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Bloodline (Band 1): Atemberaubendes Action-Jugendbuch ab 12 Jahre
Bloodline (Band 1): Atemberaubendes Action-Jugendbuch ab 12 Jahre
Bloodline (Band 1): Atemberaubendes Action-Jugendbuch ab 12 Jahre
eBook377 Seiten4 Stunden

Bloodline (Band 1): Atemberaubendes Action-Jugendbuch ab 12 Jahre

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Über dieses E-Book

Fünf Jugendliche, fünf außergewöhnliche Talente, ein Auftrag und ein geheimnisvolles uraltes Schriftstück ...
Die Grenzen zwischen Gut und Böse, richtig und falsch sind schon lange nicht mehr klar. Doch als Jonah und sein Team von Meisterdieben auf einen finsteren alten Code stoßen, wird alles bisher Bekannte infrage gestellt. Ein todbringendes Geheimnis um die Blutlinie katapultiert die fünf in einen Wettstreit mit einer anderen Bande. Doch wer steckt hinter all dem? Und was hat es mit diesem Code auf sich?
Auf der Suche nach Antworten hetzten die fünf Jugendlichen von den Philippinen bis in die düsteren Straßen von Los Angeles. Und letztlich scheinen alle Fäden zusammenzulaufen – beim Meister selbst: Nathaniel Coldhardt.
Eine atemberaubende Action-Jugendbuchreihe mit viel Witz und Spannung – Fans von James Bond und Indiana Jones werden voll auf ihre Kosten kommen!
"Bloodline" ist der letzte Band einer Trilogie. Die Vorgängertitel lauten "Snakeroot" und "Aztec Code".
SpracheDeutsch
HerausgeberLoewe Verlag
Erscheinungsdatum2. Mai 2017
ISBN9783732011001
Bloodline (Band 1): Atemberaubendes Action-Jugendbuch ab 12 Jahre
Autor

Stephen Cole

After achieving a first-class degree in English Literature and Film Studies, Stephen Cole has worked extensively as a book editor and scriptwriter, in addition to writing many novels, including novelisations of the Dr Who series, and the Astrosaurs and Cows in Action series for younger readers. He lives in Buckinghamshire with his family.

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    Buchvorschau

    Bloodline (Band 1) - Stephen Cole

    Titelseite

    INHALT

    SANTA MONICA BOULEVARD

    LAGEBESPRECHUNG

    RUHE VOR DEM STURM

    ALTE UND NEUE BEKANNTE

    NICHT GANZ NACH PLAN

    MISSION IMPOSSIBLE

    VERHÖR

    ERSTE ANNÄHERUNG

    ABSCHIED

    ÜBERRASCHUNGEN

    NOMEN OBLITUM

    KLEINE SIEGE

    HEIDELS KOFFER

    INDIZIEN

    MISSTRAUEN

    KLARTEXT

    SCHLECHTE OMEN

    UNWIRKLICH

    ALLES THEATER

    ABRECHNUNG

    SHOWTIME

    ENTHÜLLUNGEN

    ARENA DER GLADIATOREN

    BLOODLINES

    GOOD-BYE

    EPILOG

    DANKSAGUNG

    Für Ele

    Je länger wir über unglückselige Ereignisse nachgrübeln,

    desto größer ist ihre Macht,

    uns zu schaden.

    Voltaire

    Schlange

    SANTA MONICA BOULEVARD

    Man könnte meinen, das Ende der Welt stünde bevor, dachte Jonah Wish.

    Verschwitzt lief er einen Bürgersteig in West Hollywood entlang und betrachtete den Himmel, der schwarz war und gleichzeitig leuchtete. Massive Wolkenbänke, beschienen von der Spätnachmittagssonne, standen wie Kohleberge über den niedrigen Mietshäusern. Die Luft schien aufgeladen, als wartete das gesamte heruntergekommene Viertel darauf, dass etwas passierte. Als könnte ein Unwetter es kaum erwarten loszubrechen.

    Für Jonah war dies alles ein böses Omen.

    Früher wären ihm solche Gedanken gar nicht gekommen. Er war als Computerfreak aufgewachsen und aus dem Hacker von früher war ein Codeknacker geworden, der an wenig mehr als Einer und Nullen glaubte. Doch im vergangenen Jahr hatte Jonah Dinge erlebt, die ihn dazu gebracht hatten, an allen möglichen dunklen Hokuspokus zu glauben. »Seltsam und unheimlich?«, murmelte er. »Abspeichern unter ›Leben‹.«

    »Was hast du gesagt?« Die ruppige Stimme mit amerikanischem Akzent gehörte Motti, der neben ihm herlief – eine Gestalt mit Ziegenbärtchen in zerknittertem Schwarz.

