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1460 Tage Soldat - Erlebnisse eines Soldaten der Bundeswehr
1460 Tage Soldat - Erlebnisse eines Soldaten der Bundeswehr
1460 Tage Soldat - Erlebnisse eines Soldaten der Bundeswehr
eBook352 Seiten5 Stunden

1460 Tage Soldat - Erlebnisse eines Soldaten der Bundeswehr

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Über dieses E-Book

In seinem Buch schildert C.R., wie er seine Zeit in der Bundeswehr erlebte: Angefangen von den Gesprächen mit einem Werbungssoldaten im heimischen Arbeitsamt, bis hin zu den Erlebnissen in zwei Auslandseinsätzen.

Der Leser erfährt hier einiges über den Tagesablauf in einer Jägerkompanie, über die Vorbereitung für die Auslandseinsätze und schließlich über das Geschehen während der Einsätze in Bosnien Herzegowina und im Kosovo - inklusive Fotografien.

In diesem E-Book wird kein Blatt vor den Mund genommen. Es wird schonungslos und offen alles erzählt. Es ist ein Muss für alle ehemaligen Soldaten, die ebenfalls an den Einsätzen auf dem Balkan teilgenommen haben.


Mit dem Beginn des Afghanistaneinsatzes sind die Einsätze auf dem Balkan leider in Vergessenheit geraten. Aber gerade diese Einsätze waren die Vorreiter aller weiteren Einsätze. Erfahrungen, die hier gemacht wurden, flossen in Afghanistan mit ein. Man sollte die erbrachten Leistungen auf dem Balkan nicht in Vergessenheit geraten lassen. Die Soldaten haben hervorragende Arbeit geleistet, und das sollte auch gewürdigt werden.
SpracheDeutsch
HerausgeberXinXii
Erscheinungsdatum21. Juli 2012
ISBN9783000390043
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    Buchvorschau

    1460 Tage Soldat - Erlebnisse eines Soldaten der Bundeswehr - Christian Riesler

    1460 Tage Soldat

    Erlebnisse eines Soldaten der Bundeswehr

    oder

    Die vergessenen Soldaten

    Dieses Buch ist meinem Sohn Noah Maximilian gewidmet, der mich durch seine stetigen Aufforderungen, „Papa, erzähl nochmal von deiner Armeezeit", zu diesem Buch inspirierte.

    Vorwort

    In seinem Buch schildert C. R., wie er seine Zeit in der Bundeswehr erlebte. Angefangen von den Gesprächen mit einem Werbungssoldaten im heimischen Arbeitsamt, bis hin zu den Erlebnissen in zwei Auslandseinsätzen.

    Der Leser erfährt hier einiges über den Tagesablauf in einer Jägerkompanie, über die Vorbereitung für die Auslandseinsätze, und schließlich über das Geschehen während der Einsätze in Bosnien Herzegowina und im Kosovo.

    In diesem Buch wird kein Blatt vor den Mund genommen. Es wird schonungslos und offen alles erzählt. Dieses Buch ist ein Muss für alle ehemaligen Soldaten, die ebenfalls an den Einsätzen auf dem Balkan teilgenommen haben.

    Mit dem Beginn des Afghanistaneinsatzes sind die Einsätze auf dem Balkan leider in Vergessenheit geraten. Aber gerade diese Einsätze waren die Vorreiter aller weiteren Einsätze. Erfahrungen, die hier gemacht wurden, flossen in Afghanistan mit ein.

    Man sollte die erbrachten Leistungen auf dem Balkan nicht in Vergessenheit geraten lassen. Die Soldaten haben hervorragende Arbeit geleistet und das sollte auch gewürdigt werden.

    1. Kapitel: Wie alles Begann

    Ich saß in meinem Auto und fuhr auf der Bundesautobahn 9 in Richtung Berlin. Mein Ziel war das Zentrum für Nachwuchsgewinnung Ost in Berlin Grünau. Es war herrlicher Sommertag und meine Stimmung war hervorragend. In den nächsten drei Tagen sollte sich entscheiden, ob sich mein lang gehegter Wunsch erfüllen wird und ich Soldat werden darf.

