Katzen haben sieben Leben: Vorurteile und Irrtümer auf dem Prüfstand
Von Sabine Schroll
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Buchvorschau
Katzen haben sieben Leben - Sabine Schroll
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Einleitung
Samtpfotigen Legenden auf der Spur
Dieses Buch ist kein Ratgeber zu Katzenfragen im herkömmlichen Sinn. Es ist stattdessen eine Sammlung wissenschaftlicher Fakten und Antworten auf Missverständnisse und Fragen, die in der täglichen Katzenpraxis immer wieder auftauchen – eine Art Katzen-Lesebuch mit hoffentlich einigen Aha-Effekten zu Dingen, die Sie schon immer einmal wissen und verstehen wollten.
Manche Ansichten wie zum Beispiel alle Geschichten rund um schwarze Katzen – ob nun von rechts oder links kommend, mit oder ohne Leiter – sind so substanzlos und lächerlich, dass sie nicht in diese Sammlung aufgenommen wurden. Sie stammen zumeist aus einer bewegten und für Katzen nicht unbedingt so schönen Zeit der Domestikationsgeschichte, als ihnen nahezu alles, was irgendwie schieflief, angehängt wurde. Für Katzen – und zwar ganz gleich welcher Farbe – ist es genaugenommen auch egal, von welcher Seite sie auf die Straße laufen: Es geht für sie immer unglücklich aus, wenn gerade ein Auto vorbeifährt …
Manche der oft gehörten Meinungen über Katzen sind einfach nur Vorurteile und schlichtweg falsch. In der überwiegenden Zahl der Fälle wie bei der sprichwörtlichen Falschheit von Katzen oder dem immer noch unterstellten Protestpinkeln liegt es daran, dass uns das Wesen der Katze, ihre Art sich auszudrücken und mitzuteilen und ihre unverzichtbaren Bedürfnisse lediglich nicht bekannt sind oder falsch gedeutet werden.
Einige wenige Aussagen sind in ihrer Einfachheit auch tatsächlich richtig, zum Beispiel, dass alle dreifarbigen Katzen weiblich sind oder dass weibliche Katzen keinen Nachwuchs haben müssen, bevor sie kastriert werden. Doch nicht immer ist das Leben so einfach und eindeutig, und selbst wenn einige der vorgefassten Meinungen durchaus richtig sind, gereicht es der Katze nicht immer zum Vorteil, wenn der Mensch sich darauf beruft. Denn es ist zwar richtig, dass Katzen sich bei Stürzen umdrehen und immer auf die Pfoten fallen, aber das bedeutet noch lange nicht, dass sie sich dabei nicht schwer verletzen können und jegliche Sicherungsmaßnahmen gegen Stürze daher unnötig wären. Auch dass Katzen eine gute Selbstheilungstendenz haben, ist zwar grundsätzlich korrekt, aber auch hier bleibt die Frage: Welche Konsequenzen hat der Glaube an diese Aussage für die Katze, wenn eine hilfreiche und unterstützende Behandlung deshalb verzögert wird? Doch von diesen wenigen Ausnahmen abgesehen: Der überwiegende Teil der oft verbreiteten Glaubenssätze ist in seiner unkritischen Pauschalität schlicht falsch, obwohl vielfach zumindest ein mehr oder weniger großes Korn der Wahrheit in ihnen steckt. Wie so oft gibt es meistens kein eindeutiges Schwarz oder Weiß – immer wieder finden sich Grauschattierungen oder Sprenkel einer anderen Farbe, nicht nur im Fell der Katze. Dies gilt für Äußerungen über das angeblich unsoziale, einzelgängerische Wesen der Katze ebenso wie für die Frage, ob reine Wohnungshaltung artgerecht sein kann – es kommt oft nur darauf an. Einzelne Aspekte des Katzenlebens, insbesondere wenn es sich um Fragen der Fütterung oder Kastration handelt, erhalten in manchen Kreisen schon fast einen religiösen Status. Und um Religionsfragen lässt sich möglicherweise sogar über das Wohlergehen der Katzen hinweg trefflich streiten und Kreuzzüge führen …
Um diese mitunter ans Sektierertum grenzenden und vehement vertretenen Standpunkte etwas aufzuweichen, gibt es immer wieder neue wissenschaftliche Studien, die sich ausschließlich mit der Erforschung von Bedürfnissen und Krankheiten der Katze beschäftigen. Ein paar dieser Erkenntnisse der letzten Jahre sind in dieses Buch eingeflossen, oftmals auch gepaart mit einem kleinen Augenzwinkern oder dem immer verfügbaren Mittel des Einfühlungsvermögens – eine der Möglichkeiten des Zugangs zum Verständnis einer anderen Art.
Viele Fragen über die Katze sind noch ungeklärt und manches wird vielleicht – oder hoffentlich? – immer rätselhaft bleiben. Katzen sind auf der einen Seite zwar ausgesprochene Gewohnheitstiere, auf der anderen Seite bringen sie aber eine große Anpassungsfähigkeit, Flexibilität und Entwicklungsfähigkeit mit sich, die immer wieder in Erstaunen versetzen kann. Die Entwicklung und Evolution der Mensch-Katze-Beziehung ist noch lange nicht abgeschlossen, sondern gerade im vollen Gange!
Katzengesundheit
Mehr Wissen schafft mehr Wohlbefinden
Gerade die manchmal etwas schrägen Ansichten zu gesundheitlichen Fragen rund um die Katze sind ein alltägliches Thema in der tierärztlichen Praxis. Auch nach mehr als 20 Jahren Praxistätigkeit und Beratung mache ich regelmäßig die Erfahrung, dass es nach wie vor einen unerschöpflichen Fundus an Vorurteilen zur Gesundheit der Katze zu geben scheint. Die meisten dieser Irrtümer können schnell mit vorhandenen wissenschaftlichen Daten aufgeklärt werden; bei anderen, zum Beispiel der Frage, wie Katzen Schmerzen äußern, hilft es, ein wenig die Sinne zu schärfen und feiner zu beobachten. Da Liebe ja durch den Magen geht, hat alles, was mit der Fütterung der Katze zusammenhängt, einen hohen emotionalen Wert für den Besitzer – und eines kann hier schon endgültig gesagt werden: Mehr Futter ist nicht mit mehr Liebe gleichzusetzen!
Katzen müssen Kitten haben, bevor sie kastriert werden
Falsch. Es wäre auch geradezu eine katastrophale Katzenvermehrung zu erwarten, wenn diese Aussage korrekt wäre! Und dann stellte sich überdies die Frage, ob das nur für die weibliche Katze gilt oder ob auch ein Kater vor der Kastration einmal Nachwuchs gezeugt haben muss – und vor allem, wer das wie überprüfen wollte.
Biologisch und medizinisch oder auch psychisch gesehen gibt es gar keinen Grund, warum eine Kätzin vor einer Kastration einmal Kitten auf die Welt bringen müsste. Es sind auch nicht alle Katzen körperlich und psychisch fit genug, um dieser Aufgabe wirklich gewachsen zu sein. Auch als Katze braucht es neben körperlicher Gesundheit soziale und erzieherische Kompetenz, um einen Wurf Kitten richtig großzuziehen – selbst mit menschlicher Unterstützung ist das anstrengend. Einmal ganz davon abgesehen, dass es bei immer noch steigender Lebenserwartung der Katze unglaublich viele neue und gute Plätze für den