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Die schwarze Jagd: Ein Bayern-Krimi
Die schwarze Jagd: Ein Bayern-Krimi
Die schwarze Jagd: Ein Bayern-Krimi
eBook317 Seiten5 Stunden

Die schwarze Jagd: Ein Bayern-Krimi

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Über dieses E-Book

NICHTS IST ES, MIT DEM ALMFRIEDEN - ZWEI TOTE LIEGEN AUF DER SCHLIPFGRUB-ALM
Der bayerische Dorfbulle Schorsch Wammetsberger möchte eigentlich nur seine Ruhe, ist er doch quasi Beamter auf Lebenszeit. Doch dieses Mal hilft alles nix: Gleich zwei Tote gibt's bei der Schlipfgrub-Alm, die Hintergründe liegen völlig im Dunkeln. Mord im Schlepper-Milieu oder purer Neid mit Todesfolge in der eigenen Sippschaft? Schnell muss er jedenfalls sein, der Wammetsberger, denn im beschaulichen Grenzland zwischen Bayern und Tirol sind solcherlei Störungen des Almfriedens gar nicht erwünscht. Und die Zahl der Verdächtigen steigt von Stunde zu Stunde. Leider ist auch der Schorsch darunter, weil er sich blöderweise nicht ganz legal beim Rehleinschießen in der Nähe des Tatorts aufgehalten hat. Und der selbsternannte bayerische Guerilla-Führer "Che" Wildbichler hat ihn gesehen.

DER SENSENMANN IST DIESES MAL ZWISCHEN BAYERN UND TIROL UNTERWEGS
Jetzt muss sich Wammetsberger zu allem Überfluss auch noch mit dem leitenden Kommissar Korbinian Eyrainer herumschlagen, der überhaupt kein richtiger Bayer ist und gute Weine, schöne Frauen und detektivische Rätsel schätzt. Zum Glück ist der Showdown bald bereitet - und wartet mit einer überraschenden Wendung auf.
Dinesh Bauer liefert einen Bayern-Krimi, bei dem selbst Rita Falks Eberhofer ein bisschen blass ums Näschen werden könnte: sprachgewaltig, verzwickt und mit grandios-typischen Charakteren!

***********************

Leserstimmen:

"Das Etikett Alpen-Krimi kann man Dinesh Bauer nicht aufs Auge drücken. Obwohl sein Krimi in Bayern spielt und die Figuren wunderbar authentisch sind, überrascht sein Krimi mit einer gefinkelten Handlung und ist außerordentlich gut geschrieben."

"Wer hintergründig humorvolle Krimis mag, wird 'Brauner mit Schuss' lieben!"

"Abenteuergeschichten aus den weiß-blauen Bergen. Der 'Held', Schorsch Wammetsberger, ist eine kantige, liebenswerte Kraftnatur."
SpracheDeutsch
HerausgeberHaymon Verlag
Erscheinungsdatum15. Sept. 2017
ISBN9783709938072
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    Buchvorschau

    Die schwarze Jagd - Dinesh Bauer

    Dinesh Bauer

    Die schwarze Jagd

    Ein Bayern-Krimi

    Inhaltsverzeichnis

    Cover

    Titel

    Die handelnden Personen

    Bärlauch-Baguette

    Gams Goreng

    Weißwürst mit Weißkraut

    Bosnische Bohnensuppe

    Bircher Mousse

    Blunzengröstl süßsauer

    Presssack Melba

    Salzburger Bosna

    Milzwurst kubanisch

    Surhaxsoufflé

    Knödel-Kebap

    Tofunocken mit Zwetschgenröster

    Blutwurst in Aspik

    Frikadellen-Frikassee

    Rehragout mit Reherl

    Mohr im Hemd

    Speckroulade auf Wildleber

    Sauerkrautstrudel Stroganoff

    Fasanenfilet auf Mangopüree

    Räuberbraten am Spieß

    Flambierter Fleischsalat

    Graukas-Tatar

    Selleriesülze mit Polenta

    Miesmuscheln mit Morcheln

    Rinds-Risotto alla Bavarese

    Zu Gericht sitzen – Schmausen und schlemmen

    Dinesh Bauer

    Zum Autor

    Impressum

    Weitere E-Books aus dem Haymon Verlag

    „Was ist der Unterschied zwischen Adler und Hirsch? Der Adler hat am Dienstag Ruhetag!" (Schorsch Wammetsberger)

    „Wir wissen erst, was wir suchen, wenn wir es finden." (Korbinian Eyrainer)

    „Dieser Krimi ist eine Liebeserklärung an die bairische Sprache."

