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Geflüchtete - verschärfen Unschärfen: Rechtsethnologische Betrachtung
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eBook393 Seiten4 Stunden

Geflüchtete - verschärfen Unschärfen: Rechtsethnologische Betrachtung

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Über dieses E-Book

Soziale, wirtschaftliche und politische Konsequenzen erfahren zwei junge Geflüchtete aus der DARS (Westsahara). Sie sind in Berlin als Friedensrichter und Sharia-Polizisten unterwegs. Die beiden scheiterten zunächst mit Start-ups, waren dann aber erfolgreich, nachdem ihnen unter dramatischen Umständen die Flucht aus Syrien über Lesbos und die Balkanroute gelungen war. Mit Islamischer-Finanzhilfe, der KT-Islamischen Bank begannen sie einen Neustart. Hier wird deutlich, dass Islamische Kultur und Geldwirtschaft positive Verstärkung der Wirtschaft bewirkt. Natürlich ist darüber zu streiten, ob Ehren-Morde, Zwangsheirat, Kopftuch-Zwang und Gewalt gegenüber Frauen von der islamischen Gerichtsbarkeit zu rechtfertigen ist. Friedensrichter, in der Tradition von Schlichtung, sind Schlüssel­figuren der Paralleljustiz, sie hebeln deutsches Rechtssystem aus. Neue Strömungen in Deutschland bringen ein ungutes Gefühl, dass weitere Jobs, wie bei der DB wegfallen und bei Vielen eine Unsicherheit schlummert. Die Menschen haben Angst auch vor dem "überbordenden Establishment." Auslösende Umbrüche bestehen in der Öffentlichkeit für weltumspannende Arbeits- und Wirtschaftsstrukturen. Das Denken in Netzwerken dominiert seit dem rasanten Einzug der PC-Technologien/Roboter, Crowdsourcing, die "Weisheit der Vielen", Re-Mixing und Co-Creation sind keine Zauberwörter, die den "Paradigmenwechsel über die Geflüchteten" eingeläutet haben.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum19. Juli 2017
ISBN9783744880190
Geflüchtete - verschärfen Unschärfen: Rechtsethnologische Betrachtung
Autor

Peter Heinrich Kemp

Peter H. Kemp, 64 Jahre alt, aus Meisenheim/Glan, Rheinland-Pfalz, Retuscheur, Chemiker & Geograph lebt in Berlin, leitet den Wissenschaftlich-Technischen Dienst für Umwelt- & Katastrophenschutz im Landeskriminalamt Berlin, ist Mitglied im Berliner Arbeitskreis für Sicherheitsmanagement. Bereits seit den 70er Jahren ist er im Bereich Bodenstabilisierung in Afrika und Asien als Gutachter tätig. Als Reise und Exkursionsleiter führte er versch. Gruppen durch die Sahara und den westlichen Himalaja. Als Consultant betreut er meteorologische, sozioökonomische und ökologische Projekte in den nepalesischen Midlands. Auch in heimatlichen Gefilden kennt er sich aus. Buchveröffentlichungen: (Ed.) The Changing Himalayan Landscape in West Nepal, Berlin 1984; Meisenheimer Jugend, Eindrücke aus Saar-Lor-Lux & Süd-Europa, Hamburg 2000.

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    Buchvorschau

    Geflüchtete - verschärfen Unschärfen - Peter Heinrich Kemp

    ūm Fātima 'Ibrāhīm as-Sayyid al-Baltağī zu. Schließlich stand Bismillah, „Im Namen Allahs, im Raum. Das Wort setzt sich zusammen aus arabisch „Lah, das bedeutet „Gott, „Ism bedeutet „Name und die Präposition „Bi bedeutet „im oder auch „bei. Mit in der Runde waren Tommer und Freunde aus Tivon (Tel Aviv, Israel) sowie die Lehrerinnen Anie und Asmas, aus dem Gymnasium in Rabat (Marokko), sowie Farid und Jusouff, Scharia-Polizisten und Friedensrichter (DARS, Westsahara). Berlin, 2017.

    Inhaltsverzeichnis

    Vorwort

    Chaos der Kulturen

    Muslime wollen auch in Deutschland leben

    II. 1. Stabilität im arabischen Land ist wichtig

    II.2. Facebook ist Primärquelle

    II.3. Sunniten gegen Schiiten und umgekehrt

    II.4. Iran gewinnt an Zuspruch

    II.5. ISIS hat Rückhalt bei Menschen ohne Hoffnung

    II.6. Viele Araber bleiben in Deutschland

    II.7. Türkischer Putsch beeinflusst Leben

    Mutbürger und Scharia-Polizei

    III.1. Start-ups

    III.2. Ideen

    Rechtsethnologisches Aufeinandertreffen

    IV.1 Christen und Muslime stehen über GG nach Pollack

    IV.2. Islam und Gewalt

    IV.3. Christlich-Römisches Recht

    IV.4. Islam und Christen – Context

    IV.4.1. Traditionelles Islamisches Recht

    IV.4.2. Fortentwicklung in der Scharia

    IV.4.3. The Islamic Law of Personal Status

    IV.5. Gerichtsverhandlung in Berlin Moabit

    IV.5.1. Jugendrichterin Kirsten Heisig

    IV.5.2. „Versäulung"

