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Faszinierend! Star Trek und die Wissenschaften Band 2
Faszinierend! Star Trek und die Wissenschaften Band 2
Faszinierend! Star Trek und die Wissenschaften Band 2
eBook434 Seiten5 Stunden

Faszinierend! Star Trek und die Wissenschaften Band 2

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Über dieses E-Book

Nicht Warpfeldtheoretiker, Exobiologen und Wissenschaftsoffiziere der Sternenflotte sind es, sondern Physiker, Politologen und Soziologen, Philosophen und Philologen, Literatur- und Medienwissenschaftler, die hier das Star Trek-Universum erforschen. Mit derselben Faszination und demselben Forscherdrang, mit denen auch die Crew der Enterprise den (Serien-)Weltraum erkundet, dringen sie dabei in die 'unendlichen Weiten' der erfolgreichsten Fernsehserie der Welt vor. Mit diesem zweibändigen Werk liegt die bis dato umfassendste Textsammlung deutschsprachiger Star Trek-Forschung vor.
SpracheDeutsch
HerausgeberVerlag Ludwig
Erscheinungsdatum31. Jan. 2012
ISBN9783869351681
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    Buchvorschau

    Faszinierend! Star Trek und die Wissenschaften Band 2 - Helga Brandt

    978-3-86935-168-1

    STAR TREK und die Wissenschaften: The journey continues…

    Thomas Richter

    Nachdem der erste Band von Faszinierend! Star Trek und die Wissenschaften die Serien und Filme im Spannungsfeld von Science Fiction und Utopie untersucht hat und sie v.a. im Hinblick auf die Progressivität oder gar Radikalität ihrer technischen Visionen und gesellschaftlichen Zukunftsentwürfe betrachtet hat, widmet sich der vorliegende zweite Band Star Trek als einem explizit filmischen, d.h. zeichenhaften Text und im engeren Sinne populärkulturellen Produkt.¹

    Sektion 3: Fremde Welten und unbekannte Lebensformen

    Mit dem in den oft zitierten Vorspannen von The Original Series und The Next Generation proklamierten Forscherdrang, der vulkanischen IDIC-Philosophie² und der allseits Toleranz gebietenden ›Obersten Direkti­ve‹ (der so genannten ›Nichteinmischungs-Direktive‹) wird eine Größe gesetzt, die als Garant für die von Star Trek (sowohl in der Diegese als auch darüber hinausgehend) vehement in Anspruch genommenen ›Tugenden‹ (wie etwa Akzeptanz, Libe­ralität und Humanität; vgl. Whitfield/Rod­denberry 1968, 40) fungiert: das ›Fremde‹.³

    Den ›ersten Kontakt‹ stellt Roland Bausch in seiner soziologischen Analyse her, in der er die Star Trekschen Begegnungen mit dem Fremden (hier: Aliens) anhand von Erklärungsmodellen aus der Soziologie zu beschreiben sucht. Der besondere Fokus der dritten Sektion richtet sich aber alsdann auf die Star Trek-spezifische Art und Weise der Darstellung des/der Fremden auf der Diskursebene, der Ebene der filmischen Vermittlung.⁴ Abge­fragt werden die Attribute und Funktionen, die den Fremden zuge­schrie­ben werden, d.h. konkret: ihr Kostüm und ihre Maske, ihre (fiktive) charakteristische (auch Sprach-)Kultur, ihr Requisit und v.a. auch die Strategien, mit denen sie inszeniert werden. Inwiefern bspw. mit dem Klingo­nis­chen eine bis ins kleinste Morphem und Phonem hinein ›maßgeschneiderte‹ (Kunst-)Sprache für eine der beliebtesten Star Trek-Spezies, den kriegerischen aber ›ehrenhaften‹ Klingonen, (und darüber hinaus auch eine – gar Exklusivität beanspruchende – Kommunikationsform für die Trekkie-Gemeinde)⁵ bereitgestellt wird, zeigt W. Günther Rohr in seiner detaillierten sprachwissenschaftlichen Untersuchung auf. Klemens Hippel fragt nach den – auch und gerade rezipientenbezogenen – dramaturgischen Funktionen, die die nichtmenschlichen ›unbekannten Lebensformen‹ wie z.B. der Android Data aus The Next Generation erfüllen, und versucht den offenkundigen Widerspruch, dass es ausgerechnet diese strikt als emotionslos konzipierte Figur ist, der doch alle Publikumssympathien zufliegen, aufzulösen. Einen ganz genauen Blick in den Star Trekschen Weltraum und auf die ihn durchmessenenden Raumschiffe wirft Eckhard Pabst in sei­­ner Untersuchung der von den actiongeladenen, bombastischen (Film-)Bildern visualisierten räumlichen Verhältnisse und ihrer (tiefen-)semantischen, ideologischen Besetzung.⁶ Auch Ingrid Weber nimmt in ihrer philosophischen, erkenntnis- und wahrnehmungstheoretischen – den Rahmen um die dritte Sektion schließenden – Analyse eine ›Vermessung‹ der unendlichen Weiten Star Treks vor, jetzt jedoch nicht der geographischen, sondern der metaphy­sischen, und stößt dabei an die wirklich ›allerletzen Grenzen‹ des (Denk-)Universums der Serien, ebenso wie des unsrigen, immer anthropozentrisch geprägten.

