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Bayerisches Killer- und Nutten-Büchl - Band 2a: Revier-Zoff der Gangster
Bayerisches Killer- und Nutten-Büchl - Band 2a: Revier-Zoff der Gangster
Bayerisches Killer- und Nutten-Büchl - Band 2a: Revier-Zoff der Gangster
eBook281 Seiten3 Stunden

Bayerisches Killer- und Nutten-Büchl - Band 2a: Revier-Zoff der Gangster

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Über dieses E-Book

Terrorismus, mehrfacher Mord, schwere Raubüberfälle und eine verhängnisvolle Droge bringen Kriminalinspektor Lux Thomas und das Team seines Sonderdezernates gehörig ins Schwitzen. Immer, wenn sie glauben, der Aufklärung des Falls und dem linksalternativen "Kultodrom" einen Schritt näher zu kommen, findet sich die Polizei durch Kräfte aus Politik, Juristerei und anderer Behörden um zwei Schritte zurückgedrängt. Dass auch innerhalb der Polizeidirektion erhebliche Umwälzungen stattfinden mit personellen Änderungen, durch die den Inspektoren Knüppel zwischen die Beine geworfen werden, lässt den Fall nahezu unlösbar erscheinen. Doch Lux Thomas hat zum Glück noch ein Herz-Ass im Ärmel.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum20. Nov. 2015
ISBN9783738691993
Bayerisches Killer- und Nutten-Büchl - Band 2a: Revier-Zoff der Gangster
Autor

Louis Saner

Louis Saner, geboren 1942, lebt seither im gleichen Quartier, in Kleinhüningen, dem Hafen-, Industrie- und Arbeiterviertel Basels. Bis zu seiner Pensionierung arbeitete er 45 Jahre lang als Laborant in der Chemieindustrie. Dass es ihm in Kleinhüningen nicht zu eng wurde, liegt auch an zahlreichen Ausbrüchen: Seine Reisen führten ihn in die ganze Welt. Bereits 1960 begann er nebenberuflich mit dem Verfassen von Romanen. Die Reihe um den bayerischen Inspektor Lux Thomas, dessen Kriminalfälle oft politische Brisanz erhalten, wurde über die Jahre mehrfach neu überarbeitet und erscheint nun erstmals in dieser besonderen Edition.

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    Buchvorschau

    Bayerisches Killer- und Nutten-Büchl - Band 2a - Louis Saner

    zufällig.

    Das ist die Wende! Die Frau, die das emphatisch hinausbrüllte, war Regine Wiefelspütz-Schneiderick, linke Abgeordnete des Stadtrates. Das so Hocherfreuliche, was diesen Brunstschrei ausgelöst hatte: Stadtrat Alwin Klettenbauer vom rechtsesoterischen Ökobund, einer kleinen, wie man hörte, nicht linksgerichteten Splitterpartei, war gestorben. Nein - seriös, bevor es echt makaber wird: Seine parlamentsrechtmäßige Nachrückende, Energetia Bavarius - Hört! Hört! - hatte bekannt gegeben, dass sie sich nun den Linksgrünen anschlösse. Ihre Wähler waren da gar nicht gefragt. Und da die Opposition nur eine Stimme weniger im Stadtrat als die Regierung hatte, ergab dies nun die brisante Rechnung „null minus Eins. Dies wiederum ergab die hochgradig verheerende „Gleichung" von ein Grad unter Null. Auf gut Deutsch sowie auch edelbayrisch: Die Regierung war im A ... bgeordnetenhaus in die Minderheit gerutscht, weil die letzte MenschIn derselben sie und die sie beauftragten Wähler-Innen versetzt hatte.