    »Ich …« Jonah schluckte. »Ich fürchte, es sieht nach Regen aus.«

    »Mann, ich hab echt Schwein gehabt, dass du mir als Back-up für diese Mission zugeteilt worden bist«, sagte Motti und guckte ihn durch seine Brille mit den runden Gläsern finster an. »Deine anregende Unterhaltung, die Superstimmung, die du verbreitest … was will man mehr?«

    Jonah lächelte bitter; der Sarkasmus prallte an ihm ab. Mottis Standardeinstellung schien auf »schlechte Laune« zu stehen und Beleidigungen waren einfach seine Art der Interaktion mit der Welt.

    »Nein, bitte, ich kann von Glück sagen, dass ich dich als Begleiter habe – ein langhaariger Miesmacher, der es immer noch cool findet, Grufti zu sein. Und der eine halbe Frühlingsrolle im Ziegenbart hat.«

    Motti schrubbte mit den Fingern über seinen Bart. »Scher dich zum Teufel, Freak.«

    »Den halben Weg haben wir doch schon geschafft, oder?«, fragte Jonah, während er den Himmel betrachtete, der ihn ganz nervös machte, und die vergrämten Gesichter der Leute, die an ihnen vorbeieilten. Er blieb stehen, zog einen Stadtplan aus der hinteren Tasche seiner Jeans und faltete ihn auf. »Ich schau nur rasch nach, wie weit es noch ist, bis wir den Blinker links setzen müssen.«

    »Würdest du das Ding wegstecken?«, knurrte Motti leise und schaute sich um, ob Gefahr im Verzug war. »Touristen sind hier in der Gegend leichte Beute. Wir fallen auf wie Nudisten bei einer Beerdigung.«

    Jonah checkte rasch die Route und setzte sich wieder in Bewegung. Der Gestank von Mülltonnen und Pökelfleisch stieg ihm in die Nase und drehte ihm den Magen um. Er wünschte sich zurück ins sichere Genf, in die weiße Kühle seines minimalistisch eingerichteten Zimmers oder mit dem Rest der Gang in den Hobbyraum, wo Patch Bier ausschenkte, Con sich zur Musik aus der Anlage wiegte, Tye ihm in die Augen lächelte und das Leben einfach gut war. Aber man muss sich seinen Lebensunterhalt verdienen, erinnerte er sich. Wobei mir von den Leuten hier die wenigsten zustimmen würden.

    Jonah hatte sich unter Hollywood nur Glanz und Glamour vorgestellt. Aber diese Straße mit den heruntergekommenen Backsteinhäusern und Maschendrahtzäunen war weit entfernt von den Boulevards und Boutiquen, in denen die Stars verkehrten. Dies war ein Ort, an dem sich Jäger und Gejagte in aller Öffentlichkeit mischten, Risiko gegen Notwendigkeit abwogen und danach handelten. Jonah erkannte es an der Art, wie junge Mütter und ältere Ehepaare beim Gehen den Kopf gesenkt hielten und sich nach Kräften bemühten, die an den Straßenecken herumlungernden Gangs zu ignorieren. Zwei Betrunkene wankten mit übertriebener Vorsicht an Jonah vorbei, so als fürchteten sie, durch Risse im Asphalt rutschen zu können. Halb geschlossene Augen hinter schmutzigen Cafeteria-Fenstern blickten ihm anklagend ins Gesicht.

    All das erwartet dich, schienen sie zu sagen, falls du versuchen solltest, Coldhardt hängen zu lassen. Er ernährt dich, er kleidet dich, er hat dich reich gemacht …

    Du musst nur lange genug leben, um es auch genießen zu können.

    Jonah hatte in Coldhardts Hauptquartier in Genf einen Ferrari F430 stehen – kein schlechter Cruiser für einen achtzehnjährigen Fahranfänger – und er stand direkt neben Mottis BMW M6-Cabrio. Aber teure Schlitten fielen auf, nicht nur in einer Gegend, in der die meisten geparkten Autos auf Backsteinen aufgebockt waren. Deshalb hatten sich Motti und Jonah am Van-Nuys-Flughafen ein Taxi bis in die Stadt genommen und gingen jetzt zu Fuß; sie hatten eine unverdächtige Strecke zum Santa Monica Boulevard gewählt.