    Seit dem ich denken kann, war ich von dem Wunsch erfüllt zur Armee zu gehen. Schon als kleiner Junge verschlang ich regelrecht alle Bilder auf denen Soldaten oder militärische Fahrzeuge zu sehen waren. Ich kam auch einmal persönlich mit Soldaten der damaligen Nationalen Volksarmee in Berührung, als ich eines Morgens auf dem Weg zur Schule war. Ich musste auf dem Schulweg einen kleinen Bach überqueren, über den sich eine alte Holzbrücke spannte. Doch an diesem Tag war die Holzbrücke weg. Ein Trupp Soldaten hatte die alte Brücke abgetragen und war gerade dabei eine neue Holzkonstruktion zu erstellen. Tja, da stand ich nun und kam nicht über die Brücke.

    Schließlich nahm mich ein Soldat auf seine Schultern und trug mich durch das Wasser bis an das andere Ufer. Ich hatte totales Herzklopfen und konnte mich gar nicht an den Soldaten satt sehen.

    Dieses Ereignis festigte nur meinen Wunsch zur Armee zu gehen.

    Ich weiß bis heute nicht, woher dieser frühe Wunsch kam. In meiner Familie hatte keiner, mal abgesehen von dem abgeleisteten Wehrdienst, eine militärische Karriere eingeschlagen. Der Einzige, der etwas länger bei der Armee gewesen ist, war mein Großvater. Mein Großvater hatte den gesamten Zweiten Weltkrieg miterlebt. Aber gerade Opa erzählte nie über das „Soldat sein".

    Als sich meine Schulzeit dem Ende zuneigte, ging ich in das örtliche Arbeitsamt und nahm dort an eine Informationsveranstaltung der Bundeswehr teil. Mittlerweile hatte es die Wende und ein Jahr später die Wiedervereinigung gegeben. Die Nationale Volksarmee hatte aufgehört zu existieren und die ostdeutschen Männer mussten ihren Wehrdienst in der Bundeswehr ableisten. Mir war das alles egal, Hauptsache Armee. Und so nahm ich an dieser Veranstaltung der Bundeswehr teil. Am Schreibtisch, mir gegenüber, saß ein Mann in einer tollen Uniform mit vielen Auszeichnungen. Das machte einen großen Eindruck auf mich. Der Soldat erzählte in den höchsten Tönen von der Bundeswehr und zeigte mir Bilder von Panzern und Soldaten. An diesem Tag schloss ich ein Zeitungsabonnement ab und bekam nun alle zwei Wochen eine Bundeswehrzeitung nach Hause geliefert. Das war eine tolle Zeitung. In dieser Zeitung konnte man lachende Marinesoldaten unter Palmen sehen. Lachende Soldaten saßen auf ihrem Panzer und getarnte und schwer bepackte Soldaten schlichen, natürlich auch lachend, durch einen Wald. Die Bilder machten ebenfalls einen großen Eindruck auf mich. In diesen Zeitungen waren auch alle Truppenteile der Bundeswehr aufgegliedert und erklärt. Ich hielt sogar einen Vortrag in der Schule, mit dem Thema Bundeswehr.

    Ich muss ganz ehrlich zugeben, hatte diese Zeitschrift nur den Zweck, junge Männer zu Ködern und zur Armee zu locken, so haben sie das bei mir geschafft. Da ich noch nicht volljährig war, begann ich zunächst eine Ausbildung zum Maurer. Kurz vor Abschluss der Ausbildung erhielt ich einen Musterungsbescheid und musste mich in Potsdam zur Musterung einfinden. Das war der erste Schritt.

    Ich hatte mich im Vorfeld nochmals mit dem Soldaten aus dem Arbeitsamt unterhalten und dort meinen Willen bekundet, länger in der Armee dienen zu wollen. Gerade als ich Volljährig geworden bin, unterschrieb ich den Wunsch auf Einstellung für zunächst vier Jahre. Die Musterung verlief reibungslos und ich wurde T 2 gemustert.

    Auf Grund meiner geringen Körpergröße konnte ich nicht T 1 gemustert werden. Ich war darüber aber nicht sonderlich böse. Ich konnte trotzdem alle Truppenteile, mit Ausnahme des Wachbataillons, für meine Dienstzeit wählen. Ich wollte Abenteuer erleben, fremde Länder kennen lernen und durch den Wald kriechen. Was sollte ich denn da bitte schön bei einem Wachbataillon.

    Ein halbes Jahr später bekam ich eine Einladung zum Zentrum für Nachwuchsgewinnung Ost in Berlin. Hier sollte sich in einem dreitägigen Test entscheiden, ob ich für vier Jahre in der Bundeswehr dienen durfte.

