Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Auricher Betrug. Ostfrieslandkrimi
Auricher Betrug. Ostfrieslandkrimi
Auricher Betrug. Ostfrieslandkrimi
eBook185 Seiten2 Stunden

Auricher Betrug. Ostfrieslandkrimi

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

»Er war so ein Spöker, so ein Dickdoner, wissen Sie?« So mancher hielt Gretus Cordsen für einen Angeber, einen Wichtigtuer. Das gewöhnliche Angestellten-Gehalt des Baumarkt-Mitarbeiters und der kostspielige Lebensstil passten einfach nicht zusammen. Wie hat Gretus sein teures Auto, die zahlreichen Urlaube und die großzügigen Geschenke für seine Freundin Tina finanziert? Als Gretus in dem leerstehenden alten Kino in Aurich tot aufgefunden wird, merkt Kommissar Dr. Evert Brookmer jedenfalls schnell, dass hier etwas nicht stimmt. Dem ersten Eindruck nach ist der ostfriesische Hobby-Fotograf beim Versuch, an diesem verlassenen Ort ein spektakuläres Foto zu machen, von der Galerie des Kinosaals gestürzt. Doch es gibt auch Indizien, die einen Mord vermuten lassen. Um dem Täter auf die Spur zu kommen, müssen die Auricher Kommissare herausfinden, was Gretus Cordsen zu verbergen hatte. Schließlich kommen die Ermittler einem perfiden Betrug auf die Spur...

SpracheDeutsch
HerausgeberKlarant
Erscheinungsdatum23. Sept. 2022
ISBN9783965866577
Auricher Betrug. Ostfrieslandkrimi

Ähnlich wie Auricher Betrug. Ostfrieslandkrimi

Titel in dieser Serie (7)

Mehr anzeigen

Ähnliche E-Books

Mord für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für Auricher Betrug. Ostfrieslandkrimi

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Auricher Betrug. Ostfrieslandkrimi - Martin Windebruch

    Kapitel 1

    Gretus Cordsen öffnete die Seitentür des Kinos. Er wusste, dass er ein paar Minuten zu spät war, aber es war nun nicht zu ändern. Er trat in den dunklen Flur und zog seine Taschen­lampe.

    Draußen ging gerade erst die Sonne unter, doch im verlasse­nen Kino war es bereits vollkommen dunkel. Seit vielen Jahren stand es schon leer. Dass diese Seitentür offen war, wussten nur wenige. Man musste sie ein wenig anheben, damit sie sich aus dem Schloss nehmen ließ.

    Gretus ließ seine Taschenlampe aufleuchten und der Licht­kegel zuckte durch die Dunkelheit. Der Lichtschein tanzte über einen schweren roten Teppich, der den Flur ein wenig muffig riechen ließ. Jeder Schritt wirbelte kleine Staubwolken auf. An den Wänden hingen eingerahmte Plakate der letzten Filmvor­stellungen.

    Vorsichtig schloss Gretus die Tür hinter sich wieder. Er ging den Flur weiter entlang an der angelehnten Tür zum großen Vorführsaal vorbei und spähte hinein. Er konnte sie nirgends erkennen. Hier hatten sie sich schon einmal getroffen, um ungestört zu sein. Gretus lächelte bei der Erinnerung an die erstaunlich weichen Ledersitze des Hauptsaals. Damals waren sie gar nicht erst zum Hotel gefahren. Er ging den Flur weiter entlang, bis er durch eine schwere metallene Feuerschutztür in den ehemaligen Haupteingangsbereich des Kinos kam. Gretus runzelte die Stirn. Er sah einen dreckigen Fußabdruck auf dem Boden. Er sah recht klein aus. Vielleicht hatten jetzt doch einige der Jugendlichen in Aurich entdeckt, dass man sich hier gut unbeobachtet aufhalten konnte. Der Rest des Raumes lag allerdings noch immer wie in der Zeit eingefroren da. Er berührte mit dem Schuh den schwach erkennbaren Abdruck. Der Dreck war trocken. Er musste hier schon einige Zeit liegen.

    Linker Hand von Gretus befand sich ein Tresen mit einer Kasse. Daneben gab es Regale und eine Popcornmaschine. Früher hätte man hier seine Tickets gekauft und gleich noch eine Tüte Popcorn dazubekommen. Alles sah aus, als wäre es in der Zeit stehen geblieben. Obwohl Staub herumlag, wirkte es nicht, als wäre das Kino mehr als dreißig Jahre lang verlas­sen gewesen.

