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Amerikanisch kurz
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eBook229 Seiten2 Stunden

Amerikanisch kurz

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Über dieses E-Book

Erstmals auf Deutsch: Ein moderner Klassiker der niederländischen Literatur.

Kort Amerikaans erschien 1962 in den Niederlanden und machte aus dem talentierten Bildhauer Wolkers auf einen Schlag einen erfolgreichen Schriftsteller. Der Roman rief Entsetzen und Bewunderung hervor. Viele waren von der unverblümten Sprache und der düsteren Thematik schockiert. Niemandem konnte jedoch entgehen, dass mit Wolkers eine neue, authentische Stimme in der Literatur erklungen war. Der Roman avancierte schnell zu einem Klassiker der niederländischen Literatur.

Die Geschichte einer Entfremdung

Leiden in Südholland, 1944: Die Besatzungsherrschaft der Deutschen ist unerbittlich. Die Einberufungen zum Arbeitseinsatz, die willkürlichen Verhaftungen und die schlechte Versorgungslage prägen den Alltag und schüren die Angst.
Der achtzehnjährige Kunststudent Eric ist untergetaucht, hat seine streng religiöse Familie verlassen und lebt, bedroht vom Kriegsalltag und zerrissen von seinen erotischen Obsessionen, in der verwaisten Akademie. Seit der Kindheit von einer Narbe am Kopf gezeichnet, ist er ein Außenseiter, der sich von seiner Umwelt zunehmend isoliert. Kurz vor der Befreiung durch die Alliierten steuert die Geschichte auf ein dramatisches Finale zu.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum5. Sept. 2016
ISBN9783895814310
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    Buchvorschau

    Amerikanisch kurz - Jan Wolkers

    Rosita

    1

    »Splitternackt, nur hier so ’n Fummel«, sagte Peter und fasste sich genüsslich in den Schritt.

    Eric schaute hoch zum Kinotransparent über dem Eingang des Trianon auf der anderen Seite der Bree-straat. Eine Frau war darauf zu sehen, die auf den ersten Blick nackt schien. Ihr Schamhaar sah aus wie ein falscher Bart, der mit Bindfäden an Ort und Stelle gehalten wurde. Auf den Brüsten, mit Warzen wie fleischige Stempel, klebten Blütenblätter. Zuckende Blitze schossen aus dem Nabel über ihren Bauch: Radiowellen, ausgestrahlt an alle männlichen Antennen. Triumphierend hielt sie mit beiden Händen eine Boa Constrictor über ihrem Kopf.

    »Im Nabel hat sie einen Diamanten«, fuhr Peter fort. »Der bewegt sich und glitzert, wenn sie tanzt. Du glaubst es nicht.«

    »Wann warst du denn da«, fragte Eric abwesend.

    »Gestern Abend. Ich geh noch mal hin. Und vielleicht sogar ein drittes Mal.«

    »Ferkel!«

    »Ist doch klasse, so ne Frau‚ die keine Angst hat, auch bei einer Schlange so richtig zuzupacken.« Sie lachten und blieben vor dem Postamt stehen.

    »Ich muss einen Brief an meinen Bruder einwerfen, brauch aber noch Briefmarken«, sagte Eric.

    Geschickt manövrierte er sich mit seiner Zeichenmappe – er war auf dem Weg zur Kunstakademie – durch die Drehtür. In dem von zahllosen Handabdrücken fettigen Glas spiegelte sich das Kinotransparent. Er sah eine nackte Tänzerin im grünen Schatten eines bedrohlichen Männerkopfes, darunter den Titel, der in Spiegelschrift aussah wie ins Griechische übersetzt.

    Im Postamt saßen nur ein paar vor sich hin dösende oder schlafende alte Männer auf den Bänken an der Wand. Eric trat an einen Schalter, aber niemand saß dahinter. Auch die anderen Schalter waren verwaist.

    »Kann man hier noch Briefmarken kaufen«, rief er ungeduldig.

    Er steckte den Kopf durch die Luke: Das Personal stand auf Stühlen und schaute durch die hohen Fenster hinaus.

    »Dass diese Idioten noch auf die Straße gehen«, sagte ein Mädchen.

