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Dorian Hunter 44 – Das Kind des Krakatau
Dorian Hunter 44 – Das Kind des Krakatau
Dorian Hunter 44 – Das Kind des Krakatau
eBook339 Seiten4 Stunden

Dorian Hunter 44 – Das Kind des Krakatau

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Über dieses E-Book

Auf der Krakatau-Insel zwischen Sumatra und Java laufen die Fäden der jüngsten Entwicklungen zusammen. Hier soll nach dem Willen Zakums, des kommissarischen Oberhaupts der Schwarzen Familie, der neue Thronfolger der Dämonen gewählt werden. Doch die Versammlung der Sippenoberhäupter verkommt zu einem Intrigenspiel. Die Zeit, die Dorian und Coco bleibt, um ihren Sohn aus den Klauen der Schwarzen Familie zu retten, läuft ab …

Der 44. Band der legendären Serie um den "Dämonenkiller" Dorian Hunter. - "Okkultismus, Historie und B-Movie-Charme - ›Dorian Hunter‹ und sein Spin-Off ›Das Haus Zamis‹ vermischen all das so schamlos ambitioniert wie kein anderer Vertreter deutschsprachiger pulp fiction." Kai Meyer

enthält die Romane:
193: "Schattenspiele"
194: "Die Sekte der Teufelsanbeter"
195: "Das Kind des Krakatau"
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum1. Juni 2014
ISBN9783955720445
Dorian Hunter 44 – Das Kind des Krakatau

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    Buchvorschau

    Dorian Hunter 44 – Das Kind des Krakatau - Dario Vandis

    Das Kind des Krakatau

    Band 44

    Das Kind des Krakatau

    von Dario Vandis

    © Zaubermond Verlag 2014

    © Dorian Hunter – Dämonenkiller

    by Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

    Titelbild: Mark Freier

    eBook-Erstellung: story2go | Die eBook-Manufaktur

    http://www.zaubermond.de

    Alle Rechte vorbehalten

    Was bisher geschah:

    Der ehemalige Reporter Dorian Hunter hat sein Leben dem Kampf gegen die Schwarze Familie der Dämonen verschrieben, seit seine Frau Lilian durch eine Begegnung mit ihnen den Verstand verlor.

    Seine Gegner leben als ehrbare Bürger über den gesamten Erdball verteilt. Nur vereinzelt gelingt es Dorian, ihnen die Maske herunterzureißen.

    Bald kommt Hunter seiner eigentlichen Bestimmung auf die Spur: In einem früheren Leben schloss er als französischer Baron Nicolas de Conde einen Pakt mit Asmodi, dem Oberhaupt der Schwarzen Familie, der ihm die Unsterblichkeit sicherte.

    Um seine Sünden zu büßen, verfasste de Conde den »Hexenhammer« – jenes Buch, das im 16. Jahrhundert zur Grundlage für die Hexenverfolgung wurde. Doch der Inquisition fielen meist Unschuldige zum Opfer; die Dämonen, auf die de Conde es abgesehen hatte, blieben ungeschoren. Vielmehr wurde bald er selbst als Ketzer angeklagt und hingerichtet. Der Pakt galt, und de Condes Seele wanderte in den nächsten Körper. In vielen Inkarnationen verfolgte er seitdem rachsüchtig die Mitglieder der Schwarzen Familie, bis es ihm in der Gegenwart als Dorian Hunter endlich gelang, Asmodi zu vernichten und auch dessen Nachfolgern wenig Glück beschieden war.

    Eine Prophezeiung, die Dorian Hunter in einer Burg in Siebenbürgen fand, soll klären, wer den verwaisten Thron der Finsternis besetzen wird.

    Zakum, der als dunkler Archivar die Schwarze Familie kommissarisch führt, interpretiert die zweideutige Botschaft zugunsten der Schementochter Larissa, die mit großen magischen Fähigkeiten ausgestattet ist. Aber Larissa hat andere Pläne. Sie will zurückkehren in die Schemenwelt, von der sie selbst nur eine vage Vorstellung hat, die ihr von ihrem toten Vater Nathaniel übermittelt wurde.

