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Meister dunklen Pfades: Ein phantastischer Roman
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Meister dunklen Pfades: Ein phantastischer Roman
eBook140 Seiten1 Stunde

Meister dunklen Pfades: Ein phantastischer Roman

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Über dieses E-Book

Brandon erwacht in einer sonderbaren und unwirklichen Welt, ohne zu wissen, was ihn dorthin verschlagen hat und wer er ist. Auf der Suche nach Antworten begibt er sich in das Zentrum des mittelalterlich geprägten Reiches Randland. Die Gefahren und Kreaturen, denen er sich entgegenstellen muss, übersteigen seine Vorstellungskraft. Allmählich erkennt er, das er Teil eines Spieles ist, dessen Regeln er erst nach und nach begreift. Ist Randland die buchstäbliche Hölle?
SpracheDeutsch
HerausgeberAmrûn Verlag
Erscheinungsdatum26. Okt. 2016
ISBN9783958692602
Meister dunklen Pfades: Ein phantastischer Roman

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    Buchvorschau

    Meister dunklen Pfades - Philipp Schmidt

    ARRION

    ENDSTATION

    Das Erste, was er wahrnahm, war Kälte. Eine unbeschreibliche, durch und durch dringende Kälte. Er öffnete die Augen. Es war dunkel um ihn. Kalt und dunkel.

    Er rappelte sich auf. Allmählich gewöhnten sich seine Augen an die Finsternis. Es war eine gänzlich sternlose Nacht, lediglich ein violetter Schimmer haftete dem allzu nah wirkenden Himmelszelt an. Er sah an sich herab, betastete sich mit seinen blass aus den Schatten ragenden Händen. Seine Füße waren nackt, aber seinen Körper umhüllte ein enganliegendes Kleidungsstück. Soweit er sagen konnte, war es von schwarzer Farbe. Es klebte an seinen Muskeln, spannte sich über seinen Bauch und seine Brust wie eine zweite Haut.

    Ein Kreischen ließ ihn zusammenzucken. Er duckte sich, begab sich lauschend in die Hocke. Noch einmal erklang der markerschütternde Schrei. Ein Luftzug fuhr durch seine langen Haare, die Blätter der Bäume über ihm raschelten. Ein Flügelschlag war zu vernehmen, dann war es, was immer es gewesen sein mochte, vorüber und der junge Mann richtete sich wieder auf.

    Fröstelnd ging er los. Zuerst stieß er sich die Ellbogen an den Stämmen der schlafenden Bäume, stolperte über Wurzeln, verfing sich in Dornenranken, stach sich die bloßen Füße an spitzen Steinen, doch je länger er lief, umso mehr gewöhnte er sich an die Bewegung. Bald huschte er schnell und mit wachsender Sicherheit durch das Unterholz. Es tat gut, den eigenen Körper zu spüren, seine Kraft, seine Eleganz.

    Er wusste nicht, wie lange er so gelaufen war, da hörte er unvermittelt etwas: Stimmen, sie waren nah. Er hielt inne, ließ sich auf die Hände fallen, hob den Kopf an und sog die kühle Luft tief durch seine bebenden Nasenflügel ein. Feuer, Schweiß und Branntwein. Langsam und vorsichtig folgte er der Witterung.

    Auf einer Lichtung erblickte er drei Männer, die um ein Lagerfeuer saßen. Er verschmolz mit den Schatten, lauschte und beobachtete. Der Mittlere führte eine Feldflasche zum bärtigen Mund, er machte wohl einen Scherz und die beiden anderen lachten heiser. Der Linke war jung, beinahe noch ein Kind; der Rechte selbst im Sitzen groß und schlaksig. Sie trugen Fellwesten, der Junge stocherte mit einem Stock in den Flammen. Der Bärtige in der Mitte grunzte etwas Unverständliches und der lange Dürre riss ihm die Flasche aus der Hand. Schlechte Männer.

    Es entging dem stillen Beobachter nicht, dass sie Waffen bei sich trugen. Ein seltsames Arsenal: Jeder von ihnen hatte Dolche im Gürtel stecken und neben dem Jungen lehnten an einem Baumstumpf eine Schrotflinte und eine doppelflüglige Streitaxt.

    Plötzlich erhellte ein gleißendes Licht die Umgebung, eine Sternschnuppe. »Noch einer«, krächzte der Schlaksige.

