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Aufgehängt: Ein blasmusikalischer Allgäukrimi
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eBook406 Seiten5 Stunden

Aufgehängt: Ein blasmusikalischer Allgäukrimi

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Über dieses E-Book

"So so, jetzt liegt er da." Ein Riesenspektakel wird in Dimmelwang erwartet, denn prominenter Besuch hat sich angekündigt. Der berühmte Fernsehkoch Jan Rex gastiert für einen Kochkurs im hiesigen „Poseidon“. Doch leider entpuppt sich der allseits gefeierte Starkoch im Laufe des Abends als richtiges Ekelpaket. Da wundert es auch irgendwie niemanden, als er mit aufgeschlitzter Kehle aufgefunden wird. Die Frage nach dem Motiv treibt alle um. War es ein Mord aus Eifersucht, Habgier oder Neid? In ihrem dritten Fall halten die Ermittlungen Louisa so auf Trab, dass sie weder ihren Pflichten als Trauzeugin nachkommen noch sich großartig um den Wasserrohrbruch im Musikerheim kümmern kann. Spätestens als der Mörder ein zweites Mal zuschlägt, ist allen klar: Jetzt muss schnell gehandelt werden!
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum1. Okt. 2015
ISBN9783943037418
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    Buchvorschau

    Aufgehängt - Sonja Wölfle

    Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet die Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

    Von Sonja Wölfle sind bei DVO Druck und Verlag Obermayer GmbH bisher erschienen:

    Der Schicksalsschreiber (ISBN: 978-3-943037-20-3)

    Ausgeblasen (ISBN: 978-3-943037-26-5)

    Abgefackelt (ISBN: 978-3-943037-29-6)

    © DVO Druck und Verlag Obermayer GmbH, Buchloe, 2015

    www.dvo-verlag.de

    www.sonja-woelfle.de

    Alle Rechte vorbehalten

    Nachdruck nur mit Genehmigung des Verlags

    1. Auflage November 2015

    Coverfoto: Photo Ruth, Buchloe

    Herstellung, Satz und Druck:

    DVO Druck und Verlag Obermayer GmbH

    ISBN 978-3-943037-41-8

    Grüß Gott!

    Ich freue mich, dass Sie mein neues Buch in Ihren Händen halten und sich hoffentlich auch gleich ans Lesen machen werden. Bis so ein Buch fertig ist, vergehen unglaublich viele Stunden. Da fängt es erst einmal mit der Idee an. Die spinnt sich dann bis in die Träume weiter und weiter, bis man meint, jetzt steht das Konzept, jetzt ist der richtige Moment gekommen, um mit dem Schreiben anzufangen.

    Ich als spontaner Mensch mache mich dann auch gleich ans Schreiben. An dieser Stelle schon mal ein Dankeschön an meine Familie, die sofort weiß, was los ist, wenn ich wieder mit dem

    Schreiben anfange. Dann müssen meine lieben Kinder nämlich früher ins Bett, damit ich Ruhe hab, und mit meinem Mann kann ich, mit den Händen auf der Tastatur, leider grad auch keine tief schürfenden Gespräche führen. Aber keine Angst, ich bin schon auch noch normal, nämlich dann, wenn der Laptop zugeklappt ist.

    Aber jetzt schweife ich ab. Sobald ich mit dem Schreiben richtig angefangen habe, vergeht sehr viel Zeit, in der sich

    Ideen und Geschichten entspinnen, manches auf einmal ganz anders wird wie eigentlich geplant und manches Mal sogar noch jemand dran glauben muss, von dem ich es zu Beginn gar nicht gedacht hätte.

    Irgendwann, wenn das Buch circa zu zwei Dritteln steht, kommt ein spannender Tag, nämlich der des Fotoshootings. Das läuft inzwischen sehr entspannt und lustig ab. Ja, Sie dürfen das Buch mal kurz zuklappen und das Bild bewundern. Das ist alles echt, nicht aus dem Computer, sondern höchstpersönlich arrangiert, begutachtet und abgeknipst (okay, das war der Fotograf…), und ich freue mich jedes Mal wieder, wenn die Bilder im Kasten sind, weil das neue Buch dann wieder ein Stückchen näher kommt. Jetzt kommt der letzte Teil zum Schreiben dran, und irgendwann ist auch der geschafft.

    Doch noch ist das Buch nicht fertig. Jetzt wird es vom fließenden Text in „Buchform" gebracht, damit Sie es als Leser auch gemütlich lesen können. Danach folgen die kleinen und großen Korrekturen, was noch so manchen Nerv kostet. Wenn ich dann meine, jetzt passt alles, kommt es zum Korrekturleser. Danach geht die Arbeit quasi wieder von vorne los.

