Chris umgetopft: Band 1 - Fledermöpse & Stinkeköter
Von Patrick Stumm
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Über dieses E-Book
Patrick erzählt als Ghostwriter seiner Hunde aus dem Alltag des Rudels. Besonders auffallend ist der Schreibstil, der sich an den Charakteren der Protagonisten orientiert und für eine teilweise sehr humorvolle Darstellung des Rudellebens sorgt.
Gleichwohl sollte man nicht vergessen, dass es im Kern um ein absolut ernsthaftes Thema geht. Gebe ich einem alten Hund ein Zuhause, obwohl ich weiß, dass er mir vermutlich nicht mehr lange zur Seite steht? Bin ich bereit, das hohe Kostenrisiko zu stemmen, das ein Senior alters- und gesundheitsbedingt mit sich bringt?
Schlussendlich geht es auch um eine moralische Frage, die jeder für sich selbst beantworten muss: Sollten wir nicht erstmal die ungewollten Hunde versorgen, bevor wir uns mit "frischen Welpen" eindecken? Wer trägt eigentlich die Schuld daran, dass es zwischenzeitlich so viele unvermittelbare Hunde in Tierheimen gibt?
Es werden in diesem Buch nicht alle Fragen beantwortet, aber es gibt durch die tiefen Einblicke in die täglichen Abläufe viele Denkansätze, die es Wert sind, weitergedacht zu werden.
Patrick Stumm
Patrick kümmert sich seit vielen Jahren um betagte Hunde, die alle aus dem Tierschutz stammen. Gemeinsam mit seinem Rudel erzählt er aus dem Alltag mit seinen nicht mehr ganz so taufrischen Vierbeinern. Mit Chris hat Patrick nicht nur seinen Spaß am Erzählen von Geschichten entdeckt und berichtet hierbei auch von den nicht so schönen Dingen. Daneben hat er zwischenzeitlich seine Tierhilfe "Erfolgreich Umgetopft Hümmerich gemeinnützige UG" gegründet, die sich nicht nur um Tiere, sondern auch um bedürftige Menschen kümmert.
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Chris umgetopft: Band 1 - Fledermöpse & Stinkeköter Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
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Buchvorschau
Chris umgetopft - Patrick Stumm
„Tag 0" - Wie alles anfing
Wir gehen zurück ins Jahr 2020 und hier spulen wir zurück bis zum April. Es war ein trauriger Monat für mein Rudel und mich, denn ich musste meinen Ersthund Boston, einen wunderschönen schwarzen Labrador, gehen lassen. Boston… wenn ich an ihn denke, kommen sofort die Erinnerungen zurück. Was für ein schöner und intelligenter Saftsack er doch war. Lieb, verschmust, intelligent, folgsam und er krabbelte einem am liebsten in die Hosentasche. Auf der anderen Seite stur, absolut selbstständig und selbstsüchtig, nervig, rücksichtslos und ignorant. Ein richtig toller Hund für mein Rudel!
Über Boston wusste ich damals als ich ihn bekam nur, dass er wohl von seinen Vorbesitzern im Wald ausgesetzt worden war und dort für mehrere Monate auf sich allein gestellt war. Schließlich wurde er von einer tierlieben Frau aufgenommen, die jedoch unter Tierliebe verstand, ihm Pudding und Kuchen zu geben. Glücklicherweise wurde er sehr schnell in professionelle Hände übergeben und kam so zu der Tierschutzorganisation, von der ich ihn hatte. Ursprünglich kam Boston aus Polen.
Zu Beginn seiner Zeit bei mir hatte er bereits am linken Vorderlauf einen dicken Knubbel. Wir dachten und hofften auf ein Lipom (Ein Lipom ist eine harmlose Neubildung aus Fettgewebe). Die Gewebeentnahme, die unsere Tierärzte durchführten, brachte jedoch einen langsam wachsenden, aber extrem bösen Krebs zum Vorschein. Wir entschieden uns im Jahr 2018 zu einer OP, die auch erfolgreich verlief. Blöderweise war der Tumor an einer Stelle am linken Vorderlauf, an der die Chirurgen vorsichtig schneiden mussten, um die Bewegungsfähigkeit des Gelenks zu erhalten. Somit konnten nicht alle Krebszellen entfernt werden und knapp 6 Monate später war der Knubbel und der Krebs wieder zurück.