    Sektion 4: Unendliche Weiten

    Dass Star Trek ein Phänomen der Populärkultur ist, d.h. dass die Serien und Filme in einen Warenzusammenhang eingebundene Produkte einer (Massen-)Kulturindustrie sind, ist ein Sachverhalt, der den beiden Bänden von Faszinierend! Star Trek und die Wissenschaften untersuchungsleitend zugrunde liegt. In ihrer Gesamtheit wollen sie somit einen Beitrag zur Erforschung von Populärkultur leisten.

    Dennoch: ›Populärkultur‹ ist ein unendlich weit gefasster Begriff, der eine ebenso unendliche Vielfalt von Annahmen und Auslegungen impliziert. Die vierte und letzte Sektion widmet sich in Ausführlichkeit der Verortung Star Treks in diesen ›unendlichen Weiten‹, Populärkulturforschung dabei erstens als eine kritische Theorie der Medienkultur, der ›Globalisierung‹ und des Populären verstehend, innerhalb derer das Produkt selbst zu untersuchen ist, zweitens – aber eng damit verknüpft – als eine Lektüre der stark inter­tex­tuellen Prägung populärkultureller Texte und drittens als eine Kulturanalyse, die – mit dem Paradigma ›Massenkultur‹ brechend, gleichsam abrechnend – ihr Zentrum in den produktorientierten Handlungen der Rezi­pien­ten, aber nicht in den Produkten selbst hat, d.h. im Bereich zwischen Medien- und Alltagswelt erfolgt.

    Verstand die ›Laborthese‹ Star Trek als kulturelles Produkt, dessen intertextuelle Bindungen auch auf den jeweils zeitgenössischen Diskursi­vie­­rungen der Wissenschaften fußen (vgl. Wulff i.d.B., Bd. 1), so erwies sich in den vielfältigen Betrachtungen, die im Rahmen der Ringvorlesung Star Trek als Phänomen der Populärkultur und der Tagung Star Trek und die Wissenschaften angestellt wurden, dass es v.a. populäre Diskurse sind, an die Star Trek anschließt. Gerade in Bezug auf die Darstellung von Wissenschaft wird so genanntes ›Alltagswis­sen‹, d.h. allgemein verstehbare, allgemein verbreitete, von der Kulturindus­trie vermittelte (und damit unweigerlich als ideologisch verdächtige) und auch vorausgesetzte Wissensbestände, auf- und abgerufen (vgl. Wulff 1999).⁷ Helga Brandt, Frauke Schindel und Jens Wellhöner zeigen in ihrem Beitrag beispielhaft an der wissenschaftlichen Disziplin der Archäologie auf, dass es v.a. stereotype, ge­ra­dezu ›klassische‹, durch mediale Texte wie etwa die populären Indiana Jones-Block­­buster perpetuierte Bilder sind, die die Darstellung der Archäologie, ihrer Arbeitsweisen und nicht zuletzt ihrer Wissenschaftler selber prägen.

    Eine Bestimmung Star Treks innerhalb (nicht nur populär-)kultureller und intertextueller Bezüge nimmt auch Paul M. Hahlbohm in seiner differenzierten (literatur-,) film- und fernsehwissenschaftlichen Untersuchung des Star Trek-Textes vor, in der er anhand einiger repräsentativer Episoden dem kom­plexen Geflecht von Beziehungen zu anderen Produkten der modernen populären Kultur – v.a. zu anderen Filmen – in das Star Trek eingewoben ist (und an dem die Serien und Filme – unter aktivem ›Einbezug‹ der Zu­schau­er – beständig ›weiterspinnen‹) auf den Grund geht.

    Während die Populärkulturforschung als Massenkulturkritik eben die Bezeichnungen ›Populärkultur‹ und ›Massenkultur‹ weitestgehend gleichsetzte und daraus dementsprechend ein konsumierendes Massenpublikum ableitete, welches gemeinhin mit Attributen wie ›passiv‹, ›ohnmächtig‹, ›gleich­­­­geschaltet‹ belegt wurde,⁹ so geht sie als Kulturanalyse der Formen und Praktiken der Populärkultur zwischen Medien und Alltagsleben davon aus, dass der Rezipient in eine aktive Komunikation mit dem medialen Angebot eintreten und der Warenkonsum insofern produktiv und sogar kreativ sein kann (vgl. bspw. Morley 1992; Winter 1995). Das heißt statt den in der ›Masse‹ entindividualisierten Konsumenten als willen- und wehrlos der Mani­pulation durch die starken (Massen-) Medien aus­­ge­liefert festzuschreiben, setzt diese Theorie des ›Active Audience-Approch‹ das nunmehr als ›Nutzer‹ um- und aufgewertete Subjekt der Rezeption in eine Position, die ihm interpretative Freiheiten und Hand­­lungs­­möglichkeiten zugesteht, und erklärt ihn somit – zumindest partiell¹⁰ – als verfügungsmächtig über den Text. Am einflussreichsten hat John Fiske (1989) die ›Autonomie des Rezipienten‹ gegenüber der ›Maschine­rie der kommerziellen Massenkultur‹ (d.h. gegenüber der insti­tutionalisier­ten Produktion und Distribution der ›kulturellen Ware‹ wie auch gegenüber ihren Inhalten), aber auch die sich daraus ableitenden Konsequenzen für ein Selbstverständnis der Populärkul­turforschung ausformuliert:

