Die Geburt der Gestalttherapie aus dem Geiste der Psychoanalyse Sigmund Freuds
Von Stefan Blankertz
()
Über dieses E-Book
Die Gestalttherapie kommt ins Spiel, weil sie als gleichsam illegitimes Kind der Psychoanalyse etwas von der Ungezogenheit und Sperrigkeit gegenüber den wie selbstverständlich akzeptierten, krankmachenden Bedingungen einer überregulierten »organisierten Gesellschaft« bewahrt hat. Die Besinnung auf Freud und die Entwicklung der ursprünglichen Gestalttherapie ist keine historische Fingerübung. Er steht, wie die Bemerkungen am Anfang deutlich machen, im Dienst an der psychologischen Aufklärung gegenwärtiger sozialer Probleme.
Der Text wird abgerundet mit Auszügen aus dem Traumtagebuch, das der Autor parallel zur Relektüre von Freuds »Traumdeutung« 2014-2016 geführt hat. Mit etwa 50 Träumen bietet es reichhaltiges Anschauungsmaterial.
Stefan Blankertz
Stefan Blankertz, Wortmetz, Lyrik und Politik für Toleranz und gegen Gewalt.
Mehr von Stefan Blankertz lesen
Migration, Integration, und Wohlfahrtsstaat: Freiheit ist die Lösung, und kein "Problem" Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGestalt begreifen: Ein Arbeitsbuch zur Theorie der Gestalttherapie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLexikon der Gestalttherapie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas libertäre Manifest: Zur Neubestimmung der Klassentheorie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenThomas von Aquin: Die Nahrung der Seele Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenErträge: Schriftenreihe der Bibliothek des Konservatismus, Band 1 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMit Marx gegen Marx: 11 x 11 Thesen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEinladung zur Gestalttherapie: Eine Einführung mit Beispielen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWiderstand: Aus den Akten Pinker vs. Anarchy Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIreen: Roman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMeister Eckhart: Heilende Texte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMinimalinvasiv: Acht kritische Nachträge Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHusserls Intuition und Levinas' Beitrag Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenPädagogik mit beschränkter Haftung: Kritische Schultheorie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenPolitik macht Ohmacht: Demokratie zwischen Rechtspopulismus und Linkskonservativismus Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAnarchokapitalismus: Gegen Gewalt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBakunin und Mises in eine Front!?: Die Vincent-Sessions Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Ähnlich wie Die Geburt der Gestalttherapie aus dem Geiste der Psychoanalyse Sigmund Freuds
Ähnliche E-Books
Zwei tote Menschen: Ein autobiografischer Roman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFjodor M. Dostojewski: Sträfling, Spieler, Seelenforscher Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKurz gesagt: Aphorismen 3: Aphorismen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenArthur Schnitzler: Liebe Lust Leiden Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWitz und Psychoanalyse: Internationale Sichtweisen - Sigmund Freud revisited Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHelden: Über Massenmord und Suizid Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGESCHLECHTERWAHN: Von der Feindseligkeit zwischen den Geschlechtern Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFrau ohne Welt. Teil 3: Der Krieg gegen die Zukunft Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenZeitgemäßes über Krieg und Tod Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAusgewählte Werke von Fritz Mauthner: Kritiken, Philosophische Aufsätze, Erzählungen, Kulturgeschichtliche Schriften, Romane, Autobiografie und mehr Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDenkzettel eines Zweiflers: Unzensierte Gedanken Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGegen die Feindschaft. Ein Übungsbuch.: Hans Keilsons ,Der Tod des Widersachers’ erweiterte, revidierte 2. Auflage Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEine Sprengmine zwischen Aufbruch und Freiheit: Roman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFritz Mauthner: Gesammelte Werke Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Haus am Ende der Träume Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenUneigentliche Verzweiflung: Metaphysisches Tagebuch I Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Unsichtbare. Wo war Gott, als er nicht da war? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Flugblätter der Weißen Rose – Als Fließtext und original Faksimile Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSilvaplana Blue III - Masken göttlicher Heiterkeit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEllen Rohlfs, Gedichte für den Frieden in Nahost Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSeelenfeuer: Dostojewskis Ausnahmemenschen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKalte Duschen, Warmer Regen: Geschichten, Sprachglossen, Miniaturen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Serienmörder-Prinzip: Was zwingt Menschen zum Bösen? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSigmund Freud - Revolutionär der Seele: Ein SPIEGEL E-Book Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAngst ums Abendland: Warum wir uns nicht vor Muslimen, sondern vor den Islamfeinden fürchten sollten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMuslimaniac: Die Karriere eines Feindbildes Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLive No Lies: Es ist Zeit, im Licht zu leben. Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenJüdinnen. Roman: und andere Prosa aus den Jahren 1906-1916 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAnders lesen: Juden und Frauen in der deutschsprachigen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWelterzähler - Literaturnobelpreisträger im Porträt: Ein SPIEGEL E-Book Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Psychologie für Sie
Du bist das Placebo: Bewusstsein wird Materie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Sinn des Lebens: Klassiker der Psychotherapie Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Ein neues Ich: Wie Sie Ihre gewohnte Persönlichkeit in vier Wochen wandeln können Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWerde übernatürlich: Wie gewöhnliche Menschen das Ungewöhnliche erreichen Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Unruhe im Kopf: Über die Entstehung und Heilung der Aufmerksamkeitsdefizitstörungen ADHS Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLexikon der Symbole und Archetypen für die Traumdeutung Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Die 16 Persönlichkeitstypen im Überblick Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWhen: Der richtige Zeitpunkt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGelassenheit - Die Kunst der Seelenruhe: Ein SPIEGEL E-Book Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenPsychologie der Massen Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Bewährte Techniken der Manipulation: Dunkle Psychologie in der Praxis. Wie gerissene Menschen immer das bekommen, was sie wollen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWenn der Körper nein sagt: Wie verborgener Stress krank macht – und was Sie dagegen tun können. Internationaler Bestseller übersetzt in 15 Sprachen. Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Tiefenpsychologie nach C.G.Jung: Eine praktische Orientierungshilfe Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchöpfer der Wirklichkeit: Der Mensch und sein Gehirn - Wunderwerk der Evolution Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Hypnose lernen - Praxishandbuch: für tiefe Trance, Selbsthypnose, Blitzhypnose und die sichere Anwendung im Alltag Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Das Ich und das Es Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIm Kopf des Narzissten: Schlage ihn mit seinen eigenen Waffen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHass, Wut, Gewalt und Narzissmus Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Narzissmus: Dem inneren Gefängnis entfliehen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenNarzissmus: Werden wir zur Gesellschaft auf dem Ego-Trip? (GEO eBook Single) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenPsychologie: Wie uns Willenskraft erfolgreich macht Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Endloses Bewusstsein: Neue medizinische Fakten zur Nahtoderfahrung Bewertung: 1 von 5 Sternen1/5Überwältigendes bewältigen: KörperPsychotherapeutische Methoden in der Traumatherapie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHeilpraktiker für Psychotherapie: Kompakttrainer mit den wichtigsten Prüfungsthemen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Rezensionen für Die Geburt der Gestalttherapie aus dem Geiste der Psychoanalyse Sigmund Freuds
0 Bewertungen0 Rezensionen
Buchvorschau
Die Geburt der Gestalttherapie aus dem Geiste der Psychoanalyse Sigmund Freuds - Stefan Blankertz
Personenregister
HINWEISE ZUR TEXT-ENTSTEHUNG
1
Ein »Traumtagebuch« führte ich parallel zur (Re-) Lektüre von Freuds »Traumdeutung«, schwerpunktmäßig im Herbst 2014. Ich danke meiner Frau, Gabriele, dass sie mit der Veröffentlichung einverstanden ist.
2
»Die Gebut der Gestalttherapie aus dem Geiste der Psychoanalyse Sigmund Freuds« basiert auf einem Vortrag, den ich am 23. 01. 2015 im »Berliner Gestaltsalon« gehalten habe zum Auftakt unseres »Freud-Jahres«. Der Abschnitt über Franz Werfel ist ein Teil eines Kommentares, den ich für »eigentümlich frei«, online, Ende 2015 verfasste. Er ersetzt hier die Beschäftigung mit dem Roman »Der Krieg am Ende der Welt« (1988) von Mario Vargas Llosa, auf den ich bereits in »Katastrophe der Befreiung: Faschismus und Demokratie«, Berlin ²2015, edition g. 107, eingegangen bin.