    Aber irgendwann ist es fertig – nur für Sie. Denken Sie ab und zu daran: Das, was Sie in den Händen halten, steckt voller Liebe und Herzblut. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ganz viel Vergnügen im schönen Dimmelwang.

    Herzlichst, Ihre Sonja Wölfle

    Prolog

    „Warum kann dieser Abend nicht einfach schon zu Ende sein?, fragt sich Jan Rex, als er sich im Dunkeln an den Wänden den Gang entlang tastet. „Wenn nur Ylva schon da wäre. Wobei, die Blondine ist auch nicht übel, nein, die trifft genau meinen Geschmack.

    Er lächelt süffisant vor sich hin.

    „Aber die süße kleine Ylva habe ich schon lange nicht mehr gesehen, ich bin gespannt, ob sie sich die Haare schneiden hat lassen, wie sie es bei unserem letzten Treffen angedeutet hat. Ich mag ja ihre langen schwarzen Haare, die so schön schimmern. Wobei mir die Blonden ja schon lieber sind. Aber für die Nacht tut es Ylva schon."

    Jan Rex hört die anderen durch die Tür reden. Er verdreht die Augen, obwohl es niemand hier in der Dunkelheit sehen kann.

    „Diese Dorfbewohner machen mich wahnsinnig, denkt er noch, als er endlich den Türgriff erfühlt. „Ronny hat sich aber auch echt mal wieder wie der letzte Idiot angestellt. Kein Wunder, dass ausgerechnet dem so was passiert ist. Aber am allerschlimmsten ist ja diese Esoterik-Tante. Dass die nicht ihre Wünschelrute ausgepackt und nach einer Wasserader gesucht hat, ist ja alles. Solche Idioten.

    Er drückt die Klinke herunter und tastet sich weiter. Da hört er ein Geräusch. War es das Schließen einer Tür?

    „Unsinn", schilt er sich selbst. „Meine Sinne spielen mir nur

    einen Streich. Da ist nichts."

    In dem Moment, als er die Hand zum Stromkasten ausstreckt, spürt er eine Bewegung hinter sich. Noch während er sich um- drehen will, zieht sich die scharfe Klinge über seine Kehle. Er sackt in sich zusammen.

    Sein letzter Gedanke ist, dass er schnell Luft holen muss, sonst stirbt er.

    Zum besseren Verständnis, warum der arme Kerl leider dran glauben muss, fangen wir lieber mal von vorne an.

    Dimmelwang, Samstag, 21. März, Bockbierabend

    Mario Deutler, Harald und ich liegen auf der Lauer. Wir haben

    einen heißen Tipp bekommen, dass heute Abend Drogen ihren Besitzer wechseln werden.

    Seit Wochen beschatten wir den Dimmelwanger Pendlerparkplatz, jedoch ohne Erfolg. Doch jetzt kommt Sammy Blüml ins Spiel. Er hat sich bereit erklärt, den Lockvogel für uns zu spielen. Vor einer guten Stunde hat er mit seinem Fahrrad den Ort des Geschehens verlassen, nachdem er gut sichtbar den Umschlag mit Geld auf dem Übergabestein deponiert hat. Jetzt heißt es seitdem abwarten.

    So langsam wird es mir wirklich unbequem. Seit Stunden liege ich auf dem Bauch hinter einem dornigen Gebüsch und hoffe nur, dass unser Drogendealer sich nicht so genau umschaut, denn dann haben wir schlechte Karten. Zwar sind wir grün angezogen, aber da hier sonst nicht viel grün ist, könnten wir uns auch gleich nackig hinlegen.

    Zumindest ist der viele Schnee in den letzten Wochen so weit getaut, dass sich die Erde nur noch feucht und nicht mehr klatschnass anfühlt wie noch vor einer Woche, als ich schon einmal hier gelegen bin. Da hatte ich das Vergnügen, mit Larissa meine Zeit hier totschlagen zu dürfen, was wirklich alles andere als eine Freude ist. Larissa, die ich versehentlich öfter Barbara nenne, weil sie mich so an Barbie erinnert, hatte wirklich an allem etwas auszusetzen. Ihr war es zu kalt, zu nass, zu zugig, und dann ist ihr auch noch ein Fingernagel abgebrochen, was natürlich ein absolutes Drama für sie ist. Das war letztendlich auch der Grund dafür, dass wir unsere Mission vorzeitig abgebrochen haben und erfolglos zurück auf die Wache gefahren sind.