    »Meinen halben Sold«, erwiderte der Mittlere düster, »dass die Nachtschrecken ihn holen, ehe er den Weg zu uns findet.«

    »Eh«, spie der Schlaksige aus, »kannst du vergessen. Da mach ich nich mit. Heut Nacht kommen nur Spätgeborene, die haben nix drauf.«

    Der Junge kicherte fies. »Käh-hä, nix drauf, sind Futter für die Schrecken. Käh-hä.«

    Schlechte Männer allesamt. Die Lippen ihres verborgenen Zuhörers verzogen sich zu einem Lächeln. Er erhob sich und geräuschlos wie ein schleichendes Raubtier ging er auf die Lichtung zu.

    Die drei entdeckten ihn spät, doch als sie es taten, sprangen sie auf. »Bleib, wo du bist!«, keifte der Junge; »Keinen Schritt weiter«, bellte der Bärtige, der nun die Streitaxt in den Händen hielt.

    Der Fremde blieb stehen, reglos und achtsam.

    »Zeig uns deine Füße«, forderte der Bärtige, während er schwerfällig um das Feuer herum stapfte. Seine Stiefel schmatzten auf der feuchten Erde, als er näher kam.

    »Meine Füße?«

    »Mach schon, Freundchen, deine Hände haben wir schon gesehen.« Der Bärtige war ebenfalls stehengeblieben, nicht mehr als zwei Armeslängen trennten die beiden Männer voneinander.

    In sicherem Stand winkelte der Fremde das linke Knie an, dann streckte er das Bein aus. Der Bärtige musterte den Fuß im Flackerschein der Flammen.

    »Gut, jetzt der andere.«

    Die gleiche Prozedur folgte mit dem rechten Bein, kurz kräuselte sich die Stirn des Bärtigen, aber schließlich grunzte er über die Schulter: »Zehn Zehen, alles in Ordnung. Er ist einer von uns.«

    Die beiden am Feuer Zurückgebliebenen entspannten sich sichtlich.

    Der Bärtige wandte sich ab, legte seine Axt wieder an ihren angestammten Platz zurück und setzte sich. »Mach‘s dir bequem, wärm dir die Hände. Wie heißt du eigentlich?«

    Wie hieß er? Seltsam, er erinnerte sich an nichts, aber seinen Namen kannte er. »Brandon«, stieß er hervor, als er sich den Dreien gegenüber hinhockte. »Meine Mutter nannte mich Brandon.«

    »Hübscher Name«, murmelte der Bärtige, »Brann-Dorn … Wirklich hübscher Name, Freundchen.«

    Der Schlaksige reichte ihm die Feldflasche und er nahm einen tiefen Schluck. »Das hier sind Reinhold und Simon und ich heiße Högni.«

    »Wir sind die besten Hüter von ganz Randland«, gluckste der Junge und der Bärtige grinste.

    Randland? Davon hatte Brandon noch nie gehört. Er wusste zwar auch nicht, wo er hergekommen war und was ihn an diesen Ort verschlagen hatte, doch er spürte instinktiv, dass er fern seiner Heimat war. »Wo zur Hölle sind wir hier?«

    Die drei blickten ihn einen Moment lang an, dann begann die Augenbraue Högnis zu zucken und schließlich brachen die Männer in schallendes Gelächter aus.

    »Was ist so lustig?«, fragte Brandon scharf, als das Lachen allmählich verklang.

    »Wo zur Hölle wir sind? Ho-Ho!« Högni schlug sich auf den Schenkel. »Genau da, Freundchen, im Reich der Hel.«

    »Zum Teufel gegangen«, quäkte der Jüngste unter ihnen, den Högni als Simon vorgestellt hatte. »Bist jetzt ein Verdammter.«

    »So ist es«, sagte Högni und seine Stimme hatte einen feierlichen Tonfall angenommen, »ein Verdammter in den Heerscharen König Etzels.«

    Hatte er es mit Wahnsinnigen zu tun? War die Hölle nicht die Strafe für jene, die ein schlechtes Leben geführt hatten? Aber wie hatte er gelebt? Er konnte sich nicht erinnern. War er ein Verbrecher und das sein Lohn?

    »Ach Branndorn, ich weiß, was dir jetzt durch den Kopf geht. Vergiss diesen Christen-Mist von Sünde, Vergebung und dem ganzen Unsinn. Simon hier,« er legte seinen schweren Arm um die Schultern des Jungen, »war auf dem Weg, Priester zu werden, aber wie du siehst, ist auch er bei uns gelandet.« Er wollte noch weitersprechen, doch ein Kreischen in der Luft, wie Brandon schon einmal eines vernommen hatte, ließ ihn verstummen.

