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Islamophobie in Österreich
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eBook411 Seiten7 Stunden

Islamophobie in Österreich

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Über dieses E-Book

"Islamophobie" ist ein Begriff, der abseits der wissenschaftlichen Debatten mittlerweile auch in der Öffentlichkeit bekannt ist.

Der vorliegende interdisziplinäre Sammelband stellt eine fundierte Basis zum Thema abseits aller emotionalen unreflektierten Debatten dar.

Im Zentrum steht das Aufzeigen von verschiedenen Facetten der Repräsentation eines hauptsächlich negativ konstruierten Islambildes in Österreich. Das soll gleichzeitig nicht heißen, dass es keine positiven Bilder gibt. Jedoch überwiegt die negative Perzeption des Islam.

Die Fallbeispiele reichen vom Kinder- sowie Schulbuch und dem islamophoben Verhalten österreichischer Parteien über die Spezifika der Rechtsprechung rund um Moscheebaukonflikte oder die Verschleierung im Gerichtssaal bis zur Islamophobie in der österreichischen Presse.

Mit Beiträgen von:
Chris Allen, Matti Bunzl, Farid Hafez, Gudrun Harrer, Susanne Heine/Marianne Pratl, Jana Kübel, Rüdiger Lohlker, Christa Markom/Heidi Weinhäupl, Richard Potz, Karim Saad, Brigitte Schinkele und Barbara Sonnleitner.
SpracheDeutsch
HerausgeberStudienVerlag
Erscheinungsdatum25. Okt. 2012
ISBN9783706557108
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    Buchvorschau

    Islamophobie in Österreich - StudienVerlag

    2009

    Chris Allen

    Das erste Jahrzehnt der Islamophobie

    Das „erste Jahrzehnt der Islamophobie"¹ begann mit einer Publikation, die als Meilenstein zu bewerten ist und den weiteren Verlauf bestimmend beeinflusste: Islamophobia – a challenge for us all: Bericht of the Runnymede Trust Commission on British Muslims and Islamophobia, der gemeinhin unter dem Namen „Runnymede Bericht" bekannt ist. Selbstverständlich stellte dieser Zeitpunkt nicht das erste Aufkommen der Islamophobie dar. Es handelte sich dabei lediglich um die erste maßgebliche Veröffentlichung. Seither erfährt die Islamophobie jedenfalls auf diskursiver wie auf konzeptioneller Ebene eine Vorherrschaft über diverseste Quellen und das sowohl im öffentlichen wie auch im politischen Raum unserer sich schnell verändernden Welt. Anschuldigungen und Gegenanschuldigungen der Islamophobie entstehen beiderseits der bipolaren Extreme. So gibt es auf der einen Seite jene, die jede Art der Kritik an MuslimInnen und den Islam als islamophob bezeichnen und auf der anderen Seite jene, die aktiv und unverschleiert aus unterschiedlichsten ideologischen Gründen und mit den verschiedensten Begründungen giftigen Hass schüren unterstützen. Dazwischen befindet sich eine Fülle weitaus diversifizierter issues und Vorkommnisse, die weniger offensichtlich und explizit sind. Das reicht von Spott und Hohn gegenüber AraberInnen, wie etwa die kaum verschleierten Angriffe auf MuslimInnen von Politikern wie Robert Kilroy-Silk² über gewichtigere Kommentare eines Will Cummins³ (beide in Großbritannien) bis hin zu ähnlichen Dialogen und Hetzreden von Ayaan Hirsi Ali und Oriana Fallaci⁴. Auch Stimmen hoher PolitikerInnen bezeichnen MuslimInnen als die „jaulende Wahnsinnige" wenn sie friedlich protestieren⁵. In Großbritannien, den Niederlanden und Frankreich gibt es Debatten, inwiefern das Tragen des niqab oder Gesichtsschleiers und anderer sichtbarer Aspekte der Religiosität Barrieren im Hinblick auf die Integration und den Zusammenhalt sind. An den extremeren Rändern des politischen Spektrums gibt es solche, die behaupten, dass die MuslimInnen bis zum Jahr 2025 eine islamische Republik in London errichten wollen und das christliche Europa stürzen⁶. Auch in Europa gibt es derlei. So sprach Berlusconi von der Höherwertigkeit der Westlichen Zivilisation über der Islamischen Zivilisation. Und auch der ermordete Pim Fortuyn konnte mit klar anti-islamischen und anti-muslimischen Kampagnen Stimmen gewinnen.