    Popular culture is not consumption, it is culture – the active process of generation and circulation meanings and pleasures within a social system: culture, however industrialized, can never be adequately described in terms of buying and selling of com­modities. […] Popular culture is made by the people, not produced by the culture industry. All the culture industries can do is produce a repertoire of texts or cultural resources for the various formations of the people to use or reject in the ongoing process of producing their popular culture (ebd., 23f.).

    Ein derart ›ermächtigter‹ Rezipient kann nun in aktiven Alltags- und Rezep­tionspraktiken vorgefertigte Produkte der Kulturindustrie ›gegen den Strich lesen‹, kritisch kommentieren, die angebotenen (›aufoktroyierten‹) Bilder neu interpretieren oder sich ihnen auch einfach verweigern. Diese unmittel­bare ›Aneignungstätigkeit‹ des emanzipierten Konsumenten – in der sich eine ›Kunst des Handelns‹ verkörpert (de Certeau 1984) – ist es, auf die sich eine Analyse von Populärkultur zentrieren muss.

    Für das Verständnis von Star Trek gilt in besonderem Maße, dass es sich bei der Analyse nicht um eine (ausschließliche) Produktanalyse handeln darf, sondern vielmehr (auch) um eine der kulturellen (Star Trek-)Praktiken. Denn die

    Grenze zwischen Produktion und Konsumption wird aufgeweicht: Erst die mitdenkende Rezeption der Filme [und Serien] lässt selbige in ihrem ganzen Bedeutungspotenzial entstehen (Borstnar/Pabst/Wulff 2002, 24; Herv.d.Verf.).

    Längst schon sind dementsprechend die unermüdlich schauenden, schreibenden, (schau-)spielenden und anderweitig kreativen Star Trek-Fans – ohne die Star Trek vermutlich nicht Star Trek wäre und die mit Sicherheit als exemplarisch für die verwertende Aneignung, die Umdeutung und Weiterentwicklung eines massenkulturellen Produktes gel­ten dürften¹¹ – selbst ins Zentrum des wissenschaftlichen Interesses gerückt (vgl. u.a. Bacon Smith 1992; Jenkins 1993; Tulloch/Jenkins 1995; Penley 1991; 1997).¹² In seinem die beiden Bände von Fazinierend! Star Trek und die Wissenschaften abrundenden Artikel, spürt auch Ulf Brüdigam der Star Trek-Faszination der Trekkies nach und erforscht dabei das individuelle Rezep­tionsverhalten, die ›kleinen Lebenswelten‹ zweier idealtypischer Fans. Mit diesem Ausflug ins ›Parallel-Universum‹ des Star Trek-Fandom, d.h. in den kulturellen ›Raum‹, in dem die Fans in den medialen Formen und Inhalten Repräsen­ta­tions­mög­lichkeiten suchen (und finden), mit denen sie ihre kulturellen Identitäten zum Ausdruck bringen können, kommt diese Reise durchs Star Trek-Universum vorerst an ihrem Ende an.

    Charting the new frontier…

    Von umfassenden und fundierten natur- und gesellschaftswissenschaftlichen Analysen über detaillierte Interpretationen ausgewählter Episoden und einzelne Charakterstudien bis hin zu tiefgehenden Einblicken in die unendlichen Weiten des Star Trek-Fandom: Mit der Vielfalt von Themen und An­­sätzen, die in den beiden vorliegenden Bänden an die diversen unter dem Label ›Star Trek‹ firmierenden Serien und Filme herangetragen und erprobt werden, würdigt Faszinierend! Star Trek und die Wissenschaften das Phänomen Star Trek kritisch und ›kartographiert‹ gleichsam auch das ›Universum der Star Trek-Forschung‹ – wenngleich auch natürlich nicht erschöpfend. Eine umfangreiche, von Nina Rogotzki und Hans J. Wulff zu­­sammengestellte Star Trek-Bibliographie im Anhang dieses zweiten Bandes dokumentiert die rege Aktivität und die anhaltende Faszination, die Star Trek auf die Wissenschaften ausübt, und setzt gleichzeitig einen wissenschaftlichen Standard, auf dem zukünftige Forschung aufbauen kann.

    Am Ende hat der ›Zug zu den Sternen‹ also gerade erst begonnen;¹³ vor den Star Trek-Forschern liegt eine Vielzahl noch unberührter Themenfel­der, neuer Welten und ›unendlicher Weiten‹, in die es gilt ›unerschrocken‹ vorzudringen…¹⁴

    Bibliographie

    Bacon Smith, Camille. 1992. Enterprising Women: Television Fandom and the Creation of Popular Myth. Philadelphia: University of Pennsylvania Press.

