Vom Ende der repräsentativen Politik
Von Simon Tormey
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Über dieses E-Book
Demokratische Repräsentation war ein Produkt der nationalstaatlichen Modernisierung. Die neue Politik entspricht der individualisierten Welt, in der sich die Demokratie nun einrichtet. Sie wird bestimmt von multiplen Identitäten und komplexen Geografien, von Migration, Globalisierung und vielschichtigen Souveränitäten, von staatlichen und nichtstaatlichen Machtquellen. Da das Vertrauen in althergebrachte Institutionen erschüttert ist, bleibt die repräsentative Demokratie zwar bestehen, wird aber um und ausgebaut, sie wird "demokratischer". Wir sind in eine Zeit des Rollenwandels der Parteien und der Politiker eingetreten: Repräsentative Institutionen stehen neben neuen bürgerschaftlichen Initiativen, die durch soziale Medien schnell zusammenfinden und den unterschiedlichsten Bedürfnissen eine Stimme geben. Sie wirken hin auf eine unmittelbare politische Resonanz, auf Kontrolle und Korrektur von politischen Entscheidungen.
Simon Tormey ergründet die gegenwärtigen Veränderungen, indem er ein vielfältiges Tableau von Beispielen betrachtet, von der Situation in Griechenland und den Protesten in Spanien, Brasilien und der Türkei, bis hin zu der Entstehung neuer Initiativen wie Podemos, Anonymous und Occupy.
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Buchvorschau
Vom Ende der repräsentativen Politik - Simon Tormey
Repräsentation.
1
Konturen einer »Krise«
Bei kaum einem anderen politischen Thema herrscht eine so breite Übereinstimmung wie bei der Frage, ob es eine Krise der Repräsentation gibt – und wenn schon nicht eine Krise, so zumindest etwas, das ernst genug ist, um intensiv darüber nachzudenken, wie sich die Qualität der Repräsentation, der repräsentativen Körperschaften und repräsentativen Verfahren verbessern ließe. Auf irgendeiner Ebene steckt die Repräsentation oder die Demokratie immerzu in der Krise. Es liegt an der DNA von Demokratien, dass ein fortwährendes Defizit besteht zwischen dem, was Politiker versprechen, und dem, was sie liefern, zwischen dem Bild, das die Theorie von einer wünschenswerten Demokratie zeichnet, und dem, was die Demokratie tatsächlich vermag. Das weckt Enttäuschung. Manche Experten sind der Ansicht, die repräsentative Politik stecke mindestens seit den 1880er Jahren in der Krise.¹⁹ Höchst ungewöhnlich jedoch, dass über das ganze ideologische und methodologische Spektrum hinweg die Auffassung geteilt wird, es existiere eine Krise. Nicht allein Politologen und Politische Ideengeschichtler, Konservative, Liberale und Marxisten sehen das repräsentative System in der Krise; praktisch jeder, der eine Meinung dazu hat, tut dies. Wahr ist aber auch, dass nicht jeder dasselbe meint, wenn er von einer Krise der Repräsentation spricht. Man könnte das als Politik des Krisen-Verständnisses bezeichnen: Wie man die Krise deutet, oder besser: wie man die Krise narrativ darstellt, hat erhebliche Folgen für die Überlegungen zu ihrer Bewältigung und zu den Maßnahmen, die ergriffen werden sollten, um der Politik wieder auf die Beine zu helfen – oder aber zu Neuüberlegungen zu einer Politik nach der Repräsentation.
Eine wichtige Aufgabe besteht also darin, die Konturen der Krise zu erkunden. Damit sind die unterschiedlichen Herangehensweisen bei der narrativen Darstellung und Erforschung der Krise gemeint. Politologen sind daran interessiert, Krisen anhand von messbaren Daten zu betrachten, deshalb ist es wichtig, eine dementsprechende Bestandsaufnahme zu machen: Was sind die Zeichen oder Symptome einer Krise? Welche Daten haben dabei Bedeutung? Welche Schlüsse folgen daraus? Grafiken und Daten sind jedoch nur ein Teil des Ganzen. Sie zeigen uns zweifellos, was fehlt – und wie sich die Krise konkret auswirkt, vor allem was die Wahlen betrifft. Doch die Politik hat sich nicht dadurch in Luft aufgelöst, dass es eine Krise der Repräsentation gibt. Ganz im Gegenteil. Meiner Ansicht nach leben wir offensichtlich in äußerst politisierten Zeiten und erfahren gerade eine, wie Ulrich Beck es nannte, »Erfindung des Politischen«.²⁰ Dabei geht es auch um das Wesen der Repräsentation – wer repräsentiert wen und wie. Demnach wird die Krise der Repräsentation auch durch die Aktionen von Bewegungen und gewöhnlichen Menschen hervorgerufen oder verursacht, von Menschen, die nicht nur das infrage stellen, was Repräsentanten oder Politiker in ihrem Namen tun, sondern das System anzweifeln, das ihnen den Zugang zu Macht, Einfluss und Ressourcen versperrt. Daher empfiehlt es sich, nicht nur die Daten zu betrachten, sondern auch den Diskurs zu untersuchen, der über die Krise geführt wird, und zu analysieren, wie Aktivisten und Politiker sich der Krise anpassen. Warum lehnen Menschen die repräsentative Politik ab? Was sagen jene, die sich politisch engagieren, über sich selbst? Wie praktizieren sie eine Politik nach der Repräsentation, falls überhaupt?
Konturen einer Krise I: Der Blick von oben
Wie gesagt, sieht die politische Analyse die repräsentative Politik in der Krise. Dennoch trösten sich viele Politologen mit der Tatsache, dass die repräsentative Demokratie in gewisser Hinsicht höchst erfolgreich ist, ja sogar derart erfolgreich, dass Francis Fukuyama den berühmten Satz prägte, die Demokratie habe sich als höchste Form der politischen Organisation erwiesen, daher könnten wir mit Fug und Recht »das Ende der Geschichte« ausrufen.²¹ Die Mehrheit der Nationalstaaten praktiziert eine repräsentative Demokratie der einen oder anderen Art, wenngleich in mehr oder weniger »konsolidierter« Form, was in der Regel heißt, dass sie mehr oder weniger der Demokratie in den Vereinigten Staaten von Amerika ähnelt. Wichtig dabei sind jedoch die Entwicklungslinien, weniger wichtig hingegen die Details bestimmter Ausgestaltungen. Und die Entwicklungslinien legen den Schluss nahe, dass die Demokratie in ihrer repräsentativen Ausprägung für geraume Zeit die dominante oder hegemoniale Form bleiben wird. Von dieser Annahme ausgehend stellt sich die Frage, wie sich die Krise der repräsentativen Politik