    Gleichzeitig wird diesen Tendenzen – so zumindest die Annahme – durch einen reciprocal process entgegengewirkt: So wurde eine Bandbreite an verschiedenen legislativen Maßnahmen und Politiken implementiert, verschiedene politische Debatten wurden unternommen, eine Reihe europäischer Bereichte wurden erstellt (v.a. in Großbritannien) und der Wachstum eines aufkommenden kulturellen Bewusstseins – der sogenannten „Islam Awareness" – Industrie war zu beobachten. All diese Prozesse versuchten herauszufordern and das zu stoppen, was in manchen Kreisen als wachsende Akzeptanz negativer Einstellungen und Vorstellungen über MuslimInnen betrachtet wird. With the latter venture being largely inspired and undertaken by Muslim organisations and institutions themselves – some clearly using this as an opportunity for dawah more so than to improve or promote better cultural awareness – so too have other initiatives been established. Erwähnenswert ist hier der jährliche Preis zur Auzeichnung des „Islamophoben des Jahres"⁷ und einer Organisation, die ausschließlich der Bekämpfung von Islamopobie gewidmet ist, dem britischen Forum Against Islamophobia and Racism (FAIR)⁸. Wie mensch auch über all die Outputs und Veranstaltungen im ersten Jahrzehnt der Islamophobie denken mag, niemand kann leugnen, dass die Sprache, der Diskurs, der Begriff und das Konzept der Islamophobie keine britische, europäische oder gar globale Relevanz haben. Mit diesem Eindringen in die öffentliche und politische Sphäre ist die Dringlichkeit einer genaueren Betrachtung der Bedeutung und der Manifestation von Islamophobie längst überfällig. Das zu betonen ist ebenso überflüssig: Lebenswichtig und völlig notwendig ist es all dies angesichts der ansteigenden Zahl wiederkehrender Geschehnisse und der globalisierten Bedeutung des Phänomens.

    Es gibt auch einen gegenteiligen Prozess zu beobachten. Denn obwohl auf die Islamophobie diskursiv oder konzeptionell Bezug genommen wird, sie als Referenz verwendet wird oder über sie gesprochen wird, kann eines festgestellt werden: Aufgrund der schnell sich ändernden Natur des Klimas gibt es einen Mangel an Klarheit darüber, was Islamophobie bedeutet, worum es geht, was es nicht ist und was dagegen gemacht werden kann. Das Aufzeigen dieser Fragen hat derweilen einiges an Verwirrung mit sich gebracht, die wiederum zu einer Reihe von Kontroversen geführt hat: Kontroversen über die Frage der Definition, des Gebrauchs, der Bedeutung und des „Besitzes" im Sinne des erstmaligen Gebrauchs. Aufgrund dieser Feststellung wie auch der Anerkennung der Aktualität und Relevanz dieses Themas, war die Notwendigkeit für eine genauere Erforschung, was Islamophobie bedeutet und was wir darüber wissen, evident. To confirm this, it is necessary to consider how and what these contestations are at the same time as considering how and where confusion and debate have both emerged and arisen. Eine mögliche Herangehensweise an diesen Prozess wäre es, die Evolution und Entwicklung von Islamophobie als Name – oder Neologismus, wie der Runnymede Bericht es nannte, und als Konzept. Dieser Artikel wird mit einer Historiographie von Islamophobia beginnen, seine Genesis, Evolution und Entwicklung als Name und Konzept darstellen, bevor dargestellt wird, wie die daraus resultierenden Theorien und Diskurse geformt und bestimmt wurden. Von da aus können dann Betrachtungen darüber gemacht werden, was wir über die Islamophobie wissen und was die umstrittene Natur der Islamophobie ist. Wo und wie also entstand der Begriff Islamophobie?

    Ursprünge des Wortes: „accès de délire islamophobe"

