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Über dieses E-Book

Lang vor der Erfindung von neuen, mit exotischen Monstern gespickten Medien wie Comics und Computerspielen zeigte der niederländische Maler Hieronymus Bosch in seinen Gemälden, oft mit einer Prise Humor verbunden, eine große Anzahl von schrecklichen, wahrlich Furcht einflößenden Fantasiewesen, wie sie ausgefallener nicht hätten sein können. Aus seiner Malerei resultiert eine lange Diskussion über den Wahnsinn der vom rechten Weg abgekommenen Menschen, die die Weisungen Christi ignoriert hatten. Hieronymus Bosch (ca. 1450-1516) lebte in einer Welt, die sich durch den immer größeren Einfluss der Renaissance und der Religionskämpfe grundlegend verändert hat. In bildhafter Form werden das Paradies und die Hölle dargestellt, zwischen denen oft nur ein kleiner Abstand liegt, und es liegt am Menschen, ihn zu überwinden oder sich zu verweigern. Diese Entscheidung war es, die Bosch mit seinen fantastischen Metaphern illustrieren und versinnbildlichen wollte. Virginia Pitts Rembert interpretiert das Werk des Malers und zeigt uns das Œuvre des Hieronymus Bosch aus einer neuen Perspektive und dechiffriert in Kleinstarbeit die geheime Symbolik des niederländischen Künstlers.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum15. Sept. 2015
ISBN9781783106240
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    255 pages: Quite simply the most beautiful compilation of Bosch's work that I have ever seen.REENACTORS NOTE: Not much is useful for 16th C reenactment - color reference might be nice.

Buchvorschau

Bosch - Virginia Pitts Rembert

Virginia Pitts Rembert

BOSCH

Hieronymus Bosch und die Lissabonner Verführung:

Eine Perspektive aus dem dritten Jahrtausend

Autorin: Virginia Pitts Rembert

Übersetzung: Dr. Martin Goch

Layout:

Baseline Co. Ltd

61A-63A Vo Van Tan Street

4. Etage

Distrikt 3, Ho Chi Minh City

Vietnam

© Confidential Concepts, worldwide, USA

© Parkstone Press Ltd, New York, USA

© Kingdom of Spain, GALA-Salvador Dali Foundation / Artists Rights Society, New York, USA / VEGAP, Madrid

Weltweit alle Rechte vorbehalten

Soweit nicht anders vermerkt, gehört das Copyright der Arbeiten den jeweiligen Fotografen. Trotz intensiver Nachforschungen war es aber nicht in jedem Fall möglich, die Eigentumsrechte festzustellen. Gegebenenfalls bitten wir um Benachrichtigung.

ISBN: 978-1-78310-624-0

Inhalt

Vorwort

Einleitung

Kapitel I: Erklärungen verschiedener Studien von Bosch

Kapitel II: Die Interpretation von Fränger

Kapitel III: Fränger und darüber hinaus

Kapitel IV: Eine prosaischere Perspektive

Kapitel V: Der Heilige Antonius und der Teufel

Kapitel VI: Das Lissabonner Triptychon

Schluss

Bibliographie

Index

Anmerkungen

1. Pieter Jansz Saenredam (1597-1665), Der Chor der Kirche Sankt Johannes in ‘s-Hertogenbosch, Zeichnung, British Museum, London.

2. Pieter Jansz Saenredam (1597-1665), Ansicht von ‘s-Hertogenbosch mit der Kirche Sankt Johannes, 1632, Musées royaux des Beaux Arts de Belgique, Brüssel.

Vorwort

Jemand hat die Geschichte einmal als ein Webstück ohne Nähte bezeichnet. Der Mensch besteht allerdings darauf, die Geschichte willkürlich in Abschnitte zu unterteilen. Während die Zeiteinheiten Stunde, Monat und Jahr in erster Linie praktische Funktionen erfüllen, messen wir Jahrzehnten und Jahrhunderten große Bedeutung zu. Im Französischen gibt es für die gewisse Endzeitstimmung gegen Ende eines Jahrhunderts mit fin de siècle sogar einen eigenen Ausdruck. Das Ende eines Jahrtausends ist noch bedeutsamer, besonders, weil Christus versprach, tausend Jahre nach seinem Tod zurückzukehren, um die Gläubigen und die Ungläubigen zu richten.

