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Freimaurerische Kunst - Kunst der Freimaurerei
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eBook289 Seiten2 Stunden

Freimaurerische Kunst - Kunst der Freimaurerei

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Über dieses E-Book

Die Bedeutung der Freimaurerei für die kulturelle Entwicklung ist heute unbestritten. Freimaurer waren praktisch auf allen kulturellen Gebieten tätig und leisteten so einen wichtigen Beitrag für die europäische Kultur. Zahlreiche Künstler aus allen Schaffensgebieten waren Freimaurer, bedeutend auch die zahlreichen wissenschaftlichen Initiativen von Freimaurern in Gelehrtengesellschaften, Akademien und Universitäten.
Über den engeren Kunstbegriff hinaus bedeutet Kultur aus freimaurerischer Perspektive auch die Entfaltung jener menschlichen Fähigkeiten, die als "Veredelung und Vervollkommnung der menschlichen Persönlichkeit" umschrieben werden. Die kulturelle Bedeutung der Freimaurerei lag und liegt auch heute im Bestreben, möglichst alle Glaubensbekenntnisse und die verschiedenen gesellschaftspolitischen Auffassungen in toleranter Form zu vereinigen. Die Beiträge renommierter WissenschafterInnen in diesem Band zeigen aus interdisziplinären Perspektiven den freimaurerischen Einfluss auf das europäische Geistesleben auf.
Mit Beiträgen von Kurt Drexel, Karlheinz Gerlach, Roland Martin Hanke, Kristiane Hasselmann, Michael Niedermeier, Helmut Reinalter, Ursula Schaumburg-Terner und Peter Volk.
SpracheDeutsch
HerausgeberStudienVerlag
Erscheinungsdatum11. Nov. 2015
ISBN9783706557795
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    Buchvorschau

    Freimaurerische Kunst - Kunst der Freimaurerei - StudienVerlag

    Reinalter

    I. Freimaurer als Künstler

    Karlheinz Gerlach

    Kunst und Künstler in den Freimaurerlogen des Alten Preußen 1739-1806

    Was zog den Künstler des 18. Jahrhunderts zu den Freimaurern? Wohl doch die geistige Nähe der Freimaurerei zur Aufklärung – oder zu ihrem Gegenpol, dem Irrationalismus –, aber auch das die Phantasie anregende Geheimnis, die bildhafte Symbolik und das spielerische Brauchtum, die Nähe zu Hof und Staat, die soziale Breite, die Geselligkeit. Die Aufnahmebegründung mündete vermutlich wie bei vielen anderen in den Wunsch, in den Kreis tugendhafter und ehrenwerter Männer zu treten, die womöglich die berufliche Karriere fördern könnten.

    I

    Die Freimaurerei1 entstand in Großbritannien nach der Glorreichen Revolution (1688) als ein gemeinsamer Verein des Bürgertums und des verbürgerlichten Neuen Adels. Ihre Form und ihre Bräuche waren die der alten Steinmetzinnungen, der lodges, ihre Ideen die der Frühaufklärung und der parlamentarischen Monarchie. Die Freimaurer bekannten sich zu religiöser Toleranz, Gleichheit und Brüderlichkeit und verbannten nach den Erfahrungen der englischen Revolution religiösen Streit und Politik aus den Logen.

    Die Freimaurerei verbreitete sich in wenigen Jahrzehnten über den Kontinent, dort jedoch unter anderen gesellschaftlichen, nicht bürgerlichen, sondern feudalen Verhältnissen.

    Die erste deutsche Freimaurergesellschaft ist die 1737 gegründete Loge de Hambourg. Sie nahm 1738 den preußischen Kronprinzen Friedrich auf. Er ließ von Hamburger Freimaurern 1739 auf seinem Schloss Rheinsberg die erste Loge in Brandenburg-Preußen einrichten, die Loge première oder Loge du Roi. Nach seiner Thronbesteigung gründeten Kaufleute am 19. September 1740 in Berlin die Loge aux trois globes. Sie wurde die Mutter der Freimaurerei in Brandenburg-Preußen. Die Mutterloge zu den drei Weltkugeln erhielt in der deutschen Freimaurerei einen Platz ersten Ranges. Friedrich II. stellte die Freimaurer in den preußischen Staaten, dem nach dem Habsburgerreich größten deutschen Territorialstaat, unter seinen Schutz, legitimierte sie somit. Er akzeptierte den Ehrentitel eines natürlichen Großmeisters, also eines Schirmherrn (Protektors) aller künftigen Logen in Brandenburg-Preußen.