    Nachdem mit dem Hexer Jacques d'Arcy ein weiterer Kandidat um den Posten des Oberhauptes ausgeschaltet wurde, ist Larissa ohne Nebenbuhler – bis auf Isbrant, den geheimnisvollen Dämon, der kürzlich in London auftauchte und Martin Zamis aus der Jugendstilvilla entführte. Dorian Hunter ist überzeugt davon, dass Isbrant Martin im Auftrag der Schwarzen Familie zum Thronfolger machen will: Hunters Sohn ist das zu früh herangewachsene Kind, von dem in der Prophezeiung die Rede ist!

    Aber Coco glaubt nicht an Dorians Theorie. Warum lockte Isbrant nach Martin auch Dorian auf die DIABOLO, das Geisterschiff, mit dem er seit Jahrhunderten die Ozeane befährt?

    Mit seinen Gefangenen steuert Isbrant in Richtung der Vulkaninsel Krakatau in Indonesien, wo der neue Fürst gewählt werden soll.

    Coco reist ihm nach, um Dorian und Martin zu befreien. Aber ein magischer Keim – ausgelöst durch einen Vampirbiss, den sie in Siebenbürgen im Kampf gegen Isbrants Schergen erhielt – droht ihre Rettungsaktion zu vereiteln. Coco begibt sich in die Hand der mächtigsten Dämonensippe von Jakarta, um die Schwäche zu besiegen. Sie ahnt nicht, dass ihr Plan zum Scheitern verurteilt ist, denn Isbrants Intrige reicht weiter, als sie sich in ihren kühnsten Träumen vorgestellt hat.

    So bleibt ihr nur ein letzter Trumpf im Kampf um ihren Sohn: Dorian Hunter, der Dämonenkiller. Er muss sich seines siebtes Leben als Hendrick Zevanck van Staavort erinnern, als er im Körper eines Dämons auf der DIABOLO nach Ostindien segelte – zusammen mit Isbrant, dessen dämonische Laufbahn in jenen Tagen ihren Anfang nahm. Einen Teil seiner Erinnerung hat Dorian bereits zurückerhalten. Aber das Geheimnis um Isbrants Herkunft ist immer noch ungeklärt ...

    Erstes Buch: Schattenspiele

    Schattenspiele

    1. Kapitel

    Die Nacht war wie geschaffen für einen Überfall. Dichter Nebel lag über der Straße von Malakka, verdeckte die Sterne und die dünne Sichel des Mondes. Die Borduhr zeigte kurz nach einundzwanzig Uhr Singapur-Zeit. Eine Seemeile voraus fuhr die Cheung Son, ein alter Fischkutter, dessen Besatzung nichts von ihrem Schicksal ahnte.

    Die Luft war schwül und warm. Der Salzgeruch des Meeres vermischte sich mit dem Nelkenduft der Kretek-Zigarette, die in Lukmans Mundwinkel glomm. Er nahm einen tiefen Zug und schnippte die Kippe über Bord.

    Normalerweise überfielen sie Containerschiffe und Tanker, pumpten das Öl ab, um es im Südchinesischen Meer meistbietend zu verkaufen.

    Die Cheung Son war ein Sonderauftrag. Ein alter Kutter, der eigentlich keinen Wert darstellte. Keine Ladung.

    Aber Lukman stellte keine Fragen. Seine Männer waren bekannt für ihre Zuverlässigkeit. Ein hervorragend ausgebildetes Team, keine Amateure wie die zerlumpten Piratenbanden, die die Meerenge von Malakka bevölkerten. Lukman war der Einzige, der den Namen ihres Auftraggebers kannte. Ein Mittelsmann instruierte Lukman, und Lukman instruierte seine Leute. Sie waren Profis.

    Ein Ruf vom Achterdeck. Die Lichter des Kutters waren aus dem Nebel aufgetaucht. Die Mannschaft der Cheung Son würde tief schlafen, wenn der Tod an Bord geschlichen kam.