    Es wird gemeinhin geglaubt, zumindest in der britischen Meinung, dass die Islamophobie als Konzept und auch als Neologismus ihren Anfang im britischen Umfeld nahm. Das ist jedoch nicht vollständig richtig. Nach dem „Oxford English Dictionary" erschien Islamophobie zum ersten Mal im Jahre 1991 im Druck in der amerikanischen Zeitschrift Insight. Andere Quellen meinen, dass der Begriff erstmals in Frankreich von Etienne Dinet und Slima Ben Ibrahim, im Jahre 1925 mit der Bedeutung von „accès de délire islamophobe"⁹ verwendet wurde. Als sie über den Propheten Muhammad schrieben, verwendeten Dinet and Ibrahim jedoch den Begriff nicht auf eine Weise, die dem heutigen Verständnis und Gebrauch entsprechen. Anderswo existieren auch andere Rückführungen des Begriss, wie etwa die Behauptung von Caroline Fourest und Fiammetta Venner, dass der Begriff im Anschluss an die iranische Revolution verwendet wurde, als „Mollahs" (sic) ihn benutzten, um jene Frauen zu beschreiben, die sich weigerten oder sich angeblich fürchteten, den Hijab zu tragen: „(I)slamophobie’ fut invente – an ne le dit jamais – par des mollahs iraniens juste apres la revolution islamique."¹⁰. Über Fourest und Venner hinaus meinen Chahdortt Djavann¹¹ und Carla Amina Baghajati¹² hinsichtlich des Ursprungs des Begriffs und seiner Datierung auf das Jahr 1925, dass das Konzept der Islamophobie und der Kontext, in dem es verwendet wird, sich vom zeitgenössischen Gebrauch unterscheidet and was noch viel wichtiger ist, die Art, wie sie untersucht wird. Fourest und Venner machen jedoch später geltend, dass das Beispiel aus der Zeit der iranischen Revolution der Auslöser dafür war, dass muslimische Organisationen wie Al-Muhajiroun und die Islamische Menschenrechtskommission (IHRC) die Verwendung des Begriffes in Betracht zogen, um die Angst der Nicht-Muslime vor dem Islam zu bezeichnen. Neben dieser Vernetzung gibt es hierfür jedoch keinen weiteren Beweis.

    Auch wenn die exakte Bedeutung des Begriffs Islamophobie an dieser Stelle noch ausständig ist, so wird in diesem Artikel Islamophobie als Phänomen behandelt, das von Nicht-MuslimInnen ausgehend gegenüber MuslimInnen ausrichtet. Trotz dieser notwendigen qualification kursieren verschiedene Geschichten über den Ursprung des Wortes Islamophobie. Etwas isoliert und lediglich 1997 im Hyde Park Christian Fellowship notiert ist die Behauptung, dass dieser Begriff erstmals durch einen Forscher am Policy Studies Institute (‚PSI‘) in den späten 1980er Jahren geprägt wurde¹³. At the same time though, rather more authoritative sources at the Runnymede Trust were claiming something quite different and what with the neologism having already been used by them and having achieved some socio-political discursive resonance, this particular theory would appear to have little credence or validity. Jedoch wird davon ausgegangen, dass Tariq Modood in den späten 1980er Jahren für das PSI arbeitete. Das ist insofern interessant, als eine halbe Jahrzehnt später in einer französischen Quelle über das European Monitoring Centre on Racism and Xenophobia (‚EUMC‘) das gleiche wie das Hyde Park Christian Fellowship behauptete, jedoch Modood selbst nannte und nicht lediglich von einem „muslimischen Forscher" sprach¹⁴. Während Modood diesen Begriff verwendet hat und einer der ersten war, der diesen Begriff in gedruckter Form benutzt hat, kann nicht bewiesen werden, ob er selbst die Prägung des Begriffs beansprucht hat. Ihm die Autorenschaft zuzusprechen ist konsequenterweise unsicher.

    Eine andere Auslegung über die Autorenschaft ist im House of Lords Select Committee on Religious Offences im Oktober 2003 dokumentiert. Anderswo erhebt Fuad Nandi, der Herausgeber der muslimischen Zeitschrift über aktuelle Fragen, Q News, in seinem Lebenslauf den Anspruch auf die Prägung des Neologismus Islamophobie.¹⁵ Trying to trace the evolution of this, it would appear that Nahdi then passed this onto the late Dr Zaki Badawi who, as a co-opted member of the Commission on British Muslims and Islamophobia (‚the Commission‘), subsequently suggested it to them thus resulting in the Bericht of the same name. Etwas widersprüchlich dazu erhebt Badawi selbst Anspruch auf die Autorenschaft: „Ich bin schuldig, weil ich den Begriff prägte.¹⁶ Aus Interviews und Informationen über die Commission wird ersichtlich, dass nicht sehr viele über die Ansprüche von Nahdi oder Badawi bescheid wussten. In Interviews mit Robin Richardson, der den Text für den Bericht verfasst hat, meint dieser, dass der Begriff weniger auf Einzelpersonen zurückzuführen ist, und vielmehr „dass dieser Begriff von den Opfern des Phänomens selbst bevorzugt wurde¹⁷. In diesem Sinne meint Richardson, dass der Begriff einerseits auf der Erfahrung eines Kollektivs an MuslimInnen fußt, andererseits von diesem selbst verwendet wurde. Such things are however difficult to substantiate.