    Der Einzige, der im aufkommenden Tohuwabohu die Ruhe bewahrte, war der, der das Scheitern der ‚christlichen Arbeitgeber-Koalition‘ mittels Vertrauensabstimmung bekanntgeben sollte. Bürgermeister Harro Ritzmann trat vor und schnappte sich das Mikrofon. „Was kraahns denn so los? Is eahna net guat?, fragte er als Erstes. „Der und das Einzige, das sich hier wendet, bin ich. Und zwar ab - mit Grausen - über den Kindergarten hier, jawoll! Des Folgenden merken sie sich eins, Frau Schniedelwutz-Eierpick. Wie? Felspütz- Schneiderick... jo mei - Ritzmann is oafacher. Ich entschuldige mich in aller Form für den peinlichen Freud’schen Verspruch. Ja - vor den Wahlen ist so viel versprochen worden. Aber vor den Wahlen ist hier gleich nach den Wahlen und somit ... Er inhalierte wieder einmal, noch lauter als der ganze Rest inklusive der in ihrer Ehre, wenigstens theoretisch, Wiederhergestellten, beinahe das Mikro. „Denn bekanntlich bin ich derjenige, der mit seinen Stichentscheiden schon massenweise Unsinn entsorgt hat. Das heißt im Klartext: 38 zu 37 Stimmen gegen die jetzige Regierung. Und mit meinem Stichentscheid 38 zu 38. Unentschieden heißt: abgelehnt. Die Regierung bleibt bis zum Ablauf der Wahlperiode im Amt. Ihr kennts jo i da Praxis versuachn, wenns no mehr Zeit vertrödln wollt."

    „Verräter!, ertönte ein 38-stimmiges Gebrüll. „Knüpft ihn auf. Hängt ihn an den nächstliegenden oder viel mehr herausstehenden Ast, der die ranzige Ranzenmasse dieses unwürdigen Revolutionsverhinderers zu tragen imstande ist. Werft ihn den Papiertigern und Gummilöwen zum Fraß vor!

    Und so tönte es fort.

    „Ich bin klar am linken Flügel aber noch innerhalb des Spielfeldes, derweil ihr außerhalb die Zuschauer torpediert, gab Ritzmann feinfühlig wie selten bekannt, womit er in Sachen Perfiditäten wieder mit 2:1 in Führung ging. „Na, den Schmarrn, den wo dia zsamm-kaschprn, wo jetzt dös Sogn hoam, is wengst berechnbar. Im Moment noh wengst. Oiso, wenn dia bis Ende Wahlperiodn regiern, fress i sowiaso a Besn. Für die letzten Worte hatte er das Mikrofon fortgeschmissen, um nicht wegen Beleidigung des hohen Magistrats des Saales verwiesen zu werden und das war gut so.

    Sitzungspräsidentin Divina Klunker, Grüne mit gerade hochrotem Kopf, sah dies freilich „differenzierter", wie man dies auf Amtschinesisch ausdrückt.

    „Sie beleidigen die Ehre des Hauses!", schrie sie ihm in der fünften Wiederholung mit längst überdehnten Stimmbändern zu, als sie sich endlich über den unendlichen Höllenklamauk hinwegsetzen konnte.

    „Ich habe Sigmund Freud und nicht Götz von Berlichingen zotiert, zitiert, werte Volkszertreterin. Wos is? Oiso hearns doch recht hii, wenn i zotier. Naa, net scho wieder. Äh, dozier. Sowia oiso Sitzungs-Präsidentöse Klunker. Dokter ... Frau etceteratteratataa sowie auch noch Pippi-Papa-Popo. Ritzmann verwarf die Hände. „Jo sie hoam Recht. Eine Ostfriesin ist auch keine Frisöse sozusagen.

    „Ich verweise sie aus der Sitzung, sie kabarettistischer Schmierenkomödiant!", explodierte die endlich.

    „Womit wieder Parität herrscht, stellte Ritzmann unerschütterlich fest. „Sie kennas glei mitkumma. Gemmas gmeinsam unter d’Duschn.

    Dann verkündete die Regierungskoalition noch, bei Ritzmanns Hinauswurf im Ganzen nach Hause gehen zu beabsichtigen. Die heutige Sitzung war geschmissen, wegen Beschlussunfähigkeit des Stadtparlamentes infolge zu zahlreicher Hausbesuche oder so. Damit blieb vorläufig alles beim Alten und im Argen, wie gehabt. Das Stadtparlament verkam zu einer einzigen Clownnummer im Leerlauf. Dafür konnte der, der diese galgenhumoristischen Kabaretteinlagen am laufenden Band abzog, noch am wenigsten.