    IV.5.3. Klare Worte, offene Fragen

    Geldgeschäfte

    V.1. Islamische Geldgeschäfte

    V.II. Geldvernichtung

    Speisen

    VI.1. Islamische Speisevorschriften

    VI.2. Kochen für Muslime

    VI.3. Wir essen Mezes

    Integrationswillig?

    Leak ist Pop

    Maria – Madonna – Imprinting

    Kopftuch und Burkini und männliche Sitzordnung

    Missbrauch

    Geistesblitze

    XII.1. Catuskoti

    XII.2. Social bonds

    XII.3. Transformation

    XII.4. Verarbeitung und Wiedererkennen

    XII.5. Blumenfelder zu Hanffeldern

    Transzendenz

    X.III.1. Nächstenliebe und Evolution

    X.III. 2. Mitreißen und Gegenteil

    Ver-Merkelisierung

    XIV.1. Beliebt, aber verboten

    XIV.2. Erst Ivy League – dann Hartz IV

    XIV.3. Westsahara (Sahara Marocain)

    XIV.4. Sidi Moumen/eine Kloake vor Casablanca

    Mikrokosmos

    Power of Openness

    Anmerkungen

    Literaturverzeichnis

    Danksagung

    Vorwort

    Nach dem Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin schlug nicht die Stunde martialischer Paniker oder pathetischer Apokalyptiker, denn das wäre vermutlich der Triumph der Terroristen gewesen. Und es würden jetzt überall Furcht und Schrecken herrschen. Es wäre ein doppelter Erfolg des Verbrechens. Trotzdem fragen sich viele Menschen, warum ein der Polizei bekannter Islamist sich frei durch das Land bewegen konnte, sogar mit einer Waffe mehrere Grenzen passierte, dann in Italien einer erstbesten Polizeistreife auffiel und erschossen werden konnte. Als Konsequenz des Terroranschlags in Berlin ist zu fordern, Schwachstellen im Asyl- und Ausländerrecht zu beseitigen. Politiker sprachen sich dafür aus, als Gefährder¹ eingestufte Asylbewerber ohne Bleibeperspektive schneller abzuschieben in das Herkunftsland. (Nur, Amri hatte keine gültigen Papiere aus seinem Heimatland Tunesien dabei, die waren bei seinen Eltern deponiert).

    Aber es gibt auch gute Zeichen in diesen Tagen, wenn unsere Gesellschaft wie jetzt die der Berliner Bürgerinnen und Bürger trotz aller Trauer ganz überwiegend mit Besonnenheit und ohne Verzagen auf den Anschlag mit Toten und Verletzten reagierten. In der gewiss ruppigen Stadt hat sich das im Grunde lächelnde Gesicht nicht zur Grimasse verzerrt. Mit anteilnehmender Rückhaltung reagierte die Stadt mit Empathie statt Hysterie: sich das Leben und die Lebensfreude nicht durch Todesboten verderben zu lassen. Eine Stadt wie Berlin kann das auch. Sie ist nicht nur Partyhauptstadt, sondern sie ist als leidgeprüfte und leidgereifte Stadt des Überlebens in ihrer geschichtlichen Verletzung stark. Berlin erfuhr durch Krieg massive Zerstörung wie Syriens Aleppo und durch bedrohende Einschnürung sowie Teilung sehr viel Leid. Deshalb atmet Berlin, buntestes Schaufenster zur Welt, über alle politischen oder bürokratischen Unzulänglichkeiten von Bürgerämtern hinweggesehen, einen gewissen Freigeist aus – der Geflüchtete(n) und Mehrheitsgesellschaft erfreut und gleichermaßen schockt. Aber, das gehört zum „Gesellschaftlichen Verständnis"² und auch zum Leben und Arbeiten in der „Berliner Luft".³

    Rechtsethnologisch(er) Tenor (Rechtsethnologie/ Rechtsanthropologie) bleibt derselbe: Wer hierherkommt und bleiben will, der muss „Werden, „Wandel und „Gestaltung seines Lebens, nachdem „er/sie den Anfangsschock überwunden hat, sich an geltende Regeln und Gepflogenheiten halten und das Asylrecht von „Ungläubigen" nicht missbrauchen. Die prekäre Situation⁴ der Geflüchteten, die aus patriarchalischen Gesellschaftstrukturen entwachsen und geprägt sind, erschüttern das Bekanntgewordene, auf dem das Kalifat errichtet wurde. Die Terroristen haben vermutlich Interesse daran, den Strom von Geflüchteten zu stören, Europa dazu zu drängen, Vollends den Kontrollverlust an seinen Grenzen und im Innern zu verlieren.