    (Dinesh Bauer)

    „Im schönen Isartal, schallt muntrer Büchsnknall, in Tölz, da is a Schiaßats heut, des gfreit uns allamal. Drum greifts den Stutzn o, wer zieln und treffa ko, mit frischn Muat, an Strauß am Huat, so liabts des Schütznbluat. Zuerst geht auf Post man nei und feucht’ si d’ Gurgl ei, du glaubst mas net, wia schneidi macht a so a Glasl Wein, dann richt ma si halt z’samm, nimmt alls was ma muaß habn, und fertig is, als wiar im Flug, da schönste Schütznzug."

    (Tölzer Schützenmarsch, Anton Krettner)

    „So bleib i halt da, reibs Zündbuiva o, / dass ’s Büchsal an Blitz wega geht, / in da Fruah steh i auf, nachad is nu net aus, / und nimm aufn Gamsberg mein Weg. / Und d’ Sunn is aufganga, weis Weda is schee, / da siag i zwoa Gamsal im Gwand dromat steh, / da schiaß i glei aufi, dass Büchsal hat knallt / und ’s Gamsal zu mir aba fallt."

    (Bin a lebfrischer Schütz, Volkslied aus dem Rupertigau)

    Die handelnden Personen

    GEORG „SCHORSCH" WAMMETSBERGER, Polizeihauptmeister, Dorfsheriff von Bad Brennbruck

    ELFRIEDE „ELFI" WAMMETSBERGER, seine Gemahlin

    IGNAZ IRGL, Polizeihauptmeister, Wammetsbergers engster Spezl

    FRANZ XAVER „XARRE GSCHWANDTNER, Polizeiobermeister, Wammetsbergers „Hilfssheriff

    LEO „CHE" WILDBICHLER, Wilderer-Spross und Anführer einer Truppe Gamsbart-Guerilleros

    RUDI RAUSCHMAIER, Security-Spezialist, in zwielichtige Geschäfte verstrickt

    KORBINIAN EYRAINER, Hauptkommissar der Kripo Grenzberg

    LEONHARD „HARTL" HARTHOFER, Kriminalobermeister, Eyrainers Sorgenkind

    REGINE „STÖCKI" STÖCKEL, Teamassistentin bei der Kripo Grenzberg

    ALBERT „BERTL" LEHNLEITNER, Kommissar, ­Eyrainers Stellvertreter

    SABINE PRÖLL, Majorin im österreichischen Amt für Terrorabwehr

    ORTFRIED ORTERER, Leiter der Spurensicherung, der Gnom ist der Größte

    NORBERT SCHREIBER, Polizeipräsident in Grenzberg, will Karriere machen

    BRANKO LUCIC, kroatischer Spezialermittler, bekämpft das internationale Verbrechen

    ANIAN GRUBER, Chef-Reporter beim Regionalsender, Eyrainers Schulfreund wittert eine Story

    ANDREAS FORCHER, Tiroler Polizist, stirbt eines unerwarteten Todes

    OSWALD „OSSI" STUFLESSER, Forchers Cousin, zwielichtiger Waffen- und Menschenhändler