    Gretus hörte ein Knarzen von einem Holzbalken. Jemand befand sich im Geschoss über ihm.

    »Da bist du also«, murmelte der Mann und lächelte erwar­tungsvoll. Er wusste, um wen es sich handelte. Die Person wartete vermutlich oben auf der Galerie des Hauptsaals. Dort hatten sie sich das letzte Mal getroffen. Er ging an der Theke vorbei. Dort war ein breiter Durchgang, der in einen weiteren Flur führte, von dem aus man in den Haupt- und Nebensaal des Kinos gelangte. Es gab auch eine kleine Wendeltreppe, die er nun nach oben ging.

    Oben angekommen konnte er rechter Hand direkt durch eine offen stehende Tür in die Galerie des Kinos sehen, linker Hand war eine weitere offen stehende Tür, die vom Flur in den Tech­nikraum führte. Ein Geräusch ließ Gretus Cordsen seinen Blick dorthin wenden. Im Dunkeln des Technikraumes, in dem der Projektor stand, war jemand zu erkennen.

    »Bist du das?«, fragte Gretus, und der Lichtschein seiner Taschenlampe erleuchtete den Raum auf der Suche nach der Ursache der Bewegung.

    »Nein«, sagte eine ihm vertraute Stimme. Die zugehörige Person hatte er allerdings hier nicht erwartet. Gretus Cordsen spürte, wie ihm das Blut in die Wangen schoss.

    »Was machst du denn hier?«, fragte Gretus betont locker. »Soll das ein Scherz werden?«

    »Ich weiß, was du hinter meinem Rücken tust«, sagte die andere Person, und man konnte den Zorn in der Stimme hören. Sie schien förmlich zu vibrieren.

    »Hey, ich weiß nicht, was du meinst«, sagte Gretus und hob abwehrend die Hände. »Echt nicht.«

    »Sabbel nicht so einen Schiet!«, kam es zurück. »Ich weiß es.«

    »Okay, aber ich muss sagen, dass du meine Version noch nicht kennst, ja? Ich bin hier quasi auch ein Opfer«, erklärte Gretus.

    »Schönes Opfer bist du. Du betrügst mich. Mich!« Das letzte Wort wurde zornig geschrien.

    »Ich … ich«, stammelte Gretus und schien fieberhaft zu über­legen, wie viel sein Gegenüber wusste.

    »Geprahlt hast du damit! Du Lügner, du Betrüger!«

    Als Gretus Cordsen diese Worte hörte, lief es ihm eiskalt den Rücken herunter.

    Sein Gegenüber wusste alles.

    *

    Kriminalkommissar Evert Brookmer stieg auf der Beifahrer­seite des Dienstwagens der Polizei Aurich aus und ging zum Kofferraum. Währenddessen stieg seine Kollegin Wiebke Jacobs auf der Fahrerseite aus. Es war ein lauer Nachmittag und sie warf ihren dunklen Blazer auf die Rückbank des Autos. Sie ging zur Tür des Kinos.

    Evert ließ derweil seinen schwarzen Labrador Retriever Fiete aus seiner Hundebox im Kofferraum des Wagens. Der Hund streckte sich genüsslich und hielt die Nase in den Wind. Evert nahm ihn an die Leine.

    »Moin, Tido«, begrüßte Wiebke derweil den uniformierten Polizisten, der vor dem Eingang des alten Kinos stand und dort Wache hielt.

    »Moin, Wiebke«, gab der Polizist zurück.

    »Ist Klaas da drinnen schon so weit, dass wir reindürfen?«, fragte Wiebke, während ihr Evert mit dem Hund folgte. Ihr Kollege Klaas Behrends kümmerte sich um die Spurensiche­rung.

    »Ich glaube, er hat den Tatort schon abgespurt, aber die Leiche ist noch dort. Die Gerichtsmedizin aus Oldenburg steckt wohl im Stau«, gab Tido zurück. Evert zog den Hund mit der Leine etwas zu sich heran.

    »Kann ich den kurz bei dir lassen?«, fragte der Kommissar seinen Kollegen von der Schutzpolizei. »Nicht, dass er noch durch eine Spur trampelt.«

    »Klar«, sagte Tido.

    »Fiete, sitz«, sagte der Kommissar dann zu seinem Hund und reichte dem Kollegen die Leine. Fiete setzte sich neben Tido und gab ein missmutiges Brummen von sich. Der Hund schien hier nicht warten zu wollen, doch seine gute Erziehung war stärker als sein Unwille. Also blieb er zurück, als Evert und Wiebke durch die bis vor Kurzem vernagelte Tür des alten Kinos traten.