    *

    Solches Parlaments-Verhalten löste ganz anderweitige politische Brisanzen aus, wie sich nur Tage später herausstellen sollte. Oder brachte vielmehr die schon lange ausgelösten Brisanzen hervor. Nun, der Tag begann noch recht lustig, vorderhand wenigstens. Lotte Weissmüller, Polizeipräsident Alberto Rossis Sekretärin, fand in aller Herrgottsfrühe beim Dienstantritt einen Zettel auf ihrem Schreibtisch mit der hochintelligenten Mitteilung:

    Bin im Ausgang mit Kaffeehorn. Heit gar net erst zer Arbeit kummn, deswegn i diaselbig gestern Obnd mit ins Bett gnommn und daselbst bearbeit‘ hab. Ergo, wenn oana vor’m zehne zua-da ins Bolizeibräsidium kimmt, trotzdem unser Sitzung im Ratshaus oogsetzt is, weil der Depp aa um dia Zeit no immer net wach gnua is: zsammscheissn und doohii schickn, hoast-mi? Gruass Rossi.

    Das verstand kein normaler Mensch, besonders noch in diesem Dialekt. War Rossi mit dem hauseigenen Nashorn an der Leine ins Café zum Frühstück gegangen und hatte noch die Hälfte vergessen? Seine Chefsekretärin hatte es lange aufgegeben, normal zu sein, und daher verstand sie bestens: Kaffee mit Hörnchen, von „Frau Bürgermeister Maria Ritzmann persönlich gebacken, war eines der häufigen „Arbeits-Frühstücke unter Freunden von Bürgermeister und Polizeipräsident im Rathaus. Allerdings zu einer unchristlich frühen Zeit. Die ziemlich geheime Sitzung, über die seit Tagen gemunkelt wurde, schien explosiven Zündstoff zu beinhalten, wenn sie nicht mal im Präsidium stattfinden durfte.

    Lotte wusste nicht nur, die „Geheimsprache" zu entziffern, nein, sie wusste auch etwas anderes: Sie hatte in zwanzig Jahren, seit ihrer Zeit als Büro-Lehrmädchen, fünf Polizeipräsidenten erlebt. Und Rossi war der Erste, der selbst im größten Stress den Humor nicht vergaß. Mit ihm zu arbeiten, war Erholung gegen alles andere, das sie je hier erlebt hatte.

    Alberto Rossi wusste nicht so recht, ob er schallend herauslachen sollte. Trotz der wieder einmal unnachahmlich guten Kipferl und dem engelhaften Anblick Marias bekam er einen so düsteren Ausblick über Politik, Elite und so fort der heutigen Zeit, dass ihm selbst das Frühstück samt anschließendem Stumpen nicht mehr so recht schmecken wollte, als ihm Ritzmann die letzte Sitzung des Stadtparlamentes schilderte, das ja - o Schreck - provisorisch auch gleich immer noch Kreisparlament war.

    „Erst wollten mich die Linken des Saales verweisen, weil alle zusammen einen solchen Schmarrn verzapft haben, dass ich wieder einmal eine Kabarettnummer abgezogen hatte, schilderte Harro Ritzmann den verhinderten Regierungswechsel. „Da hat die Regierungskoalition gedroht, die Sitzung zu verlassen, was Beschlussunfähigkeit wegen zu wenig Anwesender bedeutet hätte. Dann hat die Opposition, statt über die anstehenden Geschäfte zu diskutieren, doch noch eine Vertrauensabstimmung durchgezwängt, die natürlich unentschieden ausgegangen ist und so nochmals eine ganze Stunde vertrödelt. Dann sind die Linken nach Hause gegangen. Die würden sich noch mit Jack the Ripper verbünden, um endlich zur Mehrheit zu gelangen. Das täten auch die Rechten. Nur das Volk merkt nix und wählts brav abwechslungswoas immer noh. Er warf verärgert die Hände in die Höhe.