    TONI PLETSCHACHER & SIEGFRIED UNFRIED, zwei Trucker, die verwechselt werden

    FÖRSTER FRANZL, ein Förster sieht rot

    BRUNO, ein junger Bär auf Abwegen

    Bärlauch-Baguette

    Bruno suchte nach einer neuen Heimat. Deswegen war er heimlich ins Bayernland eingewandert. Er hatte die grüne Grenze illegal überquert – gültige Papiere besaß er keine, weder Pass noch Visum. Wie auch? Hatte er sich doch bei Nacht und Nebel auf den Weg ins Ungewisse gemacht. Bruno träumte von einem gelobten Land, in dem Milch und Honig flossen. Ein Land, in dem er ein eigenes Revier und – früher oder später – ein treusorgendes Weibchen fand. Bruno war noch jung, ja er ging gerade noch so als Teenager durch. Mit seinen fünf Lenzen war er voll unbändigem Tatendrang. Er hätte Mammutbäume ausreißen mögen. Nicht im Traum hätte Bruno daran gedacht, irgendwo Asyl zu beantragen und sich ans Gängelband nehmen zu lassen. Er liebte seine Freiheit, die Berge und Wälder über alles. Und er pfiff auf hehre Ideale, Ideologien und Religionen. Solch windige Gestalten wie Mohammed, Moses oder Jesus wären ihm suspekt gewesen, wenn er denn von ihnen jemals ein Sterbenswörtchen gehört hätte. Und Gott? Nun, keiner seiner Artgenossen hatte den Leibhaftigen bislang gesehen, insofern konnte er Bruno auch am dick bepelzten Arsch vorbeigehen. Bruno lebte im Diesseits, lebte hier und jetzt. Und hier und jetzt hatte er ein Problem: Er hatte einen Bärenhunger und schob einen tierischen Kohldampf. Obendrein brauste ein schneidend kalter Wind von den schneebedeckten Bergen herab. Die Kälte an sich ließ ihn in seinem warmen Winterfell kalt. Doch ein hungriger Bär war gereizt, übellaunig und verfroren. Morgens hatte er auf ein opulentes Frühstück verzichten müssen. Das war nicht gut! So hatte er sich grummelnd und mit leerem Bauch auf den Weg gemacht. Seine Laune war dementsprechend nicht die beste. Die dicke Bärenzunge klebte am Gaumen. Und im Magen rumorte es heftig. Bruno war ausgehungert wie ein einsamer Wolf auf erfolglosem Raubzug. Zugegeben, der Vergleich hinkte. Ein Braunbär wie er war ein ganz anderes Kaliber als dieses graufellige Gesindel, diese räudigen Heulsusen, die sich nur im Rudel auf die Beute stürzten. Doch die Wölfe waren nicht sein Problem. Bruno entdeckte trotz intensiven Geschnüffels kaum Fährten, keine stark frequentierten Wildwechsel. Das Angebot an Wildbret in dieser Gegend war dürftig, abgesehen von ein paar mickrigen Rehen und Gämsen schien es wenig Auswahl zu geben. Bruno machte sich ernsthafte Sorgen über seine Zukunft. Und das tat er selten.