3
»Freuds Traumdeutung, Königsweg zur Gestalttherapie« enthält einen Vortrag vom 11. 09. 2015 auf der Tagung der Gestalt-Institute Köln & Kassel in Wuppertal. Das Material stammt, wie das der übrigen Texte, aus dem Blog, den ich auf der Seite des »Berliner Gestaltsalons« das Jahr 2015 über schrieb. Einige Passagen von »Wie barbarisch ist der Monotheismus? Freuds Mose-Studien« mopste ich aus »Minimalinvasiv«, Berlin 22015, edition g. 101.
AUS MEINEM TRAUMTAGEBUCH 1 STATT VORWORT
20. 12. 2015
Mitten im Satz beginnt der Traum: »… glaubst du etwa, die Indios seien nicht gewaltsam umgekommen¹?« Szene: An einer Klippe hängen Menschen vor einem Geländer, Frauen, Kinder, Männer, junge, alte, die Gesichter schmerzverzerrt. Ab und zu fällt einer, der sich nicht mehr zu halten vermag. Manche schreien. Manche jammern. Mancher fällt still. Auf einer Balustrade sieht das Herrscherehepaar (¿Aussehen wie die Assads?) dem Treiben (sic!) zu und macht sich über die Schreienden lustig; beschwert sich über sie und deren Feigheit, deren Mangel an Disziplin. Da muss etwas geschehen, denkt die Person des Erzählers, die ich sein könnte. Wenn das Ehepaar stirbt, übernimmt ihr Sohn die Farm und der ist in Ordnung. Oder war es eine Verschwörung, mit mehreren Beteiligten? Der Erzähler müht sich, gleichsam aus dem Off, den Herrschern einen Tritt in den Hintern zu verabreichen. Beim ersten Mal klappt es nicht, doch ein zweiter Tritt erreicht sein Ziel, und sie stürzen über die Reling in den Tod. Der Sohn rettet die Überlebenden. Nicht bloß das, er verkündet auch das Ende der Sklaverei. Allerdings stößt (!) das bei den nicht versklavten Arbeitern auf eine tiefe Skepsis. Der Traum endet mit der Vorbereitung des Sohns zu einer Rede, die das Ende der Sklaverei begründet. Sie wird ihr Ziel sicherlich erreichen.
Im Halbschlaf Analyse des Traumes. Die Wunscherfüllung, die Freud einem jeden Traum zuschrieb,² wo steckt³ sie? Ah, klaro, in der Omnipotenzfantasie. Die Gewalttätigkeit, die die Grausamkeit beendet, geschieht fast beiläufig [!] und ist moralisch nach jedem denkbaren Maßstab gerechtfertigt. Auf gerade dieser Ebene erfüllt der Traum auch noch einen weiteren Wunsch. Er kann unproblematisch veröffentlicht werden. Er ist nicht peinlich – weder für den Träumenden noch für jemand anderen. Ein (manifester) sexueller Inhalt ließe sich allenphalls in der Omnipotenzfantasie erkennen, der Stelle, wo der Traum im Dunklen verschwindet.⁴ Doch der Volksmund (!) hat die Omnipotenzfantasie erfolgreich von ihrem sexuellen Inhalt abgekoppelt. Also. Keine Gefahr nirgends.
Und dann noch ein Gedanke, der das Herrscherpaar betrifft. Widerlegung des jugendlichen Traumas, Frauen seien die besseren Menschen und der Brutalität nicht fähig.