    Jonah beobachtete, wie auf seiner Armbanduhr dreißig Minuten dahinkrochen, zählte in zittrigen Atemzügen, Schritten und beschleunigten Herzschlägen mit.

    Wenigstens hält sich der Regen noch zurück, dachte er, während der aschgraue Himmel immer dunkler wurde.

    Kurz darauf wurde der Abend schreiend bunt von Neonreklame erleuchtet. Grelle Werbeplakate säumten die Straßen, priesen alles Mögliche an, von Tattoos über Tarot-Sitzungen bis hin zu Hilfe bei der Steuererklärung. Die Menschentrauben wurden dichter und lärmender. Dröhnende Rhythmen schallten aus dunklen Hauseingängen. Blinkende Schriftzüge schrien die Namen von Kinos und Steakhäusern, von Girlie-Shows und Tankstellen hinaus.

    »Ganz schön was los hier«, bemerkte Motti und sah sich staunend um.

    »Coldhardt hat gesagt, diese Krücke Budd sei der größte und raffgierigste Hehler der gesamten Westküste«, erinnerte Jonah sich. »Er muss stinkreich sein. Warum treffen wir uns dann in einem solchen Dreckloch mit ihm?«

    »Vielleicht wird er beobachtet.« Motti warf automatisch einen Blick über die Schulter. »Vielleicht fürchtet er, dass ihn an seinen Stammplätzen jemand sieht.«

    »Möglich.« Jonah wies mit dem Kinn auf das pinkfarbene Neonschild, das über einem Klub flackerte. »Oder unser Budd geilt sich einfach bei ›Live Girls Dancing‹ auf.«

    »Was allemal besser ist als tote Girls auf einer Gummimatte angucken, nehm ich an.« Motti wies über die Straße. »Da drüben ist jedenfalls das Apartment, das wir suchen. Im Erdgeschoss, gegenüber dem Animierlokal.«

    »Wir sind zu früh«, stellte Jonah fest. »Unser Date ist erst in zwanzig Minuten.«

    »Warte hier, ich checke das Ding erst mal aus, damit wir nicht in eine Falle tappen.«

    Jonah nickte. »Lass dich möglichst nicht erwischen. Ich bin hier der Codeknacker, nicht die schnelle Eingreiftruppe.«

    »Wem sagst du das.« Motti schlappte Richtung Apartment davon. Sein dunkler Pferdeschwanz wippte zwischen den Schulterblättern auf und ab.

    Jonah lehnte sich an die Wand und versuchte unauffällig auszusehen, als Motti in einer Seitenstraße verschwand. Es ist okay, sagte er sich beruhigend, lass den Mann seine Arbeit machen. Als Sicherheitsexperte ihrer kleinen Truppe war Motti darauf spezialisiert, sie rein- und auch wieder rauszuschleusen, wo immer es nötig war. Er war Profi. Auf ihrem jeweiligen Gebiet waren Coldhardts Talente das alle. Tye, der menschliche Lügendetektor, Patch, der jüngste Schlosser in der Stadt, Con, das mesmerisierende Sprachtalent, die es schaffte, auch den stursten Dickschädel auf Linie zu bringen … Jeder Einzelne war ein Plus für das Team.

    Warum sollte der alte Herr uns sonst um sich haben wollen?, überlegte Jonah verdrossen. Weil er ein mitfühlendes Herz hat?

    Minuten voller Anspannung vergingen. Als Motti wieder auftauchte und über den Boulevard schlenderte, stieß Jonah einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus.

    »Okay, Freak«, sagte Motti, legte Jonah eine Hand auf den Rücken und schob ihn vorwärts. »Die Bude ist sauber, keine Spione. Es kann losgehen.«

    Sie hatten gerade mal die Mitte der Straße erreicht, als die ersten dicken Tropfen fielen. Bald ging ein Platzregen nieder, als schwitzte der Himmel seinen Frust aus. Jonah lief neben Motti her durch den dreckigen, mit Unrat übersäten Vorgarten von Budds Unterschlupf.

    Als Motti an die Tür hämmerte, blätterte die Farbe in großen Flocken ab. »Aufmachen, wir ersaufen hier draußen!«

    Die Tür ging fast im selben Moment auf und ein kräftiger, dunkelhäutiger Mann zog sie mit Schwung aus dem Regen in den spärlich beleuchteten Flur. Sein teuer riechendes Aftershave war ein klein wenig zu dezent gegen seinen Schweißgeruch. Jonah hielt ganz still, als der kräftige Kerl ihn fachmännisch durchsuchte und sich dann Motti vornahm.