    Er trottete über einen kahlen, windzerzausten Bergkamm und wälzte sich mit gehöriger Wut im Bauch durchs Dickicht. Im Tal unter ihm erstreckte sich ein weitläufiges Waldgebiet. Da sollten die Tische doch reicher gedeckt sein, dachte sich Bruno. Mit einem Satz hüpfte er über einen munter sprudelnden Bergbach und folgte dessen von Felsblöcken gesäumten Lauf talwärts. Bruno war kein Luchs und sah nicht besonders gut, seine anderen Sinne waren dafür umso schärfer. Just in diesem Moment stieg ihm der unverwechselbare Duft lebenden Lamms zu Kopf. Sein klobiges Riechorgan hatte Witterung aufgenommen. Auf sein feines Näschen war Verlass – und sein Geruchssinn führte ihn auch diesmal unfehlbar ans Ziel. Die Schafkoppel war eingezäunt, die friedlich grasenden Mähmaschinen wurden ihm auf dem Silbertablett präsentiert. Bruno hatte schon gehört, dass die Bauern ihre Schafe, Ziegen und Kälber einpferchten. Ein netter Zug der Zweibeiner, dachte Bruno. So machte man es einem Bären leicht. Ja, im Vergleich zur Jagd in freier Wildbahn waren dies hier paradiesische Zustände. Doch Mama Petz hatte ihren Buben inständig gewarnt, die ungelenken Wesen auf zwei Beinen zu unterschätzen! Mama wusste um ihre Macht, ihre Donnerstöcke spuckten Feuer und Rauch und fällten im Nullkommanix den tapfersten Bären! Ja, die Zweibeiner brachten den Tod. Folglich war Bruno auf der Hut. Er hielt seine Nase in den Wind – doch es lagen keine Partikel menschlichen Odeurs in der Luft. Bruno zögerte nicht länger. Mit vollem Körpereinsatz durchbrach er die Umzäunung und hätte sich dabei beinah in dem dünnen, elektrisch geladenen Draht verheddert. Ein Stromschlag durchzuckte ihn, sodass er wie ein unter Arthritis leidender Tanzbär hüftsteif herumhüpfte. Hätte seine Ma ihn „in Aktion erlebt, hätte sie ihn gewiss einen „depperten Tollpatsch gescholten. Doch seine Ma war weit, und die fetten Schäflein nun ganz nah. Als die Wollknäuel den scharfen Raubtiergeruch Brunos wahrnahmen, geriet die Herde in wilde Panik. Mit markerschütternden „Mäh"-Rufen scharten sich die Lämmchen und Jungschafe um das vollwollige Chefschaf. Dann suchten die ersten Schäflein ihr Heil in der Flucht! Nun, das war ihr gutes Recht, dachte Bruno. Doch sie würden ihrem Schicksal nicht entrinnen. In ihm waren die uralten Instinkte des Jägers erwacht – und er ließ der Beute keine Chance. Er trieb die hysterisch blökende Herde vor sich her und pickte sich ein besonders gut im Futter liegendes Mutterschaf heraus. Ein Bär mit knurrendem Magen kannte weder Gnade noch Barmherzigkeit. Er hieb die scharfen Krallen seiner Monstertatze ins Fleisch seiner Beute und zerriss das Tier vor lauter Heißhunger förmlich. Binnen Sekunden hatte es sich ausgemäht – und kurz darauf war nur noch ein Gerippe aus Knochen und Sehnen übrig, an dem ein paar flauschige Wollfetzen hingen. Die Tischmanieren eines heranwachsenden, hungrigen Karnivoren waren zweifellos nicht die feinsten. Doch Bruno war durchaus ein kleiner Gourmet: Die Innereien des Schafs waren für einen Bären ein lukullischer Leckerbissen sondergleichen. Deswegen sparte er sich Leber, Lüngerl und Nierchen bis zum Schluss auf.

    Nach dem köstlichen Schafschmaus tat Bruno das, was alle Bären nach einem solchen Festmahl taten. Er suchte sich ein lauschiges Plätzchen im Grünen. Vom Himmel blinzelte die Mittagssonne und brannte wohlig warm auf seinen Pelz. Kaum hatte er die moosige Mulde zwischen hohen Tannen erspäht, lag er auch schon darin und schlief so tief und fest, wie nur ein vollgefressener Bär schlafen konnte. Bruno träumte von Luzi, seiner Mama, und seinem Schwesterchen Bruni. Wo sie jetzt wohl gerade herumtollten? Oder lagen sie faul auf ihrer Bärenhaut? Plünderten sie einen Bienenstock? Schleckten sie sich alle fünf Krallen nach Blütenhonig ab? Oder gab es wieder mal Ärger mit Lumpetz, dem brummigen Gesellen, der sein Erzeuger war? Bruno war etwas weh in der Brust. Doch Heimweh? Nein! Ein Bär war ein geborener Einzelgänger, dem das Wandern im Blut lag. Jungspunde wie er gingen auf die Walz, um ferne Gegenden zu erkunden und in neue Reviere vorzustoßen. Und Bruno alias MJ 12 war auf seiner Wanderschaft schon weit herumgekommen. Eine Genanalyse hätte gezeigt, dass er einem altehrwürdigen Braunbärengeschlecht entstammte. Seine Vorfahren waren vor drei oder vier Generationen nordwärts nach Kärnten und weiter in die Tauern gezogen. Nun trieb sich der Djuro-Clan, denn Djuro, dieser umtriebige Grenzgänger mit Balkanblut war ihrer aller Stammvater, schon seit geraumer Zeit in den Bergregionen im Herzen der Ostalpen herum. Vor vier Sommern hatte schließlich Bruno das Licht der Berge erblickt. Er war zu einem stattlichen Jungbären herangewachsen, der, wenn er sich zu seiner vollen Größe aufrichtete, ein Meter sechzig maß und an die 160 Kilo Lebendgewicht auf die Waage brachte. Prompt hatte es Stress mit den zwei anderen männlichen Bären in der Gegend, allen voran mit Papa Lumpetz, gegeben. Sein Vater war ein bärenstarker und mit allen Wassern gewaschener Radaubruder, der für Monate verschwand, aber keinen halbstarken Rabauken als Nebenbuhler in seinem angestammten Revier duldete. Noch dazu, wenn es sich um seinen eigenen Sprössling handelte. Und gegen Lumpetz kam Bruno nicht an. Da hatte er lieber das Weite gesucht und sich auf den langen, beschwerlichen Weg über Berge und Täler gemacht, um sein Shangri-La zu finden.