    Aufkommende Identitäten: „Ihr Ursprung deutet auf ihre muslimische oder islamische Identität"

    Wahrscheinlich stammt die authentischste Theorie von Khaleda Khan und ihren Beobachtungen der Situation der Basisgemeinde der MuslimInnen im Londoner Bezirk Brent Anfang der 1980er Jahre¹⁸. Während einerseits dargelegt wird, dass dort allmählich ein ausgesprochen anti-muslimisches Vorurteil wahrzunehmen war, wird gerade auch dort ein Trend wahrgenommen, dass dort erstmals die „britisch-muslimische Identität" geboren wurde. Derartiges entsteht jedoch nicht in einem Vakuum. Es ist der sozio-politische Kontext, in dem ein solcher Trend identifiziert wird, der eine Erklärung dazu abgeben kann. Demgemäß meint Yasmin Ali:

    „Zu Beginn der 1980er Jahre wurden Gemeinschaften, die aus den Ländern des Alten Reichs stammen, mit aller Selbstverständlichkeit als „schwarze Gemeinschaften bezeichnet […] es war eine Verwendung predicated auf der anti-rassistischen Politik. So erfuhr die Bezeichnung „schwarz in den Siebzigern und Achtzigern eine „Hegemonie im Vergleich zu den Bezeichnungen der ethnischen/rassischen Identitäten

    Sie fügt hinzu:

    „Dieser Zustand sollte nicht ewig fortdauern. Aus der Mitte der marginalisierten Gemeinschaften heraus ebenso wie von außen wurde diese fragliche Hegemonie in den 1980ern dauerhaften Angriffen ausgesetzt."

    Die muslimischen Gemeinschaften waren mit dem Beginn ihrer Ankunft im Rahmen der Massenmigration nach Großbritannien aus Indien, Pakistan und den restlichen Ländern des Commonwealth nach dem Zweiten Weltkrieg sowohl politisch als auch gesellschaftlich unsichtbar. Die erste Generation definierte sich über ihr Heimatland, die jedoch eine bestimmte religiöse Komponente beinhaltete. Insofern definierten und beschrieben sich die muslimischen Gemeinschaften über den Begriff des Erbes, nämlich dem pakistanischen, bengalischen, indischen etc. Diese Wahrnehmung wurde von der breiten Gesellschaft so aufgenommen. Auf diese Weise wurden die ersten muslimischen Gemeinschaften Teil eines hegemonialen Kollektivs: der britisch-asiatischen Gemeinschaft.

    Nachdem die muslimischen Gemeinschaften sowohl in ihrer Anzahl als auch in ihren sozialen und familiären Netzwerken sich weitergebildet hatten, entstand eine erste Generation in Großbritannien geborener MuslimInnen die sich anders als ihre migrierten Eltern verstand. Für viele der zweiten, dritten und darauf folgenden Generationen war das Land ihrer Vorfahren und deren Erbe mit weitaus weniger emotionaler oder kultureller Bedeutung verbunden. Für viele stellt das Erbe der Vorfahren nicht mehr als eine Facette von vermehrt hybridisierten Identitäten statt. Aber um den Kontext zu verstehen, den Khan untersucht, ist anzumerken, dass für diese in Großbritannien geborenen MuslimInnen die Rolle und Bedeutung ihrer Religion, der Islam, eine sehr große Wichtigkeit erhielt. Bhikhu Parekh spricht deutlich über diesen Punkt: „Während die Eltern sagte, dass sie MuslimInnen sind, sagt deren Nachkommenschaft, dass sie eine muslimische oder islamische Identität haben. Der Unterschied ist striking".¹⁹ Gesellschaftlich konnte eine Transformation festgestellt werden, eine Verschiebung von der Selbstwahrnehmung, ein „asiatischer Migrant zu sein hin zu einer Wahrnehmung als in Großbritannien gebornen „Muslim.

    Parallel dazu kam es zu ähnlichen politischen Prozessen und Geschehnissen. Es kam, wie John Solomons es darstellt, zu einer Verschiebung des politischen Diskurses, der mit der Immigration und den neu migrierten Gemeinschaften zu tun hat, von „Farbe in den 1950er und 1960er Jahren zu „Rasse und „Schwarz" in den 1970er und 1980er Jahren²⁰. Vor diesem Hintergrund entstand in den 1960er Jahren und frühen 1970er Jahren eine Anti-Rassismus Bewegung, die maßgeblich auf den Kennzeichen von Rasse und Farbe beruhten, die den politischen Diskurs dominierten. Das ist insofern nicht verwundernswert, wie Miles und Phizacklea erklären, weil die Anti-Rassismus Bewegung eine Antwort auf den zugrunde liegenden Rassismus war, der sowohl in der Legislative wie auch in der politischen Arbeit offenkundig war und die Kontrolle von Immigration und die Rolle von immigrierten Gemeinschaften umrahmte²¹.