    Als Schutzsuchende sollten Geflüchtete diesen Schutz zu schätzen wissen, statt im Gegenteil andere zu bedrohen. Ansonsten könnten Bürger der Aufnahmeländer sich zu fragen beginnen, warum sie den Großmut aufbringen sollten, Geflüchtete willkommen zu heißen, die ihr Leben bedrohen.

    Integration verstand der Innenminister und das BKA nicht als völlige Assimilation. So, wie sie wohl die meisten in der Bevölkerung verstehen. Gemessen daran war der Auftritt der Politiker auf dem Zukunftskongress „Migration und Integration" in Berlin geradezu revolutionär, denn sie machten deutlich, dass Integration keine Einbahnstraße ist, sondern Anpassung, ja sogar Veränderungswillen bei den Gastgebern und in der Mehrheitsgesellschaft voraussetzt.⁵ Für solche Personen kommt das einem Perspektivwechsel gleich. Wir müssen lernen, uns Unvorstellbares begreifbar zu machen angesichts der Terrorgefahr: Und auf eine bessere Koordinierung übergeordneter Steuerungseinheiten hinwirken. Mit Niedergang des ISIS⁶ in Syrien und dem Irak ist hierzulande mit metamorphosen, hybriden Gewaltvorstellungen zu rechnen, die vermutlich schlimmer sein werden als bisher. In Erinnerung: Die Spirale der Gewalt nahm stetig zu. Die PLO in Israel hat in den Siebzigern Feuerwaffen benutzt, die IRA in Irland und GB Bomben, die japanische Aum-Sekte Sarin-Nervengas, al-Qaida Flugzeuge (NY 2011), später Rucksackbomben (London, Madrid) – drei Terroranschläge in drei Monaten, im März 2017 in London, zwei Wochen zuvor in Manchester, danach wieder in London. Angesichts immer klügerer Antiterrortaktiken weicht der ISIS-Terror auf „Alltägliches aus und wieder Sprengstoffe". Russland hat im Weltsicherheitsrat die unabhängige Untersuchung des Sarin-Nervengases in Syrien verhindert – wie schon nach dem Einsatz von 2013 in Ost-Ghouta. Damit sorgte Putin nach dem Chemiewaffenangriff von Khan Sheikhoun Anfang April 2017 dafür, dass die Verantwortlichen dieses Verbrechens nicht ermittelt werden. Die Stadt wurde zu diesem Zeitpunkt von der Hai’at Tahrir asch-Scham (dem syrischen Zweig von al-Qaida) kontrolliert.

    Das ist ein Schlag ins Gesicht für die Überlebenden und die Angehörigen der Opfer. Sie müssen sich nun weiter jahrelang anhören, es wisse ja niemand, wer es gewesen sei! Überhaupt fragt man sich, wie es in Syrien, Irak, Ägypten, Jemen und Afghanistan mit einem derartigen Leiden vor dem Hintergrund zu erklären sei, dass ein Gott einerseits allmächtig, andererseits gut sei – konkret geht es um die Frage, warum Gott solches Leiden zulässt, wenn er doch Omnipotenz und Willen besitzen müsste, solches Leiden zu verhindern.

    Wie kam es dazu, dass die Welt das Spiel des ISIS mitspielt und seine Propaganda auch noch verbreitet, sodass es der Terrorgruppe möglich ist, auch Freiwillige aus dem westlichen Ausland und den arabischen Ländern (Maghreb) zu rekrutieren, die bereit sind, für ein Zerrbild des Islam zu kämpfen? Wie ist es zu erklären, dass ISIS Bomben nicht zu fürchten scheinen?

    Das Bundesministerium des Inneren schlägt eine Diskussion vor, wie das sein kann. Auch befürwortet es eine Stärkung des Bundeskriminalamts und eine Abschaffung der Landesämter für Verfassungsschutz zugunsten einer Bundesbehörde. Die Abwehr sollte sich immer stärker auf das Regionale konzentrieren, die lokalen Rekrutierungsnetzwerke aufspüren. Mit drastischen Worten präzisierte das auch der Präsident des BKA. Er führte aus, dass die Systeme der europäischen Sicherheitsbehörden den Herausforderungen durch den „IS-Terror nicht gewachsen ist. Es habe z. B. eineinhalb Jahre gedauert, Dokumentenprüfgeräte und sogenannte „foreign fighters in das Schengener Informationssystem einzuspeisen: „Das können wir uns nicht leisten."⁷ Auch der internationale Abgleich biometrischer Daten verdächtigter Personen dauert dem BKA zu lange: Sobald Terrorverdächtige mit falschen Namen oder „Aliaspersonalien agieren oder wenn auch nur „Silben der arabischen Schreibweise von Namen der Personen von Behörde zu Behörde unterschiedlich seien, können mögliche Straftäter unerkannt sich bewegen bzw. die Ländergrenzen wechseln. Auch ein Oberleutnant der deutschen Streitkräfte, stationiert beim Jägerbataillon der Deutsch-Französischen Brigade in Illkirch bei Straßburg, hat sich erfolgreich als syrischer Flüchtling ausgegeben (obwohl er kein Arabisch sprach!). Der Mann geriet zusammen mit einem Studenten aus Offenbach in das Visier der Behörden, als er auf dem Wiener Flughafen eine illegal beschaffte Waffe aus einem Versteck holte.⁸