    Lukmans Männer sammelten sich an Deck. Ein Nebelhorn ertönte von Backbord. Die Umrisse eines Tankers schälten sich aus dem Nebel. Das war das Risiko der Straße von Malakka – und gleichzeitig ihr größter Vorteil. Sie war die meistbefahrene Wasserstraße der Welt. Niemand würde auf einen Fischkutter achten, dessen Lichter erloschen und der von einem Augenblick zum anderen vom Kurs abwich.

    Lukman wartete, bis der Tanker verschwunden war, und gab dem Steuermann ein Zeichen. Das Brummen der Motoren wurde unmerklich lauter. Die Radarschirme verrieten, dass die Cheung Son nur noch eine halbe Seemeile entfernt war. Lukman ließ die Lichter löschen.

    Noch zweihundert Fuß. Die Silhouette des Kutters tauchte aus dem Nebel auf.

    Noch hundertfünfzig.

    Auf der Cheung Son war alles still. Die Bordwand war kaum sieben Fuß hoch. Ohne Ladung lag der Kutter nicht tief im Wasser. Nur Lukman wusste, dass sie diesmal nicht engagiert worden waren, um Beute zu machen.

    Drei Enterhaken wurden ausgeworfen. Lautlose Schatten hangelten sich die Bordwand hinauf. An Deck der Cheung Son verbargen sie sich hinter einer Seilwinde. Lukman gab einem kräftigen, vollbärtigen Kerl, den sie Oleg nannten, ein Zeichen. Oleg löste sich aus dem Versteck und schlich geduckt zum Achterdeck. Geräuschlos verschwand er durch die Tür zum Steuerraum.

    Zwei Minuten vergingen, dann blitzte eine Taschenlampe auf. Die Männer huschten auf die Kajüten zu. Lukman schickte einige seiner Leute zu den Mannschaftsunterkünften und folgte Oleg in das Steuerhaus.

    Der Steuermann lag auf dem Boden, um seinen Hals eine dünne Drahtschlinge, die sich in seine Haut gegraben hatte.

    Oleg stand am Ruder.

    »Elektronischer Alarm?«

    »Nichts«, antwortete der Riese einsilbig. Seine Stimme war tief, aber ohne Akzent. Er stammte aus Sumatra, und Oleg war gewiss nicht sein richtiger Name. Er sprach nie über seine Vergangenheit, und Lukman interessierte sich auch nicht dafür.

    Der Kahn war mit den neusten Shiploc-Systemen ausgerüstet gewesen. Das war ungewöhnlich für einen Kutter. Das Kästchen strahlte Signale aus, um der Reederei den Aufenthaltsort mitzuteilen. Nicht einmal der Kapitän wusste, wo der Sender versteckt war. Lukman hatte die Worte des Mittelsmannes noch im Ohr: Sie können davon ausgehen, dass das Shiploc-Signal deaktiviert ist. Manchmal fürchtete er sich fast vor seinem Auftraggeber.

    »Es befindet sich ein Kind an Bord«, sagte Oleg, »und zwei Frauen als Passagiere.«

    »Wir setzen sie mit der Mannschaft aus.«

    Es gab eine Vereinbarung zwischen ihnen und dem International Maritime Bureau zur Bekämpfung der Freibeuterei in Singapur. So wenig Tote wie möglich, keine sinnlose Gewalt. Lukman hatte sich stets daran gehalten.

    »Wohin fahren wir?«

    Lukman entschied, dass es an der Zeit war, Details preiszugeben. »An der Küste von Sumatra entlang, raus aus den internationalen Gewässern. Unser Ziel ist Sunda Kelapa.« Eine weitere ungewöhnliche Fußnote an diesem Auftrag. Der alte Hafen von Jakarta war schon seit Jahrzehnten stillgelegt. »Die Hafenbehörden sind bestochen, die Papiere vorbereitet. Wir nehmen etwas an Bord und liefern es am Krakatau ab. Danach wird der Kahn versenkt.«

    Oleg erhöhte die Geschwindigkeit. Die Motoren brummten und übertönten die Geräusche aus den Kabinen. Lukman glaubte, Schreie zu hören, aber er war sich nicht ganz sicher.