Als sich das Jahr 1000 näherte, glaubten die Menschen, dass das von Christus vorhergesagte Jüngste Gericht unmittelbar bevorstehe. Als sich diese Erwartung nicht erfüllte, schrieb der Chronist und Kluniazensermönch Raul Gabler:

… in der ganzen Welt, vor allem in Italien und Gallien, wurden Kirchen wieder aufgebaut. Obwohl es davon bereits eine große Zahl gab und sie nicht stark genutzt wurden, wetteiferten alle christlichen Völker, erhabenere Kirchen zu bauen. Es war, als ob die ganze Welt sich geschüttelt und alle Menschen ihre alten Kleider gegen die weißen Roben der Kirche ausgetauscht hätten. So verschönerten die Gläubigen schließlich alle Bischofssitze und die Klöster der verschiedenen Heiligen und auch die weniger wichtigen Gebetsstätten in den Städten …

(übersetzt aus Holt, 48)

Der New York Times des Vortages zufolge begann in den Vereinigten Staaten der Countdown für das dritte Jahrtausend bereits am 6. April 1997.

3. Die Kathedrale Sankt Johannes in ‘s-Hertogenbosch.

4. Skulptur in der Kathedrale Sankt Johannes in ‘s-Hertogenbosch.

Die Fanfare, die ihn einleitete, verwies schon auf die Feierlichkeiten in aller Welt, die am 1. Januar 2000 stattfinden sollten. Restaurants nahmen bereits Reservierungen für den Silvesterabend 1999 / 2000 an. Es gab düstere und optimistische Prophezeiungen für den Jahrtausendwechsel. US-Präsident Clinton, der den demokratischen Wahlkampf von 1996 unter das Motto Brücke ins 21. Jahrhundert stellte, sagte Amerika und der Welt eine große soziale und wirtschaftliche Zukunft, der er den Weg bereiten würde, voraus.

Doch wurden die utopischen Aussichten durch lästige Pannen gestört. Man erwartete, dass die Computer „00" nicht als die Jahreszahl 2000, sondern als 1900 erkennen und Ausfälle bewirken würden, die öffentliche Einrichtungen beeinträchtigen könnten: von der Zahlung durch Krankenversicherungen bis zur Kontrolle über den landesweiten Flugverkehr. Tatsächlich sagten manche voraus, dass das Ausbleiben einer weltweiten Lösung des Problems zu katastrophalen globalen Konsequenzen führen würde.

Es waren deutlich mehr religiöse und prophetische Kulte entstanden, als dies bei einer bloßen Jahrhundertwende üblich war. Schon 1980 bildete sich der erste der vielen Überlebenskulte, von denen es in den folgenden zwei Jahrzehnten noch mehrere geben sollte. Schon zu diesem frühen Zeitpunkt warnte ein gewisser Kurt Saxon aus Arkansas das Publikum einer Fernsehshow,

… dass sich jeder darauf einstellen sollte, sich aus dem Land zu ernähren und sich Waffen zu besorgen, um sich der plündernden Banden im Gefolge des nuklearen Holocaust zu erwehren.

(Arkansas Gazette, 29.7.1980).

5. Unbekannter Maler, Bildnis des Hieronymus Bosch, ca. 1550, rote und schwarze Kreide aus dem Arras-Codex, 41 x 28 cm, Stadtbibliothek Arras.

Die rituellen Visionen des Weltuntergangs erreichten den Höhepunkt ihrer Neubelebung im Jahre 1997, als sich 39 Mitglieder einer Cyber-Sekte auf Anweisung ihres Führers, Marshall Herff Applewhite, vertraglich zum Selbstmord verpflichteten, um sich dann zu einem Raumschiff hinauf zu versetzen, das angeblich dem Schweif des Kometen Hale-Bopp folgte, der in jenem Jahr über den Himmel zog. Ein Feuilletonist in The New Yorker kommentierte ihre fantastisch irrsinnige Mission:

Obwohl die Wissenschaft heute stärker ist als zu der Zeit, als Galileo vor der Inquisition kniete, bleibt sie die Denkweise einer Minderheit, und ihre Zukunft ist sehr ungewiss. Blinder Glaube beherrscht das Universum zur Jahrtausendwende, dunkel und ausufernd wie der Weltraum selbst (14. April 1997, Seite 32).