Ich war daraufhin mit Boston in Hofheim und habe ihn in der Onkologie vorgestellt. Die Frage war, ob es möglich und sinnvoll wäre, das linke Beinchen operativ zu entfernen und ihn mit drei Beinchen durchs Leben hoppeln zu lassen. Für die meisten Hunde ist das kein Problem, die stecken das wirklich problemlos weg.
Der Haken an der Sache: Boston hatte sehr starke Arthrose im rechten Vorderlauf und in der Schulter. Und genau das war die Killernachricht für mich. Hätten wir das linke Beinchen amputiert, hätte die Hauptlast auf dem rechten Beinchen gelegen. In Kombination mit der Arthroseschädigung wäre es unwahrscheinlich gewesen, dass Boston das gut überstanden hätte.
Schlussendlich haben wir uns zu einer konservativen Behandlung entschieden um das Wachstum möglichst zu bremsen und Boston noch ein schönes Leben zu ermöglichen.
Leider war sein schönes Leben am 24.04.2020 vorbei. Der Krebs hatte gestreut und ich habe gemeinsam mit den Tierärzten entschieden, ihn gehen zu lassen, bevor er anfängt zu leiden. Klar, man hätte noch drei bis vier Monate rausholen können, aber zu welchem Preis? Sollte der Hund deshalb leiden müssen, nur damit ich ihn länger bei mir haben kann? Zusätzlich hatte Boston in unregelmäßigen Abständen generalisierte Krampfanfälle. Zwar waren die mit Pexion ganz gut eingestellt, aber ganz vermeiden konnten wir sie nicht.
Boston wurde eingeäschert und steht jetzt in meiner Vitrine. Er begleitet mich, genauso wie Nemo, ein anderer Hund aus einem früheren Leben. Und genauso wird es irgendwann mit Robby sein. Und mit Chris.
Nachdem Boston gegangen war, hingen hier erst mal alle durch. Robby hat bis Ende Juni offen getrauert und Boston regelmäßig gesucht, obwohl er Abschied von ihm nehmen konnte. Er hat sich schlicht geweigert zu akzeptieren, dass Boston nicht mehr zurückkommen würde. Der Spieltrieb, der bei Robby stark ausgeprägt ist, kam fast vollständig zum Erliegen. Er war zu nichts zu motivieren.
Ab Juli besserte sich sein Zustand, er fand wieder zurück und war dann auch bald wieder der alte Hund. Damit kam es jedoch zur nächsten Herausforderung, nämlich der Frage, ob wir uns wieder einen zweiten Hund ins Rudel holen sollten. Die Überlegungen dazu begannen im Oktober.
Bedingt durch die Einschränkungen, die Corona mit sich brachte, habe ich mir sehr viele Kandidaten aus verschiedenen Tierheimen zunächst online angesehen. Ehrlich gesagt waren da viele liebenswerte Hunde, die sicher alle ein schönes Zuhause verdient haben und bestimmt auch finden werden. Aber keiner von den Kandidaten hätte auch nur im Entferntesten zu uns gepasst.
Und dann kam der Tag, an dem ich Chris auf der Webseite vom Tierheim in Koblenz gesehen habe. Ich hatte noch keinen Text zu ihm gelesen und nur das Bild gesehen. Aber ich war beeindruckt. Ich kann nicht erklären, was es war, aber mein Interesse war geweckt. Man muss dazu sagen, dass ich Chris zwar gesehen hatte, nachdem er in Koblenz eingezogen war, allerdings habe ich zu viel Zeit damit vertrödelt, mir darüber klar zu werden, ob ich Robby einen Hund wie Chris zutraue.