    Der Fall Franco A. hatte weitere Konsequenzen: Das Bamf muss hunderte Assylanträge neu überprüfen, in der Bundeswehr wird gegen den Chef des Streitkräfteamtes ermittelt.

    Der BKA-Chef verwies zudem auf das wachsende Problem der verschlüsselten Kommunikation von Terrorverdächtigen wie auch anderen Kriminellen über Messengerdienste⁹ hin: „Wir müssen in der Lage sein, Straftaten verdachtsunabhängig (Schleierfahndung) und digital zu ermitteln, sagte er. Notwendig sei eine Polizei, „die sich selbstverständlich in der analogen wie digitalen Welt bewegt.¹⁰ Das BKA will unter anderem mit einer veränderten Organisationsstruktur „2017 gegenhalten". Das war nach dem Hackerangriff auf die Telekom im Dez. 2016 in Berlin noch nicht zu spüren und jetzt Mitte Mai 2017 ebenso nicht.¹¹

    Okay, was heißt das in unserer Netzwelt? Integration ist trotz allem zweifellos das größte Zukunftsprojekt Deutschlands für kommende Jahre. Der Bundesinnenminister und BKA-Chef sprachen über Integration, damit meinten sie nicht die Mehrheit der vielen Einwanderer aus Polen, Russland-Tschetschenien, Italien, Spanien, sondern dachten an die türkischstämmigen in der dritten Generation und die Geflüchteten¹² aus Scharia-Ländern mit „Islamischem Strafrecht".¹³/¹⁴


    ¹ B. Müller, Die Gefährderansprache, Bayerische Polizei. Abger. 23.11.14.

    ² Iniative unter Bürgerstiftung Berlin: Cultur Coaching: Kontakt, Frau E. Fuchs, office@culturcoaches.de.

    ³ Autor: Berufsausbildung zum Lithografen/Retuscheur, wechselte den Beruf über die BASF in die Chemische Verfahrenstechnik/Kernchemie (FH Aachen/Jülich, JARA) und Chemie/Geowissenschaften/Ethnologie an der FU Berlin. Der Autor war in seinen Berufsjahren Retuscheur, Chemie-Ing., Forensiker am Kriminalgericht in Berlin-Moabit/Leiter des Wissenschaftlich-Technischen Dienstes im LKA sowie Hochschullehrer in Seminaren zu Umweltrecht und Theodizee – Theodicy in Islamic Thought.

    ⁴ Prekarität, neben mangelnder Arbeitsplatzsicherheit niedrige Löhne, Teilzeitbeschäftigung, befristete Arbeitsverträge sowie kein Kündigungsschutz und Interessenvertretung zu den strukturellen Ursachen schwieriger Lebensverhältnisse.

    ⁵ Kriminologie, Kriminaltechnik ist die Lehre vom Verbrechen. Sie hat verschiedene Bezüge, wie Rechtswissenschaften, Psychiatrie, Soziologie, Psychologie, Ethnologie (Rechtsethnologie/Rechtsanthropologie), Chemie, so G. Vordermaier, Abteilungspräsident, Kriminaltechnisches Institut des BKA, Bundeskriminalamtes Wiesbaden.

    ⁶ IS, der Islamische Staat (bis 2014 „Islamischer Staat im Irak) ist unter versch. Namen bekannt. „IS, „IS oder „ISIL. In France wie im Mittleren Osten wird er „Daesch genannt – ein Akronym, das sich aus arab. Buchstaben herleitet. Zahlreiche Medien stellen dem Namen das Wort Gruppierung voran – um zu unterstreichen, dass es sich nicht um einen „Staat im eigentlichen Sinne handelt. Eine Gruppe Muslime kämpft dagegen, dass aus Muselmanen Terroristen werden. Es handelt sich um „Die Beratungsstelle Violence Prevention Network (Violence Prevention Network GmbH, Alt-Moabit 73, Deutschland, 10555 Berlin, Fon: 03091705464, E-Mail: presse[at]violence-prevention-network.de). Sie wendet sich an Jugendliche, Eltern/Fachpersonal mit Fragen im Themenfeld Extremismus. Sie bieten Maßnahmen der Prävention, Intervention/ „Deradikalisierung als Antwort auf die allgemeine Hilflosigkeit im Umgang mit religiös begründetem Extremismus an. Die Beratungsstelle fördert die Stärkung der Toleranz von unterschiedlichen Weltsichten sowie die Früherkennung, Vermeidung und Umkehr von Radikalisierungsprozessen. Die Intervention bei beginnenden Radikalisierungsprozessen und die zielgerichtete Deradikalisierungsarbeit setzen dort an, wo Menschen einen Ausweg aus extremistischen Ideologien suchen.