    Die Freimaurerei entwickelte sich mit dem militärischen, wirtschaftlichen und kulturellen Aufstieg Preußens. Sie organisierte die Angehörigen jener neuen sozialen Schichten, die sich neben der altständischen Sozialordnung im historischen Zusammenhang mit dem absolutistischen Staat und dem entstehenden Manufaktur- und Handelskapitalismus entwickelten. Die Freimaurer waren Adlige und Bürgerliche, Verwaltungsbeamte, Angestellte und Offiziere, Unternehmer, Ärzte und Apotheker, Theologen, Hochschul- und Gymnasiallehrer, Studenten und Künstler. Die kleinen Gewerbetreibenden, also die zünftigen Handwerker, und die Unterschichten waren zu den Logen nur als minderberechtigte, die praktischen Arbeiten verrichtende Dienende Brüder und die Frauen2 überhaupt nicht zugelassen.

    Die sozial- und kulturgeschichtliche Bedeutung der Freimaurerlogen lag in der Fähigkeit, eine wachsende Zahl von erwachsenen männlichen Angehörigen der relevanten sozialen Schichten unabhängig von Beruf, (christlicher) Konfession, Bildung und Wohlstand zu organisieren, deren Blick über die engen Grenzen ihres Heimatortes hinaus in die Weite der Monarchie und des Reiches zu öffnen und sie an die Regeln eines modernen Vereins mit Wahlrecht, interner Demokratie (Republikanismus), Disziplin, mit finanziellen und sozialen Pflichten zu gewöhnen. Die Logen trugen wesentlich zur Herausbildung und zum Bewusstwerden gemeinsamer Interessen und damit zur Emanzipation des Bürgertums bei.

    Der Aufstieg der Freimaurerei in Brandenburg-Preußen begann eher langsam in den wenigen, weit auseinander liegenden großen Städten. Erst ab dem letzten Viertel des 18. Jahrhunderts konnte sie sich auf eine relativ breite und feste soziale Basis, nun auch in immer mehr Mittelstädten, stützen. Die Aufklärung dominierte in Verwaltung, Schule, Kirche und Publizistik, wurde aber zunehmend von ihren konservativen Gegnern zurückgedrängt.

    Die brandenburgisch-preußische Freimaurerei umfasste bis zum Siebenjährigen Krieg nur einige Logen mit wenigen hundert Mitgliedern in den großen Residenz-, Universitäts- und Garnisonstädten, in Berlin, Breslau, Halle, Königsberg. Der Siegeszug setzte in den siebziger Jahren ein, nach der Überwindung der schweren Kriegsfolgen und der Nachkriegskrise, zu Beginn einer langen Friedensperiode. Waren in der ersten Gründungsphase bis zum Hubertusburger Frieden 1763 lediglich elf relativ stabile Logen tätig, waren es von 1763 bis 1786, dem Todesjahr Friedrichs II., schon 67 Logen, zu denen in der dritten Gründungsphase bis 1806 weitere 17 hinzukamen. Freimaurer fand man nun sogar in vielen Landstädten und Dörfern. Die Logen in Brandenburg-Preußen hatten von Anbeginn bis 1806 etwa 11 350 Mitglieder (wirkliche, Vollmitglieder und Dienende Brüder).3

    Die zu großen Vereinen (Großlogen) vereinten und zentral von einer Mutterloge geführten Logen konkurrierten sozial und ideologisch. Die Freimaurer entwickelten nach- und gegeneinander mehrere freimaurerische Lehrsysteme (Varianten der englischen Maurerei, Tempelritterorden der strikten Observanz, Afrikanisches Bauherrensystem, Zinnendorf-Schwedisches System, Gold- und Rosenkreuzerorden, die Reformen ab den neunziger Jahren). Die Freimaurerei erlebte mehrere schwere Krisen. Der auch öffentlich ausgetragene Logenkrieg zwischen den Systemen lieferte ein dankbares Thema für Publizisten und Schriftsteller. Die Freimaurerei war in aller Munde. Die Auseinandersetzungen trugen trotz vieler Krisen eher zur Ausbreitung als zum Niedergang der Freimaurerei bei, auch wenn sich immer wieder Mitglieder enttäuscht abwandten und ganze Logen aus dem Bund austraten oder ausgeschlossen wurden.