Bis ich meine Entscheidung getroffen hatte, konnte ich auf der Facebook-Seite des Tierheims Koblenz bereits vernehmen, dass es eine ernstzunehmende Interessentin für Chris geben würde und dass es doch sehr gut für ihn aussieht. Das war für mich ein Schlag ins Gesicht. Ich hätte mir in den Hintern beißen können, weil ich so lange gezögert habe.
Und so kam es, wie es kommen musste. Chris wurde an eine Frau vermittelt und war weg. Ändern konnte ich es nicht, aber auch Robby merkte, dass ich mit mir einen innerlichen Kampf ausfocht.
Während ich noch dabei war, mich über meine lahmarschige Vorgehensweise zu ärgern sah ich eher nebenbei einen neuen Beitrag vom Tierheim Koblenz, in dem die Tierheimleiterin Fr. Höfer einen völlig verstörten Chris zeigte, der wieder zurück im Tierheim war.
Ich konnte es nicht fassen! ER war wieder da. Am gleichen Abend, einem Freitag, verfasste ich eine Mail an das Tierheim Koblenz und erhielt am Samstag einen Rückruf mit dem Angebot, kurzfristig einen Termin zu vereinbaren. Damit war der Anfang gemacht und für mich stand fest, dass ich Chris adoptieren werde, egal wie lange es dauern und durch welche Prüfungen man mich schicken würde. Denn eins war mir klar: Chris wurde vermittelt und die Vermittlung ging schief. Ein weiteres Mal durfte das keinesfalls passieren. Demzufolge würde das Tierheim noch genauer hinschauen, bevor Chris erneut würde ausziehen können.
Nach insgesamt vier Besuchen mit Robby und meiner besseren Hälfte, war es so weit. Unsere gemeinsame Reise nahm ihren Anfang…
Erster Tag / 19.03. - gegen 14 Uhr
Och neee, nicht der schon wieder… Jetzt soll ich ernsthaft schon wieder mit dem komischen Typ Gassi gehen? Warum sind denn alle so komisch heute? Und wo ist der andere Köter? Und die Frau? Hatten wohl keine Lust mehr, hm?
Na ja gut, dann drehen wir halt ‘ne Runde. Wetter ist schön, blau-blau-grau Himmel… jetzt fange ich auch schon so an… wo waren wir? Ah, Moment, ich muss pinkeln…
So…. weiter geht's. Der hat ja ein ganz schönes Tempo drauf der Typ, mach mal langsamer… ah, schon besser. Die Knochen kommen ja gar nicht mit. Aber eins muss ich gestehen, er hört ganz gut auf mich. Wenn ich langsamer möchte, dann klappt das sogar. Oh moment, es drückt gerade ein wenig am Hintern… fertig. Hat jetzt keiner gesehen, oder?
Und weiter im Text. Wir stehen mitten auf'm Feld, vor uns laufen noch irgendwelche Hunde rum, ich erkenne die auf die Entfernung nicht… und riechen kann ich auch nix, der Wind ist zu stark und der Typ hier hat wohl nicht geduscht. Versaut mir die ganzen schönen Gerüche.
Ah, wir drehen langsam um. Wurde ja auch mal Zeit, ich habe heute noch ganz viele Termine. In meinem Topf.
So, da sind wir wieder im Tierheim, aber warum gibt er mich nicht ab? Ich habe ihn jetzt schon mindestens dreimal angesehen, aber er rafft es einfach nicht. Hallo? Ich möchte zurück in mein Zimmer. Haaallllooooo?
Oha… das kenne ich doch. Dieser komische blaue Dings mit lauter Sachen drin. Warum wird denn meine Decke da mit reingepackt? Die werden doch wohl nicht schon wieder…. das kann doch nicht wahr sein. Jetzt hat der Typ das blaue Dings und geht mit mir in den Seminarraum. Ah, da hat einer ‘ne Decke auf den Boden gelegt, dann kann ich erst mal eine kurze Pause machen. Ist ja auch echt anstrengend hier.
Hm… er schreibt etwas. Ich wusste gar nicht, dass er schreiben kann. Wird ja immer besser. Na ja, die hellste Kerze auf der Torte wird er schon nicht sein, die bin ja schließlich ich.