    Die Ankunft in Berlin Grünau war recht ernüchternd. Da standen doch wirklich vor dem Tor der Kaserne keine Soldaten, sondern Mitarbeiter des Wachschutzes Wache. Das hätte ich jetzt nicht erwartet. Stand doch in der Zeitschrift, dass die Wache zum täglichen Dienst des Soldaten gehörte.

    Empfangen wurden wir von einem Hauptfeldwebel mit Ausgehuniform, der uns in die Zimmer einwies und den Tagesablauf bekannt gab. Wir wurden zu viert einem Zimmer, oder bei der Bundeswehr heißt es ja, Stube, zugewiesen. Zunächst war ich nicht besonders erfreut, mein Zimmer mit noch drei anderen Personen teilen zu müssen. Ich hatte vorher noch nie mit anderen, mir völlig fremden Personen, ein Zimmer teilen müssen. Jetzt, einige Jahre später, kann ich nur darüber lachen. Ich glaube, hätte ich damals schon gewusst, dass ich mir in der Grundausbildung eine Bude mit neun anderen Personen teilen sollte, oder das ich einige Jahre später mit zehn anderen Soldaten in einem Zelt auf dem Balkan hausen sollte, ich wäre nicht zur Bundeswehr gegangen. Aber man gewöhnt sich mit der Zeit an alles.

    Der Einstellungstest in Grünau begann zunächst mit einem Test, bei dem das Allgemeinwissen und die Auffassungsgabe geprüft wurden. Dieser Test zog sich einige Stunden hin. Anschließend mussten wir einen Sporttest absolvieren. Am nächsten Tag kam der Besuch beim Arzt. Auch hier wurde wieder das komplette Programm durchgezogen. Ich wollte mir diese, doch zum Teil sehr unangenehme, Untersuchung ersparen und erklärte, dass ich vor einem halben Jahr bei der Musterung war. Doch alles Protestieren half nichts, auch diesmal hieß es wieder für mich „Hosen runter, umdrehen und bücken". Als auch hier alles zur vollsten Zufriedenheit erfüllt wurde, kam das Gespräch beim Einplaner.

    Der Einplaner war ein Hauptmann mit einem immensen Bauchumfang. Wir saßen uns beide gegenüber am Tisch. An einer Wand seines Büros hing eine riesige Karte von Deutschland.

    Zunächst wurden mir die Ergebnisse der absolvierten Tests erläutert. Der dicke Hauptmann kam zu dem Ergebnis, dass meinem Wunsch auf eine Verpflichtung auf vier Jahre zugestimmt werden kann.

    Zusätzlich wurde ich als UA, das heißt als Unteroffiziersanwärter eingestuft. Ich sollte also nach erfolgter Grundausbildung die Laufbahn der Unteroffiziere einschlagen. Ich war sehr erleichtert, dass dieser Test so gut für mich abgelaufen war. Nun konnte ich wirklich Soldat werden. Der dicke Hauptmann fragte mich, ob ich denn schon überlegt hätte, zu welchem Truppenteil ich denn möchte.

    Natürlich hatte ich mich im Vorfeld genau informiert, ich hatte schließlich die Zeitschrift mit den vielen lachenden Soldaten. Und ich wollte zu der Jägertruppe. Die Jägertruppe war ein reiner Infanterieverband, der speziell für den Kampf im unwegsamen Gelände, also in den Wäldern oder in Ortschaften, ausgebildet wurde. Ich fand das total aufregend. Das waren die Soldaten, die schwer bepackt und mit Tarnschminke im Gesicht, aber immer noch lachend, durch den Wald liefen.

    Der dicke Hauptmann war etwas erstaunt über meinen Wunsch. Er war auch zugleich darauf bedacht mich umzustimmen und versuchte mir die Pioniertruppe schmackhaft zu machen. Er erklärte mir, dass ich mit meiner Ausbildung als Maurer gute Chancen hätte, bei dieser Truppe Karriere zu machen. Ich blieb aber bei meinem Wunsch zu der Jägertruppe gehen zu wollen.