    „Inzwischen haben sich die beiden machtgeilen Haufen auf sogenannte provisorische Tolerierung geeinigt. Das heißt in etwa, dass nun noch mehr Regierungs-Unterposten an die linke Opposition abdelegiert und die rechten Stadtminister durch linke Beobachter verbeistandet werden. Weißt du, was das heißt? Es läuft in dieser beschissenen Stadt und rund herum überhaupt nichts mehr. Jede Seite lehnt jeden Vorschlag der andern ab, selbst, wenn er ausnahmsweise einmal vernünftig sein sollte. Ritzmann war äußerst sarkastisch heute. „Und, damit sicher ‚nix mehr Gscheits gschiacht, hat man noch die bisher recht gemäßigten rechten Kreisminister für Justiz und Inneres dafür verantwortlich gemacht, dass die Opposition noch einen Sitz durch diese durchgedrehte Kuh eines schizophrenen Pseudo-Esoterikzirkels, also genau gesagt, durch deren Linksumfall gewonnen hat. Sie wurde sofort durch Papageien der neuen Managerklasse ersetzt. I koo da genau sogn, dia Interessn vo welchm Bankn- und Industrie-Manager dia vertretn und no dern Aktien in Prozentn. A Volk hat da nix z’suachn. Oiso bei-ar näxtn Wahl wähl i Kraut-und-Ruabn-Partei!

    Wenigstens blieb den beiden hochrangigen Freunden noch Zeit, ihr Frühstück in Ruhe zu beenden, bis die angekündigten hohen Herren eintrafen. Und was für welche!

    Um zehn Uhr hatte sich eine Gesellschaft im abgesicherten Saal des Rathauses versammelt, die diejenige noch weit in den Schatten stellte, die über das Vorgehen gegen den Erzgauner Johannes-Kaspar Eispickler verhandelt hatte. Neben den beiden Genießern des Arbeitsfrühstücks waren auch die beiden neuen Kreisminister samt ihrer linken Beiräte geladen. Der Landes-Sonderbeauftragte Langener erschien mit ernster Miene, sowie eine kleine Anzahl Unbekannter in seinem Tross. Selbst ein paar Militär-Uniformierte fehlten nicht.

    Rossi hatte auf oberstes Geheiß noch die Inspektoren Lux Thomas, Larry Holzhammer und Kathrin Jäger, sowie deren Chef, den eher farblosen aber kompetenten Hauptkommissar Fritz Bernard laden müssen, sowie den offenbar für Langener unverzichtbaren Alt-Kriminaldirektor, Gustav Adolf Jäger, stets grimmiger Vater der bildschönen Inspektorin, der hörbar mit den Zähnen knirschte. Es waren Leute verlangt worden, die zur Bildung einer Sonderkommission einen guten Namen vorweisen konnten. Die Referenz dazu konnte man denen, nach der Lösung des Falles Eispickler nicht mehr absprechen, ob das nun gewissen Exponenten passte oder nicht.

    „Siehst du den Hut dort auf der Stange?, zitierte er gegen Ritzmann gewandt, als die neuen Stadtminister Dachser und Nachtgeier eintrafen, angesichts deren Eigenschaften als ‚Shareholder-Popanze‘. „Für den meinigen war angesichts des Publikumsaufmarschs nicht mal mehr ein Haken übrig. Er platzierte ihn mit Grimasse neben sich auf ein Rauchtischchen.

    Kurz vor zehn war die illustre Gesellschaft komplett. Rossi sah mit Amüsement auf seinen schweigsamen Inspektor, der nur dann etwas Perfides zum Besten gab, wenn er es nicht sollte. Lux Thomas, der seit seiner Heirat sichtlich kontaktfreudiger geworden war und dessen Gesichtszüge sich um einiges erhellt hatten, saß aber heute wieder einmal besonders schweigsam da. Sein Gesicht blieb undurchdringlich, aber wer in seine Augen blickte, der konnte rasch erkennen, dass es ihn alle Mühe kostete, nicht herauszuplatzen. Die mit den falschen Bärten und getönten Brillen mit Fensterglas - also das war nun tatsächlich der Geheimdienst, wie ihn sich der kleine Fritz vorstellte. Immerhin zeigte ihre Anwesenheit eines: Die Lage musste ernst sein.