    »Warum bleiben sie nicht da, wo sie sind«, sagte ein älterer, fast kahler Mann im grauen Kittel. »Die fordern es doch geradezu heraus.«

    Eric rannte zur Drehtür. Durch den Spalt zwischen Bürstendichtung und Türpfosten konnte er hinausschauen, ohne selbst gesehen zu werden. Deutsche Soldaten kamen mit Gewehren unterm Arm vorbei. Wie Jäger in einem Rübenacker schritten sie, langsam und aufmerksam, und starrten aufs Straßenpflaster, als könnte jeden Moment ein aRebhuhn oder ein Fasan aufflattern. Plötzlich bückte sich einer, schaute noch mal genauer hin und kratzte dann mit der Innenkante seiner Stiefelsohle über den Boden. Er rief den anderen etwas zu und winkte. Vier Soldaten stellten sich um ihn herum. Er zeigte auf den Boden, als verliefe da eine Spur. Mit gesenkten Köpfen gingen sie auf die andere Seite. Eric sah, dass die Gewehrkolben, die sie unter den Arm geklemmt hatten, wie auf Kommando Richtung El-lenbogen rutschten. An der Bordsteinkante vor dem Foyer des Kinos machten sie Halt. Zwei Soldaten traten nach rechts, zwei nach links. Das Kino war geschlossen, das Foyer menschenleer. Vor der Kasse stand ein mannshoher, verglaster Aufsteller mit den Anfangszeiten der Vorstellungen und einigen Zeitungsausschnitten. Der Soldat, der in der Mitte des Foyers stehengeblieben war, ging vorsichtig da-rauf zu. Dann machte er einen Satz nach vorne und schlug mit dem Gewehrkolben gegen den Aufsteller. Er fiel um, die Glasscheibe zersprang mit lautem Klirren. Er gab den Blick frei auf einen Mann, der mit dem Rücken zur Straße auf dem Boden kniete. Es sah aus, als würde er beten. Der Soldat drückte ihm den Gewehrlauf in den Rücken. Der Mann hob die Hände und stand mühsam auf. Vor dem Soldaten humpelte er aus dem Foyer. Auf seiner Hose war am Oberschenkel ein großer roter Fleck. Die anderen Soldaten klopften ihn ab und durchsuchten seine Taschen. Dann packten sie ihn an den Handgelenken und zerrten ihn mit.

    »Der arme Kerl«, hörte Eric jemanden am Fenster sagen.

    »Guck dir das an, wie sie den ins Auto treten.«

    »Die haben wieder ganz schön viele eingesammelt. Stell dir vor, dein Sohn wäre darunter.«

    Eric dachte erschrocken an Peter, der vor dem Postamt auf ihn wartete. Hatte er sie gesehen und noch weglaufen können? Fast unmöglich, alles war so rasend schnell gegangen. Er traute sich nicht, durch die Drehtür zu gehen, um nachzusehen. Langsam ging er zu den Schaltern zurück.

    »Haben die auch einen mit nem langen Regenmantel geschnappt«, rief er.

    Sie blickten sich verstört um, als sei die Gefahr von draußen ins Postamt eingedrungen. Der ältere Mann im grauen Kittel stieg steif vom Stuhl herunter und trat an den Schalter.

    »In meinem Alter ungefähr«, sagte Eric. »Er hat einen langen Regenmantel an.«

    »Etwa auch mit so ner schönen Haarpracht«, fragte der Mann missbilligend.

    Eric sah ihn scharf an und strich sich die Haarlocke von seiner Stirn über die Narbe an der linken Schläfe.

    »Nein, er hat eine Glatze«, antwortete er.

    »Der Überfallwagen war schon ziemlich voll«, sagte das Mädchen. »Sie haben nur noch einen aus dem Kino rausgeholt. Der war übel zugerichtet.«

    »Der war’s nicht.«

    »Wie hast du’s denn geschafft, hier reinzukommen«, fragte der Mann und setzte sich auf den Hocker hinter dem Schalter. Mechanisch schlug er die Mappen mit Briefmarken auf.

    »Ich war gerade drin, als sie kamen«, antwortete Eric.

    »Die hätten verdammt noch mal hinter dir herkommen können. Dann hätten wir hier auch diese Sche-rereien gehabt. Warum bleibt ihr nicht zu Hause?«

    »Zehn Graue mit dem Wasserpferd«, sagte Eric und zog den Brief an seinen Bruder aus der Innentasche.

