Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Falkan und der goldene Siambuka
Falkan und der goldene Siambuka
Falkan und der goldene Siambuka
eBook211 Seiten2 Stunden

Falkan und der goldene Siambuka

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Neuer Auftrag für Kurt Falkan. Ein Mann stirbt an einem Herzinfarkt, doch dessen Tochter bezweifelt, dass der Lauf des Lebens seinen natürlichen Weg genommen hat. Sie bittet Falkan, sich um die letzten Tage im Leben ihres Vaters zu kümmern. Der pensionierte Kriminalbeamte aus Altenhaßlau hat zu Beginn seiner Ermittlungen Bedenken, was die Ahnungen seiner neuen Mandantin betrifft, aber schon bald mehren sich die Anzeichen, dass dem Ableben des Hubert von Trabach merkwürdige Ereignisse vorausgegangen sind. Falkan nimmt die Fährte auf, und die Spur führt in die Ferne.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum29. Aug. 2016
ISBN9783741270260
Falkan und der goldene Siambuka
Autor

Gerhard Krieg

Gerhard Krieg arbeitet als Verwaltungsangestellter und betreibt das Hobby Schreiben seit sieben Jahren.

Mehr von Gerhard Krieg lesen

Ähnlich wie Falkan und der goldene Siambuka

Ähnliche E-Books

Cosy-Krimi für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für Falkan und der goldene Siambuka

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Falkan und der goldene Siambuka - Gerhard Krieg

    Kapitel 1

    Das Genick eingezogen, die Kapuze über den Kopf gestülpt und peinlichst darauf bedacht, nicht in eine der reichlich vorhandenen Pfützen zu tapsen, eilte Kurt Falkan über den Parkplatz des Baumarkts, um sich vor dem herabstürzenden Regen ins Trockene zu retten. Die Sonnenschirme und die bunten Liegen, die bei seinem letzten Besuch im Eingangsbereich zum Kauf animiert hatten, waren Kachelöfen und Holzkisten voller Briketts gewichen. Es ging schnurstracks auf die kalte Jahreszeit zu.

    Falkan suchte den Kassenbereich nach Simone Gatureit ab, fand sie aber nicht. Simone arbeitete als Kassiererin im Baumarkt und war die Freundin von Kriminalhauptkommissar Bengt Friedrichsen. Wahrscheinlich hatte sie Urlaub, um den Umzug in ihr neues Heim vorzubereiten, der für das kommende Wochenende geplant war. Besagter Umzug war auch der Grund dafür, warum Falkan bei diesem Sauwetter den Firebird aus der Garage geholt hatte, um zum Baumarkt zu fahren. Er benötigte noch ein Präsent für die Einweihungsparty am Sonntagabend, hatte dessen Erwerb jedoch mangels einer Idee bisher stets vor sich hergeschoben. Nun hatte er zwar immer noch keine Idee, hoffte aber, dass ihm beim Umherstreifen zwischen den voll beladenen Regalen das Passende ins Auge fallen würde.

    Er bog bei den Elektroartikeln in den ersten Gang ab und ließ sich von Glühbirnen, Lampenschirmen und Laternen für den Außenbereich inspirieren. Eine weiße, im Stil des neunzehnten Jahrhunderts gehaltene Leuchte würde eventuell gut auf Friedrichsens Veranda passen, aber es sollte doch schon etwas Persönlicheres sein. Keine Nägel, keine Schraubenzieher, keine Schlagbohrmaschine, auch wenn sie von hundertzwanzig Euro auf vierundfünfzig heruntergesetzt war.

    Schneller und ungeduldiger werdend schritt er die ausgelegten Waren ab. Falkan war noch nie ein großer Geschenkeeinkäufer gewesen. Es hatte ihm immer am nötigen Einfühlungsvermögen gefehlt, welcher Gegenstand zu welchem Menschen passte. Dafür war stets Sigi zuständig gewesen, und sie hatte es gut gemacht.

    Bei den Badezimmerartikeln wurde Falkan wieder langsamer. Ein Badezimmer war etwas Persönliches, vielleicht aber auch schon wieder etwas zu persönlich, um sich von einer außerhäuslichen Person etwas schenken zu lassen. Er zweifelte. Außerdem war die Einrichtung sicherlich schon komplett, Friedrichsen und Simone waren die letzten Wochen viel in Möbelhäusern und Baumärkten unterwegs gewesen.