Dass viele Menschen glaubten, das Schicksal der Wissenschaft und des vernünftigen Denkens stehe auf dem Spiel, wurde in einem Artikel in der New York Times (6. Juni 1995) unter dem Titel Wissenschaftler beklagen Flucht vor der Vernunft deutlich. Wissenschaftler, Ärzte, Pädagogen und andere Intellektuelle, die sich zu einem Kongress über das Thema an der New York Academy of Sciences (NYAS) eingefunden hatten, riefen zum Kampf gegen die unterschiedlichen Bedrohungen des vernünftigen Verhaltens auf. Diese schlossen traditionelle Schreckgespenster wie Astrologie oder religiösen Fundamentalismus ein, neu hinzugekommen waren die „postmodernen" Wissenschaftskritiker, die behaupteten, dass die Wahrheit in der Wissenschaft vom jeweiligen Standpunkt abhinge und nicht etwa von absoluten Inhalten.

6. Der Tod des Geizhalses, Seitenflügel, um 1485-1490.

Öl auf Holz, 92,6 x 30,8 cm. National Gallery of Art, Washington (soll über dem Bett Philipps II. im Escorial zur Zeit seines Todes gehangen haben; heute vermutet man darin den Teil eines Altarbildes).

In diesen Kreisen hieß es auch, dass sich das irrationale Gedankengut zum verbreiteten Handelsprodukt entwickelt habe. Zu den paranormalen Mittelchen von steigender Beliebtheit in der Öffentlichkeit gehörten der Glaube an Engel, das Aus-sich-heraus-Gehen und Erfahrungen von Todesnähe sowie die Entführung durch Außerirdische und mehrfache Wiedergeburten.

Die Annahmen des Kongresses an der NYAS schienen auch durch zahlreiche Belege in den Medien bekräftigt, dass das Interesse an Astrologie, psychischen Phänomenen und Magie sowie den verwandten Gebieten des Satanismus und der Hexerei angestiegen sei.

Ein Artikel über Hexerei (New York Times vom 31.10.1998) stellte eine Gruppe von Wiccans - so der moderne Name so genannter Hexen, hergeleitet von einer neopaganen, pseudoreligiösen Gruppe namens Wicca – in den Mittelpunkt, die ihren Praktiken in Salem, Massachusetts, nachgingen. Diese Stadt, in der die Hexenprozesse des 17. Jahrhunderts stattgefunden hatten, sollte aufgrund ihrer toleranten Haltung das Zentrum für alternative Spiritualität, wie der New Age-Bewegungen und der aktuellen Hexenvereinigungen wie des Tempels der Neun Wohltaten und des Hexenbundes für Öffentliches Bewusstsein, geworden sein:

Die Wiccans sehen sich als Vertreter einer friedlichen, naturverbundenen Religion und haben sich, ganz anders als frühe Gesellschaften von Teufelsanbetern, aufklärerisch und sogar politisch organisiert, um falsche Vorstellungen über Hexen und deren moderne Beweggründe auszuräumen.

Ein Artikel in einer Boulevardzeitung zitierte aus einer Liste weltweit führender Bibelforscher, die vorhersagten, dass das bevorstehende Ende der Welt und die kommende Apokalypse, die damit verbunden sei, am Jahrtausendende stattfinde (Weekly World News vom 14. Mai 1996). Darin wurden neben den alten Prophezeiungen der Offenbarung des Johannes auch neuere zitiert, wie diejenigen des Nostradamus aus dem 16. Jahrhundert über entsetzliche Naturereignisse, die am Ende unseres Jahrtausends geschehen sollten und mit den klimatischen Abweichungen von El Nino im Jahr 1998 überein zu stimmen schienen.

Die Tatsache, dass diese so unheilvoll dargestellten Ereignisse nicht stattfanden, ließ die Jahrtausendwende beinahe enttäuschend erscheinen – zumindest bis zum 11. September, den viele als das Armageddon der USA betrachteten.

Ähnliche Vorhersagen und Merkwürdigkeiten hatten das Jahrzehnt vor dem Halbmillenium von 1500 charakterisiert. Als ob man sich um das Jahr 1000 herum bezüglich des Zeitpunkts des Jüngsten Gerichts geirrt hätte, gingen zeitgenössische Denker davon aus, dass es unweigerlich nun kommen werde. Der Kunsthistoriker Charles Cuttler beschreibt die emotionale Atmosphäre dieser Zeit folgendermaßen:

Es war eine Zeit der Pest und der Unrast, der wirtschaftlichen, sozialen und religiösen Unruhen; eine Zeit, die an den Chiliasmus, den Antichrist und apokalyptische Visionen glaubte; an Hexerei, Alchemie und Astrologie … Es war ferner eine Epoche eines extremen Pessimismus, der eine natürliche Folge des von der Kirche selbst beförderten Glaubens an Dämonen war … (übersetzt aus Lisbon, Seite 109)