Ein zweiter Traum spielt in einem großen Konferenzsaal,⁵ Tische in U-Form, viele Teilnehmer. Einer (V.?) sagt, es sei erwiesen, dass die Entscheidungen einer Bürokratie meist identisch ausfielen mit den Ergebnissen, die bei freiwilliger Interaktion entstünden, die Libertären sollten sich nicht so haben, da gäbe es keine Probleme. Ich will antworten. Nach einigem Hin und Her, weil jemandem Anderen zuerst das Wort erteilt wird, der jedoch verzichtet, soll ich sprechen. Aber die Teilnehmer quatschen untereinander; es ist zu laut, man hört mich nicht. Es wird beschlossen, eine kurze Pause einzulegen. In der Pause gehe ich über einen sonnigen Weg und mache mir Gedanken über die Antwort, ich berede sie mit jemandem; bald wird die Konferenz weitergehen und ich habe eine gute Antwort.
Freud sagt, alle Träume einer Nacht seien aus einem Stück, folgten dem gleichen Traumgedanken.⁶ Wo könnte dieser zweite, harmlose, mit dem brutalen, ersten, einen gemeinsamen Traumgedanken haben? Erfolg? Omnipotenzfantasie? Diese Träume müssen an den Anfang des Buches, sie sind für das Buch geträumt. Dann müssen es, natürlich (!), 6 Kapitel »aus meinem Traumtagebuch« werden. Idee mit der leeren Seite am Schluss.
¹ Statt durchgestrichenem »gestorben«. | Die fast letzte Eintragung in mein Traumtagebuch, als das vorliegende »Dossier« bereits weit gediehen war. Darum diese (a)chronologische Zählung der Fußnoten; s. a. S. →.
² Siehe unten Seite →f; fast auf S. →, ¿welch ein Zufall!
³ Durchgestrichenes »ist« überschrieben.
⁴ Vgl. das Freud-Zitat unten auf S. → (Fn. 067).
⁵ Szenen aus Konferenzen, Seminaren und Vorträgen sind wiederholte Motive in meinen Träumen, vgl. unten etwa S. →f, →f, →, →f.
⁶ Siehe unten S. →f. ¿Das Ganze sei mehr als die Summe seiner Teile?
DIE GEBURT DER GESTALTTHERAPIE AUS DEM GEISTE DER PSYCHOANALYSE SIGMUND FREUDS
1
Ist die Psychoanalyse, in ihrer ursprünglichen Formulierung durch Sigmund Freud, überhaupt noch aktuell? Nicht längst überholt, sowohl durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse als auch durch gesellschaftliche Entwicklungen, die ihre Unzulänglichkeit erweisen? Ich werde zeigen, dass sie aktuell, mehr noch: brisant ist. Dies erweist sich in ihrer Fähigkeit, erschreckende Ereignisse der jüngsten Zeit zu erklären, das Versinken des vorderen Orients in Krieg und in Terror, die Wiederkunft des gewalttätigen religimösen Fanatismus, die Hilflosigkeit in der vielgerühmten »westlichen Welt«(gar das »Abendland« wird wieder bemüht), die Faszination der Gewalt. Freuds Aktualität bezogen auf solch erschreckende Ereignisse ist brisant, weil sie weder in einer einfachen Bestätigung der Richtigkeit westlicher Politik mündet, noch einen andren einfachen politischen Populismus präsentiert.
2
Die Gestalttherapie kommt ins Spiel, weil sie als gleichsam illegitimes Kind der Psychoanalyse was von der Ungezogenheit und Sperrigkeit gegenüber den wie selbstverständlich akzeptierten, krankmachenden Bedingungen einer überregulierten »organisierten Gesellschaft«⁷ bewahrt hat. Die Besinnung auf Freud & die Entwicklung der ursprünglichen Gestalttherapie ist keine historische Fingerübung. Er steht, wie die Bemerkungen am Anfang deutlich machen, im Dienst an der psychologischen Aufklärung gegenwärtiger sozialer Probleme. Aktuell bleibt insbesondere Freuds 1930 formulierte Theorie von einem »Unbehagen in der Kultur«. Die Triebversagung – Verweigerung der Befriedigung von Bedürfnissen –, welche die »organisierte Gesellschaft« anscheinend notwendig verlangt, führe zu einem Unbehagen, das sich in masochistischen – selbst-zerstörerischen – oder sadistischen – andere verletzenden – Akten Bahn bricht, sei es im Alltag, sei es auf der Bühne der Politik.
