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Lernen im Kühlschrank: Wie wir die Lerntemperatur unseres Bildungssystems mit Emotionen erhöhen können
Lernen im Kühlschrank: Wie wir die Lerntemperatur unseres Bildungssystems mit Emotionen erhöhen können
Lernen im Kühlschrank: Wie wir die Lerntemperatur unseres Bildungssystems mit Emotionen erhöhen können
eBook386 Seiten11 Stunden

Lernen im Kühlschrank: Wie wir die Lerntemperatur unseres Bildungssystems mit Emotionen erhöhen können

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Über dieses E-Book

Warum lernen Flugbegleiter etwas über Emotionen – Pädagogen aber nicht? Warum entwickeln wir Gefühlsscanner zur Erkennung von Terroristen – erkennen aber die Gefühle unserer Kinder und Schüler nicht? Warum lernt ein Manager, dass erfolgreiche Mitarbeiter sich wohlfühlen müssen – aber ein Schulleiter nichts über emotionale Führung? Emotionen entscheiden über Lernen oder Nicht-Lernen – über Erfolg oder Misserfolg, soviel ist bereits sicher. Es mangelt im Bildungssystem nicht an Informationen, Konzepten und Strukturen - sondern an Emotionen – so kann die durch Burnout, Mobbing, Lernfrust, Turbo-Abi und andere Phänomene hervorgerufene „Kälte“ im Bildungssystem beschrieben werden.

Der Autor beleuchtet das „unterkühlte“ Bildungssystem in zehn provokativen Thesen. Er widmet sich einem Thema, das in den meisten Bildungsinstitutionen – vom Kindergarten über die Schule bis in die Erwachsenenbildung – nahezu keine Rolle spielt und beschreibt die Hintergründe praxisorientiert und für jeden verständlich. In der Auseinandersetzung mit Erkenntnissen aus der Hirnforschung vermittelt er unkonventionelle Ideen und schildert, wie Erzieher, Eltern, Lehrer, Schüler, Schulleitungen, Politiker, Architekten, Trainer und Wissenschaftler die Lerntemperatur des gesamten Bildungssystems gemeinsam erhöhen können – kostengünstig und ganz ohne Revolution, aber mittels Innovation, Intuition und Emotion.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum19. Feb. 2014
ISBN9783735716330
Lernen im Kühlschrank: Wie wir die Lerntemperatur unseres Bildungssystems mit Emotionen erhöhen können
Autor

Michael Kobbeloer

Michael Kobbeloer, Autor, Vortragsredner und Trainer, erlebte das Bildungssystem aus allen Perspektiven: als Schüler, Schulversager, Schulverweigerer, Hausmeister, Erzieher, Student, Lehrbeauftragter an einer Universität, Studienreferendar, in Arbeitsgruppen des Kultusministeriums, als Studiendirektor und Leiter einer Fachschule sowie als Vater dreier schulpflichtiger Kinder. Nun ist er zum „Schulabbrecher“ geworden und hat seinen sicheren Beamtenjob an den Nagel gehängt. Mit seiner Firma emodaktik® begleitet er Kindergärten, Schulen, Leitungs- und Lehrkräfte auf dem Weg in ein zukunftsorientiertes Bildungssystem. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema „Emotionales Lernen“ und ist unter anderem zertifizierter Trainer für emotionale und erfahrungsorientierte Lernmethoden.

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    Buchvorschau

    Lernen im Kühlschrank - Michael Kobbeloer

    Inhalt:

    Warum lernen Flugbegleiter etwas über Emotionen – Pädagogen aber nicht? Warum entwickeln wir Gefühlsscanner zur Erkennung von Terroristen – erkennen aber die Gefühle unserer Kinder und Schüler nicht? Warum lernt ein Manager, dass erfolgreiche Mitarbeiter sich wohlfühlen müssen – aber ein Schulleiter nichts über emotionale Führung? Emotionen entscheiden über Lernen oder Nicht-Lernen – über Erfolg oder Misserfolg, soviel ist bereits sicher. Es mangelt im Bildungssystem nicht an Informationen, Konzepten und Strukturen - sondern an Emotionen – so kann die durch Burnout, Mobbing, Lernfrust, Turbo-Abi und andere Phänomene hervorgerufene „Kälte" im Bildungssystem beschrieben werden.