    Berreth, Stefan/Witte, Christopher. 1997. Topographie der Zukunft. In: Hellmann/Klein 1997. S. 16–19.

    Borstnar, Nils/Pabst, Eckhard/Wulff, Hans Jürgen. 2002. Einführung in die Film- und Fernsehwissenschaft. Konstanz: UVK.

    de Certeau, Michel. 1988. The Practice of Everyday Life. Berkley: University Press.

    Eco, Umberto. 1972. Einführung in die Semiotik. München: UTB.

    Fiske, John. 1998. Understanding Popular Culture. London: Routledge.

    Gerbner, George/Gross, Larry/Morgan, Michael/Signorelli, Nancy. 1982. Charting the Mainstream: Television’s Contri­bution to Political Orientation. In: Jour­nal of Communication, 32. S. 100–127.

    Gregory, Chris. 2000. Star Trek. Parallel Narratives. New York: St. Martin’s Press.

    Hellmann, Kai-Uwe/Klein, Arne (Hrsg.). 1997. »Unendliche Weiten…« Star Trek zwischen Unterhaltung und Utopie. Frankfurt a.M.: Fischer.

    Hickethier, Knut. 1997. Die Utopie der Serie. Mythen und Weltsicht im Star-Trek-Universum. In: Hellmann/Klein 1997. S. 120–138.

    Horkheimer, Max/Adorno, Theodor W. 1998. Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente. Frankfurt a.M.: Fischer.

    Jenkins, Henry. ²1993. Star Trek Rerun, Reread, Rewritten: Fan Writing as Textual Poaching. In: Penley, Con­stan­ce/Lyon, Elisabeth/Spigel, Lynn/Bergstrom, Janet (Hrsg.). Close Encounters: Film, Feminism, and Science Fiction. Minneapolis/Minnesota: University of Minnesota Press. S. 170–203.

    Krauss, Lawrence M. 1996. Die Physik von Star Trek. München: Heyne.

    Morley, David. 1992. Television, Audiences and Cultural Studies. New York, London: Routledge.

    Okuda, Michael/Okuda, Denise/Mirek, Deb­bie. 1997. The Star Trek Ency­clo­pedia. A Reference Guide to the Fu­ture. Updated and Expanded Edition. New York: Pocket Books.

    Penley, Constance. 1991. Brownian Motion: Women, Tactics, and Technology. In: dies./Ross, Andrew (Hrsg.). Techno­cul­tu­re. Minneapolis: University of Minnesota Press. S. 135–161.

    dies. 1997. NASA/TREK. Popular Science and Sex in America. New York: Verso.

    Tulloch, John/Jenkins, Henry. 1995. Science Fiction Audiences: Watching Doctor Who and Star Trek. London, New York: Routledge.

    Winter, Rainer. 1995. Der produktive Zuschauer. Medienaneignung als kultureller und ästhetischer Prozess. München: Quintessenz.

    Whitfield, Stephen E./Roddenberry, Gene. 1968. The Making of Star Trek. New York: Ballantine Books.

    Wulff, Hans J. 1999. Thesen und neue Thesen. In: Dobberstein et al. (Hrsg.). Star Trek und die wissenschaften. Medienwissenschaft/Kiel: Berichte und Papiere, 22. S. 10–11.

    Yule, George. 1985. The Study of Language. An Introduction. Cambridge u.a.: Cambridge University Press.

    Filmographie

    Trekkies (Trekkies – Ein heiterer Blick auf die hingebungsvollste Fange­mein­de der Welt, USA 1999, Roger Nygard)

    Nemesis (Nemesis, Star Trek X, USA 2002, Stuart Baird)

    Enterprise (Enterprise, USA 2001–, LeVar Burton et al.)

    1 Gemeinsam dokumentieren die beiden Bän­de die zweisemestrige interdisziplinäre Ringvorlesung Star Trek als Phänomen der Populärkultur, die Tagung Star Trek und die Wissenschaften und das Hauptseminar Star Trek als populärkultureller Text, die 1999/2000 am Ins­titut für Neuere Deutsche Literatur und Medien an der Christian-Albrechts-Univer­sität zu Kiel unter dem ›Kommando‹ von Prof. Dr. Hans J. Wulff stattfanden.

    2 ›Infinite Diversity in Infinite Combina­t­ions‹ (=›unendliche Vielfalt in unendlicher Kom­bination‹).