    Langener höchstpersönlich war es schließlich, der das Wort ergriff: „Werte Anwesende, ich habe zu dieser Sitzung geladen, weil wir uns seit mindestens zehn Jahren in einer Sache totlaufen und blamieren, weil alles durch eine geradezu internationale Geheimhaltung blockiert war. Ein vorwurfsvoller Blick ging in Richtung Geheimdienst und Militär. „Das muss sich nun ändern, da ich endlich die Erlaubnis für eine ganz neue Koordination in den Händen habe. Allerdings sind just jetzt tiefgreifende Schwierigkeiten aufgetreten, die nur dann auf ein Weiterkommen hoffen lassen, wenn wir endlich miteinander kooperieren. Um die vom Polizeipräsidenten mit der Bearbeitung des Falles ausgewählten Leute zu orientieren, schlage ich also vor, dass nun jeder einmal sein behütetes Aktenköfferchen öffnet und schonungslos sagt, was er weiß, wo und warum man zu keinem Schluss gekommen ist in all der Zeit. Er nahm bewusst nicht das Wort Versagen in den Mund, obwohl ein hörbar vorwurfsvoller Seufzer erneut in Richtung der Staatsdienstler ging. „Möge uns Polizeipräsident Rossi kurz darlegen, was er beizutragen hat."

    Jener räusperte sich grimmig hinter seinem schwarzen Schnauzbart hervor. „Sie wissen so gut wie ich, dass mein Aktenkoffer leer ist, knurrte er verdrossen. „Ich weiß gerade andeutungsweise, dass der Geheimdienst in hellem Aufruhr ist, weil er auch nicht mehr weiter weiß. Was zu ganz besonderen Bedenken Anlass gibt. Und nun sollen gefälligst wir die Köpfe hinhalten und schon vorgestern eine Lösung liefern zu Schandtaten, deren sie auslösende Ganoven ich noch gar nicht kenne. Ich komm mir als Polizeipräsident vor, wie ein Polizistenlehrling in der ersten Stunde.

    Rossi war unverhohlen missgelaunt. „Meine sehr wohl getarnten Herren vom Geheimdienst: Lassen sie zuerst mal die Sau raus!" Das war der Ton, mit dem der Italio-Erzbajuware ganz gerne einmal aneckte, aber er wirkte.

    „Wir hatten wahrhaftig Grund zur großen Geheimhaltung", erklärte einer der Bärtigen nicht gerade ‚very amused‘. „Es hat sich jetzt eben einiges geändert. Also, Information über die Gesamtlage an alle: Vor weit über zwanzig Jahren schwappte eine große linke Terrorwelle auf Bayern über. Auch unsere Stadt war mit betroffen. An der Universität von Erlangen lehrte ein ultralinker Professor Politik-Wissenschaft. Severo Guiterrez war deutsch-argentinischer Doppelbürger. Seine Großeltern waren schon Linke, die aus Deutschland dorthin auswanderten, und auch seine Mutter war Deutsche. Er besuchte daher die deutsche Schule einer Großstadt mit vielen Schülern deutscher Sprache. Nun, Linke in Argentinien hatten es nie leicht. Seine Großeltern wurden bei einer Demonstration erschossen, und seine Eltern verschwanden spurlos. Guiterrez kam als Flüchtling hierher zurück und absolvierte ein Studium. Er war äußerst begabt und wurde sehr jung Professor, aber er war ein linksrevolutionärer Terrorist, der einen ihm hörigen Studentenzirkel um sich scharte, der Demonstration um Demonstration gegen das Kapital organisierte. Es wurden Scheiben von Banken und Industrie eingeschmissen, Farbbeutel geworfen, Autos angezündet und Steine gegen die Polizei gezielt, die als Laufbuben des kapitalistischen Staates betitelt wurde. Dabei blieb es nicht. Es folgten Entführungen hoher Manager und Politiker, von denen einige ermordet wurden, Überfälle auf Geld- andere Wert- und Waffen-Transporte und Juweliere, offensichtlich, um eine Revolution zu finanzieren. Guiterrez selbst war jedoch nichts zu beweisen. Sein gelehrigster Schüler war der junge Student Roderich Mattheuss, dem noch weniger zu beweisen war, auch wenn die Gerüchteküche brodelte. Zu der Zeit gab es einen erfolgreichen Spinner von Privatdetektiv namens Robert Knorr. Als Spinner bezeichne ich ihn, weil er sich standhaft weigerte, mit der Polizei zusammenzuarbeiten. Warnungen, dass er seines Lebens nicht mehr sicher sei, schlug er in den Wind, schrieb seine Akten nur von Hand und machte davon nicht einmal eine Kopie. Aber irgendwie muss der hinter gewisse Dinge gekommen sein, die dem linken Zirkel gefährlich wurden, denn eines Nachts wurde sein Haus derart durch eine Brandbombe zerstört, dass von Akten samt Knorr nur noch Kohlestaub übrig blieb.