    Als Bruno erwachte, tat er dies mit dem zufriedenen Lächeln eines Buddha-Bären. Frohen Mutes machte er sich auf, diese gesegnete Gegend zu erkunden. Es hatte fast den Anschein, dass sein Ahnherr Djuro hoch oben in den Schäfchenwolken über ihn wachte – und ihn auf unerklärliche Weise ins Schlaraffenland gelotst hatte. Ein Land, in dem die Tische der Natur reichlich gedeckt waren und kein Bär je Hunger leiden musste. Durch das frühlingsgrüne Blattwerk glitzerte munter sprudelndes Gebirgswasser in der Sonne. Mit seinen Pranken schob sich Bruno durch Stauden und Sträucher und fand sich im Paradies wieder: zwei Bäche, die an dieser Stelle zusammenflossen und mit vereinten Kräften durch Kies- und Schotterbänke mäanderten. Dies musste das Land der Verheißung sein: In dem kristallklaren Wasser tummelten sich Dutzende Forellen, Flosse an Flosse. Bei dem Anblick lief jedem Grizzly-Gourmet das Wasser im Munde zusammen, solch einer Versuchung konnte niemand, geschweige denn Bruno widerstehen. Eigentlich war Bruno satt, so satt wie seine Anverwandten in den Rockies nach einem ausgedehnten Lachs-Lunch. Doch wer wusste zu sagen, wie lange eine solche Glückssträhne währte? Ob nicht in Bälde Milch und Honig versiegten? Er fand ein geeignetes Plätzchen an den sprudelnden, strudelnden Stromschnellen und schlug zu. Kurz und erbarmungslos. Petrus war seinem Jünger wohlgesonnen: In Windeseile fischte er fünf stattliche „Fischlein" aus den glasklaren Bächlein und verputzte sie mit Haut und Gräten.