    Schließlich gab der dicke Hauptmann nach und fing an in einem dicken Buch zu blättern. Nach langem Suchen fand er offensichtlich was er wollte. Der Hauptmann erklärte mir, dass es zwei Standorte für mich gäbe. Zum einem, ein Jägerbataillon in Donau Eschingen und einen zweiten Standort in Marienberg. Ich bat den Hauptmann, mir die beiden Standorte einmal auf der riesigen Landkarte, welche an der Wand hing, zu zeigen. Nach langem Suchen fand er zunächst den Standort Donau Eschingen. Er zeigte mir die Stadt, die an der Deutsch-Französischen Grenze lag.

    Die Entfernung von meinem Wohnort war riesig, ich hätte jedes Mal einen halben Tag gebraucht, um nach Hause zu kommen. Also ließ ich mir den zweiten Standort zeigen. Der zweite Standort lag in der Stadt Marienberg und diese befand sich im Erzgebirge, nahe der tschechischen Grenze. Die Entfernung nach Hause betrug etwa 300 Kilometer. Das war in etwa die Hälfte der Strecke nach Donau Eschingen. Ich entschied mich für Marienberg. Nach Beendigung des Gespräches verließ ich das Zimmer mit einem Einplanungsbescheid für das Jägerbataillon 371 in Marienberg, für eine Dauer von vier Jahren. Ich hatte es endlich geschafft. Wieder zu Hause angekommen, erzählte ich es voller Stolz meiner Familie und meiner Freundin. Die Freude bei meiner Freundin hielt sich in Grenzen, wusste sie doch, dass jetzt für vier Jahre eine Wochenendbeziehung bevorstand.

    Die letzten Wochen bis zum Dienstbeginn vergingen wie in Fluge. Und dann war es soweit, ich packte meine Sachen. Ich fragte vorher meinen Bruder was ich alles mitnehmen müsse, schließlich hatte er schon seinen Wehrdienst hinter sich und fuhr Richtung Marienberg. Ich war allerdings dermaßen aufgeregt, dass ich es nur bis zum Nachbarort schaffte und dort erstmal bei meiner Freundin zu Hause auf die Toilette gehen musste.

    Jetzt konnte die Fahrt beginnen. Die Strecke führte einige hundert Kilometer über die Autobahn. Da es Montagvormittag war, stand ich natürlich auch prompt in einem Stau. Es dauerte ewig, bis sich der Stau aufgelöst hatte. Schließlich musste ich noch durch Chemnitz fahren. Es kam, wie es kommen musste, ich verfranste mich in Chemnitz total. Als ich endlich aus Chemnitz heraus war und die letzten Kilometer bis Marienberg vor mir hatte, war ich etwas zu spät dran. Wir sollten uns bis zum Mittag im Standort melden, mittlerweile war es schon früher Nachmittag. Endlich hatte ich es geschafft. Ich war in Marienberg. Die Kaserne war gar nicht zu verfehlen, sie lag direkt an der Hauptstraße. Am Eingangstor stand ein Soldat, der etwas mitleidig schaute, als ich ihm meine Einberufung vorzeigte. Er erklärte mir, ich solle mich immer an die Schilder halten um zur Ausbildungskompanie zu gelangen. Erst jetzt sah ich das Hinweisschild, das die Form eines Soldaten hatte. Auf dem Schild war ein Zettel geklebt mit der Aufschrift „6. Kompanie".

    Die Blechkameraden sahen wirklich lustig aus. Es gab sie stehend, kniend oder liegend. Wir sollten während der Ausbildung diese Blechkameraden noch hassen lernen. Ich folgte den Hinweisschildern durch das ganze Bataillon. Die Ausbildungskompanie befand sich am äußersten Ende des Standortes und war in einem alten, sehr alten, Gemäuer untergebracht. Ich fuhr mit meinem Auto bis unmittelbar vor das Kompaniegebäude. Noch bevor ich richtig ausgestiegen war, kam schon ein Soldat auf mich zu gestürmt. An seinen Schulterklappen erkannte ich, dass es sich um einen Unteroffizier handelte. Ich war einfach bloß froh angekommen zu sein und lachte den Unteroffizier an. Dieser schnauzte mich allerdings gleich voll und fragte, ob ich keinen Führerschein besitze. Ich wusste gar nicht was dieser Typ von mir wollte und erklärte ihm, dass ich sehr wohl einen Führerschein besitze. Darauf schrie mich der Unteroffizier an, und verlangte dass ich dann die Einbahnstraße, welche sich vor dem Kompaniegebäude befindet, in der richtigen Richtung befahre. Erst jetzt bemerkte ich, dass die Straße vor dem Gebäude tatsächlich eine Einbahnstraße war. Ich hätte ein Art Rondell befahren müssen, um anschließend die Straße von unten her zu befahren. Ich fuhr mit meinem Fahrzeug die Straße wieder heraus, fuhr durch das Rondell und stand schließlich wieder vor dem Kompaniegebäude, allerdings diesmal richtig.