    Jetzt muss ich noch kurz etwas erklären, und zwar sind Larissa und mein Chef, Mario Deutler, seit Kurzem miteinander verlobt und planen ihre Hochzeit. Sie hat ausgerechnet mich zu ihrer Trauzeugin ernannt, weil sie glaubt, ich sei ihre allerbeste Lieblingsfreundin. Bin ich nicht. Nur, um das mal klarzustellen.

    Da ich ja aber gar nicht so bin, habe ich eingewilligt und darf mir nun ständig irgendwelche Hochzeitszeitschriften und -bücher anschauen und ihr jeden Tag sagen, wie wunderschön sie doch als Braut aussehen wird. Ich vermute ja fast, dass sie nur heiratet, damit sie sich einen Tag lang mal als Prinzessin fühlen kann. Meinem Chef hingegen kann es gar nicht schnell genug gehen mit der Heiraterei. Ich glaube, er will sie unbedingt an sich binden, denn er ist bis über beide Ohren in sie verliebt. Jedenfalls liege ich hundertmal lieber mit Harald und Herrn Deutler auf der Lauer als mit Larissa, bei der sich alles nur noch um die Hochzeit dreht.

    „Da kommt jemand", flüstert Harald.

    Unsere Köpfe wandern in Richtung Einfahrt vom Parkplatz. Doch es ist nur ein älterer Herr, der seinen Dackel aus dem Kofferraum hebt und mit ihm den Feldweg entlang geht, der von hier in Richtung Wald losgeht.

    „Schon wieder falscher Alarm", seufzt unser Chef und rollt sich zurück hinter unseren Busch.

    Ich schiele auf die Uhr. Es ist schon nach achtzehn Uhr. Hoffentlich kommt der Typ bald, heute ist Bockbierabend und in einer knappen Stunde trifft man sich.

    „Keine Menschenseele zu sehen", bemerkt Harald.

    „Sammy hat ja erst vor knapp eineinhalb Stunden den Umschlag hingelegt. Der Dealer will bestimmt auf Nummer Sicher gehen und kommt erst ein gutes Stück später", meine ich.

    „Vermutlich haben Sie Recht, Frau Städele, stimmt mir mein Chef zu. „Oh, Moment.

    Er kruschtelt in seiner Jackentasche und befördert dann ein

    vibrierendes Handy zutage.

    „Ja, Schatz?", meldet er sich.

    Alles klar, Larissa ist dran. Zum Glück kann ich nicht verstehen, was sie redet, ich höre nur ein bisschen ihre quietschige Stimme durchs Telefon.

    „Aber sicher Schatz, bestell das ruhig. Was? Nein, nein, das brauchst du nicht. Such einfach aus, was dir gefällt, ich bin sicher, mir gefällt es auch. Aber sicher. Schatz, du machst das schon. Ja, ich dich auch, bis dann, mein Schatz… Nein, leg du auf… Nein, du."

    Mir war das jetzt wirklich peinlich, obwohl ich ja nur Teilzuhörerin bin. Aber der Deutler strahlt übers ganze Gesicht und gluckst vor sich hin.

    „Ja, Chef, was ist denn los?", fragt der Harald ganz plump. Er ist halt auch nur ein Mann und kann das nicht besser.

    „Ach, Larissa hat gefragt, in welcher Farbe ich die Tischdekoration haben möchte. Ich vertraue ihr voll und ganz, dass sie das richtig schön aussuchen wird. Sie hat was von einer Eisskulptur erzählt, aber ich glaube, da wollte sie mich nur auf den Arm nehmen."

    Er kichert. Leider glaube ich so gar nicht, dass das nur ein Scherz gewesen sein soll. Zur Ablenkung werfe ich einen Blick in Richtung Übergabestein und traue meinen Augen nicht. Da huscht gerade ein Kerl mit unserem Geldumschlag in der Hand weg!

    „Da ist er!", zische ich den beiden Herren zu.

    „Was? Wer ist da? Der Schwan aus Eis?" Harald schlägt sich auf die Oberschenkel und lacht recht dreckig.

    „Nein, unser Drogendealer. Los!"

    Noch bevor ich realisiere, was ich da überhaupt tue, bin ich aufgesprungen und will hinter dem Mann herlaufen. Meine Hose verhakt sich allerdings so doof in dem Stachelbusch, dass ich stolpere und mich gerade noch so mit den Händen abfangen kann, bevor ich kopfüber in den Busch stolpere.