    »Was nehmen wir an Bord?«

    »Nur eine alte Kiste.«

    Oleg grunzte. »Eine Kiste?«

    Lukman nickte. »Eine Kiste.«

    Vierundzwanzig Stunden später in Jakarta, Westjava

    Saimun strich der jungen Frau, die er vor einer Stunde auf der Straße kennengelernt hatte, mit gespielter Zärtlichkeit durch das Haar. »Ich möchte mit dir glücklich sein, Hasnah – für immer.«

    Hasnah lächelte und ließ sich von seinen Worten verzaubern. Sie spürte nicht den leichten hypnotischen Einfluss, der sich wie eine Fessel um ihren Geist gelegt hatte und sie jedes seiner Wort ergriffen aufsaugen ließ. Sie stand in seinem Bann – und so würde es bleiben bis zu ihrem Tod.

    Saimun Himotu war ein gut aussehender junger Mann, dem Anschein nach nicht älter als zwanzig, mit einem sportlichen Kreuz und modisch kurz geschnittenen schwarzen Haaren. Aber sein Aussehen war zweitrangig. Es war dieser Blick, der jede Frau betörte.

    »Möchtest du noch etwas trinken?« Er winkte den Ober heran. »Rotwein bitte, etwas Exquisites. Siehst du, Hasnah, ich nehme nur das Beste für dich. Es soll ein wunderschöner Abend werden.«

    Sie nickte verträumt.

    Eine halbe Stunde später ließ Saimun die nächste Flasche kommen, dann noch eine und noch eine. Er liebte es, seine Opfer willenlos zu machen. Wenn man später ihre Leichen fand – gewöhnlich als Opfer eines Verkehrsunfalls –, lieferte der Alkohol im Blut der Polizei eine willkommene Erklärung. Natürlich hätte Saimun als Mitglied des mächtigen Himotu-Clans ganz andere Möglichkeiten der Einflussnahme gehabt, aber die raffinierte Planung eines Mordes, die anschließende Spurenbeseitigung, das überließ er staubtrockenen Dämonen vom Schlage seines Vaters. Saimun war ein impulsiver Mann, und er wollte jeden Moment seines Lebens genießen.

    »Gehen wir.«

    Er half Hasnah in den Mantel. Sie war schwarzhaarig wie alle seine Opfer. Er hatte ein Muster entwickelt mit der Zeit. Die Mädchen mussten zierlich und von blasser Hautfarbe sein. Und natürlich alleinstehend, um Aufsehen zu vermeiden. Sein Vater Pak Himotu, Oberhaupt der Sippe und Herr über Jakartas Ober- und Unterwelt, war schrecklich altmodisch, wenn es um diese Dinge ging. Für ihn galt der Kodex der Schwarzen Familie, stets unauffällig zu operieren. Er fühlte sich den alten Vorsätzen verpflichtet. Saimun fand das lächerlich.

    Er führte Hasnah zu seinem Wagen, einem roten BMW, der am Straßenrand parkte. Das Restaurant, in dem sie zu Abend gegessen hatten, lag im Zentrum von Jakarta, am Rande des Geschäftsviertels. Ein paar Blocks weiter ragten die spiegelverglasten Hochhäuser in den Himmel, zwischen denen sich bei Tag Millionen von Autos und Fußgänger durch enge Straßenschluchten schleppten. Um diese Zeit war die Gegend menschenleer.

    Er parkte den Wagen auf der Frontseite des Himotu-Towers, des Hauptsitzes einer Versicherungsgesellschaft, die sein Vater vor mehr als siebzig Jahren gegründet hatte. Saimun selbst war zu dieser Zeit noch ein Kind gewesen und hatte kurz vor seiner Weihe zum Dämon gestanden. Er erinnerte sich nur ungern daran, denn die Erziehung seines Vaters war streng gewesen. Er hatte sich nach Leibeskräften bemüht, die eigene Mittelmäßigkeit und Spießigkeit auf seinen Sohn zu übertragen.