    Die Ermittler betraten einen schwach beleuchteten Vorraum. Da der Strom abgestellt war, hatten die Kollegen mehrere Halogenlampen aufgestellt, wie man sie normalerweise auf Baustellen vorfand. Eine Wand des Raumes wurde von einem großflächigen Graffiti eingenommen, das Evert nach einigen Sekunden als Namenszug erkannte. »Kracher Krino« stand dort in verschnörkelten Buchstaben mit Verzierungen. Die Farbe roch frisch. Der Kommissar nahm an, dass besagter Krino sich für eine große Nummer hielt.

    Der Rest des Raumes sah hingegen gut erhalten aus, beinahe wie in einer Zeitkapsel aufbewahrt und nur leicht angestaubt.

    Sie hörten ihren Kollegen Klaas Behrends mit jemandem sprechen und folgten den Stimmen durch einen kleinen Flur in den Hauptsaal des Kinos. Es gab eine Galerie, und inmitten des Raumes lag ein Mann in verdrehter Haltung auf dem Boden. So wie er dalag, erinnerte er Evert unwillkürlich an eine Puppe, der man die Fäden durchtrennt hatte.

    Der Tote war Ende dreißig und trug Jeans und ein kariertes Hemd, bei dem er die Ärmel hochgekrempelt hatte. Um den Hals hing etwas, das Evert erst bei näherem Herantreten als Kamera an einem Sicherheitsband erkannte.

    »Moin«, begrüßte derweil Wiebke die anwesenden Polizis­ten. Zwei Kollegen waren gerade dabei, die Leiche genauer zu untersuchen, und einer der beiden wandte sich nun ihnen zu. Es war Klaas Behrends, ihr Kollege von der Kriminalpolizei und dort für die Spurensicherung verantwortlich. Er trug wie immer seine Schutzpolizeiuniform. Die Mütze hatte er tief in den Nacken geschoben, sodass man den Ansatz seines kurzen grauen, krausen Haares sehen konnte.

    »Moin, ihr beiden«, sagte er. »Die Oldenburger brauchen noch, die stecken im Feierabendverkehr.«

    »Tido hat uns schon gesagt, dass die Gerichtsmedizin sich verspätet«, sagte Wiebke.

    »Jo, ich war auch schon auf dem Weg zum Nachtwächter«, sagte Klaas Behrends. Klaas’ grauer Schnurrbart zitterte immer leicht, während er sprach. »Da gibt es heute Heilbutt mit Kartoffeln. Ich hoffe, Insa behält für mich was zurück.« Er klang leicht wehmütig, dass er heute nicht in seine Stamm­kneipe gehen konnte, doch Evert wusste, dass sein Kollege es am Ende genauso sah wie sie alle bei der Mordkommission: Die Arbeit ging immer vor, wirklich immer. Dafür war sie einfach zu wichtig.

    »Also, was haben wir denn genau für einen Fall, wie wurde der Tote gefunden?«, fragte nun Evert an Klaas gerichtet.

    »Zwei Jugendliche haben hier vor einigen Tagen entdeckt, dass man durch eine Seitentür reinkommen kann. Also sind sie heute nach der Schule mit Farbdosen hergekommen. Nachdem sie sich im Eingangsbereich an der Wand ausprobiert haben, wollten sie schauen, was es sonst so im Gebäude gibt. Da haben sie den Toten entdeckt und ziemliche Angst bekommen. Nachdem die beiden Jugendlichen nach Hause gelaufen waren, haben ihre Eltern dann irgendwann aus ihnen herausbekom­men, was los ist, denn die beiden wollten aus Angst wegen der Sachbeschädigung und dem Ärger, den sie bekommen könn­ten, nichts sagen.«

    »Angst sollten sie auch haben, sie haben einen Toten gefunden«, bemerkte Wiebke.

    »Wie geht es ihnen jetzt?«, fragte Evert.