    „Halt, stehen bleiben! Polizei!", brülle ich dem Kerl hinterher, der längst die Beine in die Hand genommen und die Flucht ergriffen hat.

    Harald und Herr Deutler nehmen die Verfolgung auf. Ich

    setze ihnen kurz darauf mit zerrissener Hose und blutigen Händen nach. Eines muss man dem Drogenkurier lassen, er ist mal richtig schnell. Er rennt wie ein Irrer den Feldweg entlang. Aber wir sind ihm dicht auf den Fersen.

    „Bleiben Sie stehen, Sie haben keine Chance!", ruft mein Chef und zückt wie zum Beweis seine Dienstwaffe.

    Der Dealer wirft immer wieder einen hektischen Blick zurück, wird deswegen aber keinen Deut langsamer.

    „Halt, Polizei!", schreit jetzt auch Harald.

    In der Ferne sehe ich den älteren Herren mit seinem Hund mitten auf dem Feldweg stehen. Wir sprinten geradewegs auf ihn zu. Da ist der Dealer bei ihm angekommen, just in dem Moment, als sich der Herr bückt. Rüpelhaft schubst der Verfolgte ihn zur Seite und fängt daraufhin zu schlingern an. Wir sehen das und legen noch einmal einen Zahn zu. Das ist unsere Chance!

    Harald hechtet nach vorn und lässt sich filmreif mit ausgestreckten Armen fallen. Er erwischt ihn an einem Fuß und bringt ihn somit zum Straucheln. Herr Deutler hat aufgeholt und schafft es, den Dealer aufzufangen.

    Atemlos biegt er ihm die Arme hinter den Rücken und keucht: „Sie sind vorläufig festgenommen."

    Der Dealer windet sich und hackt mit den Füßen nach unserem Chef.

    „Hey, Freundchen, immer schön den Ball flach halten", ermahnt ihn da Harald, während ich auf den älteren Herren zugehe, der völlig verdattert zusieht, was sich hier so abspielt.

    „Entschuldigen Sie bitte, sagt er mit brüchiger Stimme, während er mir die Hand auf den Arm legt. „Aber ich wollte doch nur Waldis Haufen aufsammeln.

    „Keine Angst, Sie haben alles richtig gemacht."

    Seine wasserblauen Augen schauen mich durchdringend an.

    „Aber Frollein, wie soll ich denn den Haufen noch aufsammeln? Ich will wirklich keinen Ärger mit der Polizei, ich sammle sonst immer Waldis Häufchen ein."

    Ich folge seinem Blick nach unten. Jetzt kapiere ich auch,

    warum der Dealer so plötzlich gestrauchelt ist: Er ist in Waldis Haufen getreten! Ich klopfe dem Herrn wohlwollend auf die Schulter und sage: „Das nehme ich auf meine Kappe. Und bitte kommen Sie doch bei Gelegenheit auf der Wache vorbei, dann bekommt Ihr Waldi ein Wienerle als Belohnung dafür, dass er uns bei einer Täterergreifung behilflich war."

    „Ich verstehe Sie nicht ganz. Bitte? Ich habe ganz normale

    Tüten aus diesen Hundestationen. Die sind nicht aus Pappe. Ist das besser für die Umwelt? Wo kann ich die denn kaufen? Und nein, der Waldi hat kein Wienerle gefressen, der bekommt immer Trockenfutter."

    Jetzt kann ich mich nicht mehr zusammenreißen und fange laut zu lachen an.

    „Aber nein! Das meinte ich doch gar nicht, bringe ich raus, bemüht, sehr laut und deutlich zu sprechen. „Der Waldi ist ein super Hund! Der bekommt von uns ein Wienerle! Auf der Wache! Kommen Sie einfach mal vorbei. Und Ihre Plastiktüten sind einwandfrei!

    „Wie? Na dann ist´s ja gut."

    Ich nehme noch schnell seine Personalien auf, dann wende ich mich den drei Männern zu. Der Dealer macht immer wieder Versuche sich loszureißen, aber die beiden tun alles, um genau das zu verhindern.

    „Na los, jetzt rücken Sie endlich raus. Wir wissen genau, dass Sie den Jugendlichen hier Drogen verkaufen."

    „Ich sage gar nichts!"

    „Gut, dann eben nicht. Wir nehmen Sie jetzt erst einmal mit auf die Wache, dann werden wir ja sehen, was wir rauskriegen können."