    Friedrich Wilhelm III. verbot mit dem von Revolutionsfurcht diktierten Edikt wegen der geheimen Verbindungen 17984 die Geheimgesellschaften in Preußen. Man sah aber gemäß dem Allgemeinen Landrecht in der Freimaurerloge nicht einen geheimen, sondern geschlossenen Verein. Das Edikt genehmigte drei staatlich kontrollierte Berliner Mutterlogen und die von ihnen abhängenden Tochterlogen, die so genannten altpreußischen Freimaurerlogen: die Große National-Mutterloge zu den drei Weltkugeln, die Große Landesloge der Freimaurer von Deutschland und die Große Loge von Preußen genannt Royal York zur Freundschaft.5

    II

    Der Beitrag beschäftigt sich mit zwei Aspekten der Freimaurerei im Alten Preußen: erstens mit der Mitgliedschaft Bildender und Darstellender Künstler, mit den Malern, Zeichnern und Graveuren, den Baumeistern (Architekten), den Musikern und den Schauspielern, und zweitens mit der von ihnen geschaffenen freimaurerischen Kunst. Nicht behandelt werden die tradierten symbolträchtigen Arbeiten, das heißt, die alte Handwerkerbräuche, aber auch zeitgenössische höfische Feste und Theateraufführungen nachahmenden typisierten zeremoniellen Logenversammlungen. Die Großlogen schrieben für die Arbeits-, Fest- und Tafellogen bis in die letzte Formulierung gehende Rituale vor. Nicht von ungefähr hatten die Logen Zeremonienmeister.

    Wie Handwerker stiegen die Freimaurer vom Lehrling zum Gesellen und Meister auf. Man verwendete handwerkliche Werkzeuge wie Hammer, Zirkel, Lot usw., denen man einen freimaurerischen Symbolwert beimaß. Der Teppich (Tapis), den in der Frühzeit beauftragte Mitglieder jedes Mal mit Kreide auf den Fußboden zeichneten und anschließend wieder löschten, ehe gemalte Tücher üblich wurden, stellte die Symbole des jeweiligen Grades dar. Auch das freimaurerische Geheimnis geht auf das handwerkliche Berufsgeheimnis zurück, ähnlich das schreckliche Aufnahmeritual.

    Die Logen beauftragten Zeichner, Graveure und Drucker, Freimaurer und Nichtfreimaurer, mit der Anfertigung der masonischen Gebrauchsgegenstände, der Siegel und Bijoux (der an einem Band getragenen Beamten- und Logenabzeichen), der Teppiche, der Formulare und Reden, der Kanonen (der geschnittenen, auf festem Fuß stehenden Weingläser der Tafellogen).6 Die öffentlichen Freimaurermuseen in Bayreuth und im niederösterreichischen Rosenau, aber auch viele allgemeine Museen stellen freimaurerische Kunstgegenstände aus und bilden sie in Katalogen ab.7

    Die Großlogen beauftragten meist Berliner Medailleure und Graveure. Sie beanspruchten das Recht, die Siegel, Abzeichen und grafisch gestalteten Vordrucke zu genehmigen und auf Kosten der Tochterloge anfertigen zu lassen.

    Bildliche Darstellungen des Logenlebens und Freimaurerporträts sind in Brandenburg-Preußen sehr selten. Maler und Zeichner haben kaum für die Logen gearbeitet bzw. von ihnen keine Aufträge erhalten. Daher sind nur wenige Porträts von Freimaurern in Ordenstracht oder mit Ordenszeichen bekannt, so von den Ordensoberen Johann Christoph v. Woellner und Johann Wilhelm Kellner v. Zinnendorf oder dem General Gebhard Leberecht v. Blücher. Allerdings sind womöglich in den Logen aufbewahrte Porträts, Ölbilder, Schattenrisse bei der Beschlagnahme des Logeneigentums durch die Nazis Mitte der dreißiger Jahre verloren gegangen.