    ⁷ Tagesspiegel, 17. Nov. 2016.

    ⁸ Summary: Ein Bundeswehroffizier soll einen fremdenfeindlichen Anschlag geplant haben. Tatsächlich offenbarte er schon 2014 seine rassistische Gedankenwelt in seiner Masterarbeit. Doch trotz des Protests eines französischen Generals blieb die Bundeswehr untätig. Stattdessen wurde die Arbeit als eine Art Ausrutscher verklärt. Nicht einmal eine Disziplinarstrafe gab es. Stattdessen durfte der angehende Offizier eine zweite Masterarbeit schreiben. © SPIEGEL ONLINE

    ⁹ Messengerdienste (die Nachrichtenfunktion wurde von Facebook-App migriert zur Messenger-App): Nutzer von Whats-up können Videoanrufe tätigen. Videoanrufe sind demnach über Smartphones mit dem Google-Betriebssystem Android, mit dem iPhone von Apple und mit dem Windows Phone von Microsoft möglich.

    ¹⁰ Alle Videotelefonate sind durch „Ende-zu-Ende-Verschlüsselung" geschützt. Damit sind sie nur auf den Geräten der beteiligten Nutzer sichtbar und blieben auch für das Unternehmen selbst angeblich unkenntlich. Neben Pionieren wie Skype, das inzwischen zu Microsoft gehört, bieten inzwischen zahlreiche Unternehmen Videotelefonie an. Apple zum Beispiel setzt auf seinen Geräten auf den Dienst Face Time. Google startete jüngst die App Duo. Der auf Verschlüsselung spezialisierte Messenger Wire führte Videoanrufe im Frühjahr 2016 ein.

    I. Chaos der Kulturen

    Es besteht kein Zweifel, dass angesichts des Flächenbrands, den ISIS-Terroristen bei ihrem Eroberungszug im Irak und in Syrien entfacht haben, mag der Wunsch nach früherer Stabilität berechtigt sein. Die Mitschuld am IS-Terror waren die USA selbst: USA haben den Irak in einen prekären Zustand gebombt, die Auflösung der irakischen Streitkräfte, die antisunnitische Politik – das wird heute selbst in den USA als desaströse Strategie angesehen. In weiten Teilen des Iraks wurde die amerikanische Besatzung von einer heimtückischen „Selbst-Besatzung", die ihre amerikanischen Vorgänger nachäfften, abgelöst. Diskriminierung, Ausgrenzung, Aufbau von Parallelgesellschaften waren die explosive Mischung, die im Westen zu einer Option für junge Leute in der Identitätskrise wird, die nach Möglichkeiten suchen, ihrem Widerstand gegen die Ungerechtigkeit und Widersprüchlichkeit Ausdruck zu verleihen. In der Region Syrien – Irak finden Terroristengruppen ihre Anhänger innerhalb der Bevölkerung, die Gewalt und Hoffnungslosigkeit ausgesetzt ist. Die Schwäche der Region ist Einfallstor. Diejenigen, die sich mit dem Vorderen Orient und Syrien auseinandergesetzt haben, sahen die Entwicklung von ISIS voraus: Jabhat al-Nusra, dem Handlanger al-Qaidas und Abu Mus’ab az-Zarqawi (Geburtsname: Ahmad Fadil al-Chalaila), jordanischer Terrorist, Gründer von al-Qaida im Irak. Das ging einher mit einer Entfesselung von Gewalt, Zersplitterung der Opposition und Gruppierungen mit wachsender Hoffnungslosigkeit und Frustration, die in Bruder- und Clankämpfen mündete.

    Der ISIS eroberte die Stadt Mosul und erneuerte das Kalifat, das bis 1924 bestanden hatte. Durch die öffentliche Hinrichtung wurde die Welt auf das wieder ausgerufene Kalifat aufmerksam. Tote hatte es bereits vorher zu Tausenden gegeben – aber da ging es um eine Enthauptung eines Amerikaners durch einen Briten, die in einem Video aufgezeigt wurde.

    Natürlich fragt man sich schon, wie das Leiden in Syrien zu erklären ist vor dem Hintergrund, dass Gott allmächtig und gut sein soll. Konkret geht es um die Frage, warum Gott das Leiden zulässt, wenn er doch die »Allmacht« besitzt, Leiden auf der Welt zu verhindern.