    Ich sehe mir den Drogendealer genauer an. Er ist noch recht jung, vielleicht Ende zwanzig. Eigentlich schaut er recht sympathisch aus, mal abgesehen von seinem verbissenen Gesichtsausdruck.

    „Wie lange geht das denn schon?", frage ich, während wir zurück in Richtung Pendlerparkplatz gehen.

    „Ich sage nichts."

    Ich zucke mit den Schultern.

    „Dann eben nicht."

    Da fällt mir unser Bockbierabend ein.

    „Ach Mensch, ich sollte ja schon längst im Poseidon sein!"

    „Aber Frau Städele, wir haben soeben den lang gesuchten Drogendealer dingfest gemacht!"

    „Ich weiß, Herr Deutler, aber ich muss unbedingt zum Bockbierabend. Der Xaver ist krank, und ich bin die einzige, die Tenorhorn spielt."

    „Herr Deutler, mischt sich Harald ein, „ich bin doch auch noch da. Lassen Sie die Frau Städele ruhig gehen, das schaffen wir schon. Das ist ja sozusagen ein Notfall.

    Er zwinkert dem Deutler zu, der mit sich zu hadern scheint.

    „Also gut, aber das ist eine Ausnahme."

    „Herr Deutler, eigentlich hätte ich seit ein paar Stunden frei", erinnere ich ihn.

    „Ach so, ja dann ist ja sowieso klar, dass Sie gehen können. Herr Grünecker ist ja auch auf der Wache, oder?"

    „Klar, der hat heute ganz normal Dienst."

    „Dann viel Spaß beim Musizieren."

    Dankenswerterweise haben sie mich daheim abgesetzt, denn ich muss natürlich noch in meine Tracht schlüpfen und mein

    Tenorhorn holen. Es ist schon fast acht Uhr. Um halb acht war der offizielle Beginn. Ich stürze also ins Haus und renne nach oben.

    „Hallo? Ist da wer?", ertönt Oma Inges Stimme von unten.

    „Ja, Inge, ich bin´s, Louisa, ich muss meine Tracht holen!"

    „Oh, du bist aber spät dran."

    „Wem sagst du das", murmle ich.

    Hastig zerre ich meinen Schrank auf, reiße mir die Uniform vom Leib und schlüpfe ins Dirndl. lch bin ziemlich froh, dass es nicht mehr ganz so eng ist wie um Weihnachten rum, es macht sich halt doch bezahlt, wenn man statt Süßkram Gemüse und Obst isst.

    Jetzt muss ich mich aber sputen. Ich hechte die Treppe runter, rufe Oma Inge noch ein „Tschüss" ins Wohnzimmer und stürme in die Garage. Doch das Auto ist nicht da. Na super. Wahrscheinlich ist Eva damit zum Poseidon gefahren. Hoffentlich hat sie mein

    Tenorhorn im Kofferraum gelassen.

    Keine Minute später sitze ich auf meinem Fahrrad und radle zum Bockbierabend. Es ist ziemlich kalt, nachts gibt es fast jede Nacht noch Bodenfrost. Hoppla, fast wäre ich hingefallen, es ist echt rutschig hier, und ich habe inzwischen ganz schön Tempo aufgenommen. Wenn ich heute noch Tenorhorn spielen will, muss ich etwas vorsichtiger sein.

    Endlich biege ich in die Pfarrgasse ein. Hoch ragt der Kirchturm in den wolkenverhangenen Himmel. Die Uhr zeigt schon nach Viertel nach acht an. Ich trete noch fester in die Pedale. Am Ende der Pfarrgasse kann ich das Poseidon ausmachen. Überall parken Autos, es scheint eine Menge los zu sein. Ich lehne mein Fahrrad neben ein anderes an einen Zaun und gehe zum Eingang. Ein paar Raucher stehen da und blasen mir ihren Rauch ins Gesicht.

    „Danke, ihr Schlote, Mensch, pustet euren Rauch doch woanders hin!", schimpfe ich und bekomme ihre Antwort gar nicht mit, da ich schon durch die Flügeltür gegangen bin.

    „Louisa, endlich bist du da!, begrüßt mich Annette und hält mir ihre Holzkiste hin, in der die Lose für die Tombola verstaut sind. „Oh, entschuldige, sie lächelt mich an, „du darfst ja gar keine Lose kaufen, du bist ja Kapellenmitglied!"

    Sie zieht mir die Kiste unter der Nase weg.

    „Macht nichts, ich bin eh nicht scharf darauf, den Ziegenbock zu gewinnen, zwinkere ich ihr zu und sie lacht. „Ist viel los?