    Die „Asiaten" wurden aufgrund der Betonung der Hautfarbe und der Rasse irgendwie übersehen. Modood hat gezeigt, dass es das Inkrafttreten des Race Relations Act 1976 (‚RRA76‘) war, der den Begriff „schwarz" erstmals kreierte und ihm Kontinuität verlieh. Von einer kleinen Spezialistenlobby ausgehend breitete sich der Begriff in einem breiteren sozio-politischen Raum aus²².

    Dieser Begriff erfuhr eine Hegemonie und wurde integraler Bestandteil des Diskurses über race relations. Modood war die Benutzung dieses Begriffs problematisch, da er „Asiaten aus sieben Gründen ausgrenzte. Erstens sind „Asiaten manchmal schwarz und manchmal nicht. Zweitens bringt eine Gleichsetzung von „Farbe und „Schwarz-Sein in einem derartig engen Konzept rassischer Diskriminierung eine Ignorierung kultureller Abneigungen, wie sie von anderen „Asiaten und „Nicht-Schwarzen ethnischen Gemeinschaften wahrgenommen wurden, mit sich. Drittens meint Modood, dass der Begriff „Schwarz" einen falschen Essentialismus erzeugen würde, wodurch allen Nicht-Weißen eine Gemeinsamkeit zugeschrieben wird. Robert Miles unterstützt diese Argumentation und zitiert Paul Gilroys There ain’t no black in the Union Jack, wobei AsiatInnen lediglich eine Statistenrolle zugeschrieben wurde²³. Modood meint auch, dass der Begriff „schwarz die besonderen Anforderungen der „AsiatInnen übersehe, obwohl sie eine ständig wachsende Mehrheit werden. Für die AsiatInnen war der politisierte Begriff „schwarz Ausdruck einer „politisierten Farbe, der nur einen beschränkten Teilaspekt ihrer individuellen oder Gemeinschaftsidentität ansprach. Die letzten beiden Argumente sind, dass „schwarz nicht dienlich für ethnischen Stolz ist und zweitens die Zwangsläufigkeit der Negation des Status und der besonderen Identität der AsiatInnen durch antirassistische Kräfte, indem das „Schwarz-Sein der AsiatInnen auf ihre kulturelle Identität ausgeweitet wurde. Als Ergebnis fordert Modood neue Identitäten zur Ablöse von dem hegemonialen „politischen Schwarz-Sein. An diesem kritischen Punkt angelangt schlägt Modood jedoch in seinem Begriff der „AsiatInnen keine weitere Differenzierung oder Unterscheidung vor.

    Es ist interessant zu sehen, auf welche Arte Bezeichnungen wie „asiatisch – und danach „muslimisch im Rahmen der Herausbildung eigener politischer Interessen durch die Gemeinschaften wichtig wurden, wie Khan am Beispiel der erwachsen werdenden Generation und der damals aufkommenden britisch-muslimischen Identität in dem speziellen sozio-politischen Kontext zeigt. Diese Situation hat sich wahrscheinlich auch aufgrund dessen verschärft, weil der zuvor erwähnte RRA76 und dessen Schutzbestimmungen sich auf die „rassische Gruppe begrenzte, die Rasse, Farbe, Nationalität und Ethnie als Identitätsmerkmale beinhaltete. Weder Religion noch Glaube waren darin inkludiert. Dementsprechend wurden jene Gemeinschaften, die sich selbst oder von außen als „religiöse Gemeinschaften betrachtet wurden, ausgegrenzt. Ein Präzedenzfall des Gesetzes RRA76 weitete die Definition von „rassischen Gruppen" in den frühen 1980er Jahren jedoch auf monolithisch religiöse Gruppen aus, besonders Juden/Jüdinnen und Sikhs.