    Ein schönes Handtuch vielleicht oder einen eleganten Standspiegel mit Goldrand?

    Falkan ging ohne nähere Betrachtung daran vorbei, die beiden hatten ja schließlich noch keine silberne Hochzeit. Aber auch die nächsten Gänge boten nichts Ansprechendes. Zementsäcke, Fliesenkleber und Spritzpistolen für Fugenfüller, alles nicht geeignet, um es in Geschenkpapier einzuwickeln. Den Holzbereich gegenüber mit den langen Latten und Leisten betrat er aus diesem Grund erst gar nicht, sondern blieb grübelnd vor der gläsernen Schiebetür stehen, die in den Außenbereich führte. Es goss immer noch in Strömen, außerdem war Friedrichsens zukünftiger Garten noch eine unordentliche Ansammlung der Überreste des Hausbaus, und Falkan hatte nicht die geringste Ahnung, wie die beiden sich den grünen Bereich ihres Heims vorstellten.

    „Sie sehen aus, als könnten Sie eine Entscheidungshilfe gebrauchen."

    Falkan zuckte zusammen. Das plätschernde Tip Tip Tip der Regentropfen an der Glasscheibe und seine vergeblichen Überlegungen das Mitbringsel betreffend hatten ihn für einen Moment die Umgebung vergessen lassen. Er sah zuerst den Einkaufswagen voller Holzleisten und dann die Frau. Es war Cornelia Hartmann. Sie hatte ein oder zwei Jahre nach dem Umzug der Falkans ins Linsengericht oben an der Gelnhäuser Straße in einem Neubau einen Laden eröffnet, war also sozusagen eine entfernte Nachbarin.

    „Hallo, Frau Hartmann. Ja, in der Tat, ich könnte wirklich einige hilfreiche Ideen vertragen. Eine würde es auch schon tun. Ich suche etwas für die Einweihungsparty des neuen Hauses bei mir gegenüber. Allerdings tu’ ich mir bei so was immer schwer."

    „Sie meinen bei Simone und Benji? Da bin ich auch eingeladen. Da werden wir uns ja sehen."

    Falkan war überrascht.

    „Sie kennen die beiden?"

    Cornelia Hartmann deutete auf den Inhalt ihres Einkaufswagens und lachte.

    „Können Sie sich vorstellen, wie viele Zierleisten Simone schon für mich über den Scanner gezogen hat? Da lernt man sich im Laufe der Jahre kennen."

    Falkans Blick erhellte sich.

    „Da hätten Sie vielleicht eine Idee, was ich schenken könnte. Frauen haben da glaube ich ein besseres Händchen. Bringen Sie denn auch etwas mit?"

    „Ich wollte ihnen zuerst irgendwas aus meinem Laden schenken. Ein schönes Bild vielleicht. Aber ehrlich gesagt kenne ich den Geschmack der beiden in dieser Richtung nicht, und ein Bild sollte schon zu einem Menschen passen. Dann hab’ ich mich zum Glück dran erinnert, dass Simone mal von einer bestimmten Seifensorte, ganz was Exklusives, geschwärmt hat. Die hab’ ich besorgt. Etwas fürs Badezimmer geht immer, wissen Sie?"

    „Ach, ist das so? Das wusste ich nicht."

    Falkan warf einen kurzen Blick hinüber zum Gang mit den Sanitärartikeln. Seine Überlegungen, Badezimmerutensilien gedanklich mit der Silbernen Hochzeit zu verbinden, schien nicht jeder zu teilen.

    „Soweit ich weiß, kennen Sie die beiden doch besser als ich, Herr Falkan. Ihnen dürfte es doch nicht schwerfallen, etwas Passendes zu finden. Wenn man jemanden so lange kennt, kann man sich doch ein genaues Bild von ihm machen, zumal als Kriminalbeamter mit dem Blick eines Falken."