    Der Unteroffizier stand grinsend vor mir und sagte „Geht doch". Ich dachte nur, das war ja ein toller Anfang. Das Kompaniegebäude war wirklich schon sehr alt, mit hohen Räumen und einem alten Holzboden. Soviel ich weiß, wurden bereits Unteroffiziere der Wehrmacht hier ausgebildet.

    Nachdem alle Rekruten eingetroffen waren, wurde zunächst ein Antreten durchgeführt. Bereits jetzt wurde die erste Ausbildung durchgeführt und das Antreten geübt. Nach mehrmaligen Versuchen klappte es endlich und die Führung der Kompanie konnte vortreten. Die wichtigsten Personen der Ausbildungskompanie stellten sich uns vor. Auch der Zugführer und die Gruppenführer machten mit uns die erste Bekanntschaft. Anschließend wurden wir in Gruppen eingeteilt und in die Stuben eingewiesen. Ich lag mit neun weiteren Kameraden auf einer Stube. Wir machten uns zunächst bekannt und begannen dann unsere persönlichen Sachen in den Spind zu räumen. Wir hatten dafür aber nicht lange Zeit, weil bereits am ersten Tag mit der Ausbildung begonnen wurde. Wir mussten wieder das Antreten üben. Zunächst wurden wir entsprechend der Größe aufgestellt. Ich stand ganz am Ende des Zuges. Aber wir mussten uns nicht einfach nur hinstellen und gut aussehen. Nein, wir mussten dabei auch ordentlich ausgerichtet aussehen. Und das funktioniert in etwa folgendermaßen.

    Wir standen also alle an einer Linie ausgerichtet auf dem Flur. Der Größte des Zuges schaute entlang der Linie und verbesserte gegebenenfalls durch ansprechen der Soldaten die Linie. Wir standen alle in „Achtung, das heißt, die Fäuste an der Hosennaht und die Füße zusammen. Der Kopf war gehoben und der Blick ging frei geradeaus. Wenn der Größte meinte, der Zug steht akkurat, gab er den Befehl „Fertig, Ab. Das hieß für uns, dass wir von dem „Achtung in das „Rührt euch gingen. Wir nahmen also die Hände auf den Rücken und spreizten die Beine etwa Schulterbreit auseinander. Das hört sich zunächst gar nicht so schwer an. Das Problem lag nur darin, dass wir alles einheitlich machen sollten. Wenn möglich, sollten die Bewegungen der auftretenden Beine aller Soldaten gleichzeitig zu hören sein. Und darin lag das Problem. Die Ausbilder hatten immer etwas zu meckern, entweder dauerte alles zu lange oder es war nicht einheitlich genug.

    Aber wir hatten ja genügend Zeit. Und so wurde das Antreten bis in die späten Abendstunden geübt.

    Unterbrochen wurde die ganze Ausbildung nur von dem Abendessen. Wir marschierten natürlich zum Speisesaal. Wir hatten einen langen Weg zum Essen, weil sich unser Gebäude am anderen Ende des Standortes befand. Auch beim Marschieren wurde auf die Größe geachtet. Die Großen nach vorn und die Kleinen nach hinten. Ich lief also ganz hinten. Zum Anfang war es sehr schwierig den Gleichschritt zu halten und dem Vordermann nicht ständig in die Hacken zu treten. Die Unteroffiziere umkreisten den marschierenden Zug wie die Wölfe die Schafherde und achteten auf jeden falschen Tritt. Wir führten alle Bewegungen im Standort marschierend durch. Im Speisesaal wurden wir von den anderen Soldaten mitleidig angesehen. Wir hatten nicht viel Zeit zum Essen.