    Die Gesetzgebung hat es verabsäumt, multiethnisch-religiösen Gruppen wie MuslimInnen und ChristInnen Schutz zu gewähren. Eine solche Gesetzgebung hätte zumindest MuslimInnen dazu gedrängt, sich selbst anders in Abgrenzung zu „schwarzen und „asiatischen Gemeinschaften und den damit assoziierten Identitäten zu sehen. Es wurde gesetzlich verboten, Schwarze, karibische AfrikanerInnen, AsiatInnen, Pakistanis, Bengalen, usw. usf. wie auch Juden/Jüdinnen und Sikhs zu diskriminieren. Aber es war gesetzlich unbedenklich, MuslimInnen aufgrund ihrer religiösen Identität zu diskriminieren. Wenn dieser Unterschied der „muslimischen Gemeinschaft auch nicht von Anbeginn an von ihnen selbst wie auch von außen erkannt wurde, so waren sie doch gesetzlich als „anders gekennzeichnet. Das wurde durch den Public Order Act 1986 weiter verfestigt, als die erste Straftat begangen wurde. In diesem wurde eine Situation geschaffen, die auch mono-ethnische religiöse Gruppen vor Verhetzung schützte. In diesem Umfeld macht Khan eine bedeutsame Verschiebung hinsichtlich der Rolle von Vorurteilen und Diskriminierung wie auch in den aufkommenden Identitäten aus. Das Gesetz habe nicht nur erlaubt Unregelmäßigkeiten im gesetzlichen Bereich erlaubt, weil das Anstiften zu religiösem Hass gegen multiethnische religiöse Gruppen wie die MuslimInnen legal war, sondern auch dazu beigetragen, dass diese Gemeinschaften als „anders" als die anderen Gemeinschaften betrachtet wurden.

    Um den Versuch zu unternehmen, diese Darstellung theoretisch zu untermauern, soll auf einige Erklärungen von Martin Barker hingewiesen sein, der diesen Vorgang als „neuen Rassismus"²⁴ bezeichnete. Auf Barkers Theorien wird später noch genauer eingegangen. Es ist wichtig an dieser Stelle, anzumerken, dass in Folge des Wahlgewinns der konservativen Regierung in den späten 1970ern und der post race relations-Legislatur, in welcher rundum Themen wie Rasse und Immigration neu ausverhandelt werden sollte, eine Verschiebung der Fokusse im politischen Diskurs zu beobachten war: weg von den traditionellen Merkmalen von Rasse hin zu neueren und gesetzlich ungeschützten Kennzeichen der kulturellen und religiösen Differenz. Im Unterschied zu alten Formen des Rassismus wurde der „neue Rassismus derart verstanden, dass die Differenz nicht explizit gezeigt wurde, und diese Kennzeichen der Differenz auch nicht explizit Hass und Feindseligkeit untermauern sollten. Vielmehr sollten sie implizit auf Herausforderungen und Bedrohungen schließen lassen, wo „Differenz eine Herausforderung und Bedrohung zu unserem „way of life darstellt. Diese fest gefügte Abgrenzung der Differenz positionierte diese als unakzeptabel und unvereinbar mit all den „Normen der Gesellschaft; „unseren Werten".

    Khan weist nicht nur darauf hin, dass die Kritik von Modood hinsichtlich des hegemonialen Konzeptes „Schwarz und der Negierung der Besonderheiten der „AsiatInnen nicht von der anti-rassistischen Bewegung aufgenommen wurde und diese Verschiebung hin zu einer Betonung muslimischen Identität verschlafen wurde. Er zeigt auch auf, dass die anti-rassistische Bewegung eine wachsende Antipathie und Feindseligkeit gegenüber diesen Gemeinschaften selbst auf Basis der von Barker identifizierten kulturellen und religiösen Differenz zu erkennen verabsäumt hat. Sie erklärt, dass die Verschiebung hin zu Religion und Kultur entweder als Nebensächlichkeit abgetan oder vollkommen ignoriert wurde. Die anti-rassistische Bewegung übersah die wachsende Präsenz und Bedeutung der muslimischen Gemeinschaft und nahm auch nicht wahr, dass diese sich selbst wahrzunehmen begann, um ihre eigenen politischen Bedürfnisse und Probleme zu adressieren. In diesem Kontext war es gerade mal eine Hand voll muslimischen AktivistInnen, die erkannten, dass ein spezifisch anti-muslimisch und anti-islamisches Phänomen um sich zu greifen begann und – noch wichtiger – dass dagegen etwas getan werden musste. Während einige Überlappungen mit dem traditionellen Rassismus zu erkennen waren, konnte Khan eine offenkundige Verschiebung hin zu einer verschärften Identifikation als „muslimisch" auf einem grassroot-Level erkennen.