    Der Autor beleuchtet das „unterkühlte" Bildungssystem in zehn provokativen Thesen. Er widmet sich einem Thema, das in den meisten Bildungsinstitutionen – vom Kindergarten über die Schule bis in die Erwachsenenbildung – nahezu keine Rolle spielt und beschreibt die Hintergründe praxisorientiert und für jeden verständlich. In der Auseinandersetzung mit Erkenntnissen aus der Hirnforschung vermittelt er unkonventionelle Ideen und schildert, wie Erzieher, Eltern, Lehrer, Schüler, Schulleitungen, Politiker, Architekten, Trainer und Wissenschaftler die Lerntemperatur des gesamten Bildungssystems gemeinsam erhöhen können – kostengünstig und ganz ohne Revolution, aber mittels Innovation, Intuition und Emotion.

    Der Autor:

    Michael Kobbeloer, Autor, Vortragsredner und Trainer, erlebte das Bildungssystem aus allen Perspektiven: als Schüler, Schulversager, Schulverweigerer, Hausmeister, Erzieher, Student, Lehrbeauftragter an einer Universität, Studienreferendar, in Arbeitsgruppen des Kultusministeriums, als Studiendirektor und Leiter einer Fachschule sowie als Vater dreier schulpflichtiger Kinder. Nun ist er zum „Schulabbrecher geworden und hat seinen sicheren Beamtenjob an den Nagel gehängt. Mit seiner Firma emodaktik® begleitet er Kindergärten, Schulen, Leitungs- und Lehrkräfte auf dem Weg in ein zukunftsorientiertes Bildungssystem. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema „Emotionales Lernen und ist unter anderem zertifizierter Trainer für emotionale und erfahrungsorientierte Lernmethoden.

    Mehr Informationen zum Autor unter www.kobbeloer.de

    Meinen Kindern Maria, Jón und Smilla in der Hoffnung gewidmet, dass sie uns verzeihen, ihnen kein besseres Bildungssystem geboten zu haben. Vielleicht gelingt es uns gemeinsam für eure Kinder.

    Den Lehrkräften, Eltern, Schulleitungen gewidmet, die täglich trotz der fragwürdigen Rahmenbedingungen unseres Bildungssystems für gute Bildung kämpfen.

    Inhalt

    Vorwort: Fühlen Sie mit dem Autor!

    Bildung - alles Emotionen!

    These 1: Die gefühlte Temperatur des Bildungssystems ist eisig

    These 2: Emotionen erhöhen die Lerntemperatur

    These 3: Lernende verursachen den Lernkurzschluss im Kühlschrank

    These 4: Unterkühlung - Lehrende sind in emotionaler Gefahr

    These 5: Das Tiefkühlfach - Bildungsmanagement führt in emotionaler Kälte

    These 6: Eltern, wärmt eure lernenden Kinder!

    These 7: Lernräume sind kalt und emotionslos

    These 8: Emotionale Kompetenz ist die warmhaftige Schlüsselkompetenz

    These 9: Das Lernen von Anderen zu lernen - bedeutet den Stecker zu ziehen

    These 10: Der Lern-Kühlschrank muss abgetaut werden

    Fazit: Kälte raus - Emotionen rein

    Danksagung: Nicht ganz emotionslos

    Anmerkungen

    Literatur

    „Pädagogen und Kritiker

    haben die Welt

    nur verschieden umflogen,

    es ist Zeit zu landen!"

    Peter Sloterdijk

    Vorwort: Fühlen Sie

    mit dem Autor!

    Wir befinden uns im Zeitalter der Emotionen, dem „therapeutischen Zeitalter", das in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts begann. Gefühle sind ein Dauerthema geworden – nicht nur für Psychologen, sondern auch für Politiker, Manager, die Macher von TV-Serien, Marketing-Experten und Wissenschaftler.¹ Apple fragt in einem Werbevideo: „What do we want people to feel? Zur besten Sendezeit erzählte RTL „Die 25 emotionalsten Geschichten der Welt in einer 120minütigen Show. SAT1 bietet sogar einen eigenen „emotions-Kanal an. Es gibt „emotional banking-Seminare, in denen Bankmanager mit Legosteinen bauen, es gibt Bücher und Vorträge zum „Emotionalen Verkaufen und zum „emotional boosting mit der Botschaft, die plakativ unter „no emotions – no money vermittelt wird. Das heißt: Es gibt nur (Kauf-)Entscheidungen, an denen Emotionen beteiligt sind, selbst wenn es um Investitionen für Maschinen geht, die zweistellige Millionenbeträge kosten. Wird der Erfolgsfaktor „Emotionen in Kundengewinnungsseminaren behandelt, lernen Manager und Verkäufer die betriebswirtschaftliche Relevanz von Emotionen kennen und erfahren, dass mindestens 70 Prozent der Kaufentscheidungen emotional bedingt sind. Man nennt das auch Kundenbeziehungsmanagement. Und GEO wirbt für seine eMagazin-Version mit folgendem Slogan: „Was nützt ein Touchscreen ohne Inhalte, die berühren?"