    Wenn der Unteroffizier satt war, und der Meinung, dass wir auch satt waren, dann wurde das Essen beendet. Dann ging es wieder marschierend zurück. Am Abend übten wir wieder das Antreten. Die Unteroffiziere jagten uns auf die Stube, nur um uns eine Minute später wieder zum Antreten zu rufen. Irgendwann hatten die Ausbilder auch keine Lust mehr und wir hatten etwas Zeit für uns. Die Zeit für uns war allerdings auch genau vorgegeben. Wir hatten etwas Zeit uns für das Bett fertig zu machen. Irgendwann erschien ein Ausbilder auf dem Gang und schrie „Licht aus". Nun war der erste Tag für uns beendet. Ich hatte noch etwas Zeit über den Tag nachzudenken. Ich hatte heute sehr viel erlebt und musste erst mal alles verarbeiten. Ich fand es komisch, dass man bei der Armee alles gesagt bekommt, man konnte nicht wirklich viel selbstständig entscheiden. Damit hatte ich zunächst noch meine Probleme. Ich hatte mir alles etwas anders vorgestellt. Auch sah ich keine lachenden Soldaten, wie in der Zeitschrift.

    Am nächsten Morgen wurde früh geweckt. Ein Ausbilder ging über den Flur und schrie „6. Kompanie aufstehen", anschließend ging er noch in jede Stube und machte dort das Licht an. Wir hatten ein paar Minuten Zeit, um uns zu waschen, bevor wieder die Antreteorgie begann.

    Anschließend wurde wieder zum Essen marschiert. Nach dem Frühstück wieder die gewohnte Ausbildung im Antreten und im Marschieren. Im Laufe der ersten Woche bekamen wir auch endlich unsere Uniformen und Ausrüstungsgegenstände. Bisher hatten wir alles in unseren Zivilsachen gemacht. Da stand natürlich beim Antreten ein recht bunter Haufen vor den Ausbildern. Wir fuhren mit einem Bus nach Frankenberg, wo die Einkleidung erfolgen sollte. Die Einkleidung war in einer riesigen Halle, in deren Mitte alle Uniformstücke und alle Ausrüstungsgegenstände in Regalen lagen. Um die Regale herum führte ein langer Tresen. Die Soldaten brauchten einfach nur im Uhrzeigersinn den Tresen entlang laufen und an jeder Station die Ausrüstung empfangen. Alles ging super schnell und wir bekamen auch wirklich alle eine passende Uniform. Wir hatten etwas Glück und waren die erste Ausbildungseinheit des Bataillons, die schon mit dem neuen Flecktarn ausgestattet wurde. Die Soldaten vor uns hatten noch die olivfarbene Uniform erhalten. Nun hatten wir unsere Uniformen und sahen jetzt wie richtige Soldaten aus. Das erste Wochenende mussten wir im Standort bleiben und es wurde jeden Tag mit uns geübt.

    An diesem ersten Wochenende bekamen wir auch unsere Waffen zugeteilt. Jeder Rekrut bekam ein G 3. Das G 3 ist ein Schnellfeuergewehr von Heckler und Koch und war zu der damaligen Zeit die Standardwaffe der Bundeswehr. Die Waffe war etwas über einen Meter lang und wog ca. 4,5 Kilogramm.

    Aufgrund der enormen Durchschlagskraft, das G 3 hatte ein Kaliber von 7,62 x 51 mm, wurde das Gewehr auch „Bärentöter" genannt. Ich hatte zum ersten Mal eine echte und scharfe Waffe in der Hand, und ich muss sagen, es fühlte sich super an. Wir mussten zunächst den Umgang mit der Waffe erlernen. Und das wurde, wie bei der Bundeswehr üblich, durch das stetige Wiederholen von Handgriffen getan. Wir mussten uns auf den Flur legen und auf Kommando des Ausbilders bestimmte Handgriffe machen. So erlernten wir das Zerlegen und das Zusammensetzen der Waffe.

    Zusätzlich bekamen wir eine Exerzierpatrone, das war eine originale Patrone, nur ohne Pulver.

    Diese Patrone war gesondert markiert, damit sie jederzeit als Übungspatrone erkannt werden konnte. Nun übten wir das Laden der Waffe. Es gab drei Ladezustände der Waffe, einmal das entladen, das heißt, es befand sich keine Patrone in der Waffe. Dann gab es den teilgeladenen Zustand. Hier befand sich in der Waffe ein Magazin, im welchen die Patronen waren. Es befand sich aber weiterhin keine Patrone in der Waffe. Und es gab den fertiggeladenen Zustand der Waffe.