    MuslimInnen mobilisieren: „MuslimInnen in Großbritannien müssen ihre kollektiven Ziele definieren und sich einem Konsens nähern"

    Aus der Erfahrung der Basisgemeinde heraus wurden Vereinigungen wie An-Nisa gebildet, um gegen dieses neu aufkommende Phänomen entgegenzuwirken. Ungeachtet der Tatsache, dass das neue Phänomen der Islamophobie anfangs von der breiteren muslimischen Gemeinschaft abgelehnt wurde, stellte die Begründerinnen von An-Nisa, Khaleda Khan, stellt fest, dass ihre Schwägerin Fuad Nahdi eine der ersten war, die diesen Wandel in der Einstellung wie auch die Notwendigkeit eines Handlungsbedarfs begriff.²⁵ Primär ist dies auf die von Nahdi damals herausgegebene Basis-Zeitschrift, Muslim Wise, zurückzuführen. Während über das Phänomen einige Male berichtet wurde, blieb der Neologismus Islamophobie unveröffentlicht.²⁶ Etwa zur gleichen Zeit begannen auch einige britische muslimische Gruppen wie die „UK Action Committee on Islamic Affairs (UKACIA)", aus der später der Muslim Council of Britain (MCB) entstand, den Begriff Islamophobie in Betracht zu ziehen. Anekdotisch wird jedoch oft darauf hingewiesen, dass sie dem Phänomen weitgehend skeptisch gegenüberstanden, vielleicht weil sie meinten, dass ihr Eintreten für ein solches Phänomen politische Auswirkungen auf die muslimischen Gemeinschaften Großbritanniens haben könnte. Im Anschluss an die Veröffentlichung der Satanischen Verse im Jahre 1989 erschienen verschiedene Artikel über anti-muslimische und anti-islamische Vorurteile in Muslim Wise wie auch in andere Publikationen von Nahdi, wie The Muslim Update und Q-News. Artikel von Khan und Nahdi selbst bezeichneten das Phänomen darin jedoch nicht als Islamophobie. Hinsichtlich der Prägung des Begriffs wäre eine Verortung zwischen den Behauptungen von Nahdi und den Beobachtungen von Khan angebracht, ohne den Einfluss von Modood zu ignorieren. Auch wenn es keine eindeutige Antwort darauf gibt, wo und wie das Konzept und der Neologismus entstanden ist, so scheinen die bisherigen Betrachtungen jedenfalls darauf hinzuweisen, dass das Umfeld und der Kontext von Brent samt derer primärer AkteurInnen Mitte bis Ende der 1980er ausschlaggebend waren.

    Khans Beobachtungen eines bestimmten anti-muslimischen, anti-islamischen Phänomens, das an Boden gewinnt wie auch die aufkeimende Identifizierung über die muslimische Identität haben Kalim Siddiqui vielleicht dazu bewogen, The Muslim Manifesto: a strategy for survival²⁷ zu veröffentlichen. Er beschrieb seine Erwägungen zur Veröffentlichung eines solchen Manifests im Jahre 199o folgendermaßen:

    „Es ist zutiefst bedauernswert, dass die Regierung wie auch alle politischen und die Massen-Medien in Großbritannien an einer Kampagne beteiligt sind, die muslimische BürgerInnen dieses Landes den Status verunglimpfter und unterdrückter Minderheiten verleiht. Es gibt keine Alternative für als uns dieser gehässigen Kampagne zu widersetzen. Um das zu schaffen, müssen die MuslimInnen in Großbritannien ihre kollektiven Ziele definieren und einen Konsens in den großen Themen finden. Es muss zu mehr Zusammenhalt und Dynamik des bereits bestehenden Netzwerks von 1000 Moscheen und Vereinigungen kommen. Dieses Manifest versucht, einen Text zur Beschreibung der MuslimInnen in Großbritannien bereitzustellen. Es soll darüber hinaus einen Rahmen für eine gesunde Entwicklung aller Teile der Gesellschaft wie auch einer gemeinsamen muslimischen Identität bereitstellen."²⁸

    Das Manifest diente als Vorläufer und Beschleuniger der Errichtung des Muslim Parliament zwei Jahre nach dessen Veröffentlichung. Das Manifest war eine weitere Maßnahme, gegen die das Aufkommen einer eigenständigen britisch-muslimischen Identität gerichtet werden konnte. Das Manifest war jedenfalls Ausdruck der Marginalisierung und des Drucks auf die britischen-muslimischen Gemeinschaften. Es war schier erforderlich, dass sich innerhalb dieser Gemeinschaften etwas ändern musste. Zumindest, dass sie reagieren mussten. Unabhängig davon, ob dieses Manifest überzeugende Argumente bot, sowohl das Dokument als auch das daraus entstandene Muslim Parliament erhielten eine extensive Aufmerksamkeit von den Medien, die jedoch überwiegend negativ ausfiel. Insofern erhielt das mediale Aufkommen der muslimischen Identität von Anbeginn an einen überaus negativen und hoch politisierten Beigeschmack. Die muslimische Identität erhielt nicht nur eine negative Konnotation, sondern wurde als gegen das britische Establishment und die Struktur, auf der die britischen Institutionen und Werte beruhen, gerichtet wahrgenommen. Die muslimische Identität richtete sich also gegen „uns". Trotz oder vielleicht gerade wegen ihrer kontroversiellen Eigenart, dem britischen Gesetz und Staat höhnisch gegenüberzustehen, waren die Rolle und der Einfluss des Parlaments sehr beschränkt und mit dem Tod Siddiquis im Jahre 1996 waren der Ruf der Besonderheit und Novität deutlich abgeflaut. Trotzdem sollte der Einfluss dieses Manifests auf eine erstmalige Beachtung der britisch-muslimischen Identität und dem Phänomen der Islamophobie nicht übersehen oder unterschätzt werden.