    Die Bundeskanzlerin führte einen „Wohlfühlwahlkampf, sagte der stellvertretende ZDF-Chefredakteur Elmar Thevesen. Was man Fluggästen zum Verzehr anbieten will, wird in speziellen Kabinen, die das Raumklima in einem Flugzeug in 10 000 Metern Höhe simulieren, auf seine „emotionale Qualität getestet, weil das, was wir in der Luft essen, so schmeckt, als hätten wir einen Schnupfen. Auch im Hotelgewerbe versucht man, Stimmungen positiv zu beeinflussen. Unsere Sinne werden durch Düfte und Töne animiert. Und in den Konsumtempeln schaffen Verkäuferinnen eine ausgewogene Balance zwischen rationalen und emotionalen Argumenten für die Produkte. Sie sind in der Lage, unsere Emotionen zu entschlüsseln, und setzen sogar Berührungen bewusst und gezielt ein, was den Verkaufserfolg nachweislich erhöht. Wir alle lieben Emotionen in Casting- und Dschungelshows. Wenn wir im realen Leben und in der Schule schon nicht mehr emotional und körperlich berührt werden, dann wenigstens abends bei Chips und Bier vor dem Fernseher, im Flugzeug oder beim Einkaufen.

    Während Bankmanager wieder „spielen, ist das in der Schule nach wie vor verpönt, spätestens ab Klasse 3. Emotionen und unsere Sinne werden überall angesprochen, nur in der Schule nicht. Warum heißt es in der Bildung nicht längst „No emotions – no learning? Genau genommen müsste es sogar heißen: „No emotions = no school = no future".

    Interessant ist: Solange es nicht um die Kundenbindung geht, werden Emotionen in der Arbeitswelt und in der Schule immer noch als Zeichen von Schwäche ausgelegt und nicht gern gesehen. Erkennt man die Ergebnisse der Hirnforschung an, ist dies besonders verwunderlich. Es zeigt aber auch, wie stark uns unsere Sozialisation in frühester Kindheit prägte. Sprüche wie „Indianerherz kennt keinen Schmerz oder „Beiß die Zähne zusammen, Wörter wie „Heulsuse, „Weichei und „Warmduscher" sind immer noch in Gebrauch, wenn es um den täglichen Umgang mit Emotionen geht. Wer Gefühle zeigt, dem wird Schwäche unterstellt. Er soll sich beherrschen, weil Gefühle bei der Arbeit zu unterbleiben haben, und wird aufgefordert, rational zu handeln. Wer sich emotional verletzt fühlt, offenbart angeblich eingeschränktes Urteilsvermögen.

    Emotionen zeigen wir heute nur noch im Fußballstadion oder im Kino. Da weinen Männer und liegen einander in den Armen. Frauen schluchzen und greifen zum Taschentuch, wenn Hollywood zum Schlusssprung auf die Tränendrüsen ansetzt.

    Ich möchte Ihnen zwei Geschichten erzählen. Die erste stammt aus meiner Schulzeit, die zweite aus einem Vortrag von Ken Robinson, ein britischer Autor, der weltweit als Berater von Regierungs- und Nicht-Regierungsorganisationen tätig ist.

    Die erste Geschichte: Entmutigung und Ermutigung

    Ich war in der sechsten Klasse, und wir schrieben einen Aufsatz. Ich füllte viele Seiten, fühlte mich beflügelt, gab den Aufsatz ab und war mir sicher: Das wird auf jeden Fall ein „Sehr gut". Schon damals las ich gern und war Stammgast in der Bibliothek. Für mich gab es nichts Schöneres als eine Tasche voller Bücher, auf dem Rückweg am Kiosk vorbei, eine Tüte Bonbons – und dann ab nach Hause zum Lesen.