    »Sie sind sauber«, rief er durch die offene Tür hinter sich.

    »Zumindest waren wir es, bis du uns mit deinen feuchten Pfoten betatscht hast«, beklagte Motti sich.

    »Bring sie rein«, sagte eine Stimme mit starkem, nordenglischem Akzent. Jonah war überrascht, zu seiner allgemeinen Nervosität und Übelkeit plötzlich auch noch Heimweh zu verspüren. Er war ein ganzes Jahr lang nicht mehr in Großbritannien gewesen – seit Coldhardt ihn aus der Jugendvollzugsanstalt geholt hatte, um ihn zu einem Teil seiner Truppe zu machen.

    Jonah wurde hinter Motti her in ein fast leeres Wohnzimmer geschoben. Ein Sortiment brennender Stumpenkerzen war auf dem schäbigen Teppich verteilt. Sie knisterten in dem Luftzug, den ihre Ankunft auslöste, und erfüllten das Zimmer mit einem widerwärtig süßlichen Duft. Die Vorhänge waren zugezogen und schlossen das Leben auf der Straße aus. An den Wänden hingen kunstvoll gemusterte Samtüberwürfe. Jonah und Motti wurden angewiesen, sich mit dem Rücken zum Fenster zu stellen; sie schauten auf einen hochlehnigen Ledersessel in der Mitte des Zimmers. Dort saß steif wie eine Schaufensterpuppe ein kleiner, stämmiger Mann mit blondem, an den Kopf geklatschtem Haar. Seine Augen waren groß und blau und sein Blick hinterhältig – echte Psychopathenaugen – und die schmalen Lippen waren zwischen einem Lächeln und einer Grimasse festgefroren.

    Der Mann betrachtete sie eingehend. »Nun, nun«, sagte er in gemäßigterem Ton als zuvor, »wie es aussieht, sucht sich Coldhardt immer Jüngere.«

    Jonah zuckte mit den Schultern und leckte sich über die trockenen Lippen. »Du bist Budd, richtig?«

    »Nette Wohnung hast du hier«, bemerkte Motti.

    »Nach heut Abend werd ich sie nie mehr von innen sehen. Ich miete für jedes Treffen eine andere. So findet mich keiner.« Budd gab dem Farbigen ein Zeichen, der daraufhin herüberkam und sich direkt hinter ihn stellte. »Das ist Clyde. Mein Beschützer. Nur für den Fall, dass ihr ein krummes Ding vorhabt.«

    »Wir sind hier, um ein Geschäft zu machen, und nicht, um dich reinzulegen«, entgegnete Motti. »Also lass uns zur Sache kommen.«

    Budd nickte. »Ihr habt das Honorar mitgebracht?«

    Motti hob langsam die Hand und zeigte Budd den Mittelfinger. Jonah geriet in Panik – bis ihm klar wurde, dass Motti mit dieser Geste lediglich den glänzenden Ring präsentierte, den er am Finger trug.

    »Wie ausgemacht, ein emaillierter Goldring. Dreizehntes Jahrhundert vor Christus.« Motti zog ihn über den Knöchel und legte ihn auf seine Handfläche, als wollte er ihn wiegen. »Aus einem mykenischen Grab auf Zypern.«

    »Angemessenes Honorar.« Budd holte tief Luft und erhob sich; er zitterte praktisch vor Erregung. »Gib ihn her. Ich will ihn sehen.«

    »Nö-hö.« Motti steckte den Ring in die Tasche. »Zuerst gibst du uns wie ausgemacht die Ware – den Laptop von diesem Morell. Jetzt sofort.«

    »Für jemand mit ’nem Pferdeschwanz reißt du das Maul ganz schön weit auf.« Budd lächelte und wandte sich an Jonah. »Clyde könnte euch in einer Sekunde mit bloßen Händen um die Ecke bringen.«

    Jonah folgte Mottis Beispiel und versuchte den Großspurigen zu geben: »Ich an deiner Stelle würd mir ein Paar Gummihandschuhe überziehen, Clyde. Du kannst schließlich nicht wissen, wo wir waren.«

    »Aber ich kann dir sagen, wo du hingehst, Budd, wenn du uns reinlegen willst«, sagte Motti cool. »Nämlich zur Hölle. Coldhardt war drauf und dran den Laptop zu stehlen, bevor sie Morell ermordet haben und seine Bude in L.A. abgebrannt ist. Dass er für das Ding jetzt blechen muss, gefällt ihm gar nicht.«

    »Dann hätte er das Teil eben vor mir orten müssen.« Budds Grinsen wurde breiter.