    Freimaurerische Genrebilder sind bis 1806 noch seltener. Im Unterschied zu Frankreich, England oder Österreich entstanden in Berlin lediglich ein einziges, immer wieder variiertes Bild und einige wenige Karikaturen. Der vergessene Miniaturmaler Georg Wilhelm Hoffmann (1751-1784), ein Mitglied der Loge Zur Eintracht (1778-1786), zeichnete in den späten siebziger Jahren die Aufnahme des Bayreuther Markgrafen Friedrich durch dessen Schwager Friedrich II. im Oktober 1740 auf Schloss Rheinsberg.8 Hoffmann kannte das Ereignis aus den Erzählungen alter Berliner Freimaurer, die aber ebenso wenig wie er dem Ereignis beigewohnt hatten. Damals lebten ja nur noch zwei Mitglieder der Loge première, der König und der Berliner Gouverneur General Wichard v. Möllendorff. Der auf dem Bild gezeigte Friedrich II. ist bezeichnenderweise nicht der bei der Aufnahme 28-jährige König, sondern der Alte Fritz. Die dargestellten Personen bleiben vage. Ebenso der Versammlungsraum.

    Bis zur nächsten bildlichen Darstellung zur Berliner Freimaurerei vergingen mehr als zwanzig Jahre. Um die Jahrhundertwende karikierte der Berliner Bildhauer und Zeichner Gottfried Schadow (1764-1850) Freimaurer und Logenzustände der Royale York, veröffentlichte aber die drei Zeichnungen nicht.9 Schadow trat als 26-Jähriger am 24. Mai 1790 der Royale York de l’amitié bei und gehörte ab 1798 ihrer Berliner Tochterloge Friedrich Wilhelm zur gekrönten Gerechtigkeit an. Er feierte 1840 sein 50-jähriges Maurerjubiläum.10 Er übernahm in seiner langen Mitgliedschaft verschiedene Logenämter, so die des Zensors (1796/97-1803/04), des substituierten 2. Aufsehers (1803/04) und des Oberaufsehers (1803-1812).11

    Schadow wohnte in einem heute noch stehenden Haus in der nach ihm benannten Straße nur wenige Minuten Weg entfernt vom Logenhaus, dem von Andreas Schlüter erbauten Kamekschen Palais in der Dorotheenstraße. Er war mit Marianne (Mattel) Devidel, der zum Katholizismus konvertierten Tochter des Wiener jüdischen Pretiosen- und Wechselagenten Samuel Devidel verheiratet.12

    Schadow karikierte seine Mitbrüder in Mönchskleidung und mit Tierohren, unter ihnen den Logenreformer und deputierten Obermeister Ignaz Aurelius Fessler (1756-1839), einen gebürtigen Österreicher. Die nunmehrige Große Loge von Preußen genannt Royal York zur Freundschaft (1798) befand sich im Umbruch. Sie war vom Staat und von der National-Mutterloge als Mutter- und Großloge anerkannt. Obwohl ihre Reform weiter ging als die der beiden anderen Großlogen, musste sie sich dennoch unter den politischen Verhältnissen Preußens nach 1798 und angesichts der Notwendigkeit, sich mit den anderen altpreußischen Logen gut zu stellen, anpassen. Die Loge stand in dem Ruf größerer konfessioneller und kultureller Offenheit. Der Mitgliederanteil von Immigranten und Ausländern war sehr groß, so dass sie bis Ende des 18. Jahrhunderts französisch arbeitete. Sie hatte als einzige Berliner christliche Loge einen Juden aufgenommen. Die Royale York de l’amitié war daher immer wieder interner und öffentlicher Kritik ausgesetzt. Überhaupt stand die Freimaurerei seit der Französischen Revolution unter großem politischem Druck. Die Kritik an ihr nahm zu. Im Generaldirektorium, welches das Edikt von 1798 vorbereitete, stimmten mehrere hohe Beamte für ein Verbot der Logen. Auch mancher Freimaurer rechnete mit einem Verbot.

    Schadow nahm sicher alle diese Entwicklungen im Lande und in den Logen mit wachem politischem Verstand wahr und sah die Zustände in der Freimaurerei und in seiner Loge kritisch. Bisher fehlt jedoch eine gründliche kunst- und logengeschichtliche Untersuchung der Freimaurerkarikaturen, damit ihrer Einordnung in die Zeitgeschichte. Wir wissen bisher auch nur wenig über Schadows Freimaurerschaft und sein Verhältnis zu anderen Freimaurern, etwa zu Fessler oder zu dem aufgeklärten Juristen und Großmeister Ernst Ferdinand Klein.