    „Oh ja, ich glaube, ganz Dimmelwang ist da, es ist rammelvoll da drin. Ich komme auch gleich nach, ich denke, so langsam müssten alle da sein."

    „Alles klar. Bis gleich."

    Ich öffne die einfache Holztür, die in den Gastraum führt, und biergeschwängerte Luft wabert mir entgegen. Sofort sehe ich den Grund dafür. Diana kniet vor dem Bierfass und hat es ganz offensichtlich nicht geschafft, den Hahn gleich richtig reinzuhämmern. Das Bier spritzt fröhlich heraus, und Diana trieft richtiggehend. Andi hält sich den Bauch vor Lachen, schafft es dann aber doch

    irgendwie, ihr den Holzhammer zu entreißen und mit einem

    beherzten Schlag den Hahn so fest reinzuschlagen, dass er perfekt passt. Die Menge johlt und applaudiert.

    „Mei, Andi, des host aber subba gmocht", brüllt Irmgard.

    Diana wischt sich die Hände an einem Tischtuch ab und reicht Andi die Hand.

    „Ja, Andi, da kann ich nur zustimmen. So was sollte eben doch ein Mann übernehmen. Vielen Dank für deine Hilfe."

    Das gibt gleich noch mehr Applaus. Ich sehe schon, die Stimmung brummt. Unauffällig schleiche ich zu meinen Musikerkollegen und nehme meinen Platz ein.

    „Servus Louisa, begrüßt mich Lutz. „Wo hast du denn dein Tenorhorn gelassen?

    Sapperlot, das habe ich ja ganz vergessen!

    „Ich muss noch mal schnell raus", raune ich ihm zu und mache mich wieder auf den Weg nach draußen.

    Irgendjemand hat Diana inzwischen ein Handtuch gereicht, mit dem sie sich notdürftig abtrocknet. Mir entgeht nicht, dass sie immer wieder in Richtung Lutz schielt. Hätte er ihr besser mal Nachhilfe im Bieranstich gegeben!

    Hinten am Fenster entdecke ich Eva. Sie sitzt dort mit ein paar Freundinnen und scheint ihren Spaß zu haben.

    „Sag mal, ist mein Tenorhorn noch im Auto?", frage ich sie.

    „Ich hab´s mal nicht raus getan. Hier ist der Schlüssel."

    Sie kramt umständlich in ihrer Hosentasche und befördert den Autoschlüssel zutage.

    „Danke. Bekommst ihn gleich wieder."

    Ich drücke mich durch die Gäste, die jetzt alle auf einmal beim Bier anstehen. Draußen will ich kurz die frische Luft genießen, atme aber wieder nur Rauch ein. Mein Tenorhorn liegt wohlbehalten im Kofferraum. Während ich zurück gehe, fällt mir der Drogendealer wieder ein. So ein junger Kerl! Wie kommt der nur auf die Idee, Drogen zu verticken? Und das auch noch an Leute, die jünger sind als er! Da bin ich mal gespannt, was bei der Befragung rausgekommen ist. Vorausgesetzt, er hat überhaupt etwas rausgelassen. Meinen Gedanken nachhängend bahne ich mir meinen Weg zur Kapelle.

    „Hu hu", ruft es da auf einmal neben mir.

    „Larissa? Du hier?"

    „Aber natürlich, das will ich mir auf keinen Fall entgehen lassen!, quietscht sie. „Du, ich muss nachher mal mit dir reden. Es geht um meinen Junggesellinnenabschied!

    Ich kann es kaum erwarten.

    „Wenn´s unbedingt sein muss. Aber erst muss ich spielen. Bis nachher." Bevor sie zu einer Erwiderung ansetzen kann, habe ich mich weiter geschoben und erreiche irgendwann tatsächlich

    meine Musiker.

    „Die Hölle los hier, gell?", meint Johannes, als ich mich an ihm vorbei quetsche.

    „Ja, find ich super, endlich ist wieder was los in Dimmelwang", rufe ich ihm zu und meine das auch ernst. Ganz abgesehen vom Gaudiwurm, der sich im Fasching hier durch die Ortschaft schlängelt, geht es hier sonst sehr ruhig zu. Normalerweise werden hier spätestens um halb sieben abends die Gehwege raufgeklappt und die Fensterläden verrammelt.

    Schwer lasse ich mich auf meinen Stuhl fallen. Der Tag hat es in sich gehabt, und jetzt merke ich erst, wie mir die Knochen weh tun. Bin halt auch nicht mehr die Jüngste, und stundenlang in der Kälte auf der Lauer zu liegen, macht es nicht besser.