3
»Das Unbehagen in der Kultur«, den ersten Weltkrieg und die russische Oktoberrevolution mit den unvorstellbaren Grausamkeiten im Rücken, die Machtübergabe⁸ an die Nationalsozialisten und den zweiten Weltkrieg im Anzug, endet Freud mit der Feststellung: »Die Schicksalsfrage der Menschenart scheint mir zu sein, ob und in welchem Maße es ihrer Kulturentwicklung gelingen wird, der Störung des Zusammenlebens durch den menschlichen Aggressionsund Selbstvernichtungstrieb Herr zu werden.«⁹ Ich lese diese Zeilen mit Erschütterung und Gänsehaut. Klingen sie denn nicht, als seien sie eben im Hinblick auf die jüngsten Ereignisse geäußert worden? Gleichwohl haben jene Zeilen etwas Vertrautes und Beruhigendes. Sie setzen die »Kulturentwicklung« zum »Aggressions- und Selbstvernichtungstrieb« in einen klaren Gegensatz. Damit mögen wir uns bestätigt fühlen, dass »wir« kultiviert sind, die Gewalttäter dagegen kulturlose Barbaren. All ihren Mühen zum Trotz habe die »Kulturbestrebung« bisher nicht sehr viel erreicht, die »grausame Aggression« durch »Nächstenliebe« zu ersetzen, heißt es an anderer Stelle.¹⁰ Eine erste Beunruhigung will uns beschleichen angesichts der Aufzählung (oder der Gleichsetzung?) von dem »Aggressions-« mit dem »Selbstvernichtungstrieb«. Aggressiv sind die bösen Feinde, die sich nicht den Regeln der Kulturnationen unterwerfen; wer um Gottes Willen hat jedoch einen »Selbstvernichtungstrieb«? Wir etwa? Die Feinde etwa?
4
Noch beunruhigender tönt es einige Zeilen vor der soeben zitierten Passage aus Freuds »Unbehagen in der Kultur«: »Ich kann wenigstens ohne Entrüstung den Kritiker¹¹ anhören, der meint, wenn man die Ziele der Kulturstrebung und die Mittel, deren sie sich bedient, ins Auge fasst, müsse man zu dem Schlusse kommen, die ganze Anstrengung sei nicht der Mühe wert und das Ergebnis könne nur ein Zustand sein, den der Einzelne unerträglich finden muss.«¹² Hier ist nichts mehr zu finden von einer klaren Entgegensetzung zwischen Kultur und »Barbarei«.¹³ Die Kultur erheischt eine Kritik, weil sie zu einem für den Einzelnen unerträglichen Zustand führt. Diese Kritik fügt sich zu Freuds Einsicht, »in welchem Ausmaß die Kultur auf Triebverzicht aufgebaut ist«,¹⁴ darauf aufbaut, was Freud »diese Kulturversagung«¹⁵ nennt. Freud ist nicht einverstanden mit der Schlussfolgerung jenes ungenannten Kritikers, die Kulturstrebung über Bord zu werfen; die Grundlage seiner Kritik bezweifelt er nicht; er hat sie ihm geliefert.
5
Bei »Triebverzicht« denkt mann, gerade wenn es um Freud sich dreht, spontan an die Sexualität. Der Standardeinwand lautet, seit Freud haben sich die gesellschaftlichen Sitten und Werte gewandelt, das Problem heute sei nicht Unterdrückung der Sexualität, vielmehr eher zu große sexuelle Freizügigkeit. Keiner, der die Fallgeschichten von Freud und besonders von Wilhelm Reich liest, kann umhin, den Fortschritt der sexuellen Befreiung zu bewundern, den wir im Wesentlichen der Psychoanalyse zu verdanken haben. Dennoch haben sich die Versprechen nicht bewahrheitet, welche die Psychoanalyse an die sexuelle Befreiung knüpfte – ein besseres, friedlicheres Sozialleben mit weniger Neurosen und anderen psychischen Problemen herbeizuführen. Schon 1951 schrieb Paul Goodman im Buch »Gestalt Therapy«, dem Gründungsdokument der Gestalttherapie: »Die quantittetive Zunahme an ziemlich uneingeschränkter Sexualität [wird] von abnehmender Erregung und Tiefe