    Hinsichtlich der Frage der Prägung des Begriffs der Islamophobie soll ein Hinweis noch erwähnt werden. Der Schriftsteller und Moderator Akbar Ahmed behauptete trotz der bestehenden Hinweise, dass er derjenige war, der den Begriff der Islamophobie prägte²⁹. Sein Anspruch ist der jüngste unter allen, obwohl es wenig bis gar keinen Beweis für die Untermauerung dieses Anspruchs gibt. Die Glaubhaftigkeit ist insofern stark anzuzweifeln. Ich erwähne diese Begebenheit hier, weil es zeigt, dass viele prominente britisch-muslimische Persönlichkeiten den Anspruch erhoben haben und scheinbar noch immer erheben, entweder die Prägung des Begriffs oder dessen Autorenschaft inne zu haben. Es zeigt, wie relevant Islamophobie auf gesellschaftlicher, politischer und diskursiver Ebene geworden ist. Es zeigt auch, dass es ein Verlangen oder eine Erwartungshaltung bei manchen gibt, Anerkennung für die Autorenschaft für dieses neue Phänomen oder zumindest für ihren Beitrag der britisch-muslimischen Präsenz zu erhalten. Welcher Grund auch immer dafür ausschlaggebend ist – und falls das überhaupt der Fall ist – so kann darüber nur spekuliert werden. Es ist jedoch interessant zu beobachten, dass diese Ansprüche regelmäßig erhoben werden, auch wenn jetzt keine spekulativen Schlüsse daraus gezogen werden, warum das so ist.

    Die ersten Wehen der Islamophobie: „eine kulturelle Krankheit"

    Was das Wort Islamophobie anbelangt so ist es erstmals 1991 gedruckt worden, wie bereits erwähnt. Im Oxford English Dictionary wird erwähnt, dass es 1991 in der US-amerikanischen Periodika Insight verwendet wurde. Das ist 66 Jahre zu spät und auch Modood verwendete den Begriff in seiner heutigen Gestalt im Jahre 1991, obwohl er 1990 und 1991 über anti-muslimische und anti-islamische Phänomene sprach. In diesen Artikel erklärte und definierte er das Phänomen der Islamophobie jedoch nicht³⁰. Interessant ist, dass Modood Islamophobie – als „kulturelle Krankheit"³¹ – nicht nur im sozio-politischen Kontext Großbritanniens verortet, sondern in Insight auch eine deutlich internationale Komponente zuschreibt: „Islamophobia…accounts for Moscow’s reluctance to relinquish its position in Afghanistan, despite the estimated $300 million a month it takes to keep the Kabul regime going"³². Der Übergang von Londoner grassroot-Erfahrungen der MuslimInnen hin zu einem internationalen Phänomen einer amerikanischen Publikation bleibt eher ein Mysterium. Modood gibt keine Erklärung für diese Verbindung, die er zwischen diesen beiden Beobachtungen macht, ab. Darüber hinaus war es sehr schwierig, die originale Quelle Insight auszumachen, weshalb es schwierig ist, weitere Auskunft zu diesem Zeitpunkt zu geben. Es ist jedoch nicht überraschend, dass ausgerechnet im britischen Umfeld der erste gedruckte Gebrauch von Islamophobie eine Reflexion auf die sozio-politischen Ursprünge darstellt.

    Einige Jahre später, im Jahr 1994, erfuhr die Islamophobie ihre erste Anerkennung aus nichtmuslmisch-britischer Quelle durch den Runnymede Trust Bericht, A very light sleeper: the persistence and dangers of anti-Semitism³³. Unter dem Titel „Anti-Semitism and other forms of racism hat der Artikel „alle anderen Formen des Rassismus unberücksichtigt auf der Seite liegen lassen und sich lediglich auf die Islamophobie konzentriert. Es ist wichtig, anzumerken, dass diese Anerkennung der maßgebliche Antrieb dafür war, dass die Entstehung der Commission on British Muslims and Islamophobia als Organisation darauf

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