    »Du bist ja ein ganz Abgebrühter«, sagte der Mann.

    Widerwillig riss er einen Streifen Briefmarken ab und schob sie über den Schalter Eric zu. Ohne den Mann weiter zu beachten, klebte Eric fünf Marken auf den Umschlag und ließ die anderen in seine Zeichenmappe gleiten.

    Die Straße war ausgestorben wie nach einem heftigen Unwetter. Die Soldaten waren verschwunden. Eric ging zu der Stelle, wo sich der Soldat gebückt hatte. Auf dem Boden war Blut. Blutstropfen, die eine Spur bis zum Kino zogen. Er folgte der Spur bis zum Kinoeingang und bog dann links in die Gasse ein.

    Ich muss gleich zu Peters Eltern, dachte er. Aber vielleicht hatte er die Moffen ja doch kommen sehen. Vielleicht hatten sie es wirklich nur auf diesen einen Mann abgesehen. Vielleicht ist er doch zur Kunst-akademie gegangen.

    Auf der Pieterskerkgracht blieb er stehen und blickte auf die Fassade der Kunstakademie gegenüber. Auf zwei Schmucksteinen direkt unter der Dachrinne stand auf samtenem Grund in goldener Versalschrift: RUST BAART LUST UND LUST MET GOD IS RUST (RUH’ GEBIERT LUST UND LUST MIT GOTT IST RUH’). Langsam überquerte er die Straße. Links von der grünen Tür befand sich eine Tafel mit der Inschrift: Zeichen- und Malakademie ARS AEMULA NATURAE. Er suchte eine Klingel, konnte aber nirgends eine entdecken. Dann schlug er mit der Faust ein paar Mal gegen die Tür, die unter den Schlägen nachgab. Er stieß sie auf und trat in eine große Marmorhalle, von der fünf Türen abgingen, vier ockerfarbene, rechts zwei, und links zwei, und hinten zwischen zwei Bogenfenstern, durch die kaltes Licht einfiel, eine grüne. Über dieser Tür hing eine Plakette mit goldener Aufschrift: Gestiftet von Jan Kneppelhout.

    Plötzlich sah er, dass links eine der Türen aufgegangen war. Jemand blickte ihn aus dem Dunkel an. Als er darauf zuging, öffnete sich die Tür weit, und ein großer Mann in weißem Kittel und mit Schlapphut stand auf der Schwelle. Er sah aus wie Benitos Onkel aus dem Bilderalbum von C. Johan Kieviet Benito der junge Vagabund. Dessen Gesicht war so rot eingefärbt, dass es immer aussah, als hätte er gerade geweint.

    »Haben Sie geklopft«, fragte der Mann finster.

    »Ja, an die Eingangstür«, sagte Eric. »Aber keiner hat aufgemacht, und da bin ich halt reingegangen. Ich wollte hier malen. Nackt, wenn möglich.«

    »Nackt…komm lieber angezogen«, sagte der Mann laut lachend und schob unverwüstliche falsche Zähne hinter seinen wulstigen schlaffen Lippen hin und her. »Ich weiß schon, was du meinst!« fügte er hinzu. »Aber Akt, das ist schwierig. Wird einfach zu teuer. Hier arbeitet nur noch ein einziger Student, der ist ein bisschen sonderbar. Wenn ich mich nicht irre, interessiert der sich nicht für nackte Frauen. Und außerdem, die Modelle sehen alle aus wie Hungerhaken, so mager sind sie geworden. Sie schämen sich, sich auszuziehen. Kannst du nicht eine Freundin mitbringen, die nicht so schüchtern ist?«

    »Ich hab zwar eine«, sagte Eric. »Aber die hat die Krätze. Ihre Haut ist bedeckt mit juckendem Schorf. Die zieht sich nicht aus, wenn andere dabei sind. Nicht mal vor mir.«

    »Ist vielleicht auch besser so.«

    Plötzlich schaute er Eric mit einem durchdringenden Blick an.

    »Wie alt bist du eigentlich?«

    »Im Oktober werde ich neunzehn.«

    »Musst du nicht in Deutschland arbeiten?«

    »Ich bin untergetaucht, damit ich nicht zum Arbeitseinsatz muss. Ich wohne in einer Dachkammer hier in der Stadt.«

    Er erschrak über sein Geständnis, doch als er den Mann ansah, dachte er, dass jemand mit Schlapphut und farbverschmiertem weißen Kittel kein Verräter sein konnte.