    Der Hinweis auf das Leid als religiöse oder religionskritische Frage ist bereits in Kulturen der Antike artikuliert worden (skeptische Philosophen der Antike argumen-tierten, dass Gott, wenn er existiert, in der Tat Übel verhindern müsste) und führten teils weitere Argumente zugunsten des Atheismus an.

    Die Frage nach der Rechtfertigung Gottes stellte sich – erneut? – auch in besonderer Weise nach den Schrecken des Holocaust (vgl. dazu Theologie nach Auschwitz).

    Nehmen wir irakische und syrische Leiden zum Maßstab, so ist alles beträchtlich mit den Schwerverletzten, 300.000 Vermissten, eingesperrten Kämpfern und zahllosen Zivilisten, die gefoltert wurden. Viele von ihnen werden vermutlich nie mehr zurückkehren. Fast die Hälfte mussten ihr Zuhause verlassen, diejenigen, die davonkamen, leben in unsicheren Lagern, ohne Wasser und Strom. Diejenigen, die es über die Balkanroute nach Deutschland geschafft haben, können sich glücklich schätzen. Am Rande taucht da schon mal die Frage auf, wie nach solchen Gewaltausschreitungen in Zukunft wieder einmal alles zusammengefügt werden kann.

    In Erinnerung, im Laufe des 18. und vor allem im 19. Jh. erlitt das Osmanische Reich in Auseinandersetzungen mit europäischen Mächten sowie durch nationale Unabhängigkeitsbestrebungen in seinen Gebieten erhebliche Gebietsverluste, was mit hohen Menschenverlusten einherging. Die muslimischen Osmanen mit Syrien, dem Gebiet des Irak und dem Hedschas (Landschaft im westlichen Saudi-Arabien mit den heiligen Städten Mekka und Midina), das Kernland des Islam. In Nordafrika unterstand das Gebiet von Nubien über Oberägypten westwärts bis zum Atlasgebirge in Marokko der osmanischen Herrschaft. In der islamischen Welt stellte das Osmanische Reich nach dem Umayyaden und Abbasidenreich die dritte und letzte sunnitische Großmacht dar. Aus dem Leben dieser Zeit gibt es wenig Aufgeschriebenes, und Grabinschriften geben wenig her. Nachdem im Iran die Dynastie der Safawiden die Schia als Staatsreligion durchgesetzt hatte, setzten die beiden Reiche den alten innerislamischen Konflikt zwischen beiden islamischen Bekenntnissen in mehreren (drei) Kriegen fort.

    Das Territorium verkleinerte sich auf das europäische Thrakien sowie auf Kleinasien. Die Niederlage der Habsburger – und Hohenzollernmonarchie, mit denen sich das Osmanische Reich im 1. WK verbündet hatte – führte – zeitgleich mit dem Ende des Russischen Kaiserreiches – innerhalb weniger Jahre zum Ende vier großer Monarchien, die die Geschichte Europas über Jahrhunderte hinweg geprägt hatten. Im Türkischen Befreiungskrieg setzte sich eine Nationalregierung unter Mustafa Kemal Pascha durch; 1923 wurde die Republik Türkei gegründet.

    Über die Abgrenzung der Region, die „Orient oder „Naher und/oder „Mittlerer Osten, „Vorderer Orient genannt wird, besteht große Uneinigkeit, dass sie als nicht definierbar gilt.¹⁵ Der Historiker H.A. Winkler umgeht das, für ihn ist Westen = Okzident, der die Gewaltenteilung hervorgebracht hat und zum anderen das Erbe der amerikanischen und der französischen Revolution darstellt. Es ist die Region, die sich vom östlichen Ufer des Mittelmeers und Schwarzen Meers bis zum Himalaya erstreckt, sie ist Ausgangspunkt der heutigen „prekären Bewegungen. Bevölkerungsteile aus Scharia-Staaten, die augenscheinlich den Eindruck von Niedergang erwecken; gemeinhin wird diese Region mit instabilen, gewalttätigen Regionen in Verbindung gebracht, die Gefahren für die internationale Sicherheit darstellen, wie Afghanistan, Irak, Iran, Syrien, die Golfstaaten sowie Jemen (sowie Palästinenser mit nicht „ordentlichen syrischen Dokumenten). Einigen hundert Palästinensern ist es gelungen, von Ägypten aus in heruntergekommenen und ungeeigneten Booten die Überfahrt nach Europa auf sich zu nehmen. Rund die Hälfte ist dabei ums Leben gekommen. Der Leipziger Buchpreisträger Mathias Énard¹⁶ brachte in seiner Dankesrede ein treffliches Beispiel. Er sagte: „Vor unserer Haustür liegt die ganze Welt, die jetzt zu uns nach Europa kommt." Europa ist nach seinen Worten der Name einer Prinzessin, die im Mittelmeerraum lebte, ihre Füße aber nie Europa betreten haben.