    Bruno schnaufte, ja er pfiff aus dem letzten Lungenloch. Schwerfällig stapfte er bergan, kämpfte sich auf allen vieren den Hang hinauf. Die letzte Forelle hätte er schwimmen lassen sollen. Nun hatte er den Salat. Sein aufgeblähter Bauch wölbte sich wie die Dauben eines Bierfasses nach außen. Die nahrhafte Kost lag ihm wie Blei im Magen. Und das Rumoren in den Gedärmen ließ nicht nach. Es klang, als ob eine Gerölllawine nach der anderen zu Tal rumste und rumpelte. Faulige Gase entwichen unter gewaltigem Gelärm den verschlungenen Windungen seines Darms. Der Furz war so laut, dass Bruno erschrak. Es dröhnte gewaltig – und er befürchtete schon, dass hier irgendwo ein Zweibeiner mit seinem Donnerstock zu Gange war. Nie wieder, schwor er bei seinem Ahnen Djuro, würde er sich zu solch unmäßiger Völlerei hinreißen lassen! Ein ums andere Mal verschwand Bruno eilig im Gebüsch, um sich Erleichterung zu verschaffen. Dementsprechend schleppend kam er voran. Wie die Inkarnation von Yogi-Bär trottete er über einen dicht bewaldeten Hügelkamm. Es dämmerte bereits, und noch immer hatte er kein passendes Plätzchen für ein Nachtlager erspäht. Vor ihm lag nun felsiges Gelände. Irgendwo musste hier doch eine Höhle oder Felsenkluft zu finden sein, sodass er endlich alle viere von sich strecken und sich von den Strapazen der Jagd ausruhen konnte. Als er die rund zehn Meter hohe, von dunklen Klüften und Spalten durchzogene Felskante vor sich aufsteigen sah, wähnte er sich schon am Ziel. Doch Brunos Instinkt sagte ihm, dass hier irgendetwas nicht stimmte. Es lag eine unerklärliche Spannung in der Luft. Über ihn sirrten die Drähte einer Hochspannungsleitung, die just an dieser Stelle den Bergrücken zwischen zwei Tälern querte und sich in einer breiten, von Büschen bewucherten Schneise den Hang hinabzog. Zwischen hohen Stahlfachwerkmasten spannte sich ein Spinnennetz aus Stromkabeln. Nein, dies war kein guter Platz, um die Nacht zu verbringen. Nichts wie weg – und den Hang runter! Er wollte sich eben seitwärts in die Büsche schlagen, als er noch ein ganzes Stück weit entfernt trockenes Geäst unter schweren, hastigen Tritten knirschen und knacken hörte. Bruno reckte seine hellbraune Schnauze in den Wind – und ja, da vor ihm im Wald waren Menschen. Ein ganzes Rudel trabte auf ihn zu. So leise und vorsichtig es seine Körperfülle erlaubte, verdrückte sich Bruno schleunigst ins Unterholz. Menschliche Stimmen drangen an sein scharfes Gehör. Erst halblautes Gebelfer, dann Schreie, die so klangen wie das wütende Gekeife eines Dompteurs in der Manege. Brunos feines Näschen konnte mindestens zwei Gruppen von Zweibeinern ausmachen, besser gesagt eine lange Kolonne von Menschen, die sich unaufhaltsam auf eine Schar im Dämmerlicht lauernder Gesellen zubewegte. Dies konnte für einen Bären nur eines bedeuten: Ärger. Da trollte man sich besser schleunigst. Bruno machte sich auf leisen Sohlen aus dem Staub und wandte sich dahin, wo der Wald am dichtesten und die Gefahr einer Entdeckung am geringsten war. Als ob es einer Bestätigung bedurfte, dass dies hier ein Ort der Furcht und der Finsternis war, hallte ein lauter Knall von den Felsen über ihm wider. Donnerstöcke, schoss es Bruno durch den Kopf, und der Schreck fuhr ihm jäh in die Glieder.