    »Meine Mutter kommt jeden Tag mit der Tram und bringt mir im Henkelmann was zu essen«, fuhr er fort.

    »Ganz schön riskant«, sagte der Mann und stülpte die Lippen vor, sodass sein Mund aussah wie der After eines großen Säugetiers. »Aber ich möchte mich erst einmal vorstellen. Van Grouw.«

    Er streckte eine große Hand aus, die, als Eric seine schmale weiße Hand hineinlegte, noch röter wirkte als sein Gesicht. Schwarze Haare wuchsen darauf, krumm wie Insektenbeine.

    »Eric van Poelgeest«.

    »Du willst hier also den ganzen Tag malen und zeichnen?«

    »Nur nachmittags. Vormittags arbeite ich. Da bemale ich Lampenschirme.«

    »Lampenschirme«, sagte van Grouw verwundert.

    »Mit Seeschlachten aus dem 17. Jahrhundert. Die Nachfrage ist groß. Die Leute interessieren sich immer mehr für unsere ruhmreiche Vergangenheit. Und viel anderes gibt’s ja kaum noch zu kaufen.«

    Van Grouw zuckte die Achseln, streckte den Arm aus, sodass aus dem Ärmel seines weißen Kittels ein ebenfalls behaartes Handgelenk zum Vorschein kam, und blickte auf die Uhr.

    »Ich habe jetzt keine Zeit mehr, dir die Akademie zu zeigen. Von mir aus kannst du gleich morgen anfangen. Wenn ich nicht da bin, gehst du durch die Tür hier.«

    Er ging zu der grünen Tür und öffnete sie. Eric stellte sich neben ihn und sah einen mit gelben Steinen gepflasterten Innenhof, zwischen denen giftgrünes Moos wuchs. Ein großer Holunderstrauch sorgte für feuchte Luft.

    »Du gehst durch diese Tür da«. Van Grouw zeigte auf eine baufällige Tür auf der anderen Seite des In-nenhofs. »Dahinter ist eine Treppe, die gehst du hinauf. Dann kommst du von selbst zum Studentenatelier.«

    Er schloss die Tür wieder, legte vertraulich die Hand auf Erics Schulter und führte ihn zum Ausgang.

    »Da hast du dir aber was vorgenommen, jetzt mit dem Malen anzufangen. So fröhlich sind die Zeiten ja weiß Gott nicht.«

    »Jetzt, wo ich zu Haus weg bin, kann ich es endlich machen. Meine Eltern sind streng calvinistisch.«

    »Ja, das ist nicht unbedingt das ideale Milieu, um einfach drauflos zu malen.«

    »Bete und arbeite ist unsere Devise«, sagte Eric mit einem schiefen Lächeln.

    »Du brauchst kein Material mitzubringen, hier gibt es genug. Am besten fängst du mit einem einfachen Stillleben an.« Er blickte auf Erics Zeichenmappe und fragte: »Hast du Arbeiten dabei?«

    Eric nickte und reichte ihm die Mappe. Als van Grouw sie aufschlug, fielen die Briefmarken heraus. Er hob sie auf und warf einen kurzen Blick darauf.

    »Das Wasserpferd«, sagte er. »Ein germanisches Symbol. Dieses seltsame Wesen schien den Menschen früher ihren Tod anzukündigen. Eine schöne Marke.«

    Er steckte die Briefmarken wieder in die Mappe und blätterte die Zeichnungen durch. Jedes Mal, wenn er zwischen den Landschaften ein Selbstporträt entdeckte, sah er Eric einen Moment prüfend an.

    Ob er die Narbe vermisst, dachte Eric.

    »Eine düstere Sammlung«, sagte van Grouw mit leichtem Spott in der Stimme. »Bisschen wild, aber vielversprechend.«

    2

    »Paul…Paul!«

    Da Jonkheer d’Ailleurs französischem Adel entstammte, rief seine Frau seinen Namen unten an der Treppe, als wohnte jemand aus Warschau im Haus.