    »Wie hast du es gefunden?«, wollte Jonah wissen.

    »Die Bullen sind davon ausgegangen, dass ein paar Kids Morells Bude auf den Kopf gestellt haben. Ein Haus, vollgestopft mit unbezahlbaren Antiquitäten, aus dem sie, bevor sie es abgefackelt haben, seinen Flachbildschirm geklaut haben, seine Stereoanlage, seine Computer, seine Kreditkarten …« Budd schüttelte amüsiert den Kopf. »Ich kenn die Typen, die solche Sachen verhökern. Und ich weiß, dass Leute wie Coldhardt für die Art von dunklen Geheimnissen, die Morell gern gehütet hat, ein Vermögen hinblättern …« Er schnaubte. »Mich wundert’s nur, dass er sich nichts Besseres leisten kann als zwei Niedriglohn-Kids, die die Drecksarbeit für ihn machen.«

    »In einem Punkt hast du recht«, sagte Motti. »Coldhardt will die Info auf der Festplatte dieses Laptops. Er will sie unbedingt.« Motti klopfte auf die Tasche mit dem Ring. »Also gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder wir machen den Deal und du verdienst dir ein Stück Geschichte oder ihr zwei versucht, uns ›Niedriglohn-Kids‹ zu verarschen, dann wirst du Geschichte. Ganz wie du willst.«

    Budd schwieg. Clyde sah sie ausdruckslos an.

    Der Regen trommelte an die Scheiben, in Jonahs Ohren laut wie Maschinengewehrfeuer. »Nun?«, fragte er. Er musste sich zusammenreißen, damit seine Stimme nicht zitterte.

    »Nun …« Budd fixierte zuerst Jonah, dann Motti mit seinen hellen blauen Augen, die einen fertigmachen konnten. »Ihr habt nicht nur Nerven gezeigt, sondern auch das richtige Honorar. Schätze, ich kann euch dafür den Laptop zeigen.« Er drehte sich zu seinem Sessel um und zog einen schmalen Titanlaptop darunter hervor. »Überlegt euch gut, was ihr macht, Jungs«, sagte er gelassener. »Wenn ihr euch wie Morell auf schwarze Magie einlasst, passieren schlimme Dinge.«

    »Danke für den Tipp, aber auf Friedhöfen rumhängen und Hühner opfern ist nicht unbedingt unser Ding.« Motti wies mit dem Kinn auf Jonah. »Er ist außerdem Vegetarier.«

    Jonah nickte. »Wir wollen lediglich –«

    Budd schnitt ihm das Wort ab. »Geschenkt. Mich interessiert nur mein Honorar. Wenn Coldhardt bereit ist, für das gestohlene Zeug von irgendeinem verrückten Teufelsanbeter zu zahlen, ist das sein Bier.«

    Verrückter Teufelsanbeter? »Antiquar mit einer Vorliebe für das Geheimnisvolle« war Coldhardts Beschreibung von Morell gewesen, aber Jonah glaubte zu wissen, welcher der beiden den Nagel auf den Kopf traf. »Und du bist sicher, es ist der richtige Laptop?«

    »Hältst du mich für einen Amateur, oder was?« Budd sah ihn finster an. »Ich hab die Fingerabdrücke auf dem Gehäuse abgleichen lassen.« Er trommelte geistesabwesend mit den Fingern, als ahme er den Regen an den Scheiben hinter den dicken Samtvorhängen nach. »Ich weiß nicht, was Coldhardt sich von dem Ding erhofft – und ich will es auch gar nicht wissen.«

    »Wir verraten es dir nicht, damit du nachts weiter gut schlafen kannst.« Motti nickte Jonah zu. »Los, Freak, check die Dateien.«

    Budd legte den Laptop zwischen die Kerzen auf den Boden und fuhr ihn hoch. Er warf Jonah einen drohenden Blick zu. »Auf die Knie, Junge.«

    Jonah kauerte sich hin – da es außer dem einen Sessel keine weiteren Möbel gab, blieb ihm nichts anderes übrig. Der Computer verlangte ein Passwort. Trotz der Spannung, die in der Luft lag, merkte Jonah, wie er ruhiger wurde, als seine Finger die Tastatur bearbeiteten und er sich in das Betriebssystem einhackte. Die Minuten verstrichen ergebnislos, während er den Inhalt der Festplatte durchging und nach Dateien suchte, die zu den Zeiten, die Coldhardt ihm genannt hatte, erstellt worden waren. Nachdem er eine Handvoll verschlüsselter E-Mail-Anhänge entdeckt hatte, zog er eine Chipkarte aus seiner hinteren Hosentasche und lud sie.