    Dann allerdings hatte sich auch Guiterrez, den man irgendwie anerkennend inzwischen respektvoll Gitarren-Joe nannte, überrissen. Von der Universität war er schon geflogen und samt Mattheuss und seinem Zirkel untergetaucht. Der Ex-Professor tauchte nach einiger Zeit in Hamburg wieder im Zusammenhang mit einem Terrorüberfall auf, doch diesmal hatte die Polizei Wind davon bekommen und war bewaffnet zur Stelle, um diesen zu verhindern. Bei der nachfolgenden Schießerei wurde Gitarren-Joe tödlich getroffen. Der sterbende Guiterrez nahm noch schnell alle Schuld auf sich und entlastete insbesondere seinen Sonderschützling Mattheuss, der darauf in Deutschland wie vom Erdboden verschlungen war. Er war, wie unser Bundesnachrichtendienst nach einigen Jahren herausgefunden zu haben glaubte, ausgerechnet nach Argentinien geflohen. Immerhin war damit die Führungsgang der Linksterroristen zerschlagen, und wir hatten an dieser Front Ruhe."

    „Und damit wäre das Problem gelöst. Amen! Rossi war grausam sarkastisch heute. „Aber offenbar ist eine neue Skylla dem Schlund des mare bavariensis entstiegen, mitsamt der Charybde. Ich bin ganz Ohr.

    „Das kann man wohl sagen, meldete sich der Bärtige wieder. „Es ist schon an die zehn Jahre her, als wieder einige Überfälle auf Werttransporte einsetzten. Drei Jahre später, Mattheus‘ Straftaten waren verjährt, stießen wir auf einen Rodrigo di Matteo. Der Mann war irgendwann mit deutschem Pass eingereist. Die Taschen voller Geld, sodass er ein riesiges Areal in der Stadt, das einem pleitegegangenen Fußball-Verein gehörte, mühelos ersteigerte: ein ganzes Stadion mit Nebengebäuden und Trainingsplätzen.

    „Ich brauche nur einmal zu raten! Statt Rossi schlug nun Bürgermeister Harro Ritzmann die Hände über dem Kopf zusammen. „Rodrigo di Matteo klingt ja wirklich eleganter, als Roderich Mattenhäussler. Jawohl, so hieß er richtig und nicht einmal Mattheuss, wie er sich nannte. Seine Vorfahren waren Korber und Schirmflicker übrigens. Zufälligerweise weiß ich aus seiner Terroristenzeit über ihn Bescheid, weil seine Bande einen Vetter von mir, gewöhnlicher Bereitschaftspolizist, erschossen hat. Ich werde mich persönlich ganz besonders dafür einsetzen, ihn für jegliche neue Straftaten vor den Richter zu bringen, als späte Genugtuung!

    „Nach neuen Straftaten sieht es allerdings aus", bestätigte Sonderreferent Langener. „Damit sich unser Herr aus dem BND nicht heiser redet, werde ich vorläufig fortfahren, weil ich sowohl über die nicht mehr ganz neuen und die wirklich neuen Neuigkeiten bestens informiert bin. Den Namen Rodrigo di Matteo darf er legal führen. Sein Großvater war mit seiner zweiten Frau nach Argentinien ausgewandert, wurde dort Staatsbürger und änderte seinen Namen einigermaßen sinngemäß ab. Die Von-schreibung wurde akzeptiert. Man nahm‘s nicht so genau, und da auch er die Doppelbürgerschaft erwarb, ist alles klar. Nur wann er schon zurückgekommen ist, ist unklar. Offenbar hat er sich zunächst ein paar vornehme Clubs eingerichtet, in denen selbst die Haute-Vollee der Stadt verkehrt. Der erste davon ist bis heute auf dem Sportgelände.