    Uns mögen diese Länder barbarisch erscheinen, sie sind aber die Wiege unserer Zivilisation. Diese Länder liegen nicht an der Peripherie der Welt, sondern entstammen Zentren – vor allem seit Beginn unserer Geschichte, wo Europa tiefste Provinz war. An dieser Schnittstelle von Ost und West wurden vor fünftausend Jahren Metropolen gegründet, die über zentrale Nervensysteme verbunden waren, wie man es in Europa Jahrtausende später noch nicht kannte. Weitere Zentren und Städte der Zivilisation, wie Balch, Babylon, Jerusalem, Uruk und Akkad in Mesopotamien waren berühmt für ihre architektonische Innovation sowie Märkte, die über weitläufige „Kulturtechniken"¹⁷ und „Seiden-, „Wasserstraßen¹⁸ versorgt wurden. Auch in den Oasen der Sahara sowie Lybischen Wüste verfügten die Menschen über Jahrtausende über weitverzweigte, unterirdische Kanalsysteme (Foggara-Oasen, Wassermanagement).¹⁹

    Diese Knotenpunkte, die die Menschen und Orte verknüpften, waren die Strömung, die wir heute als „Orientalismus orten, da wo Weltreligionen und Kulturen entstanden sind, „die bis heute miteinander ringen, dort war einmal der Schmelztiegel, in dem Sprachgruppen um die Oberhoheit kämpften: indoeuropäische, semitische und inotibetische Sprachen neben altaischen, turkmenischen und kaukasischen.²⁰

    Über viele Jahrhunderte war in den islamischen Ländern die arabische Sprache eine hochdifferenzierte Sprache, in der sich muslimische Rechtsgelehrte, Philosophen, Mediziner, Chemiker, Astronomen und Mathematiker über alle kulturellen und ethnischen Unterschiede hinweg verständigten. Wissenschaftler und Rechtsgelehrten waren nicht darauf gefasst, dass in der vom Islam erleuchteten damaligen Welt – die aufregende Dinge zutage gefördert hatte, die systematisch hätten weiter verfolgt werden müssen. Im Gegenteil, man unterband sogar solche Bemühungen – denn es war ketzerisch, sich mit „fortschrittlichen Ideen" auseinanderzusetzen, wie im Christentum.

    Blickt man heute in die muslimische Welt, so fällt das Fazit über die wissenschaftlichen Entwicklungen in der Region doch ernüchternd aus: Sowohl Indien als auch Spanien produzieren heute mehr wissenschaftliche Literatur als alle muslimischen Länder zusammen und der Anteil dieser Staaten an wissenschaftlichen Neuerungen übersteigt weltweit nicht mehr als ein paar Prozent.

    Was ist schiefgelaufen? Diese Frage ist heute relevanter denn je, da die Rolle der Religion im Mittleren Osten im Zuge des „Arabischen Frühlings" wieder mehr in den Mittelpunkt gerückt ist und unausweichlich einen Aufstieg des Islamismus zur Folge hat.

    Ich stelle einmal einige bedeutende islamische Denker vor, um das zu kommentieren: Alhazen, einen Experimentalphysiker und Chemiker;²¹ Al-Kindi, den aus beduinischem Stammesadel stammenden Philosophen der Araber; Hunain, den Philologen und Übersetzer; Thabit, den Astronomen/Verteidiger der babylonischen Gestirnreligion; Rhazes, den humanistischen Arzt und schonungslosen Religionskritiker; Al-Farabi, den Theoretiker in der Nachfolge des Aristoteles; Ibn Sina – oder Avicenna, wie wir ihn nennen – in Medizin und Philosophie; Al-Biruni, Detailforscher auf allen Gebieten; Averroes, den vielverketzerten Philosophen im maurischen Spanien; Ibn Chaldun, der die immanenten Gesetzmäßigkeiten der Geschichte aufzudecken suchte.

    Abū Hāmid Muhammad ibn Muhammad al-Ghazālī, kurz al-Ghazali genannt, zählt bis heute zu den bedeutendsten religiösen Denkern des Islam. Ihm verdanken wir die Einführung der aristotelischen Logik und Syllogistik (jeweils zwei Prämissen – Voraussetzungen, genannt Obersatz und Untersatz, führen zu einer Konklusion) in die islamische Jurisprudenz, Theologie und „Theodicy in Ismalic Thought. In al-Ghazali’s Philosophie vertrat er gleichwohl auch einen religiös motivierten Skeptizismus, der die Wahrheiten des Glaubens und der Offenbarung mit den Mitteln des philosophischen Zweifels gegen den Wahrheitsanspruch der Philosophie verteidigte. Während er einerseits für den „Untergang der Philosophie im islamischen Osten ((im Gegensatz zum islamischen Spanien (Andalusien), wo sie aufblühte)) verantwortlich gemacht wird, bewirkte er auf der anderen Seite eine Wiederbelebung der Theologie.²²

    Die arabische Sprache war eine Sprache, die an internationaler Bedeutung das Griechische/Latein des christlichen Mittelalters übertraf. In dem vielbändigen Sammelwerk des 11. Jh. ist so gut wie jede damals bekannte Krankheit beschrieben worden, ihre Ursachen, ihre Wirkungen, die Möglichkeiten der Heilung.