    3 Gerade dort, wo es in den Vorspannen aller Star Trek-Serien im Bild des ins Unbekannte des Weltalls vordringenden jeweiligen Raumschiffes besonders prägnant ge­fasst ist, ist dem mit den kulminierenden Fremden-Metaphern angekündigten, ›ver­hei­ßen­en‹ Toleranzprinzip jedoch am stärksten zu misstrauen, denn gleichzeitig wird damit auch bereits deutlich der (kolo­nia­lis­tisch-imperialistische) Expansions- und ›Assimilations‹-Wille präfiguriert, mit dem die Föderationsraumschiffe in die ›unendlichen Weiten‹ des Universums vordringen. Eben genau die Grenze, die es doch eigentlich zu überschreiten gilt, wird dabei konti­nuierlich in der Eigenes/Fremdes- oder auch Innen/Außen-Differenz aufrechterhalten (und somit allenfalls immer weiter ver­scho­ben). Wirklich Fremdem, also nicht mehr mit dem eigenen (Föderations-)Maßstab Er­fassbarem, wird zumeist mit Angst, zumindest jedoch mit Unverständnis begegnet.

    4 Im Zentrum des Interesses steht damit die spezielle Zeichensprache, die die Serien für das Fremde entwickeln, und einmal nicht, inwieweit Star Trek als Science Fiction die ›fremden Welten und unbekannten Lebensformen‹ funktionalisiert, um bspw. reale soziale Phänome zur Darstellung zu bringen und kritisch hinterfragbar zu machen: In der Verfremdung, die das Gewohnte, Konventionelle neu- und fremdartig erscheinen lässt, kann eine frische, unverstellte Perspektive auf so genannte ›angeborene‹ Werte und ›natürliche‹ Sozialeinrichtungen und dominante kulturelle Konstruktionen freigegeben werden. Und es können darüber hinaus (fiktiv situativ) neue Modelle und neue Reprä­sen­tationsformen angedacht und erprobt werden.

    Dass Star Trek in der Tat in den Weiten des Weltalls immer nur auf recht ›vertraute Welten‹ und ›bekannte Lebensformen‹ trifft, diese aber oftmals allenfalls für eine (affirmative) Spiegelung der Realität nutzt (und eher selten für eine konsequente Umsetzung des kritisch-utopischen Potenzials), erörtern etwa – unter verschiedenen Gesichtspunkten – die Beiträge von Jenzows­ky, Götz, Rogotzki/Brandt/Pasero und Brandt/ Rogotzki/Pasero im ersten Band von Faszinierend! Star Trek und die Wissenschaften.

    5 Mittlerweile gilt das Klingonische nicht mehr nur als extravagantes ›Hobby‹ einer kleinen ›absonderlichen‹ Minderheit, die sich – für teures Geld – in Wochenend­kursen gegenseitig auf Klingonisch anschreien dürfen (vgl. z.B. die eindrucksvolle Demonstration in dem Dokumentarfilm Trekkies, Trekkies – Ein heiterer Blick auf die hingebungsvollste Fange­mein­de der Welt, USA 1999, Roger Nygard), sondern tatsächlich als »the fas­test-growing language in the universe« (Gregory 2000, 110) – und d.h. in diesem Falle: nicht im fiktiven, sondern im realen Universum!

    Und dies ist mit Sicherheit eines der Phä­nome, die Star Trek auszeichnen: Dass sich die innerdiegetische Zeichensprache zu ›verselbstständigen‹ scheint und weit über die Grenzen der erzählten Welt hinaus in der Welt der Fans (und nicht nur dort!) ein Eigenleben entwickelt.

    6 Die Erforschung der Star Trek-Galaxie konzentriert sich hier auf die Topologie, d.h. auf die semantische Funktionalisierung von architektonischen und (welt-)räumlichen Verhältnissen. Für eine hilfreiche topographische Darstellung der Star Trek-Galaxie als der »Bühne, auf der das Star Trek-Dra­­ma stattfindet« (Krauss 1996, 154) vgl. Berreth/Witte 1997.

    7 Den wirkmächtigsten ›Mainstreaming‹-Ef­fekt (d.h. das Herausbilden gleicher Meinungen, Weltbilder bei in Bezug auf Alter, Geschlecht, Bildung, Einkommen etc. gänz­lich unterschiedlichen Zuschauerschich­ten) übt mit Sicherheit das Fernsehen – da­rin quasi-religiöse Qualitäten annehmend – aus, das sowohl von den ›Eliten‹ als auch von der breiten Öffentlichkeit als primäre Informationsquelle im Alltagsleben angesetzt wird (vgl. Gerbner et al. 1982).

    8 Zitate (›geklaute‹ Stoffe und Motive berühm­ter Filme und Stories) bezeugen damit nicht etwa die »mangelnde Originalität« der Star Trek-Macher, sondern vielmehr »liegt es in der Entwicklung solcher kulturindustri­el­len Systeme wie Star Trek selbst, daß diese, um populär zu sein und zu bleiben, bekannte Stoffe adaptieren und für ih­ren Kosmos zuschneiden und aufbereiten müssen, weil nur so über die latente Bekannt­heit der Stoffe auch die Popularität des Ge­samtsystems erhalten und damit auch der große Stoffbedarf der Serien gedeckt werden kann« (Hickethier 1997, 135). Darüber hinaus sichert sich die Kulturindustrie somit zugleich eine konstante Nachfrage: Je enger der Zusammenhang, in den die Produkte eintreten, desto größer der Bedarf des Konsumenten, diesen in Gänze nachzuvollziehen, d.h. andere Produkte (hier: Filme) zu ›konsumieren‹.

