Elisabeth Wenger
Ich bin 1946 geboren, und als „Pflegekind“ im Luzerner Hinterland aufgewachsen. In meinem Buch „Als lebender Besen im Kamin. Einer vergessenen Vergangenheit auf der Spur“, möchte ich meine Leser mitnehmen auf eine Reise in eine, vielen Menschen unbekannte Vergangenheit. Ich führe Sie in das Tessin der letzten Jahrhunderte. Ich verliess meine „Heimat“ nördlich der Alpen, um im Tessin ein neues Leben, befreit von vielen Wunden an der Seele, zu beginnen. Zugefallen ist mir das Centovalli, oder das Kaminfegertal. Ich stellte schon bald einmal fest, dass ich hier bis noch vor wenigen Jahrzehnten die Fortsetzung meiner eigenen Kindheit abspielte. Ich begriff, dass es meine Bestimmung war, das Thema der Kinderarbeit und die damit verbundenen Misshandlungen zu erforschen. Mit diesem Wissen recherchierte ich die Geschichte von Kindern, die ein ähnliches Schicksal aufwiesen. Ich kam in den vielen Jahren der Recherchen schon ab und zu an die Grenzen meiner Belastbarkeit. Ich bin froh, dass es mir gelungen ist, den letzten lebenden Zeitzeugen und ihren Vorfahren eine Stimme zu geben.
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Buchvorschau
Gefangen im Pian Scirésa - Elisabeth Wenger
Kathrin stampfte den Wald hinauf zum Berg. Es war bitterkalt, ein eisiger Wind wehte, und der nahe Winter war spürbar in der Luft. Oben bei den Wasserfällen lag bereits Schnee.
»Josefa!« rief Kathrin immer wieder nach ihrer entlaufenen Ziege.
Sie konnte nur hoffen, daß sich das Tier nicht noch bis zu den Wasserfällen hinauf verirrt hatte. Der Weg hinauf war steil, führte durch den Wald und war durch das nasse, leicht vereiste Laub glitschig geworden. Kathrin blieb immer wieder stehen und rief nach Josefa. Alle möglichen Szenarien spielten sich in ihrem Kopf ab, aber dennoch hoffte sie, daß sie das Tier finden würde, bevor der Sturm stärker würde. Jetzt fing es auch noch an zu schneien. Mit einem Blick hinauf zum Ghiri wußte sie, daß ein heftiger Schneesturm im Anmarsch war. Unwillkürlich lief sie schneller. Leise Verzweiflung und auch Wut machten sich bei ihr bemerkbar.
Sie fand, es war eine Schnapsidee ihres Mannes, die Ziegen täglich eine Stunde frei zu lassen, wo sie doch sowieso kaum noch etwas fanden. Sie hatten genügend Heu, um die Tiere gut überwintern zu lassen, aber Joggeli hatte da seinen eigenen Kopf. (Joggeli hieß eigentlich Hans-Jakob, aber Kathrin kannte niemanden, der ihn je so gerufen hätte). Als sie dann feststellten, daß Josefa fehlte, war Kathrin nicht mehr aufzuhalten. Josefa war eine ihrer Lieblingsziegen, also war es selbstverständlich, daß sie nach ihr suchte.
Kathrin würde in drei Jahren 60, und jetzt, wo sie den Berg hinauflief, spürte sie nicht nur ihr Alter, sondern auch die Pfunde, von denen sie zuviel drauf hatte. Die letzten sieben Jahre führte sie einen andauernden Kampf mit ihrem Übergewicht. Sie hatte nie Gewichtsprobleme gehabt, war eher mager gewesen, sie glaubte, bei ihrer Arbeit auf dem Bergbauernhof könnte sich gar kein Fett ansetzen, doch da hatte sie sich gründlich geirrt. Als die Wechseljahre einsetzten, wurde sie breiter und breiter; schaffte sie es, ein paar Kilos zu verlieren, hatte sie bald wieder das Doppelte drauf – es wurde zu einem ewigen Kampf. Sie sah schon aus wie eine gemütliche typische italienische Mama. Ihr dunkles, gewelltes Haar unterstrich dieses Bild noch zusätzlich. Jetzt wäre sie froh, sie wäre ein paar Kilo leichter, diesen Weg würde sie dann in halber Zeit schaffen. Doch von einem Idealgewicht würde sie vermutlich nur noch träumen können.