    Aber nach geeignetem Umbau machte er das kleine Fußballstadion zu einem Treffpunkt junger, linker Kultur mit viel Musik. Die ältere Generation, so wie ich, würde sagen, Gegröl und kakophonischem Lärm sowie Unterkunft für zum Teil recht eigenartige Clubs und einige politisch linkslastige Vereinigungen und nannte es großspurig Kultodrom. Einen Hinweis auf terroristischen Hintergrund gibt es freilich nicht. Es gilt die Unschuldsvermutung, auch wenn beobachtet wird, ob da nicht ein subtiler Neuaufbau im Gange ist. Um vieles subtiler, als mit Guiterrez und daher noch viel gefährlicher."

    „Und schon wird wieder von der politischen Gegenseite mit Vorverurteilungen um sich geschmissen!, insistierte Renate Klempner, eine der linken Anstandswauwauinnen des neuen Kreisministers von der christlichen Regierungskoalition. „Dabei haben wir schon vor drei Jahren nach immer mehr schikanösen Razzien der rechtsgerichteten Kreisregierung abgezwun... äh - ihr nach deren ewiger Kritik am Kultodrom abgerungen, dass wir Linken einen städtischen Kulturdezernenten extra für jene Art von Jugendkultur und Subkultur für das Kultodrom abdelegieren. Und in der Person des stellvertretenden Parteisekretärs Blasius Laferitz, hauptberuflich Psychologe, einen dafür bestqualifizierten Mann gefunden.

    „Also, dass da Nomen gleich Omen ist, steht wenigstens schon von Anfang an nicht mehr zur Diskussion." Ritzmann bemerkte es gerade noch so vornehm laut, dass es die Linken vor lauter politischer Begeisterung nicht hörten.

    A deppertern Halbschuh hoams wieder amoi net findn kenna. Mit diesem Verbrater zahlloser oberlinken ‚Schreiben und Schnurren‘ hab ich zweimal über Probleme unserer jungen Generation diskutiert. Was der rausgelassen hat, war Meter tief unter jeder Sau. Und so einer gilt links als großer Jugendexperte. Und i woass nix über sei neu Funktion. Bi jo nu da Suppnkasper vo Birgamoasta! Er war wirklich verärgert, obwohl er nicht der Einzige war, der in wichtigen Dingen außer jeder Ahnung gelassen worden war, wie sich schnell herausstellte.

    Zunächst hatte sich jedoch der Referent wieder zu Wort gemeldet. „Wahlkampfspektakel heben sie gefälligst für denselben auf!", wurde er deutlich. „Hier geht‘s um Fakten, die für all unsere Bürger gefährlich werden können. Vor etwa acht Jahren begannen nämlich, nebst der wieder vermehrten Überfälle auf Wertgut, auf dem Nato-Gelände vor der Stadt ganze Wagenladungen von Nato-eigenem Militär-Material zu verschwinden. Nicht nur Waffen, sondern millionenschwere Computer-Elektronik modernster Art, mit der man selbst Raketen steuern kann. Das hatte ganz eindeutig Guiterrez-Mattheuss’sche Prägung. Unter ihrem Vorvorgänger, Herr Präsident, wurde dazu ermittelt. Aber bald verlangte der Chef der Nato-Heerespolizei alleinige Kompetenz darüber, zu bearbeiten, was auf Nato-, sprich in diesem Fall amerikanischem Hoheits-Gelände, geschah. Das führte zu anhaltenden Differenzen. Auf Befehl unseres Geheimdienstes musste man alles, was Matteo betreffen konnte, der US-Militärpolizei abgeben.

    Doch vor fünf Jahren nahm die Masse des Gestohlenen solche Ausmaße an, dass unser Geheimdienst gegen alle US-Proteste beschloss, auch selbst einen Fuß hineinzustellen. Es kamen, wie ihnen sicher nicht unbekannt ist, eine Handvoll Leute unter Führung eines Herrn Schwoche ins Polizeipräsidium und eröffneten dort ein eigenes Koordinationsbüro, wie sie es nannten. Nun musste denen alles in die Richtung deutende vorgelegt und jegliche Akten abgegeben werden, damit man sie noch vor der Militärpolizei sichten konnte. Während die städtische Kriminalpolizei nichts mehr mit ihm zu tun hatte, hat sich offenbar selbst die Nato die Zähne

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