    So wie es aussieht, bin ich gerade rechtzeitig gekommen, denn Diana betritt den Gastraum. Offensichtlich war sie auf der Toilette und hat sich zumindest einigermaßen das Bier weggewaschen. Sie strahlt in die Runde und kündigt das nächste Stück an – den Bayerischen Defiliermarsch. Da wird der Lutz wieder seine Freude haben. Unser Tubist ist nämlich schwer verliebt in die Diana und kann sich bei Märschen dank ihres Ausschnitts immer nur ganz schlecht auf die Noten konzentrieren. Und tatsächlich, er verhaut so einige Töne, aber den Leuten scheint das nicht aufzufallen, die stehen immer noch am Bierfass an und haben einfach Gaudi.

    Dafür, dass scheinbar keiner zuhört, ernten wir einen großen Applaus. In der kurzen Spielpause habe ich zum ersten Mal Gelegenheit, meinen Blick über die Leute wandern zu lassen. Klar, Irmgard, die Frau vom Bürgermeister, sitzt mitten im Getümmel und hat gleichaltrige Damen um sich geschart. Ihr Mann, der Xaver, ist krank, was echt schade ist, denn zum Einen spielt er als einziger neben mir Tenorhorn und zum anderen ist er unser Bürgermeister und belebt allein durch seine bloße Anwesenheit schon sämtliche Geschehnisse in und um Dimmelwang. Er muss wirklich sehr krank sein, wenn er sich diesen Bockbierabend entgehen lässt. Irmi hat was von Fieber und Schüttelfrost erzählt, was natürlich gar kein Spaß ist.

    Am Tisch neben Irmi sitzen ein paar Vereinsvorstände zusammen, die ich allesamt seit letztem Jahr kenne, als ich die zweifelhafte Ehre hatte, bei den Dimmelwanger Gaudiwürmchen-Treffen dabei sein zu dürfen. Wieder einen Tisch weiter haben wohl die Veteranen Platz genommen. Es wimmelt von älteren Herrschaften, und ich entdecke Georg Schwarz, den Vorstand der Veteranen, am Tischende. Dann kommt auch schon der Tisch, an dem Larissa sitzt. Anscheinend hat sie sich zu einer Familie dazu gesetzt, oder es sind Freunde von ihr, die ich nicht kenne. Zugegebenermaßen kenne ich so manchen hier nicht.

    Aber am Tisch gleich vor unserer Kapelle, da sitzt Sebastian, mein Freund, mit seinen Feuerwehrkumpanen. Er sieht heute wieder unverschämt gut aus mit seinen verwuschelten blonden Haaren und den blitzenden Augen, wann immer sein Blick meinen trifft. Ich hoffe, niemand sieht mein dümmliches Grinsen.

    Hinten im Eck sitzt meine Schwester mit ein paar Freundinnen und scheint sich prächtig zu unterhalten. Seit Kurzem ist sie mit meinem Kollegen Harald liiert, was ihr wirklich gut tut, auch wenn ich das anfangs gar nicht gedacht hätte. Sie blüht richtig auf. Dass sie heute hier ist, ist der beste Beweis dafür. Noch vor ein paar Monaten hätte sie mir einen Vogel gezeigt, wenn ich sie gefragt hätte, ob sie nicht Lust hätte, mit zum Bockbierabend zu gehen. Wahrscheinlich kommt Harald nach, sobald seine Schicht rum ist.

    Diana kündigt das nächste Stück an, die Kuschel-Polka. Ehe ich mich versehe, haben sich bestimmt mehr als die Hälfte der Leute untergehakt und schunkeln zu unseren Klängen. Das finde ich richtig toll, dafür ist doch so ein Bockbierabend da! Nach der Polka ist der Applaus riesig. Sebastian zwinkert mir zu und hebt seinen Krug. Ich nicke ihm zu, weil ich gar nichts habe, mit dem ich mit ihm, zumindest symbolisch, anstoßen könnte.

    Dianas Stimme ertönt auf einmal laut durch die Lautsprecher.