    »Was soll das werden?«, wollte Budd wissen.

    Jonah schaute nicht auf. »Ich checke die digitale Unterschrift auf den Kodierungen. Wir wollen schließlich sicher sein, dass die Dateien von Morell selbst erstellt worden sind.«

    »Dann mach endlich«, drängte Motti.

    »Schon passiert.« Jonah stieß einen leisen, erleichterten Pfiff aus. »Die Zeitmarken und die Unterschrift stimmen überein.«

    »Könnte Buddy-Boy daran herumgepfuscht haben?«

    »Nö.« Jonah schloss den Laptop und richtete sich auf. »Jede Veränderung an der Datei oder Versuche, sie zu kopieren, hätten die Unterschrift annulliert. Alles in Ordnung.«

    »Ich haue meine Kunden nicht übers Ohr.« Buddy nickte Clyde zu, der von irgendwo Gläser und eine Flasche Scotch hergezaubert hatte. Der kräftige Mann begann auszuschenken. »Gut. Dann besiegeln wir den Deal mit einem Drink, ja? Das ist so Brauch bei mir. Und dann können wir alle aus dieser Bruchbude hier verschwinden – nachdem du mir den Ring gegeben hast, versteht sich.« Budd streckte ungeduldig die Hand aus, als Motti in seine Tasche griff und den Ring herauszog. »Mach schon, gib her!«

    Wie auf ein Stichwort schoss ein Metallpfeil durchs Fenster und bohrte sich in Budds Brust. Bis Jonah das Geräusch von splitterndem Glas registriert hatte, färbte sich Budds Hemd bereits rot und Blut spritzte in hohem Bogen aus der Wunde.

    »Oh Gott«, keuchte Budd heiser. Er hatte die Augen fest zusammengekniffen. »Was war das? Clyde, was hat mich getroffen? Was war es? Ist es schlimm?« Das Kraftpaket wollte gerade zu ihm stolpern und nachsehen, da fiel Budd schon nach vorn aufs Gesicht.

    Jonah starrte ihn an, wie gelähmt vor Panik. Doch Motti war bereits auf dem Weg zur Tür. »Komm, Freak!«, brüllte er. »Raus hier!«

    Bevor Jonah sich in Bewegung setzen konnte, schlüpfte eine maskierte Frau in einem maßgeschneiderten schwarzen Kampfanzug und mit einem Bogen in der Hand geschmeidig durch das zerbrochene Fenster ins Zimmer. Mit einem wütenden Aufschrei stürzte sich Clyde auf sie, noch bevor sie den nächsten Pfeil einlegen konnte. Doch die geheimnisvolle Fremde riss einen der Samtvorhänge herunter, warf ihn über ihn und trat ihm in den Magen. Clyde fiel rückwärts auf einige der Kerzen – brüllte und schlug dann mit Händen und Füßen um sich, als der schwere Stoff Feuer fing.

    Instinktiv riss Jonah einen Überwurf von der Wand, weil er dachte, er könnte das Feuer damit ersticken. Doch die Frau war schneller und jagte einen Pfeil in Clydes Körper – was ihn zum Schweigen brachte, während die Flammen sich weiter in den Stoff fraßen.

    Dann wandte sich die Fremde Jonah zu und hob erneut den Bogen.

    Jonah war schlecht. In Panik drehte er sich um und rannte los, den Laptop an die Brust gedrückt. Motti wartete kreidebleich an der Haustür auf ihn. »Los, schneller!«

    Als sie auf den nassen Bürgersteig stürmten, schoss ein Pfeil an ihnen vorbei und zerschlug die Scheibe eines neben ihnen geparkten Wagens; die Alarmanlage heulte los. Erschrockene Fußgänger in der Nähe kreischten und stolperten auf die Straße – direkt vor einen Bus, dessen Fahrer gerade noch auf die Bremse steigen konnte. Jonah hörte das chaotische Durcheinander, während er schon die Straße hinunterlief. Keine zwei Schritte hinter Motti schlängelte er sich zwischen Fußgängern, Pfützen und Straßenlaternen durch. Der Gedanke an eine Stahlspitze, die sich in seinen Rücken bohrte, ließ sein Herz rasen und trieb ihn vorwärts. Der Regen prasselte auf ihn ein und das Dröhnen und Geplärre aus Bars und Stripteaselokalen wurde zum Soundtrack seiner Flucht. Er und Motti rannten und rannten, bis sie fast eine ganze Meile zurückgelegt hatten.