    »Tja, der Schreck sitzt sicher tief bei den beiden. Ich hab einen Termin bei unserem Dienst-Psychologen vereinbart. Vielleicht bekommt der aus ihnen ja noch das ein oder andere Detail heraus. Aber ich denke mal, die beiden sind nur über die Leiche gestolpert. Hatten echt großes Pech.«

    »Dafür haben wir wohl Glück«, sagte Wiebke und beugte sich zu der Leiche herunter, die zwischen zwei Sitzreihen des Kinos lag. Wiebke stand dabei eine Reihe hinter der Leiche, um ihre Kollegen nicht zu stören. »Er sieht nicht so aus, als wäre er schon lange tot. Ein, zwei Tage vielleicht. Das heißt, es ist erst vor Kurzem passiert.«

    Evert wusste, was seine Kollegin meinte: Wenn die Leiche noch nicht lange dort lag, waren die Chancen gut, dass es viele Spuren gab. Allgemein war es schwieriger, einen Mord nach­zuweisen, umso mehr Zeit vergangen war.

    »Ich denke auch, das ist entweder gestern oder vorgestern passiert«, sagte Klaas. »Aber soweit ich das schon überblicken kann, ist der Fall recht klar.«

    »Ja?«, fragte Evert und trat nun auch näher an die Leiche heran, als ihr Kollege dort fertig war. Der Polizist reichte Evert einen Probenbeutel, in den er soeben die Fotokamera gepackt hatte, die beim Toten zu finden gewesen war.

    »Legst du den in die Kunststoffkiste da hinten, ja?«, sagte der Polizist und Evert ging damit zur Beweismittelkiste, die im Gang zwischen den Sitzreihen stand. Währenddessen erklärte Klaas Behrens weiter, wieso der Fall bereits klar sei: »Der Mann hat ein gebrochenes Genick. Ich denke, er ist von der Galerie da oben runtergefallen, als er ein Foto machen wollte. Tragisch, aber sowas kommt vor. Gibt ja ganze Internetseiten, wo Leute nur so verlassene Orte wie leerstehende Psychiatrien oder alte Bahntunnel knipsen. Erst letzten Monat hatten wir doch auf einer alten Industriehalle jemanden, der ein Foto machen wollte und runtergefallen ist. Er hatte sich dann beide Beine gebrochen!«

    »Du denkst also, das ist kein Fall für uns, sondern nur ein tragischer Unfall?«, fragte Wiebke und beäugte den Toten genauer.

    »Na ja, die Gerichtsmedizin sollte sich das schon nochmal ansehen«, gab Klaas großzügig zurück. »Aber ich erkenne ein gebrochenes Genick, wenn ich eines sehe. Ich denke, er war allein hier und ist beim Fotografieren halt zu weit übers Geländer geklettert. Daran kann man sich nicht gut festhalten bei dem glatten Metall, aus dem es besteht. Meistens sind es ja die eigenen Fehleinschätzungen, die einen in so eine Lage bringen. Erst letzten Monat mussten die Seenotretter wieder jemanden aus der Nordsee fischen, der glaubte, ein Gummi­boot sei bei grober See hochseetauglich. Die Leute über­schätzen sich gern.«

    »Der hier, denke ich, hat sich nicht überschätzt«, sagte derweil Kommissar Evert Brookmer. Er hatte sich nun Hand­schuhe übergezogen und die Kamera aus dem Probenbeutel genommen.

    »Wie kommst du darauf, hast du etwas Interessantes ent­deckt?«, fragte Wiebke neugierig und trat zu ihrem Kollegen. Auch Klaas hielt nun inne und sah zu ihm herüber.

    »Na ja, nichts gegen deine Theorie, Klaas, aber die interne Uhr der Kamera ist nicht eingestellt. Sieht so aus, als wäre sie noch nie benutzt worden, und außerdem«, erklärte Evert und hielt die Kamera etwas schräg, damit Wiebke auch den Bild­schirm sehen konnte, »ist kein einziges Bild damit gemacht worden. Es wäre doch wirklich großes Pech für diesen Mann, wenn er mit seiner nagelneuen Kamera hier hereinspaziert und sein erster Fotoversuch ihm den Tod bringt.«

    Klaas Behrends trat nun auch zu ihm und ließ sich die Kamera geben. Der Polizist kontrollierte selbst die Speicherkarte und pfiff dann leise anerkennend. »Da muss ich dir recht geben, Herr Doktor. Das wäre doch wirklich etwas viel Pech auf einmal für einen Mann«, sagte Klaas. Er steckte die Kamera zurück in die Probentüte. »Da scheint jemand eine neue Kamera platziert zu haben, um uns auf die falsche Fährte zu locken.«

    Der letzte Satz von Klaas klang in den Ohren von Evert beinahe beleidigt, als würde sich sein Kollege ärgern,

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1