    Gleich den anderen blickte er auf und diesmal sah er es: Eine geflügelte Bestie. Einen Augenblick schwebte sie ein gutes Stück von ihnen entfernt hoch oben im violett schimmernden Himmel, dann, urplötzlich, schoss sie herab und verschwand aus ihrem Sichtfeld.

    »Hat mal wieder einen erwischt«, stellte Simon fest, wobei es Brandon so schien, als würde dies dem Jungen eine gewisse Freude bereiten.

    »Ja«, murmelte Högni vor sich hin, »eine Schande.«

    Eine Weile herrschte Stille. Es war der Schlaksige, Reinhold, der das Schweigen brach, indem er ansetzte, von seiner ersten Wacht zu erzählen. »Damals«, sagte er im Plauderton, »war ich ein Grünschnabel wie der da. Hatte nichts bei mir als einen Knüppel …«

    »Du hast unter dem Befehl Edwards begonnen, oder?«, warf Högni ein.

    »Ganz recht, wir nannten ihn den Grenz-Hammer. Und bei eben jener Wacht, von der ich euch berichte, haben sie ihn genichtet. Ein ganzes Dutzend Formloser kroch aus den Schatten und fiel über uns her.« Während er redete, hielt er Brandon, ohne darauf zu achten, den Schlauch mit dem Branntwein hin. Dieser schüttelte ablehnend den Kopf.

    »Edward streckte zwei mit seinem Langschwert nieder und ich selbst habe einem auf den Schädel geprügelt, bis er sich nicht mehr regte. Doch es waren zu viele …«

    »Halt«, sagte Högni. »Wieso trinkst du nicht mit uns, Branndorn?«

    »Ich bin nicht durstig.«

    »Verflucht, du sitzt an unserem Feuer, du lauschst unseren Geschichten, bei der Hel! Du wirst auch mit uns trinken, Freundchen!« Die Augen in Högnis bärtigem Gesicht waren zu Schlitzen verengt, Simon kicherte gehässig, bloß Reinhold wirkte, als wollte er einfach nur ungestört seine Geschichte zu Ende erzählen.

    Brandon verlagerte sein Gewicht leicht nach vorne, seine Muskeln spannten sich an und Zorn lag in seiner Stimme, als er knurrend entgegnete: »Ich bin nicht dein Freund. Ihr seid Mörder, Vergewaltiger, schlechte Menschen.«

    »Wir sind was?!«, brauste Högni auf, »Und was meinst du, was du bist, du frecher, eingebildeter -«

    »Euer Ende, das ist es, was ich bin.«

    Brandon war aufgesprungen, er riss Simon die Feldflasche aus der immer noch ausgestreckten Hand. Hals voran schmiss er sie ins Feuer, eine Stichflamme entstand. Für einen Wimpernschlag waren die drei, die nicht darauf vorbereitet gewesen waren, geblendet. Als Simon wieder deutliche Konturen ausmachen konnte, starrte er in die Mündung der Schrotflinte. Brandon zögerte nicht. Er zog den Abzug durch und die Schrotladung schleuderte den Körper des Jungen in die Büsche. Der zweite Schuss zerfetzte Reinholds Knie und Oberschenkel.

    Mittlerweile hatte sich Högni die Axt geschnappt. Weit holte er zu einem tödlichen Streich aus – zu weit, der Kolben der Flinte prallte gegen seine Rippen, dass die zertrümmerten Knochen knirschten. Die Axt entglitt Högnis Händen und er krümmte sich zusammen. Brandon zog ihm zwei Dolche aus dem breiten Gürtel. Wie eine Schere hielt er sie. Mit solcher Kraft ließ er sie zuschnappen, dass es Högni glatt den Hals durchschnitt.

    Der schlaksige Reinhold winselte und presste verzweifelt beide Hände auf die sprudelnden Arterien, welche die Schrotladung an seinen Schenkeln geöffnet hatten. Brandon ignorierte ihn und ging zu dem Gebüsch, in dem Simon gelandet war. Er zog den leblosen Körper zurück zur Feuerstelle, kniete sich zu ihm nieder und hielt seine nackten Füße an die Stiefel des Toten. Eine Nummer zu groß vielleicht, aber damit ließ sich leben.

    »Du mieses Schwein«, kam es mit zittriger Stimme von Reinhold.

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