    Was Vater wohl sagen würde, wenn er wüsste, dass ich direkt vor dem Eingang seines geliebten Towers ein Opfer schlage?

    Er würde toben. Gerade jetzt, da ein Cousin Pak Himotus von einem unbekannten Dämon getötet worden war. Vielleicht stand ein Sippenkampf bevor, und was die Himotus jetzt am wenigstens brauchten, waren Ermittlungen in einem weiteren Mordfall. Saimun wusste, dass sein Vater recht hatte, aber es scherte ihn wenig.

    Pak Himotu würde seinen einzigen Sohn niemals verstoßen. Er litt an einer magischen Krankheit, die ihn vor über dreißig Jahren zeugungsunfähig gemacht hatte. Eines Tages würde Saimun sein Nachfolger werden, auch wenn es Pak Himotu wahrscheinlich insgeheim vor diesem Tage grauste. Ein Leichtfuß wie er an der Spitze des Himotu-Imperiums ... Schon jetzt konnte er es kaum noch abwarten, über die Machtfülle seines Vaters zu verfügen.

    »Was tun wir hier?«, fragte Hasnah und blickte verwundert aus dem Fenster. Sie war hübsch, aber dumm und schöpfte noch immer keinen Verdacht.

    »Zieh dich aus.«

    »Wie bitte?«

    »Ich will es mit dir treiben. Zieh dich aus.«

    »Aber Saimun, wir können doch nicht ...« Der Alkohol machte ihre Zunge schwer. Sie verstummte, als sie seinen Blick sah. Er meinte es ernst! Es fiel Hasnah schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Warum eigentlich nicht? Wenn du ehrlich bist, findest du doch gar nichts dabei ... Waren das etwa ihre eigenen, schmutzigen Gedanken?

    Sie zog ihren Mantel und ihre Bluse aus. Saimun stierte auf den Büstenhalter. Seine Hände tasteten über ihre nackten Schultern, über ihren Bauch.

    Jemand klopfte an die Windschutzscheibe. Saimun fuhr herum, mit dem Blick eines Raubtiers.

    Eine dunkle Gestalt war neben der Fahrertür aufgetaucht. Saimun erkannte eine Polizeimütze auf einem rundlichen Kopf und ein blasses Gesicht, das ihm kühl und misstrauisch entgegenstarrte.

    Hasnah stieß ein Geräusch aus, das wohl ein Schrei sein sollte, und versuchte die nackten Brüste hinter der Bluse zu verstecken.

    »Steigen Sie bitte aus!«

    Saimun ließ die Scheibe herunterfahren. »Wissen Sie, mit wem Sie es zu tun haben?«

    »Steigen Sie bitte aus, tuan Himotu.« Der Polizist, der eine dunkle Narbe unter dem rechten Auge trug, trat einen Schritt zurück und legte die Hand auf seine Waffe.

    Saimun war unschlüssig, was er tun sollte. Aber Hasnah lief ihm nicht davon. Er stieg aus und strich seinen Anzug zurecht. Sein Blick ließ keinen Zweifel daran, dass er die unerwünschte Störung bei der nächsten Besprechung mit dem Polizeichef auf den Tisch bringen würde.

    »Es wird nicht lange dauern, tuan Himotu. Bitte kommen Sie mit zu meinem Wagen.«

    Er folgte dem Beamten und sah, wie sich die Beifahrertür des Polizeiwagens öffnete. Die schwarzen, zu einem Zopf zusammengebundenen Haare und das speckige Gesicht mit dem breiten Schnurrbart kamen ihm sofort bekannt vor.