    Schadow nannte die erste Zeichnung Secrets des Francmaçons de la loge York de l’amitié. Sie kann so interpretiert werden, dass sich der im Bildvordergrund dargestellte Vorhang nur dem Freimaurer öffnet, der fleißig Beiträge zahlt. Die zweite Karikatur stellt in einem Billardzimmer vermutlich Fessler mit Hundeohren und in Mönchskleidung dar, in Händen die Gazette litteraire française. Schadow dachte vermutlich an Claude Etienne Le Bauld de Nans (1736-1792), den einstigen Herausgeber der Gazette und Meister vom Stuhl, da le baud das französische Wort für Jagdhund ist. Schadow hatte ihn vermutlich noch persönlich kennen gelernt. Auf der dritten Karikatur sehen wir in einem Garten unter anderen an einem Tisch mit Flaschen und Gläsern einen Menschen mit Tierohren sitzen. Er umfasst ein Mädchen, dem er heimlich ein Geldstück in die Hand drückt. Er zeigt auf einen nur mit einem Mantel bekleideten entmannten Apoll mit umgekehrter Lyra und einem Notenheft. Der im Hintergrund zeichnende Künstler ist vielleicht Schadow selbst. Ein Obelisk trägt die Inschrift Au Restaurateur de la loge, weist also auf Fessler hin. Mit dem Kastraten ist vermutlich der königliche 1. Sopran Giovanni Carlo Concialini gemeint.

    III

    Die Logen in Brandenburg-Preußen hatten 428 Bildende und Darstellende Künstler als Mitglieder. Zieht man die Doppelmitgliedschaften ab, bleibt die Zahl von 420 Künstlern. Außerdem gehörten ihnen 39 Militärmusiker (Hautboisten) einschließlich eines Berliner Regimentstambours an (Kur- und Neumark, Westfalen, Ostfriesland: 17, Pommern: neun, Schlesien: zehn, Ost- und Westpreußen: zwei), jedoch nur als Dienende Brüder und Anfang des 19. Jahrhunderts auch als Mitglieder der Musikalischen Kollegien. Die nicht eindeutig als Künstler bestimmbaren Juweliere und Baubeamte werden nicht berücksichtigt. Die 459 Künstler und Militärmusiker machten 4,04 Prozent aller Freimaurer in Brandenburg-Preußen aus.

    Die folgenden Berechnungen beziehen sich auf die 428 Vollmitglieder ohne die Militärmusiker. Zwei Drittel aller Künstler (284 bzw. 66,4 Prozent) waren in Berlin und in den beiden benachbarten Städten Potsdam und Charlottenburg engagiert: 256 Künstler (59,8 Prozent aller Künstler) in Berlin, weitere 23 (5,4 Prozent) in Potsdam und fünf (1,2 Prozent) in Charlottenburg. Der Mitgliederanteil der Künstler an der Berliner Logenmitgliedschaft von 1740 bis 1806 (3300), also in einem Zeitraum von 66 Jahren, betrug 8,61 Prozent.13 Zum Vergleich: Der Anteil der Künstler an den 3947 Wiener Vollmitgliedern betrug 1780-1790, während eines viel kürzeren, aber wie in Berlin mitgliederstarken Zeitabschnitts, 6,3 Prozent (absolut 259).14 Obwohl die Anteile sich auf unterschiedliche Zeiträume beziehen, belegen sie doch den großen künstlerischen Mitgliederanteil.

    Die ausländerstarke Berliner Johannisloge Royale York de l’amitié führte einschließlich ihrer Deputation in Potsdam 99 Künstler in ihren Listen, die Mutterloge zu den drei Weltkugeln und ihre Berliner Tochterlogen 27 und die Berliner Filialen der Großen Landesloge der Freimaurer 77 Künstler.