    Nun befand sich eine Patrone im Patronenlager der Waffe und konnte jederzeit durch Drücken des Abzuges zum Abschuss gebracht werden. Wir übten diese Handgriffe bis zum Erbrechen. Es kam auch auf Schnelligkeit an. Wir führten Wettkämpfe durch, wer am schnellsten die Waffe Zerlegen oder Zusammensetzen konnte. Der Schnellste brauchte bei der nächsten Übung nicht mitzumachen und konnte sich etwas ausruhen. Wir mussten auch mit verbundenen Augen diese Übungen absolvieren. Es wurde wirklich größten Wert auf eine schnelle und sichere Handhabung der Waffe gelegt. Wir hatten auch Kameraden, die mit dieser Waffe nichts anfangen konnten und einfach Angst vor ihr hatten. Aber was wollten sie machen, sie waren bei der Armee und da gab es nun einmal Waffen. Neben dem praktischen Unterricht hatten wir auch sehr viel Theorieunterricht. In diesem Unterricht wurde uns die Wirkungsweise der Waffe erklärt. Auch lernten wir das richtige Zielen und einiges über die Ballistik. Dieser Unterricht machte mir sehr viel Spaß. Wir hatten auch anderen Unterricht. So wurde uns beigebracht, wie sich der Soldat in der Öffentlichkeit zu verhalten hat.

    Natürlich mussten wir auch einige Marschlieder erlernen. Jede Kompanie hatte ihr eigenes Kompanielied. Zusätzlich hatte jeder Zug noch eigenes Zuglied. Wir standen viele, viele Stunden auf dem Flur und mussten die Lieder, wie zum Beispiel „Westerwald oder „Das Leben ist ein Würfelspiel oder „Die Königin des Heeres lernen und singen. Wenn wir jetzt durch das Bataillon marschierten, mussten wir dabei auch noch singen. Als wenn das Marschieren alleine nicht schon anstrengend genug gewesen wäre. Immerhin befand sich Marienberg im Erzgebirge und da gibt es bekanntlich Berge. Selbst innerhalb des Standortes gab es einen beträchtlichen Höhenunterschied, den wir marschierend überwinden mussten. Jetzt mussten wir dabei auch noch singen. Das spielte sich immer folgendermaßen ab. Wenn wir in Marschformation angetreten und gerade die ersten Schritte gelaufen waren, schrie der führende Unteroffizier „Ein Lied. Der erste in der Marschformation suchte sich schnell eines der erlernten Lieder aus und gab dieses nach hinten durch. Wenn das Lied dann beim letzten Mann, also bei mir angekommen war, musste ich nach vorne brüllen „Lied durch". Damit wussten die ersten Soldaten, dass alle Soldaten in der Marschformation nun wussten, welches Lied gesungen werden sollte und konnten es dann anstimmen. Und dann ging es los. Wir sangen bei jeder sich bietenden Gelegenheit, ob zum Frühstück, zum Mittag oder zum Abendbrot.

    Mit diesem Singen zogen wir uns aber auch den Zorn der Soldaten der anderen Kompanien zu. Wie bereits erwähnt, war die Ausbildungskompanie immer die erste, die zum Frühstück ging. Während die anderen Soldaten noch schlafen konnten, marschierten wir laut grölend durch das Bataillon. Das kam natürlich nicht so gut an. Nach der theoretischen Ausbildung in der Kaserne begaben wir uns jetzt nach draußen und übten alles praktisch. Marienberg hatte einen eigenen kleinen Übungsplatz, direkt hinter dem Standort. Zusätzlich gab es in einer Entfernung von ca. 8 Kilometer einen eigenen Schießplatz. Wir verbrachten nun fast jeden Tag draußen im Gelände. In der Regel mussten wir eine Strecke zur Schießbahn laufen. Entweder wurden wir hin gefahren und mussten zurück laufen oder anders herum. Ich lief immer lieber hin und wurde nach einem anstrengenden Tag auf der Schießbahn nach Hause gefahren. Aber ich konnte es mir nicht aussuchen.

    Auf der Schießbahn erlernten wir den Umgang mit dem G 3 im scharfen Schuss. Diese Waffe hatte wirklich einen enormen Rückstoß. Nicht wenige von uns holten sich beim ersten Schießen eine blaue Schulter oder ein blaues Jochbein.

    Ich hatte einige Jahre später einmal die Möglichkeit die Durchschlagskraft eines G 3 in einem Beschussgarten zu sehen. In diesem Beschussgarten wurde mit verschiedenen Waffen

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