    »Husin!«, entfuhr es ihm. »Aber du bist doch – tot!«

    Der Cousin seines Vaters schenkte ihm nur ein unergründliches Lächeln. »Ich bin froh, dich zu sehen, Saimun. Lass uns keine Zeit versäumen. Dein Vater erwartet uns.«

    Saimun verstand überhaupt nichts mehr. Noch heute Mittag hatte sein Vater ihn über Husins Tod und die schreckliche Schändung seiner Leiche in Kenntnis gesetzt – und jetzt stand er leibhaftig vor ihm. Er starrte den Cousin an wie einen Geist. »Sie haben dir die Haut abgezogen«, flüsterte er. »Du musst tot sein!«

    »Komm mit ins Büro. Dort können wir alles besprechen.«

    Saimun fand nur sehr langsam wieder zu sich. »Vater ist im Büro? Um diese Zeit?«

    »Er ist ganz begierig darauf, mit dir zu sprechen, Saimun.«

    Sie traten durch den Eingang. Saimun wandte den Blick zu Hasnah, die noch immer auf dem Beifahrersitz saß.

    Sie hatte die Augen geschlossen und den Kopf leicht zur Seite geneigt. Der Alkohol war stärker als der Schock. Sie schlief.

    Sie betraten den Tower, und Saimun grüßte den Wachmann. Er hatte das Gesicht schon einmal gesehen, aber er pflegte sich die Namen der Bediensteten nicht zu merken.

    »Dr. Himotu erwartet uns«, sagte Husin, als habe er das Wort zu führen.

    Sie fuhren mit dem Lift in den vierzigsten Stock. Die Etage, in der sich Himotus Büro befand, war verlassen. Der Zugang wurde durch eine panzerverglaste Tür geschützt.

    Saimun tippte die Kombination ein. Die Tür schwang auf. Dahinter befand sich eine magische Barriere, die sich bei Abwesenheit seines Vaters automatisch aktivierte. Saimun schaltete sie aus. Spätestens jetzt wurde ihm klar, dass etwas nicht stimmte. Wie konnte die Barriere aktiviert sein, wenn Vater im Büro war?

    Der übergroße Schreibtisch, der niemals unaufgeräumt wirkte, stand verlassen in der Finsternis, zu beiden Seiten umgeben von zwei Jacaranda-Zöglingen, die aus großen, schwarzen Keramiktöpfen wuchsen. Die erleuchteten Fenster der umliegenden Häuser glommen wie hunderttausend Augen in der Nacht und warfen diffuse Schatten auf den Veloursteppichboden.

    Saimun drehte sich um. »Was soll das, Husin? Du machst dir einen Spaß mit mir, nicht wahr? Ich ...«

    »Das ist kein Spaß, Saimun.«

    Saimun kniff die Augen zusammen. Auf seiner Stirn zeigte sich eine steile Falte, die immer dann entstand, wenn er nicht begriff, was um ihn herum vor sich ging.

    Husin trat zur Seite, und Saimun erblickte die Pistole in der Hand des Polizisten.

    »Husin, verdammt, das ist doch lächerlich. Du weißt selbst, dass normale Kugeln ...«

    »Sie ist mit silbernen Kugeln geladen. Sie sind magisch präpariert. Du hast keine Chance, Saimun.«

    Saimun hob die Hände. »Bitte, tu nichts Unbedachtes. Was willst du? Geld? Macht? Hast du dich mit meinem Vater zerstritten? Hör zu, ich weiß nicht, was zwischen euch ist, aber ich könnte ...«

    »Du wirst jetzt sterben, Saimun.«

    Saimun fiel auf die Knie. Die Wirkung des Alkohols war von einem Augenblick zum anderen verflogen. »Husin, bitte – das kannst du doch nicht wollen!«

    Husin gab das Zeichen.

    Saimun begriff, dass ihm nur Sekundenbruchteile blieben. Er warf sich zur Seite und schrie einen Zauberspruch. Eine Feuerkugel, groß wie ein Tennisball, raste auf Husin zu und traf ihn in die Brust. Brandgeruch erfüllte die Luft, als sie sich in den Körper fraß und das Fleisch um die Wunde herum zum Schmelzen brachte. Saimun grinste.

    Aber sein Triumph war nur von kurzer Dauer. Ein pfeifendes Geräusch ertönte, und Husins Körper sackte wie eine Puppe, aus der man die Luft gelassen hatte, in sich zusammen. Zurück blieb ein schmaler Lederstreifen auf dem Teppich, mit einem Brandloch in der Mitte.