    D’Ailleurs legte den Pinsel aus der Hand und achtete darauf, dass die farbverschmierten Borsten die Schreibtischplatte nicht berührten. Er war von kleiner Statur, so um die sechzig. Sein Gesicht war ungesund blassrosa und voll horizontaler Falten, wie ein Stück Kalbfleisch, auf dem der Metzger die Schnittrichtung markiert hat.

    Mühsam schob er sich hinter dem Ungetüm von Schreibtisch hervor und blieb, ehe er zur Tür rausging, kurz neben Eric stehen, der, über den Leuchttisch gebeugt, das Abfeuern der Kanonen während der Viertägigen Seeschlacht mit ostindischer Tusche von einer Reproduktion auf Transparentpapier über-trug.

    »Das ist wieder nichts, das ist einfach grauenhaft«, sagte er mit seiner pedantischen Kastratenstimme und zog vor Abscheu die haarlosen Augenbrauen hoch. »Es ist nicht nur grauenhaft, es ist sogar ab-scheulich, würde ich sagen. Siehst du denn nicht, dass das Pulverdampf ist? Das braucht Feingefühl. Du musst zuweilen die Kontur unterbrechen, das lässt mehr Raum. Jetzt sieht es so aus, als würden die Rauchwolken mit dicken schwarzen Seilen zusammengehalten. Wie aus dir jemals ein Maler werden soll«, murmelte er mit seinen blutleeren Lippen und verließ kopfschüttelnd das Zimmer.

    Eric war froh, den sauren Gestank nicht mehr zu riechen, der fast sichtbar wie Dampf aus d’Ailleurs’ Anzug aufstieg.

    »Soll er’s doch selber mal versuchen«, sagte er zu Elly, einem blonden jüdischen Mädchen, das mit dem Rücken zu ihm an einem Zeichentisch am Fenster saß. »Aber was tut dieser Rembrandt der Dämmerstunde? Er beschmiert unsere Zeichnungen mit den grässlichsten Farben. Nur schmuddeliger Tabaksaft. Er wird in seinem Farbkasten doch bestimmt auch Kobaltblau und Kadmiumrot haben.«

    »Er taucht die Pinsel in seine stinkenden Pfeifen«, sagte Elly lachend. Sie stand auf und ging hinter d’Ailleurs Schreibtisch. »Dieses Meer zum Beispiel. Schau’s dir an. Nicht zu fassen!«

    Eric stellte sich neben sie und legte den Arm um ihre Taille.

    »Sieht doch aus wie totgekochter Grünkohl. Kein Wunder, dass auf diesen Schiffen so mutig gekämpft wird. Wer verliert, wird in seinem Matsch gekielholt.«

    »Ich darf nicht dran denken. Man versinkt ja nicht mal drin.«

    »In so ’ner See wie Jesus über die Wellen zu schreiten, ist ein Kinderspiel. Man kriegt nur nasse Füße.«

    Beim Reden hatte er vorsichtig ihren Pulli aus dem Rock gezogen und seine Hand hineingeschoben. Mit einem Zipfel ihres Unterhemds strich er ihr sanft über den Rücken.

    »Was soll das«, fragte Elly.

    »Ist doch schön, so über den Rücken gestreichelt zu werden.«

    »Ja, wenn’s Clark Gable täte… Dabei hast du doch so ne nette Freundin. Oder willst du mir weismachen, dass es deine Schwester war, die auf dich gewartet hat?«

    »Sie ist erst siebzehn. Das ist nicht viel besser. Küssen und ein bisschen rumfummeln in einem Haus-eingang. Mehr nicht. Du könntest mir bestimmt was beibringen.«

    »Na hör mal. Ich gebe doch keine Liebeslektionen«, sagte sie schnippisch.

    »Dann muss ich dich eben zwingen«, sagte er grinsend. »Ich kann dich tun lassen, was ich will. Tanzen wie Salome. Nackt, mit dem abgeschlagenen Kopf von d’Ailleurs auf einem Silbertablett.«

    »Du und mich zwingen«, sagte Elly und wackelte herausfordernd mit dem Hintern.

    Erics Hand wanderte zu ihrer warmen, feuchten Achsel. Sie ließ ihn gewähren, presste den Arm nicht an ihren Körper. Plötzlich zog er den unteren Rand ihres Büstenhalters vom Körper weg, sodass die Brust herausfiel wie ein Pudding aus der Form. Mit den Fingerspitzen rieb er den Nippel, bis er

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