    Weitere Städte mit einem nennenswerten Künstleranteil der Logen waren Königsberg (23), Magdeburg (20), Stettin (15), Elbing (12), Breslau (12) und Schwedt (7). In den Residenz- und Haupt-, sowie Gewerbe- und Handelsstädten mit Opernhäusern, festen Theaterhäusern oder Spielstätten für wandernde Schauspielertruppen wohnten viele wohlhabende, kunstinteressierte Adlige und Bürgerliche, die Künstlern eine Existenz ermöglichen konnten. Andere Logen dagegen hatten abhängig von der städtischen Bevölkerungsstruktur nur wenige oder gar keine Künstler. Das galt für die Universitätsstädte Frankfurt (Oder) (3), Halle an der Saale (4) und Duisburg (0), die Festungs- und Verwaltungsstädte Küstrin (0) und Graudenz (1) sowie für alle Landstädte.

    Die Musiker einschließlich der Sänger und Organisten stellten mit einem Drittel aller Künstler die größte Gruppe (151 Mitglieder bzw. 35,3 Prozent). Die Maler, Zeichner und Kupferstecher machten ein Viertel aller Künstler aus (99 Mitglieder bzw. 23,1 Prozent) und die Schauspieler und Tänzer knapp ein Fünftel (81 Mitglieder bzw. 18,9 Prozent), während die Baumeister (28 Mitglieder bzw. 6,5 Prozent) und Bildhauer (absolut 22 bzw. 5,1 Prozent) in der Minderzahl blieben.

    IV

    Der erste je in einer brandenburgischen Loge genannte Künstler war Hans Georg Wenzeslaus v. Knobelsdorff (1699-1753).15 Knobelsdorff war Mitglied der Loge première des Kronprinzen Friedrich in Rheinsberg. Für ihn und die meisten anderen Mitglieder der Hofloge endete die aktive Freimaurerschaft Ende 1740/Anfang 1741 mit dem preußischen Einmarsch in Schlesien.

    Knobelsdorff trat mit fünfzehn Jahren in das Infanterieregiment v. Lottum ein, nahm an der Belagerung Stralsunds teil, quittierte aber wegen Kränklichkeit als 29-jähriger Kapitän (Hauptmann) den Dienst und wandte sich der Malerei und Architektur zu. Vermutlich gehörte er schon 1732 zur Umgebung des Kronprinzen in Neuruppin und wohnte als Freund und künstlerischer Berater Friedrichs 1738 bis zu dessen Thronbesteigung im Schloss Rheinsberg.

    Knobelsdorff erwarb 1743 auf einer Versteigerung ein Grundstück im nordöstlichen Teil des Tiergartens vor dem Brandenburger Tor, wo er sich ein schlichtes, eingeschossiges Sommerhaus, die „Knobelsdorffsche Meierei", erbaute, das er bis zu seinem Tod 1753 bewohnte. 1784 erwarb Friedrichs Bruder Ferdinand die Meierei und ließ sich von Michael Philipp Daniel Boumann (1747-1803) das Sommerschloss Bellevue als Sommersitz erbauen. Boumann war Mitglied der Berliner Loge Zur Verschwiegenheit und Altschottischer Meister im Altschottischen Direktorium, also Stellvertreter Johann Christoph v. Woellners in der Führung der National-Mutterloge.16 In der „Knobelsdorffschen Meierei" wohnten in den zwanziger und dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts die Schauspieler Max Reinhardt und dann Gustaf Gründgens, bis sie 1936 abgerissen wurde, wobei auch zwei erhaltene Ausmalungen des Hofmalers Antoine Pesne verloren gingen.17 Das Schloss Bellevue ist heute Amtssitz des Bundespräsidenten.

    Knobelsdorff baute das Schloss Rheinsberg um, errichtete nach einem Entwurf des Königs das Sommerschloss Sanssouci bei Potsdam,18 die Neuen Kolonnaden des Potsdamer Stadtschlosses, den Neuen Flügel des Schlosses Charlottenburg und das Opernhaus Unter den Linden in Berlin; er gestaltete die Gärten Sanssouci und Tiergarten.

    Obwohl Friedrich II. mit den organisatorischen Fähigkeiten Knobelsdorffs unzufrieden war und ihn entließ, bewahrte er sich die Wertschätzung des überragenden Architekten, wie seine Gedächtnisrede am 24. Januar 1754 vor der Akademie der Wissenschaften zeigt. „Er verschönerte die Architektur durch seinen malerischen Geschmack, der den gewöhnlichen Ornamenten eigene Anmut verlieh. Er liebte die edle Schlichtheit der

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