    Nachdem Jonah sich durch einen Blick über die Schulter vergewissert hatte, dass niemand sie verfolgte, lehnte er sich taumelnd an eine Ladenfront. Er hatte Krämpfe in den Beinen und sein Magen zog sich zusammen, als er den Tod von Budd und Clyde noch einmal durchlebte. Er beugte sich vornüber und würgte – und zuckte zusammen, als sich eine Hand auf seinen Rücken legte.

    »Hey!« Es war nur Motti. »Alles klar?«

    Jonah wischte sich Regen aus den Augen und zähen Speichel vom Mund. »Diese Frau hat Budd und Clyde kaltblütig umgebracht.«

    Motti runzelte die Stirn; er rang immer noch nach Atem. »Hast du Frau gesagt?«

    »Wenn das ein Kerl war, hat er ein ernstes Männerbusenproblem.«

    »Mal abgesehen davon, wer sie war – wo zum Teufel ist sie so plötzlich hergekommen?« Motti spuckte in den Rinnstein. »Sie muss Budd observiert haben. Muss genauso dringend hinter dem Laptop her gewesen sein wie Coldhardt.«

    »Wahrscheinlich arbeitet sie für jemanden wie ihn«, meinte Jonah düster. »Einen Unberührbaren.«

    »Böse Welt, was?« Motti nahm Jonah den Computer ab. »Aber lass uns jetzt, da wir das verdammte Ding haben, abhauen und es Coldhardt bringen, und zwar rapido.«

    Jonah nickte und suchte die verregnete Straße nach einem Taxi ab. Doch er wurde das Bild von dem Pfeil nicht los, der aus Budds Brust ragte, von dem Blut, den Flammen, dem brüllenden Clyde. Er atmete flach und musste seine ganze Willenskraft aufbieten, damit er sich nicht übergab. Motti stellte sich neben ihn.

    »Stimmt das, was Budd über Morell und die Teufelsanbeterei gesagt hat?«, fragte Jonah leise. »Ist das Buch, hinter dem Coldhardt her ist, eine Art Bibel der schwarzen Magie?«

    »Wen kümmert’s?« Motti strich sich nasse Haarsträhnen aus der Stirn. »Wir brauchen nichts anderes zu tun, als zu gehen, wohin die verdammten Dateien uns schicken, das Ding zu klauen und es abzuliefern. Fertig, aus, Ende. Oder?«

    Jonah sagte nichts darauf. Er zitterte, als er in das stürmische, regengetränkte Schwarz des Himmels hinaufschaute. Etwas sagte ihm, dass diese spezielle Sache noch sehr lange nicht zu Ende war.

    Schlange

    LAGEBESPRECHUNG

    Tye umkreiste ihre Gegnerin misstrauisch und wappnete sich gegen den Schlag, der jeden Augenblick kommen konnte. Sie hatte jahrelang vom Schmuggel in der Karibik gelebt und sich immer wieder selbst aus brenzligen Situationen heraushauen müssen. Das hatte sie mit gerade mal siebzehn Jahren bereits zu einer Expertin in Sachen Kampftechniken gemacht – aber sie wusste, dass sie ihre Deckung keine Sekunde lang aufgeben durfte.

    Nicht bei Con.

    Die Arme vor den Schultern, die Fäuste vor dem Kinn, blieb sie in Verteidigungshaltung. Auch wenn es nur ein Trainingskampf war – ein freundschaftliches Gerangel in der Sporthalle auf Coldhardts riesigem Anwesen in Genf –, Con verlor nicht gern, egal wo und egal unter welchen Umständen.

    Wie auf ein Stichwort hin machte Con plötzlich einen Schritt nach vorn und fuhr die rechte Hand aus. Die Fingerspitzen und die Oberseiten der äußersten Knöchelreihe strichen über Tyes Augen. Ein Schlag aufs Auge. Nett. Doch noch während sie den Schmerz verarbeitete, presste Tye das Kinn auf die Brust, peilte mit der geballten rechten Hand Cons Rippen an, zielte durch ihre Gegnerin hindurch und nicht nur auf die Oberfläche – und schlug eine kurze Gerade, wobei sie Schulter und Hüfte mitnahm, um noch mehr Kraft hineinlegen zu können. Con keuchte, als die Faust sie traf, und taumelte rückwärts.