Oh, es geht weiter. Wo gehen wir denn jetzt hin? Öhm… was macht denn die Chefin da? Ein Bild? Öhm… hallo? Das ist doch nicht euer Ernst. Ich soll schon wieder ausziehen? Zu DEM? Geht's euch nicht gut?
Das muss ein Fehler sein, das muss ein Fehler sein…. ER geht mit mir zu seinem Auto, nachdem alle Tschüss
gesagt haben… und stellt mich tatsächlich in seinen Kofferraum. Und jetzt? Wer hilft mir? Hallo? Klappe zu, Affe tot. Kein Entkommen.
Uff, das ist mir echt zu viel, aber dem zeige ich es. Also bellen und kläffen, was das Zeug hält. Beim vorletzten Treffen habe ich mitbekommen, wo der Typ wohnt, wir fahren also ca. 30 Minuten. Bis wir ankommen, ist er taub. Dafür werde ich schon sorgen…
Erster Tag / 19.03. - gegen 15.45 Uhr
Boah… in welches Kaff fährt der denn mit mir? Ob er schon taub ist? Ich habe brav während der Fahrt gekläfft und gebellt. Mal im Liegen, mal im Stehen, mal im Sitzen. Es war alles dabei. Aber irgendwie hat den das überhaupt nicht interessiert… ob der vorher schon nix gehört hat? Vermutlich ein tauber Zweibeiner. Oh Gott… nicht die hellste Kerze und taub. Was soll das wohl werden?
Wir halten an… er steigt aus, jetzt bin ich aber aufgeregt. Kommt er zu mir? Lass mich, ich finde es schön hier hinten. Oh nein, der Kofferraum geht auf, da verkrieche ich mich mal lieber in die Ecke. Hmm… er macht gar nix. Und jetzt? Wollen wir jetzt warten bis zum Sankt Nimmerleinstag? Na ja, liegen bleiben, abwarten und beobachten. Vielleicht fährt er mich ja wieder nach Hause.
Oh, nein… den kenne ich doch… schwarzes Fell, freches Auftreten und sieht aus wie ein gerupftes Huhn. Robby . Warum latscht der denn jetzt über den Hof? Und die Frau ist auch dabei. Jetzt hatte ich schon gedacht, ich müsste den Köter nicht mehr wiedersehen. Tja, von wegen. Da hat der Typ mich ja schön veräppelt.
Der Typ nestelt an mir rum. Ah, er macht die Leine los. Ey! Nicht rausheben, ich kann das doch allein. Aber er sagt, ich soll aus der Höhe nicht aus dem Auto springen, das ist für meine Knochen nicht gut. Los jetzt, stell mich ab. Das ist ja peinlich. Und der andere Köter guckt auch noch so blöd.
So, erst mal schauen, wo ich denn hier bin. Lasst mich bloß in Ruhe, ich kann das allein und brauche niemanden, der auf mich aufpasst. Ach ja, ich habe mittlerweile mitbekommen, dass der Typ Patrick
genannt wird. Doofer Name. Meiner ist viel schöner.
Alles abgeschnüffelt, riecht ja ganz gut hier. Oh, wo gehen wir denn jetzt hin? Hmm… in das große Haus? Echt jetzt? Was soll ich denn da? Und warum darf Robby auch da rein? Jetzt macht Patrick im Haus auch noch die Leine ab und lässt mich allein laufen. Ich weiß gar nicht, wohin ich soll. Überall so viele neue Sachen. Ich laufe der Frau einfach mal hinterher, die wird schon wissen, wie der Hase läuft, ähm hoppelt.
Oh Mann, hier riecht es überall nach Robby. Egal wo ich hingehe. Das ist echt nervig. Was wollen die denn alle von mir? Warum bin ich hier? Und wann fahren wir wieder? Patrick hat das blaue Dings mit ins Haus gebracht und ausgepackt, das gefällt mir gar nicht. Warum packt er denn die Sachen aus. Und was macht er jetzt mit der Decke? Das muss ich mir mal