Wie stets gab es dabei Künstler, die dem an sich Unvorstellbaren Stimme und Gestalt verliehen. Dichter, anonyme und namentlich bekannte wie Francois Villon, und auch romanische Bildhauer hatten ihre Visionen der Schrecken am Weltende plastisch dargestellt. Später, in der Periode der Proto-Renaissance, bildeten zahlreiche Maler diese Anomalien in ihren Altarbildern ab. Die wohl anschaulichsten und detailliertesten Darstellungen aber waren jene des Holländers Hieronymus Bosch.

7. Buchmalerei aus dem 15. Jahrhundert (ca. 1470-1480), Flandern. Russische Nationalbibliothek, St. Petersburg.

Einleitung

Im 17. Jahrhundert pries ein englischer Botschafter in Holland die Überlegenheit der Malerei gegenüber der Bildhauerei mit folgenden Worten:

„Ein ausgezeichnetes Bild ist meiner Meinung nach das bewundernswertere Objekt, weil es einem künstlichen Wunder nahe kommt"

(Zitat übersetzt aus Fuchs, 103).

Fuchs wiederholt den Ausdruck „künstliches Wunder mehrere Male, um auf die holländische Vorliebe für die detaillierte Wiedergabe von beobachteten Dingen zu verweisen. Dieser Terminus könnte das gesamte Spektrum der holländischen Kunst von Jan van Eyck bis hin zu Jan Dibbets in Bezug auf die beißende und gleichzeitig forschende Kombination von Sujet und Essenz charakterisieren, die so typisch holländisch ist. In diesem Sinn passt der Ausdruck sogar zu scheinbar so unterschiedlichen Künstlern wie Hieronymus Bosch und Piet Mondrian. Der eine machte das Unwirkliche wirklich und der andere das Wirkliche unwirklich, aber beide verfolgten ihre Ziele mittels sorgfältig gestalteter Oberflächen, die sie als „künstliche Wunder überdauerten.

Meiner Ansicht nach bestehen zwischen Bosch und Mondrian weitere wichtige Verbindungen. Sie gehören zu jenen europäischen Künstlern, die dem Kunsthistoriker Oskar Hagen zufolge niemals mit der bloßen Reproduktion eines Gegenstandes zufrieden waren. Beide Maler lebten in einem Jahrhundert, das sich des Milleniums bewusst war und beide verarbeiteten dieses Bewusstsein in ihrer Kunst.

Mondrian, der sich hinsichtlich der Zeit, der Umstände und der Ideologie in großer Entfernung zu Bosch befindet, war aus einem gewissen Blickwinkel ein Milleniums-Künstler unserer Zeit. Er präsentierte eine Version, wie die moderne Welt sein könnte, wenn wir uns mehr um Harmonie als um Tragik kümmern würden, die er nicht nur im Krieg, sondern auch in kulturellen Erzeugnissen manifestiert sah, die sich auf Einzelheiten und nicht auf die Essenz konzentrierten. In den Jahren, die Piet Mondrian zwischen den beiden Weltkriegen in Paris und London verbrachte, entwickelte er eine Malerei, die nicht die existierende Realität wiedergab, sondern das, was Mondrian eine „neue Realität nannte, „imaginativ konstruierte (Mondrian, Plastic, 10). Durch ihre Abgeschlossenheit, Reinheit und die harmonische Anordnung von Einzelteilen schuf Mondrian mit seiner Kunst einen eigenen ästhetischen Kosmos, die „klare Vision der „puren Realität, von der er hoffte, dass sie auch in der idealen Welt der Zukunft verwirklicht werden würde.

Ganz offensichtlich unterscheiden sich Mondrians Arbeiten durch eine völlig anders geartete Sensibilität von jenen Boschs am Ausgang des Mittelalters – oder enthüllen die beiden Künstler an der Schwelle eines (Halb-)Milleniums einfach nur die dunkle und die helle Seite des Menschen? Zeigen Mondrians Bilder vielleicht, was wir werden könnten, wenn wir in Harmonie mit dem Universum lebten und Boschs Bilder, was wir werden würden, wenn wir Gott nicht gehorchten – aus zwei unterschiedlichen Perspektiven, fünf Jahrhunderte voneinander getrennt?