    Falkan musste lächeln. Schon lange hatte ihn niemand mehr auf seinen alten Spitznamen angesprochen. `Falken Falkan´ hatten sie ihn früher genannt. Den Verbrecher im Visier und dann zustoßen, das war der Ruf, den er sich in seiner Zeit in Frankfurt verdient hatte.

    „Leider ist der Falke bei der Auswahl von Geschenken ein wenig kurzsichtig. Beim Erkennen der Zusammenhänge einer Straftat bin ich, zugegebenermaßen, nicht schlecht, aber wenn es darum geht, mir ein Bild von …"

    Falkan stutzte. Seine Augen richteten sich auf die grünen und goldbraunen Leisten im Einkaufswagen, aus denen Cornelia Hartmann in ihrer Rahmenwerkstatt Bilderrahmen in allen Größen und Variationen herstellte. Eine Begegnung mit seinem Freund Friedrichsen im Sommer kam ihm in den Sinn. Friedrichsen war durch den Rohbau seines neuen Eigenheims gezogen und hatte jeden Winkel fotografiert, wie er sagte, für eine Bildercollage, die in späteren Zeiten an die Entstehung des Hauses Friedrichsen erinnern sollte. Eine Collage bedurfte einer Einfassung, und Cornelia Hartmann war die Fachfrau für Einfassungen und Rahmen. Wäre er in der Nähe des Friedhofs gewesen, er hätte diese Eingebung dem weisen Rat seiner Frau Sigi zugerechnet.

    „Haben Sie morgen geöffnet?"

    „Am Vormittag. Ist Ihnen denn etwas Passendes eingefallen?"

    „Ich denke, wir beide kommen ins Geschäft. Unser Freund Friedrichsen hat etwas, das benötigt unbedingt eine schöne Umrahmung."

    „Um neun Uhr mach’ ich auf. Machen Sie’s gut."

    Falkan sah ihr hinterher, wie sie schnurstracks den Mittelgang entlang auf die Kassen zustrebte, dann setzte auch er sich in Bewegung, allerdings gemütlicher und nicht ohne die Welt der Handwerker und Bastler zu beiden Seiten mit Blicken zu streifen. Beim Malereibedarf blieb er stehen. Seit der Sache mit Friedrichsens Architekt Wolf – der arme Kerl war zu Unrecht von seinem eigenen Bauherrn des Mordes verdächtigt worden – hatte Falkan nichts mehr in kriminalistischer Hinsicht zu tun gehabt. Die Ermittlungen hatten damals, vor fast einem Vierteljahr, seine letzte Tapetenbahn aufgebraucht. Seitdem hatte er keinen Auftrag mehr erhalten. Falkan betrat den Gang und fischte kurz entschlossen eine Rolle Raufasertapete aus einem Gitterkäfig. Er hätte natürlich professionellere Gerätschaften besorgen können, um seine Gedanken zur besseren Ansicht in den Raum zu stellen, doch warum mit lieb gewonnenen Traditionen brechen?

    Mit einem guten Gefühl begab er sich an die Kasse. Vielleicht konnte man ja dem Schicksal ein wenig auf die Sprünge helfen. Wenn eine Tapetenbahn im Haus war, würde vielleicht auch das Telefon wieder läuten.

    Der Duft von Holzkohle und Gegrilltem, der durch die offenstehende Verandatür ins Haus wehte, konnte den Geruch von Farbe und frisch verarbeitetem Holz nicht vollkommen verdrängen. Alle Räume rochen noch neu und unbenutzt. Auch die Einrichtung wies hier und da noch Lücken auf. Friedrichsen hatte in seiner Begrüßungsrede darauf hingewiesen, dass Simone bald Geburtstag hatte und eine Liste der noch benötigten Haushaltsutensilien jederzeit bei ihr eingesehen werden könne, was Simone sofort lachend und aufs Entschiedenste bestritt. Leider hatte Friedrichsen – zu Falkans großer Enttäuschung – bei seiner Rede auch die Collage der Entstehungsgeschichte von `Friedrichsens Kastell´, wie er sein Haus nannte, präsentiert. Die Bilder steckten in einem ein mal ein Meter großen Rahmen, der einst ein Porträt seines Urgroßvaters beinhaltet hatte. Das Holz wies schon Spuren von Holzwurmbefall auf, hatte aber dennoch oder gerade deshalb einen ziemlich antiken Charme. In der unteren rechten Ecke war noch Platz für ein Bild der Einweihungsparty. Falkans Mitbringsel, das er im Anschluss an die Rede etwas ratlos übergeben hatte, sollte dennoch einen ähnlich würdevollen Sinn erfüllen, vielleicht als Behältnis für die fotografisch festgehaltenen ersten Jahre des Nachwuchses oder für Zeitungsartikel mit Friedrichsens größten Kriminalfällen.