    9 Ihren Kulminationspunkt fand diese (sich im ›besten Falle‹ nur als Skepsis gegen die ›oberflächliche Massenunterhaltung ameri­kanischer Herkunft‹ artikulierende) Kritik an der Populär-/Massenkultur in dem Aufsatz Kulturindustrie. Aufklärung als Massenbetrug von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno aus dem Jahre 1944 (vgl. Adorno/Horkheimer 1998), in dem sie den Warencharakter massenkultureller Produkte mit einem Manipulationseffekt in eins setzen und scharf gegen die in der Bezeichnung ›Masse‹ für die ›ohnmächtigen‹ Konsumenten der Kulturindustrie implizierte Entindividualisierung des (Massen-) Menschen polemisieren. Kultur habe vielmehr dementgegen »eine Leistung des Individuums« zu sein, »die die Belange und Interes­sen des Einzelnen gegen seine falsche Sub­sumption unter das repressive Allgemeine vertritt«.

    Wenngleich auch Horkheimers und Ador­nos Kritik in dem marxistischen Ansatz der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule begründet ist, scheinen sie damit doch eher einen starken Kulturkonservatismus einzufordern: Der Massenkultur wird eine ›Hoch­­kultur‹ gegenübergestellt, die durch ein elitäres Kultur- und Kunstverständnis bestimmt ist, den in schematischen und standardisierten Prozessen gefertigten und dementsprechend ›trivialen‹, eben ›populären‹, Produkten der Kulturindustrie privi­li­gierte ›Werke‹ der klassischen und moder­nen Literatur und Musik, die sich durch einen hohen Grad an Abstraktheit, Herme­tik und Unzugänglichkeit auszeichnen.

    10 Partiell insofern, als dass der Nutzer zwar die größtmögliche Freiheit genießt, einem Text Bedeutungen zuzuweisen und ihn in Sinnhorizonte einzuspannen, diese Aktivität jedoch keineswegs beliebig ist, sondern in klar umschreibbaren formalen Rahmen fixiert. Die Autorität des Textes wird innerhalb dieses Ansatzes zurückgenommen, aber nicht vollends ausgesetzt: Die Freiheit der Interpretation wird durch ein eingefor­dertes Mindestmaß an ›Treue zum struk­­­turierten Kontext‹ restringiert (vgl. Eco 1972, 162ff.; in Bezug auf Star Trek und die ›Eigenzensur‹ der Fans in ihrem kulturellen Handeln vgl. Jenkins 1993).

    11 vgl. Gregory (2000, 106): »Many recent studies have gravitated towards examinat­ions of fan culture, of which Star Trek fan­dom soon presented itself as a key example. […] Tulloch and Jenkins [identify] the Star Trek convention circuit […] as a model for ›cult‹ organisation for other TV series.«

    12 Dabei geht es eben nicht darum, wieviele Zuschauer Star Trek weltwelt vor die Bildschirme und in die Kinosäle lockt, welche (Un-)Summe der Fan im Jahr durchschnittlich für Star Trek-Devotionalien ausgibt etc. Solcherlei Erhebungen machten wieder ganz die Dominanz ökonomischer Momente in der Medienkommuni­kation zum Fluchtpunkt der Analyse. Es gilt jedoch, die medienbezogene Praxis der Nutzer nicht in ihrer Verflechtung mit der Pro­duktionssphäre, sondern als einen eigenen Sinnhorizont zu erfassen. »[Fans] passio­na­tely embrace favored texts and attempt to integrate media represent­ations within their own social experience. […] [Fandom] is a way of appropriating media texts and rereading them in a fashion that serves different interests, a way of transforming mass culture into popular culture« (Jenkins 1993, 172ff.; Herv.d.Verf.).

    13 Unterstützt wird dieser anhaltende ›Fo­r­scherdrang‹ nicht zuletzt auch durch eine fortgesetzte Produktion von immer neuen Star Trek-Filmen und -Serien, mit denen die Star Trek-Macher eben nicht nur die Trekkies beständig mit ›Nachschub‹ versorgen – aktuell: der Kinofilm Nemesis (Neme­sis, Star Trek X, USA 2002, Stuart Baird), der die The Next Generation-Saga zu ihrem (gewohnt-spektakulären) Abschluss bringt, und der ›prequel‹-artige spin-off Enterprise (Enterprise, USA 2001–, LeVar Burton et al.), der trotz einer Dra­maturgie und filmischen Ästhetik des 21. Jahrhunderts doch stark darum bemüht ist, seine ›pre-TOSness‹ auszuspielen und von daher eine Wiederbesichtigung gerade der Anfänge von Star Trek fruchtbar erscheinen lässt.

    14 Ganz gemäß des vielzitierten Star Trek-Mottos »To boldly go…« – das im Übrigen seinerseits eine ›wissenschaftliche‹ Karriere machen sollte: Der so genannte ›Cap­tain Kirk’s infinitive‹ aus dem Vorspann von The Original Series wird in der Sprach­wissenschaft oft und gerne als Mus­terbeispiel eines in der englischen Sprache irregulären ›split infinitve‹ herangezogen (vgl. Yule 1985, 73).