    Eine Wayang-Puppe. Saimun war vor Schreck wie gelähmt. Wie war das möglich?

    Sein Blick irrte zur Mündung der Pistole.

    »Husin ist gestern gestorben«, sagte der Polizist. »Das war nur seine Hülle – seine Haut, die ich zum Leben erweckt habe, um dich zu täuschen.«

    »Mein Vater wird ...«

    »... nichts unternehmen, was den Gepflogenheiten eines Sippenkampfes widerspricht. Es geht ums Geschäft, Saimun. Es ist nichts Persönliches.«

    »Aber ...«

    Der Schuss riss ihm die Worte von den Lippen.

    Lukman strich sich mit der Hand über das unrasierte Gesicht. In seiner Hand glühte ein Kretek-Stummel – er wusste nicht mehr, der wievielte in dieser Nacht.

    Sein Blick fiel auf die Schuppen der Hafenanlage, deren Konturen im Dämmerlicht verschwammen. Der alte Kolonialhafen von Jakarta, tagsüber ein Tummelplatz für Touristen, lag wie ausgestorben da.

    Es war kurz vor drei Uhr, als er eine Bewegung am Steg bemerkte. Sein Körper streckte sich. Sofort war die Müdigkeit verflogen, die in den letzten Minuten von ihm Besitz ergriffen hatte. Er fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. Der alte Hafen von Batavia war kein guter Ort, um ein Schiff zu verstecken, selbst wenn es mit neuen Papieren ausgestattet war. Aber der Auftrag hatte Vorrang. Lukman wurde gut bezahlt, und seine Ehre gebot es ihm, den Lohn mit guter Arbeit zu vergelten.

    Zwei Männer näherten sich der Cheung Son. Sie waren von unterschiedlicher Größe, aber sonst in der Dämmerung kaum zu unterscheiden. Lukman sah graue Anzüge, halblange, schwarze Haare und versteinerte Gesichter.

    Die Männer schüttelten weder seine Hand, noch stellten sie sich vor. Zwischen sich trugen sie eine Kiste, die aus wurmstichigen Brettern zusammengenagelt war. Sie war anderthalb Meter lang und ähnelte einem Kindersarg.

    »Sie sind der Kapitän?«

    Lukman nickte. »Es ist alles vorbereitet.«

    Schweigend betraten sie den Steg. Die Kiste schaukelte zwischen ihnen, kein Geräusch drang aus ihrem Innern.

    »Wir haben einen Raum unter Deck freigeräumt. Bitte folgen Sie mir.«

    Lukman führte die Besucher über eine Treppe in das Innere des Schiffes. Es stank nach Fisch. Lukmans Kameraden ließen sich nicht blicken. Das entsprach der Abmachung. Je weniger Männer die Besucher zu Gesicht bekamen, desto besser.

    Lukman öffnete eine Tür. »Da können Sie sie abstellen.«

    Die Männer machten keine Anstalten, den Raum, in dem absolutes Dunkel herrschte, zu betreten. Sie hielten die Kiste in den Händen, als wäre sie federleicht, und blickten Lukman aus ihren leblosen, rauchgrauen Augen an.

    »Sind Sie allein?«

    Lukman schüttelte den Kopf. »Wir sind sechs Männer. Mit weniger Leuten hätte ich das Schiff nicht kapern können, das habe ich Ihrem Mittelsmann gesagt.« Als die Fremden nichts erwiderten, hob er beschwichtigend die Hände. »Es wird niemand einen Blick in die Kiste werfen, das schwöre ich Ihnen.«

    Der Kleinere der beiden fuhr fort: »Die Kiste bleibt verschlossen. Sie liefern sie am vereinbarten Treffpunkt ab und versenken den Kutter, sobald Sie ein anderes Schiff zur Hand haben. Hier ist Ihr Honorar.« Er zog ein Bündel Banknoten heraus, während die andere Hand weiterhin wie selbstverständlich den Griff der Kiste umschloss. Die Kiste bewegte sich nicht einmal. »Wir werden sie jetzt abstellen.«

    »Ich warte hier.«

    »Sie können nach oben gehen«, schnarrte der Mann. »Kümmern Sie sich nicht um uns. Fahren Sie zum vereinbarten Zeitpunkt ab.«

    Lukman nickte und ging. Nach ein paar Metern drehte er sich noch einmal um.