    Falkan war erleichtert, das heikle Thema Geschenk so glimpflich überstanden zu haben. Zur Belohnung gönnte er sich ein Glas selbst gemachten Apfelwein und einen Hähnchenschenkel vom Grill, der Michael Grebner, Friedrichsens Schwager in spe, ein wenig zu dunkel geraten war und den dieser daher keinem Fremden hatte anbieten wollen.

    „Du hast einen guten Platz ausgewählt, sagte Falkan, als er, den Hähnchenschenkel in der einen und das Glas in der anderen Hand, mit Friedrichsen gemeinsam neben dem Grill stand und zu seinem eigenen Haus hinüber sah. „Angenehme Nachbarschaft, immer einen schönen Sonnenuntergang und reichlich Platz für Tomaten.

    „Nicht zu vergessen die netten Mitbewohner", schnurrte Simone, die unbemerkt an die beiden Freunde herangetreten war und ihre Arme um Friedrichsens Bauch schlang. Friedrichsen grinste Falkan vielsagend an, der zuerst nicht begriff, dann jedoch richtig kombinierte.

    „Gibt es etwa Nachwuchs?"

    Simone und Friedrichsen nickten im Einklang. Falkan sagte nichts, sah nur zu seinem Haus hinüber und im Geist einen kleinen Menschen durch den Garten hüpfen, derweil er es sich auf der Veranda gemütlich machte. Die Erinnerung an Sigrid übermannte ihn von einer Sekunde zur anderen. Seit sie kurz nach seiner Pensionierung und ihrem Umzug nach Linsengericht gestorben war, hatte er solche Momente, in denen ihm zu Bewusstsein kam, was alles hätte sein können.

    „Entschuldigt mich einen Moment."

    Er legte den Hähnchenschenkel auf den Pappteller zurück, stellte den Apfelwein daneben und trat von der Veranda in den noch unfertigen Garten.

    „Was hat er denn?", fragte Simone.

    „Das hat er manchmal, antwortete Bengt Friedrichsen und legte ihr den Arm um die Schultern. „Dann überkommt ihn die Vergangenheit und die Zukunft gleichzeitig. Ein paar Minuten, dann ist er wieder in Ordnung.

    Sie sahen Falkan nach, wie er langsam davonging und neben dem frisch aufgeschütteten Erdhaufen, der für die Ausgestaltung des Gartens vorgesehen war, stehenblieb. Seine Gedanken waren inzwischen weit fort, in einer kleinen Wohnung in Frankfurt, in der es nach Sauerbraten roch und wo aus dem alten Plattenspieler die Musik von Simon und Garfunkel erklang. An den Wänden hingen Urlaubsbilder aus Südfrankreich und seine Ernennungsurkunde zum Oberkommissar neben den Fotos von Sigis und seinen Eltern. Auf dem alten Sofa, auf dem er schon zu Kinderzeiten herumgetollt war, lag das selbst gestickte Kissen, auf das Sigi mit Nadel und Garn ihrer beider Namen in ein Herz hineingezaubert hatte.

    Falkan holte tief Luft, um die Bilder in seinem Kopf loszuwerden und sich wieder auf die Gegenwart zu konzentrieren. Gerade wollte er zu seinem Hähnchenschenkel zurückkehren, als ein Auto drüben vor seiner Haustür stehen blieb. Nach einer Weile stieg eine ihm unbekannte Frau aus und ging an den Rosenbüschen vorbei auf die Haustür zu. Falkan sah auf die Uhr. Es war Sonntagabend, sieben Uhr. Wer, den er nicht kannte, würde ihn um diese Zeit besuchen? Eilig ging er zur Veranda zurück und schnappte sich seinen Hähnchenschenkel.