Nach einigen einleitenden Kapiteln werde ich mich auf eines von Boschs Bildern konzentrieren, die Versuchungen des Heiligen Antonius (heute in Lissabon), weil dieses Bild vermutlich um 1500 herum vollendet wurde, dem Jahr des Halbmilleniums. Zudem wirken die dort dargestellten Ideen und Ängste – wie schon bemerkt – einigen der unseren sehr verwandt.

Im Jahr 1951 wurde Wilhelm Frängers Werk Das Tausendjährige Reich. Grundzüge einer Auslegung (1947) in die englische Sprache übersetzt und damit der internationalen Kunstgeschichte zugänglich.

Das Buch, das vor allem Boschs Gemälde Der Garten der Lüste (Frängers Titel lautete Das Tausendjährige Reich) interpretierte, war sowohl in der wissenschaftlichen Welt als auch der kunstinteressierten Öffentlichkeit eine Sensation. Ein Artikel über das Buch mit Farbillustrationen im Life Magazine trug wohl mehr als alles andere dazu bei, dass Bosch, zu dem es bis dahin kaum englischsprachige Publikationen gegeben hatte, weltweite Popularität erlangte. Frängers Interpretation, dass Bosch seine großen Altarbilder nicht für orthodoxe religiöse Zwecke, sondern für quasi-religiöse Kulte geschaffen habe, wurde als ein Wendepunkt für das Verständnis dieses rätselhaften Künstlers angesehen.

Während die meisten Kunsthistoriker, die sich nach Frängers Tod im Jahr 1964 mit Bosch beschäftigten, diese These zurückgewiesen haben, gibt es immer noch Anhänger von Frängers Position, dass ein Hochmeister eines Adamitenkults Bosch seine geheime Zeichensprache diktierte, die dieser dann in seinem großen Gemälde Der Garten der Lüste (heute im Prado, Madrid) und in einer Reihe weniger bedeutsamer Bilder offenbarte.

Nach dem Studium der umfangreichen publizierten Fachliteratur und seitdem ich mich erstmals mit Bosch beschäftigte, habe auch ich den Eindruck gewonnen, dass die meisten Autoren das tun, was schon Fränger kritisierte, nämlich für jedes Bild und Bildelement eine Unzahl von Quellen anzuführen, ohne dass daraus eine Erklärung dafür resultierte, warum ein Künstler mit einem doch einigermaßen beschränkten Hintergrund wie Bosch ein solches Bild oder solche Bildelemente schaffen sollte. Meiner Ansicht nach ist zunächst eine umfassende Untersuchung der zu Boschs Zeit verbreiteten symbolischen Systeme des Bösen erforderlich, die er, indem er manches ausließ und manches hinzufügte, zusammenführte, um hieraus seine einzigartige Bilderwelt zu schaffen.

Der Hauptgrund für ein weiteres Buch über Bosch war die offensichtliche Wiederkehr vieler der in seiner Zeit verbreiteten Ansichten anlässlich des Übergangs vom zweiten ins dritte Jahrtausend. Ich hoffe, dass die folgenden Ausführungen auch für Bosch-Kenner Anregungen und Einsichten bieten.

8. Die Wappen der Liebfrauenbruderschaft, Ausschnitt: Weißes Wappen von „Hieronymus Aquens alias Bosch", ‘s-Hertogenbosch, Illustre-Lieve-Vrouwebroederschap.

9. Das Steinschneiden, Ölgemälde, 48 x 35 cm, Prado, Madrid.

Kapitel I: Erklärungen verschiedener Studien von Bosch

Bevor ich an die detaillierte Studie eines einzelnen von Boschs Bildern herangehe, möchte ich einen kritischen Überblick über einige kunstgeschichtliche Sichtweisen des Künstlers und seines Werks geben. Dies um so mehr, als es von seiner ersten Erwähnung im 16. Jahrhundert bis zum heutigen Tage ein sehr breites Spektrum an Positionen gibt. Die Autoren, die sich in den fast fünf Jahrhunderten seit seinem Tod mit ihm befasst haben, verliehen ihm einen so nachhaltigen Ruf als „faizeur de diables (Gossart), dass er bis zur Moderne kaum als Künstler galt. Vor allem seine Höllenszenen zogen diese Art Aufmerksamkeit auf sich. Er stellte die Kreaturen und Orte dieser „Höllen mittels eines unendlich detailreichen Naturalismus so überzeugend dar, dass sie wie wahre Dämonenbeschwörungen wirkten. Für die mittelalterliche Mentalität konnte jemand, der seine eigenen schlimmsten

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