik mit großer Backsteinfassade, streng wie eine Kaserne, doch auch mit Zinnen wie eine italienische Burg. Das sind die Adlerwerke in der Kleyerstraße 15-31.
Der Ingenieur Heinrich Kleyer war bei einer Amerikareise in Boston Zuschauer eines Radrennens. Dabei kam er auf die Idee, das Fahrrad in Deutschland ebenso populär zu machen wie in den Staaten. 1886 begann er mit einer eigenen Fahrradproduktion. Drei Jahre später beschäftigte er bereits 600 Arbeitskräfte. Die technische Innovation des pneumatischen Reifens durch Dunlop bescherte den „Adler-Fahrradwerken einen ständig steigenden Verkaufserfolg. 1898 begann Kleyer auch mit der Produktion von Schreibmaschinen, die unter dem Namen „Triumph-Adler
Weltruhm erlangten.
Damit nicht genug. 1899 begann das Unternehmen auch noch mit der Herstellung von Motorwagen, und 1901 kamen die Motorräder hinzu. Jeder fünfte deutsche Personenkraftwagen vor dem Ersten Weltkrieg war ein „Adler. Der 1932 vorgestellte „Adler Triumph
zeichnete sich schon durch Frontantrieb und Einzelradaufhängung aus. Höhepunkt der Entwicklung war der „Adler Autobahnwagen" mit einer elegant stromlinienförmigen Karosserie. Insgesamt stellten die Adlerwerke 210.000 Autos her. Im Zweiten Weltkrieg wurden Zwangsarbeiter eingesetzt. Später beschränkte sich die Produktion auf Fahrräder, Motorräder und Büromaschinen.
2. Unbequem
Die „Adorno-Ampel"
Westend, Dantestraße/Ecke Senckenberganlage
Das neue Institut für Sozialforschung an der Senckenberganlage konnte 1951 eröffnet werden. Neben dem Hausherrn Horkheimer wirkte hier Theodor W. Adorno als Professor für Philosophie und Soziologie. Beide waren 1949 aus dem Exil in den USA zurückgekehrt. Vor dem Haus verlief mit der Senckenberganlage eine der großen städtischen Ringstraßen.
Adorno sorgte sich um das körperliche Wohl seiner Studenten ebenso wie um deren Ankunft zum pünktlichen Vorlesungsbeginn. Voller Sorge wandte er sich in einem Schreiben an den Rektor: „Wenn ein Student, wie es doch schließlich sein Recht sein sollte, in Gedanken über die Straße geht, ist er der unmittelbarsten Lebensgefahr ausgesetzt. Daher befürwortete er die Aufstellung von „Verkehrslichtern
, heute Ampeln genannt. Jedoch wurde im Frühjahr 1959 nur ein Zebrastreifen angelegt.
Im Sommer 1962 kam, was kommen musste. Zuerst verunglückte ein Passant an dieser Stelle tödlich, und wenige Tage später wurde eine Sekretärin des Instituts für Sozialforschung angefahren und schwer verletzt. In einem Leserbrief der FAZ wies Adorno darauf hin, dass Automobilisten Fußgänger als störende Objekte betrachteten und nur durch polizeiliche Maßnahmen anderen Sinnes würden. Er sollte die Erfüllung seines Wunsches nicht mehr erleben. Adorno starb 1969. Jürgen Habermas forderte 1985 erneut eine Anlage, die bereits „Adorno-Ampel genannt wurde. Endlich, im Frühjahr 1987, konnte Institutsdirektor Ludwig von Friedeburg die Errichtung der „Adorno-Ampel
von seinen Diensträumen