    Gams Goreng

    Finster war’s, der Mond schien helle, schneebedeckt die grüne Flur. Schorsch musste grinsen. Wieso fiel ihm gerade jetzt dieses saublöde Verserl ein? Die Nacht war so stockfinster nicht, und der Mond schimmerte silbern durch die bauschigen Wattewölkchen. Auch der Abendstern, vulgo Venus, flackerte am fernen Firmament. Der Planet schien nicht größer als ein Stecknadelkopf im Sternhaufen zu sein. Was natürlich an den astronomischen Entfernungen zwischen dem Beobachter und dem Himmelsobjekt lag. Schorsch Wammetsberger interessierte sich nur peripher für den Sternenhimmel. Er gehörte auch nicht zu jenen spekulativ veranlagten Naturen, die sich den Kopf über astrophysikalische oder andere jenseitige Phänomene zerbrachen. Wammetsberger hielt sich an die greifbaren Dinge des Lebens: den matt glänzenden Karabiner 98 in seiner Rechten, den Flachmann in der Tasche seiner Loden-Joppe. Die Nacht versprach noch lang zu werden. Und ein Schnapserl wärmte die Glieder, wenn sich weder Hirsch noch Hase zeigen wollten. Wer zum Jagern ging, musste sich mit Geduld wappnen. Dabei galt das Rotmoos als Hotspot. Das weitläufige Waldgebiet diesseits und jenseits der grünen Grenze zwischen Bayern und Tirol war bekannt für seinen reichen Wildbestand. Hier hüpfte das Reh, hier röhrte der Hirsch, hier grunzte die Sau. Der Jagdpächter war ein Tiroler, ein „Schluchtenscheißer also – und hatte nicht die blasseste Ahnung, dass Schorsch und seine „getreuen Kumpane Franz Xaver Gschwandtner und Ignaz Irgl in seinem Revier wilderten. Ohne den hierfür nötigen Jagderlaubnisschein – und mit Ruß geschwärzten Gesichtern. Nach einer hitzigen Diskussion hatte das Trio den Entschluss gefasst, sich am rechten, etwas erhöht liegenden Rand einer breiten Schneise zu postieren. Durch diese verlief die 110-Kilovolt-Hochspannungsleitung vom Kraftwerk Walchsee zum Umspannwerk Niedernach. Sie hatten im Abstand von jeweils 150 Metern voneinander Stellung bezogen und eine klassische „Schützenkette gebildet. So deckten sie ein möglichst großes Schussfeld ab, um das die Schneise querende Rotwild vor die Flinte zu bekommen. Schorsch hatte es sich auf einem Baumstumpf bequem gemacht, der Stutzen lag schussbereit neben ihm, die von weißlichem Mondlicht beschienene Schneise unter ihm. Von links tönte die ihm wohlbekannte Stimme Gschwandtners aus dem dunklen Tann: „Leute, lang dauert’s nimmer. Es riecht nach Reh! Das Mondlicht lockt die Viecherl aus dem Gehölz … Mit etwas Massel serviert uns Sankt Hubertus einen Zwölfender auf’m Präsentierteller! Schorsch konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass sich der heilige Hubertus um das Jagdglück der drei Weidmänner unten am Rotmoos bekümmerte. Den Heiligen im Himmel war es scheißegal, ob sie einen kapitalen Bock schossen oder daneben. Schorsch war zwar ein treffsicherer Schütze, aber die unschuldigen Tierchen taten ihm irgendwie leid. Auch wenn er ein Hirschgulasch durchaus schätzte. Insbesondere, wenn seine Frau Elfriede es mit feinen Kräutern würzte und mit essigsauren Essenzen verfeinerte. Der Dritte im Bunde brannte indes vor Ehrgeiz, den vorwitzigen Vierbeinern eine Kugel auf den Pelz zu brennen. Ignaz Irgl mahnte daher seine Jagdgenossen zur Ruhe: „Halt gefälligst deine vorlaute Goschen, Xaver, sonst sehen wir nur die Aschbacken einer Wildsau. Düster tönte es aus dem Unterholz. „Und passts mir ja auf, dass ihr nicht gleich wie wild drauflosballert, bloß weil sich irgendwo ein schemenhafter Umriss zeigt oder es im Gebüsch raschelt. Warten! Erst wenn ihr den Bock im Zielfernrohr habts, wird geschossen, habts mich! Wenn es um ihr Jagdglück ging, verstand Irgl keinen Spaß.

    Warten auf Godot, respektive Gams & Co. Schorsch konnte warten. Wenn es sein musste, bis zum jüngsten Tag. Dank seiner barocken, gut gepolsterten Figur verfügte er über ein ausgeprägtes Sitzfleisch. Dies war auf der Pirsch von unschätzbarem Vorteil. Ein Jäger brauchte drei Dinge: Geduld, Geduld und noch einmal Geduld. Im ruhigen Strom der Zeit zu versinken, alles auf ein Ziel zu fokussieren und die sieben Sinne zu schärfen, war für Schorsch ein Akt der Kontemplation. Wammetsberger hatte gelernt, die Natur der Dinge zu erkennen, ihr Wesen zu verstehen und so Teil von ihr zu werden. Er hatte einen Lehrmeister gehabt, wie man ihn sich nur wünschen konnte: seinen Großvater. Der alte Graspointner war ein echter Naturbursch gewesen. Und Schorsch sein Liebling. Kaum, dass der Dreikäsehoch hatte laufen können, hatte ihn der Opa trotz der Proteste der Oma mit hinauf in die Berge geschleift. Mit stoischer Gemütsruhe hatte er seinem Enkel, dem kleinen Schorsch, jedes noch so kleine Teilchen im Räderwerk des Lebens gezeigt, jedes grün glänzende Blättchen, jedes durch die Lüfte schwirrende Insekt, jeden am Boden herumkrabbelnden Käfer – und ihn so in die großen und kleinen Geheimnisse der Natur eingeweiht. Es gab für ihn nichts Schöneres als draußen zu sein und sich den Föhnwind um die Nase wehen zu lassen. Die frische Bergluft machte Schorsch indes hungrig. Wie gut, dass seine Elfriede den Jägerrucksack aus Beständen der Bundeswehr mit ausreichend Proviant bestückt hatte. Schließlich sollte ihr Spatzl auf der Alpen-Safari nicht am Hungertuch nagen.