    „Damit er nicht ganz kalt wird", sagte er kurz angebunden und eilte durch den Garten davon.

    „Ich glaube, er hat seine melancholische Minute schon überwunden, sagte Friedrichsen zu Simone und sah seinen Freund über die Straße zu der Frau an seiner Haustür gehen. „Das ist entweder eine alte Bekannte von ihm oder eine neue Klientin. Kann beides nur gut für ihn sein.

    „Sie glauben also nicht, dass Ihr Vater eines natürlichen Todes gestorben ist."

    Falkan und Katharina von Trabach saßen am Tisch im Wohnzimmer, beide ein Glas Wasser vor sich. Sie war eine elegante Erscheinung um die Fünfzig, eindeutig ein städtischer Typ. Falkan kannte sich in den besseren Kreisen Frankfurts aus. Ihr Opel Insignia hatte ein Frankfurter Kennzeichen.

    „Ich habe meine Zweifel, Herr Falkan. Ich habe wenige Tage vor seinem Tod mit meinem Vater telefoniert. Er war sehr aufgeregt, sagte, er hätte gerade unangenehmen Besuch gehabt und müsse sich erst mal etwas hinlegen. Sein Herz war nicht mehr das Beste, wissen Sie?"

    Falkan nickte verstehend, obwohl er ihre Zweifel nicht nachvollziehen konnte. An unangenehmem Besuch war seines Wissens nach noch niemand gestorben.

    „Sie sagten doch, als Todesursache wurde ein Herzinfarkt festgestellt. Wenn Ihr Vater ein schwaches Herz hatte, klingt das für mich ehrlich gesagt mehr nach einem natürlichen Tod."

    Auch wenn Falkan sich nichts sehnlicher wünschte, als endlich wieder zur Tat zu schreiten, wollte er doch nicht die nebulösen Gedankengänge einer potentiellen Klientin ausnutzen, die den Tod ihres Vaters nicht akzeptieren wollte.

    „Nennen Sie es eine Ahnung, Herr Falkan. Mein Vater hatte zwar ein angeschlagenes Herz, aber die Ärzte hatten es im Griff. Mit den Medikamenten, die er nahm, und dem Lebensstil, den er führte, hätte er hundert werden können. Außerdem war er kein ängstlicher Mensch. Er ist weit in der Welt herumgekommen und hat einiges erlebt. Aber bei diesem letzten Telefonat klang er beinahe so, als hätte dieser Besucher ihn irgendwie bedroht oder eingeschüchtert. Ich habe ihn noch nie so aufgewühlt erlebt."

    „Wann genau ist er eigentlich gestorben?"

    „Am vierzehnten August."

    „Das ist schon über zwei Wochen her. Die Beerdigung war also schon?"

    Falkan kannte die Hürden, die man überwinden musste, um eine Graböffnung zu bewirken. Sollten sich tatsächlich Verdachtsmomente für einen unnatürlichen Tod ergeben, so würde er dafür gute Gründe vorlegen müssen.

    „Ja, vor zwei Tagen. Er wurde eingeäschert."

    Sie schluchzte in stiller Trauer, und Falkan hätte es ihr am liebsten nachgetan, als er an die Erfolgsaussichten von eventuellen Nachforschungen dachte. Einen Mordfall ohne Leiche hatte er in seinen vierzig Dienstjahren noch nicht gehabt, er konnte sich aber lebhaft vorstellen, dass die Beweisführung ohne den Bericht eines Gerichtsmediziners recht schwierig werden dürfte.

    „Warum kommen Sie erst jetzt?"

    Sie schluchzte wieder und zuckte mit den Schultern.

    „Ich hatte meinen Vater sehr lieb, wissen Sie? Die Tage nach seinem Tod war ich irgendwie wie in Trance, ich habe alles über mich ergehen lassen, konnte nicht richtig denken. Der Leichenbestatter hat mir alles abgenommen, und erst, als alles vorbei war, habe ich angefangen, mir Gedanken zu machen."

    „Waren Sie denn schon bei der Polizei?"

    Ihr rechter Mundwinkel zuckte geringschätzig.

    „Die Herren meinten, es

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1