    Danksagung

    Unser Dank gilt zu allererst der Arbeitsgemeinschaft zur Erforschung von Populärkultur am Beispiel von Star Trek, die maßgeblich für die Organisation und Durchführung der Ringvorlesung Star Trek als Phänomen der Populärkultur und der Tagung Star Trek und die Wissenschaften verantwortlich war und somit dieses Buch überhaupt erst ermöglicht hat: Thomas Baginski, Carsten Brettschneider, Gesa Eggemann, Dr. Gottlieb Florschütz, Hans Heydebreck, Louisa von der Osten, Jürgen Rienow, Stefan Schindel und Britta Madeleine Woitschig. Vor allem aber: Anissa Mehnert, Marc Dobberstein, Ingo Mertins und Prof. Dr. Hans J. Wulff.

    Ebenfalls gebührt unser Dank den Autoren der beiden Bände von Faszinierend! Star Trek und die Wissenschaften, Roland Bausch, Dr. Ulf Brüdigam, Holger Götz, Dr. Herbert Heinecke, Dr. Klemens Hippel, Stefan Jenzowsky, Maria Barbara Lange, Dr. Jürgen Müller, Dr. habil. Peter Ohler, Eckhard Pabst, Dr. Ursula Pasero, Dr. habil. W. Günther Rohr, Frauke Schindel, Jens Schröter, Dr. Gerd Strohmeier, Prof. Dr. Metin Tolan, Dr. In­­grid Weber, Jens Wellhöner und Dr. Arend Wellmann, die sich gemeinsam mit uns in die Weiten des Star Trek-Universums aufgemacht haben und deren Star Trek-Faszination und anhaltender Enthusiasmus uns sicher durch schwarze Löcher, temporale Anomalien und Ionenstürme navigieren ließen.

    Wir danken auch allen weiteren Ringvorlesungsreferenten, Prof. Dr. Robert Alexy, Prof. Dr. Dietrich von Engelhardt, Gabriele Fischer, Dr. Dr. Walter von Lucadou, Prof. Dr. Michael Salewski, und den Teilnehmern der Tagung und des Hauptseminares Star Trek als populärkultureller Text, Martin Abraham, Stefan Andresen, Michael Carstens, Oliver Dabelstein, Anne Gerber, Dirk Harrie, Michael Hergt, Nils-Ole Hokamp, Martin Jöns, Lars Juister, Christof Knodel, Philip Kraft, Christina Kraus, Sabine Kupris, Christoph Lorenz, Regine Marxen, Katja Matz, Arne Mitkau, Markus Oddey, Michael Ramin, Markus Raska, Karen Schleeh, Carsten Schneider, Silke Schnitzer, Andrea Schwär, Jan Sellmer, Jan Steffen, Bianca Thode, Stephanie Tybussek, Carola Wittstock, Swantje Wittstock, Stefan Wuttke, deren Fragen und Interpretationen, Spekulationen und Thesen unser Star Trek-Verständnis und damit auch dieses Buch in hohem Maße mitgeprägt haben.

    Unser ganz besonderer Dank richtet sich schließlich an Daniela Ziete­mann und Dr. Steve Ludwig, die uns immer mit Rat und Tat (und unendlicher Langmut) zur Seite standen.

    »Live long and prosper!«

    Fremde Welten und unbekannte Lebensformen

    Assimilation – Koexistenz – Unzugänglichkeit. – Soziologische Betrachtungen zur Erfahrung des Fremden in STAR TREK

    Roland Bausch

    Die Soziologie der Zukunft ist längst in die Science-fiction ausgewandert. (Florian Rötzer 1998, 205)

    Der Kontakt mit dem Fremden ist hauptsächlicher Gehalt der Star Trek-Serien, nicht nur nach außen bei der Entdeckung ›neuer Welten und Zivili­sationen‹, auch nach innen durch Aufnahme nichtmenschlicher Besatzungsmitglieder in die Sternenflotte. Die in den einzelnen Episoden auftretenden unterschiedlichen Lebewesen können oft im ersten Moment gar nicht als solche wahrgenommen, sondern müssen erst in einem langsamen Kogni­tions­prozess von den Hauptakteuren als Lebensform (an-)erkannt werden. Bei der Beschreibung der Fremdkontakte besagt meine Ausgangsthese, dass sich in Star Trek implizit soziologische Erklärungsmodelle zur Erfahrung des Fremden finden lassen.¹⁵