    „Wir freuen uns, dass so viele zu unserem Bockbierabend gekommen sind und möchte gleich einen Programmpunkt ankündigen, auf den ich mich schon sehr freue. Dank vieler Spenden ist es uns auch dieses Jahr möglich, eine Tombola zu veranstalten. Am Eingang haben Sie durch die zwei Euro Eintritt ja bereits zwei Lose erhalten. Wer mehr wollte, hat mehr bekommen, und jetzt ist noch einmal die Gelegenheit dazu da, sich noch mehr Lose zu sichern. Annette und Lydia laufen gleich durch die Reihen, und wer eine größere Chance auf einen Gewinn möchte, sollte zugreifen! Also, auf geht´s. Das nächste Stück ist für unseren lieben Herrn Pfarrer Schwenninger, den ich vorhin schon entdeckt habe… Ach ja, da ist er ja, ein grüß Gott an unseren Pfarrer, sie schickt eine leichte Verbeugung in seine Richtung, „und ich glaube, ich kann Ihre Gedanken lesen, aber sagen Sie doch bitte einmal laut, was wir für Sie spielen sollen.

    Alle Augen wandern zum Pfarrer, der an einem der hinteren

    Tische aufgestanden ist.

    „Die ´Vogelwiese` sollen Sie bitte für mich spielen."

    Lauter Jubel folgt diesen Worten und auch Gelächter, weil unser Pfarrer wahrscheinlich überglücklich wäre, wenn wir einfach einzig und allein die „Vogelwiese" spielen würden.

    Annette und Lydia kämpfen sich mit zwei Holzkisten durch die Tischreihen, während wir die „Vogelwiese" zum Besten geben. Selbstverständlich singen alle lauthals mit, Pfarrer Schwenninger übertrifft sie aber alle. Dann folgt das obligatorische Prosit, und die Gläser und Krüge klirren aneinander. Ich liebe diese Stimmung. Nur fröhliche Gesichter um mich herum, lautes Lachen, Klatschen und gute Laune. Wegen mir könnte es auch zweimal im Jahr einen Bockbierabend geben. Diana geht wieder zum Mikrofon.

    „Gut, ich sehe, es sind noch fleißig Lose gekauft worden. Zunächst einmal möchte ich mich ganz herzlich bei Friderikos Drimakis bedanken. Ich hoffe, ich habe das richtig ausgesprochen, kichert sie. „Er stellt uns heute die Räumlichkeiten zur Verfügung. Vielen Dank, dass wir im Poseidon feiern dürfen.

    Applaus.

    „Dann danke ich natürlich allen großzügigen Spendern, die mit ihren Spenden dazu beitragen, dass das hier ein lustiger Abend wird, von dem so mancher noch einiges haben wird. Wenn ich nur einiges erwähnen darf, es gibt Brotzeitkörberl, Gutscheine für diverse Läden hier, was es eben immer so gibt. Gleich darf ich auch den Lorenz Bendiger mit einer besonderen Spende bei uns begrüßen, dazu aber später mehr. Und ein Highlight ist die Spende von Friderikos Drimakis selbst, ich bin ganz baff, dass es wirklich bis jetzt geheim gehalten werden konnte."

    Sie blickt sich um und hat nun die ungeteilte Aufmerksamkeit.

    „Für fünf Losbesitzer wird es einen unvergesslichen Abend hier geben, gut, abgesehen von diesem Abend, und zwar gibt es fünf Mal zwei Plätze bei einem Kochkurs zu gewinnen. Das ist aber kein gewöhnlicher Kochkurs, sondern ein ganz spezieller. Leiter dieses Kurses ist nämlich, und jetzt halten Sie sich fest, Jan Rex, der Fernsehkoch!"

    Ein wilder Aufschrei geht durch die Gäste. Ich höre Larissas quietschige Stimme.

    „Jan Rex? Das kann ich gar nicht glauben!"

    Offenbar geht es noch einigen anderen so. Ich muss an dieser Stelle gestehen, dass ich leider gar keine Ahnung habe, wer Jan Rex ist. Das mag daran liegen, dass ich so gut wie nie fernsehe. Um den Schein zu wahren, reiße ich aber die Augen auf und nicke aufgeregt Lydia zu, die sich zu mir umgedreht hat.

    „Ist das nicht aufregend? Jan Rex!"

    „Ja, der Wahnsinn."

    Dann fällt ihr die Kinnlade runter. „Aber du, wir Musiker durften ja gar keine Lose ziehen."

    Mir persönlich macht das nichts, aber Lydia ist jetzt sichtlich geknickt. Diana versucht Ruhe reinzubringen, was ihr auch einigermaßen gelingt.

    „Gut, fangen wir aber zunächst mit der ersten Runde an. Da ist der Hauptgewinn ein ganz anderer. Darf ich Herrn Bendiger hereinbitten?"

    Annette, die bei der Tür steht,

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