Kathrin war eine richtige Bergbäuerin: Sie hatte Humor, sie war eine liebevolle Großmutter. Wenn es um die Familie oder ihre Tiere ging, war sie durch nichts und niemanden zu bremsen. Aber auch die Nachbarskinder hielten sich gern bei Nonna Kathi auf, wie sie von den Einheimischen gerufen wurde. Manche fanden sie schon fast ein wenig verrückt, weil sie die Tiere, wenn nötig, sogar ins Wohnzimmer holte, wenn eine intensive Pflege verlangt war. So kam es, daß kleine Wollschweinchen, junge Schafe, sogar Zicklein oder Kaninchen sich schon im Familienkreis aufhielten.
Kathrin lebte zusammen mit ihrem Mann Joggeli weit oberhalb des Dorfes Palagnedra in einem ausgebauten Rustico. Die beiden hatten damals noch den Stall gekauft und ihn selber ausgebaut mit Hilfe ein paar guter Freunde.
Der Wind blies immer kräftiger und brachte ihre Rufe fast gänzlich zum Verstummen. Es würde einen Schneesturm geben, sie hoffte nur, daß sie Josefa bis dahin gefunden haben würde – der Weg hinunter zu ihrem Haus war steil und gefährlich. Rechts und links des Weges gab es tiefe Tobel – ein falscher Schritt und der Tod wäre sicher. Schon so viele Pilzsammler und Berggänger wurden hier nur noch tot geborgen. Es verging kein Jahr, ohne daß die Bergwacht jemanden heraufholte.
Sie blieb stehen, sie mußte für einen Moment verschnaufen, wieder wanderte ihr Blick hinauf zum Berg. Er war inzwischen nicht mehr sichtbar, sie spürte förmlich, wie der Schneesturm näher kam.
»Josefa!« rief sie wieder in die unheimlicher werdende Umgebung hinaus.
Sie versuchte zwischen den Tannen irgend etwas zu erkennen. Da, sie glaubte Josefa gesehen zu haben, doch ein Reh suchte das Weite. Enttäuscht lief sie weiter, stolperte und fiel hin.
»Verflucht!« schimpfte sie.
Dann schaute sie auf den Grund ihres Stolperns und schrie entsetzt auf. Da lag, halb unter dem Tannreisig, ein Mann.
»Der ist tot«, entfuhr es ihr, sie war so entsetzt, daß sie im ersten Moment nicht wußte, was sie tun sollte.
Zurück ins Dorf konnte sie nicht, sie würde den Weg zu dieser Stelle nicht mehr so schnell finden, außerdem konnte der Schneesturm jeden Moment losbrechen, da war auch noch ihre Ziege. Sie nahm allen Mut zusammen und schob die Tannenzweige beiseite. Das Gesicht des Mannes war blutüberströmt, das Blut bereits zum Teil verkrustet. Wenn es noch blutete, dann mußte der Mann ja noch leben, überlegte sie. Die Kleider waren zerrissen, und auch bei der Schulter gab es Blut, das allerdings eingetrocknet war.
»Hallo, kannst du mich hören?« rief sie zu dem Fremden. Der rührte sich nicht. Sie bückte sich und versuchte den Puls des Mannes zu erfassen, sie spürte nichts. Sie war zu nervös und aufgeregt, sie hörte nur ihr eigenes Herz, das ihr bis zum Hals pochte. Wieder versuchte sie es, diesmal etwas ruhiger. Der Puls war nur noch ganz flach zu spüren.
»Was soll ich bloß mit dir machen?« fragte sie, mehr sich selbst.
Sie konnte den Verletzten unmöglich hier lassen. Sie überlegte, wie sie den Mann am besten mitnehmen könnte. Vergessen war im Moment Josefa, Kathrin versuchte den Verletzten unter den Armen zu packen und ihn so zu ziehen. Er war schwer. Sein Kopf baumelte zur Seite. Endlich konnte sie den Mann richtig umfassen, so daß sie ihn schleppen konnte. Sie mußte hinunter zur Hütte, von dort würde sie Hilfe holen. Somit wäre der Mann vorerst in Sicherheit, bis die Bergwache ankommen würde. Nur mühsam kam sie vorwärts, immer wieder mußte sie anhalten, weil der Mann für sie viel zu schwer war.
Mit einem Mal setzte ein heftiger Schneesturm ein, Kathrin hatte zwar geahnt, daß es einen Schneesturm geben würde, aber nun war sie selber überrascht. Sie konnte kaum noch etwas erkennen. Sie wußte ungefähr die Richtung, in der die Berghütte war, wo ihr Mann im Sommer mit den Tieren weilte. Es war eine Waldlichtung,