    »Miststück!« Cons grüne Augen blitzten gefährlich. Dann lachte sie plötzlich, dass ihre Zähne zu sehen waren, so weiß und perfekt wie ihre Haut. »Ich muss endlich aufhören dich zu schonen, was?«

    Tye biss die Zähne zusammen. »Ja, vielleicht solltest du das.« Cons kultivierter, leicht slawischer Akzent klang cool und chic, doch es gab Zeiten, da tat er wahnsinnig in den Ohren weh. Sie rannte auf Con zu, den Oberarm parallel zum Boden, den Ellbogen nach vorn gerichtet, und versetzte ihr einen Schlag gegen den Brustkorb. Con hielt dem Aufprall stand und konterte mit einer linken Geraden, der sofort ein doppelter Punch gegen Tyes Wange folgte. Tye unterdrückte einen Schmerzensschrei und wich rasch zurück, die Arme wieder in Verteidigungshaltung.

    »Dass du den nicht hast kommen sehen, überrascht mich, Süße.« Con strich sich weißblonde Haarsträhnen aus dem Gesicht und zwinkerte. »Du bist doch der Profi, wenn es um Körpersprache geht, oder?«

    Tye zwang sich zu einem Lächeln und ging auf die Flachserei ein. »Na ja, du sprichst fünfzehn verschiedene Sprachen – vielleicht hat dein Körper auch ein paar gelernt, nur um mich auszutricksen.«

    »Ich trickse dich mit Freuden aus«, sagte Con und kam wieder auf sie zu. »Über welche Schulter würdest du denn gern fliegen?«

    Sie umkreisten sich erneut. Wenn Tye mit Con kämpfte, ging es irgendwie nie nur darum, in Form zu bleiben. Mit ihrer europäischen Erziehung, ihrem Selbstbewusstsein und ihrer Intelligenz war Con für Tye ein Symbol des privilegierten Lebens, das sich Tye ihre gesamte einsame Kindheit lang gewünscht hatte, als sie sich in den tristen Slums von Haiti durchschlagen musste. Während Tye für sich selbst trotz der beschränkten Möglichkeiten das Beste aus ihrem Leben gemacht hatte, war Con alles auf dem Silbertablett serviert worden – bis auf die Zuneigung, nach der sie sich so verzweifelt sehnte.

    Tye wollte gerade einen Roundhousekick gegen die schlanke Taille ihrer Gegnerin treten, als Con ihre Kampfhaltung mit einem Ruck aufgab, warnend die Hand hob und sich dem Berg Crashmatten neben sich zuwandte. »Was zum –?«

    Sie machte einen Satz nach vorn und zerrte eine wohlbekannte, dürre Gestalt in abgewetzten Jeans und einem grauen Kapuzenshirt aus dem Versteck. Das sommersprossige Gesicht wurde nicht nur von einer schwarzen Augenklappe, sondern auch von einem frechen Grinsen beherrscht. »Alles in Butter, Ladys?«

    »Patch!« Tye blickte ihn finster an. »Was haben wir zum Thema Nachspionieren gesagt?«

    »Ich kann nichts dafür!«, protestierte Patch. »Ich hab nur zufällig gesehen, dass die Tür zur Sporthalle abgeschlossen war – und ihr wisst, dass ich einer abgeschlossenen Tür nicht widerstehen kann. Ich bin Profi, ja? Wenn ich eine abgeschlossene Tür sehe, muss ich sie öffnen.« Er grinste wieder. »Und wenn ich zwei fitte Chicks in Gymnastikanzügen beim Training sehe, muss ich einfach hingucken.«

    »Wenn du das noch mal tust, verpass ich dir einen Hingucker auf dein gesundes Auge, dass alles zu spät ist«, warnte Con ihn.

    »He, ich bin fünfzehn! Das sind alles die Hormone, ja?« Patch redete an Cons Busen gewandt. »Ich hab gesehen, wie Tye dir einen auf die Möpse gegeben hat. Ich könnte sie ein bisschen streicheln, damit der Schmerz nachlässt.«

    »Du kannst die streicheln, damit der Schmerz nachlässt«, sagte Con und drückte ihm leicht das Knie in die Eier. Patch ließ sich stöhnend auf den Boden fallen. Con wandte sich an Tye und streckte ihr die Hand zum Einschlagen hin. »Machen wir Schluss?«

    »Machen wir Schluss«, stimmte Tye zu. Doch als sie nach Cons Hand griff, packte die ihr Handgelenk,

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