    1. Der Fremde in der Soziologie

    Der Begriff des ›Fremdverstehens‹ bezeichnet in der Soziologie das »(phäno­me­nologische) Verstehen des Anderen als alter ego (Fremd-Ich)« (Fuchs-Heinritz/Lautmann/Rammstedt 1995, 215). Der soziologische ›Urtext‹ zu einer Theorie des Fremden ist Georg Simmels Exkurs über den Fremden (1958). Er definiert den Fremden als denjenigen, »der heute kommt und mor­­gen bleibt« (ebd., 509). Der Prototyp des Fremden ist für ihn der reisen­de Händler, dem er »den spezifischen Charakter der Beweglichkeit« zuschreibt (ebd.). Dieser Fremde hat zwar möglicherweise viele, aber nur lockere Verbindungen zu den Elementen der Gesellschaft, er kann daher eine objektive Haltung gegenüber den Einheimischen einnehmen. Mit Simmels Ausführungen hat Alfred Schütz’ Schrift Der Fremde. Ein sozialpsycholo­gischer Versuch (1972) gemein, dass der bestimmte Andere als Fremder zunächst einmal Nichtmitglied des klassifizierenden Sozialsystems ist; bei beiden Texten geht es um Fremdheit als sozialen Status. Schütz analysiert die subjek­tiven Prozesse, die den Fremden in der für ihn ungewohnten gesellschaftlichen Umgebung begleiten, aus der Perspektive des Fremden, während Simmel eher die Perspektive der Gesellschaft betrachtet.

    Entscheidend ist, dass Fremdheit durch Begegnung bzw. Erfahrung entsteht und nicht a priori gegeben ist. Es handelt sich immer um Fremdheitsre­la­tionen und nicht um genuine Person- oder Sacheigenschaften: »Fremdheit ist keine Eigenschaft, auch kein objektives Verhältnis zweier Personen oder Gruppen, sondern die Definition einer Beziehung« (Hahn 1993, 23). Ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückt die Relation der Nichtzugehörigkeit und/oder Unvertrautheit. Fremdheit ist relativ zu Ort, Zeitpunkt und Instanz der Zuschreibung, darüber hinaus ist sie auch ein graduelles Phänomen. Es geht neben der Untersuchung der Zurechnung auch um das Maß der Dekla­ration dessen, was fremd ist.

    1.1. Dimensionen der Fremdwahrnehmung

    Die Konstituierung von Fremdheit erfüllt grundlegende Funktionen für Ausbildung und Aufrechterhalten von Vergesellschaftungsstrukturen, sie be­stimmt das ›Innen‹ und das ›Außen‹. Mit Ortfried Schäffter sollen vier ele­mentare »Ordnungsschemata systemspezifischer Innen/Außen-Beziehungen« (1991, 15) vorgestellt werden.

    Ein erstes Deutungsmuster sieht Fremdheit als Resonanzboden von Eigenheit: Dieses Ordnungsschema geht von einer originär ungeteilten Basis von Eigenheit und Fremdheit aus. Das Fremde hat dabei den Part einer abgetrennten Ursprünglichkeit inne. Ein ›Urgrund‹ (ebd., 16) begründet ein Spannungsverhältnis elementarer Scheidungen, etwa dasjenige zwischen Innen und Außen. Am Anfang war die undifferenzierte Ganzheit, aus der das Eigene erst durch eine Trennung entsteht. Der Rest des ursprünglichen Ganzen bildet als verfremdete Außenseite oder Hintergrund nun eine Kon­trastfolie zur Identität des Eigenen. Gleiche Abstammung ist der Schlüssel der Resonanz. Die Annahme einer grundsätzlichen Verstehbarkeit aller menschlichen Phänomene ist als gemeinsame anthropologische Basis Vorbedingung dieser Deutung von Fremdheit.

    Der zweite Modus beschreibt Fremdheit als Negation von Eigenheit: In dieser Ordnungsstruktur erhält Fremdheit als explizite Opposition den Charakter des Artfremden, Abartigen. Im Gegensatz zum Resonanzmodell ist hier kein verstecktes ›Verschränkungsverhältnis‹ vorhanden, sondern eine gegenseitige Unvereinbarkeit: Während z.B. das Geschlechterverhältnis in der ersten Fremdheitsdimension aufgrund einer angenommenen originären Androgynie ein mögliches reziprokes Verständnis zwischen Mann und Frau suggeriert, hat diese zweite Fremdheitsdimension die Stringenz des Geschlechterkampfes zur Konsequenz. Die klare Grenzziehung zwischen Fremdem und Eigenem – mit dem Fremden als ausdrücklichem Gegenbild – schützt und stärkt die Identität und Integrität des Eigenen. Das Erscheinungsbild des Fremden ist das einer eindeutigen Kontrastgestalt, wobei sich sein ›Aussehen‹ zwischen unbestimmt und sehr konkret bewegen kann. Je stärker das Fremdbild zur Konstruktion der eigenen ›positiven Seite‹ benö­tigt wird, um so stärker ist der synchrone Aufbau einer ›negativen Seite‹.¹⁶

    Bei steigender Komplexität einer gesellschaftlichen Ordnung reicht aber eine rein duale Struktur, ob als Resonanz oder Opposition, kaum noch aus. Ein drittes Ordnungsschema erklärt Fremdheit daher als prozessuale Ergän­zung der Eigenheit: Das Fremde führt immer wieder zu einer dynamischen Selbstveränderung der eigenen Identität. Als Akkommodationswirkung dient das Fremde

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