    Die beiden Männer hatten den Raum betreten. Er vernahm ein dumpfes Geräusch. Sie hatten die Kiste abgestellt. Dann erklang ein Rascheln und Quietschen wie von sich öffnenden Scharnieren.

    Stille.

    Er wartete darauf, dass die Männer wieder herauskamen, aber nichts geschah.

    Sein Gefühl, dass mit diesen Besuchern etwas nicht stimmte, wurde stärker. Nach zwei Minuten ging er zurück zur Tür.

    Der Raum war dunkel. Im Hintergrund glaubte er, die Umrisse der Kiste erkennen zu können. Er rief nach den Männern, erhielt aber keine Antwort.

    Er wartete noch einmal zwei Minuten, bevor er den Raum betrat. Lukman war nicht leicht ins Bockshorn zu jagen, aber irgendetwas sagte ihm, dass seine Furcht vor den beiden Männern berechtigt gewesen war. Auf seinen Unterarmen fühlte er eine leichte Gänsehaut.

    Aus dem Korridor drang ein schwacher Fetzen Licht herein, und als seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah er die Kiste. Sie war wieder verschlossen.

    Von den beiden Männern fehlte jede Spur.

    Neun Stunden später

    Als Coco Zamis die Maschine auf dem Flughafen von Jakarta verließ, schlug ihr feuchtschwüle, aufgeheizte Äquatorialluft entgegen. Der Himmel war von schiefergrauen Wolken bedeckt und die Fassade des Flughafengebäudes glänzte im Nieselregen. Dunst hockte schwermütig auf den Vulkanbergen, die sich südlich der Stadt auftürmten.

    Coco spürte den Schweiß unter den Achseln, der nicht allein von der hohen Luftfeuchtigkeit herrührte. Die magische Schwäche, ausgelöst durch einen Vampirbiss, den sie in Siebenbürgen erhalten hatte, hielt sie seit Tagen in den Klauen.

    Sie verließ den gläsernen Terminal. Autos drängten sich auf allen Fahrspuren. Die Fassade warf Spiegelreflexe auf schmutzige Windschutzscheiben, Rostfelgen und frischen Asphalt.

    Ein Taxi scherte aus der Schlange aus. Der Fahrer war ein dunkelhäutiger Einheimischer, etwa Mitte vierzig, mit einem dichten Vollbart. Seine Gesichtshaut war ausgetrocknet und von Falten durchzogen; wenn er lächelte, wirkte es, als würde sich eine Zeltplane verziehen. Zwischen seinen Lippen klemmte die unvermeidliche Kretek, deren intensiver Nelkenduft über die heruntergekurbelte Scheibe nach draußen drang.

    »Ein Hotel in der Stadt.«

    »Oberklasse, Miss?«

    Coco nickte.

    »Dann empfehle ich das Borobudur am Merdeka-Platz.«

    Er verstaute ihr Gepäck im Kofferraum und öffnete den Schlag. Coco stieg ein und lehnte sich zurück. Das Taxi reihte sich hupend in den Verkehr ein.

    »Mein Name ist Andrew«, sagte der Fahrer, offenbar stolz, einen Namen englischer Herkunft zu besitzen. »Sie sehen nicht gut aus, Miss. Hatten Sie einen langen Flug?«

    Coco drehte den Kopf zur Seite. Sie schloss die leichte Jacke und verschränkte die Hände vor der Brust.

    »Soll ich die Heizung aufdrehen?«

    Sie schüttelte den Kopf. Die Gänsehaut auf ihren Unterarmen rührte von der nachlassenden Wirkung des Theriaks her. Sehnsüchtig dachte sie an die Ampulle, die in ihrem Koffer verstaut war.

    Coco war müde und erschöpft, aber Andrews Fahrstil ließ

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