    Es gab keinen abrupten Verfall im Vorderen Orient, aus folgenden Jahrhunderten sind Denker wie Ibn Sina und Abul Ala al-Ma’arri sowie al-Ghazali bekannt – al-Ghazali spürte wohl mehr als andere die „drohende Krise der Erstarrung im Islam" (die Aussagen des Koran, ist eine Offenbahrungsschrift des Islam, besteht aus 114 Suren (Kapiteln) und des Hadith mit philosophischen Methoden zu überprprüfen, zu verteidigen und zu beweisen). Ansonsten gab es niemanden, der den genannten muslimischen Wissenschaftlern an die Seite zu stellen gewesen wäre. Es gab auch keinen Hunain und keinen Al-Kindi, die sich zum Dolmetscher der Physik und Chemie und philoso-phischen Systeme gemacht hatten. Wir sollten beachten, dass der Irak 7000 Jahre alt ist und Amerika 200 Jahre. Der Irak gehörte Stämmen, die ihre Abstammung bis zum Beginn der Zivilisation zurückverfolgen konnten.

    Wer über den Koran und Religionsgesetze hinaus nach weltlicher Bildung und Fortschritt strebte, der blieb bei alten Autoritäten, bei Aristoteles und Ptolemäus, bei al-Ghazali und (Ibn Sina) Avicenna. Ibn Sinas Philosophie beschäftigte sich weitgehend mit dem Widerspruch zur islamischen „Wahrheit. Intensiv wie keinen Muslim zuvor hatte er während des 11. Jh. die Erkenntnisse von Aristoteles gedeutet und weiterentwickelt. Er wurde Vorbild für rationellen Erkenntnisdrang und religiöse „Vernunft, durch „Logos" nach griechischem Vorbild. Ibn Sina aber sah nicht im Propheten Mohammed, sondern im Philosophen Aristoteles die höchste Inkarnation des menschlichen Geistes. Diese Haltung und weitere Vorstellungen bildeten Anstöße hinsichtlich religiöser Handhabung. Mehr noch: Ibn Sina glaubte nicht an eine leibliche Auferstehung am Tag des Jüngsten Gerichts, auch nicht an sinnliche Freuden, die den Frommen im Paradies mit schönen Frauen und lauschigen Gärten, die Frevler mit Qualen im Höllenfeuer erwarten, so wie es heute von ISIS propagiert wird.²³ Mehr noch: Ibn Sina erkannte und lehrte im 7. Jh. vor der europäischen Aufklärung. Seine Thesen erinnern an Lessing. Auferstehung bedeutete für Ibn Sina die Unsterblichkeit des Geistes, Paradies die Vollkommenheit der reinen Idee, Hölle das Verhaftetsein in irdischen Daseinsängsten. Seiner Meinung nach verkünden Propheten und Philosophen keine einander widersprechenden Wahrheiten, beide enthüllten nur verschiedene Offenbarungen der Vernunft, jeder spiegele eine andere Facette aus der Vielfalt von „Wahrheit. Zahlreiche Korangelehrte verdammten das philosophische Werk Ibn Sinas bereits schon zu dessen Lebzeiten als Ketzerei. Und das mit zwingender Logik: Denn ginge es nach diesem „Ketzer, dann könnte zukünftig jeder Philosoph den Koran nach eigenem Gutdünken deuten, könnte den sprachlichen Bildern und Symbolen stets neue Wahrheiten entnehmen. Die islamischen Glaubensinhalte würden damit in Bewegung kommen, jedes Dogma ließe sich plötzlich beliebig zur Diskussion stellen.

    Das Infragestellen des Status quo und diejenigen mit anderen Meinungen führten Andersdenkende ins Abseits und später in die Gefängnisse. Wo Menschenwürde im Angesicht von Folter, Solidarität im Angesicht von Gewalt und Armut gepredigt werden, stellt Religion und Philosophie in den meisten Fällen eine Gefahr dar. Aufklärerische und Mahnende können anscheinend oft nur in gemäßigten Ländern überleben – oder im Exil. Im Gegensatz dazu rühmte sich der Westen seiner Fähigkeit, sich „in Frage" zu stellen.²⁴ Ein genauer Blick auf uns selbst zeigt aber, dass wir die Aufklärung auch nicht so ganz verinnerlicht haben. Nicht anders als viele Muslime übersehen wir unsere selbst geschaffenen Probleme und projizieren

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