    Wie ein ausgehungerter Grizzlybär verschlang Schorsch einige Spezial-Sandwiches, die mit Bergkäse, Schwarzgeräuchertem, Kantsalami, rohem Speck und Gurkenscheibchen belegt waren. Wurst, Käse & Co. machten durstig. Gottlob hatte Wammetsberger vorgesorgt und sich für die strapaziöse Gams-Tour mit einer ganzen Palette flüssiger Kampfstoffe eingedeckt. Mit versonnenen, ja liebevollen Blicken begutachtete er das Etikett auf der bauchigen Flasche: Die Hopfendolde war von einem Lorbeerkranz umflochten. Eine allegorische Anspielung auf die exzeptionelle Ausnahmestellung, der zum weiß-blauen Himmel emporrankenden Kletterpflanze. Denn ohne Hopfen kein Bier. In einem Zierrahmen verschnörkelten sich die Buchstaben zu einer Frakturschrift nach altbajuwarischer Art: „Bräuberger Vigili-Bock – gebraut nach dem bayerischen Reinheitsgebot von anno 1516. Bodenständig, echt, süffig." Das klang vielversprechend. Mit einem routinierten Handgriff hebelte Schorsch den Kronkorken von der Flasche. Er ließ das hopfenhaltige Elixier die Gurgel hinabrinnen und wischte sich anschließend mit seinen Pranken den Schaum vom Mund. Schorsch fühlte sich rundum wohl. Der Baumstumpf war zwar kein samtenes Ruhekissen, doch auf seinen airbagähnlichen Arschbacken saß es sich durchaus bequem. Selig wie ein Neugeborenes nuckelte er an seinem Flascherl und grunzte wie ein Keiler in der Kuhle zufrieden vor sich hin. Oben am Berg lag einem die Welt zu Füßen. Hier oben fühlte man sich wie ein König, den irdischen Fährnissen und Beschwernissen entrückt. Wie dereinst der gute Kini Ludwig gebot man hier oben in unumschränkter Majestät über ein Märchenreich in den Wolken. Was konnte es Schöneres geben als frei von Pflichten und Geboten zu sein? Durch die Wälder zu pirschen und wie die Vorfahren den dort lauernden Gefahren mit kühlem, unerschrockenem Blick ins Auge zu sehen? Schorsch wurde warm ums Herz. Ihn ergriff eine freudige, erwartungsvolle Erregung.

    In solch verzauberten Momenten war er rundum glücklich. Es war einer dieser Augenblicke, in denen man blitzartig zu tiefen Einsichten ins Wesen der Welt gelangte und die inneren Zusammenhänge begriff, in denen sich die losen Stränge zu einem großen, genetischen Ganzen verschlangen und einem das Blut in den Schläfen pulsierte. Es war wie Magie. Ja, man wähnte sich Gott nah. Schorsch sah sich selbst als Glied einer langen Kette von Waldläufern und Wilderern. Ein mystisches Band verband ihn mit der ihn umgebenden Natur. Eine Natur, die den Menschen in den Städten als grausam und unerbittlich erscheinen mochte, aber nur der inneren Logik des Lebens folgte. Und von einer überwältigenden, ätherischen Schönheit und Erhabenheit war. Jedes Geschöpf, ob klein oder groß, war Teil des Ganzen, eines riesigen, ineinander vielfach verwobenen Netzes. Schorsch dachte mit Wehmut und einer Träne im Herzen an seinen Opa: Der alte Graspointner war ein Weiser, auf seine Art ein Schamane gewesen! Er hatte ihm gelehrt, allen Dingen der Schöpfung mit Respekt und Ehrfurcht zu begegnen. Und wenn er auch nach außen den starken Mann und ungehobelten Lackel herauskehrte, so war Schorsch doch im tiefsten Herzen ein Romantiker und Rebell. Er verabscheute die „Waidmänner", die blindwütig und mit Mordlust im Blick um sich schossen und nach Trophäen gierten. In den archaischen Zeiten, als die Jagd lebensnotwendig für die Steinzeit-Clans gewesen war, da war das Erlegen der Beute

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