    Als wir den Aufsatz zurückbekamen, schaute ich erwartungsvoll auf die letzte Seite, wo immer die Note zu finden war. In roter Schrift stand da: „Mangelhaft, da ist wohl die Fantasie mit dir durchgegangen." Am liebsten hätte ich geheult.

    Ungefähr zehn Jahre brauchte ich, um dieses Erlebnis wieder in kreative Schreib-Energie umzuwandeln. Damals schrieb ich meine erste Reportage, einen Reisebericht für ein Motorradmagazin, die „Bikers News", das es heute noch gibt. Mein ehemaliger Chef auf Amrum, auch ein Lehrer, hatte mich dazu ermutigt. Noch heute schreibe ich mit Leidenschaft und verdiene mein Geld damit.

    Die zweite Geschichte: Wie sieht Gott aus?

    Ein Mädchen saß im Unterricht und malte. Es war sechs Jahre alt, saß ganz hinten und passte nur im Kunstunterricht gern auf, wenn es zeichnen durfte.

    Die Lehrerin fragte: „Was malst du denn?"

    Das Mädchen sagte: „Ich male ein Bild von Gott."

    Da sagte die Lehrerin lächelnd: „Aber es weiß doch niemand, wie Gott aussieht."

    Das Mädchen antwortete: „Warten Sie es ab, gleich wissen Sie es."

    Kaum ein Thema ist emotional so besetzt wie das Thema „Bildung und Schule". Dennoch ist die Bedeutung von Emotionen kaum einem Pädagogen wirklich bewusst.

    Wir können zwar alle mitreden, viele von uns waren im Kindergarten, und wir alle waren in der Schule. Jeder von uns kann Geschichten aus seiner Schulzeit erzählen. Das sollten wir auch tun, denn diese Geschichten verdeutlichen am besten, was bleiben kann und was sich im Bildungssystem verändern muss.

    Die Hierarchie der Bildungsinhalte sollten wir grundlegend überdenken. Rechnen, Lesen und Schreiben müssen auf die gleiche Stufe gestellt werden wie Kreativität. Kunst, Musik und Sport gehören nicht ans Ende der Bildungs-Nahrungskette. Mehr noch: „Wer den Musikunterricht kürzt, der gefährdet die innere Sicherheit", sagte der ehemalige Bundesinnenminister Otto Schily. Da ist unsere innere Sicherheit wohl akut in Gefahr.

    Mein Thema

    Auf das Emotionale Lernen kam ich, als ich merkte, dass ich im Fach „Bewegungserziehung" mehr über meine Schülerinnen und Schüler erfuhr als die Kollegen in anderen Unterrichtsstunden. Die jungen Leute agierten deutlich intensiver und emotionaler, wenn ich sie im Sportunterricht mit bestimmten Problemen konfrontierte.

    In kooperativen Sportspielen oder anderen Bewegungssituationen kommen Emotionen zum Zuge, ohne dass uns das bewusst wird, weil nicht nur der Kopf gefordert ist, sondern der ganze Körper in den Lernprozess eingebunden ist. Der Körper ist dann nicht nur der Transporteur des Lern- Kopfs, sondern Bestandteil des ganzheitlichen Lernprozesses.

    In Konferenzen und bei Besprechungen merkte ich, dass mir aufgefallen war, was den Kollegen entgangen war, zum Beispiel ein starker Konflikt zwischen einer Schülerin und einem Schüler, die im Klassenraum so weit entfernt voneinander saßen, dass sie einander nicht ansehen mussten und sich aus dem Weg gehen konnten. Im Sportunterricht hingegen…

    Solche Erfahrungen brachten mich schon vor Jahren zu der Überlegung, wie man Lernprozesse emotionaler gestalten könnte. Schaltet man zum Beispiel den Sehsinn aus, sind tiefe, ganzheitliche und emotionale Erfahrungen möglich. Um das auszuprobieren, entwickelte ich das Spiel „Blindball", und es zeigte sich, dass die Teamfähigkeit, die Sozialkompetenz und die Personalkompetenz wächst, wenn man mit verbundenen Augen Basketball spielt. Diese Herausforderung ermöglicht es nämlich, Kommunikationsstörungen oder auch andere Verhaltensweisen darzustellen, die der Teamentwicklung entgegenstehen. Um mich auf diesem Gebiet zu qualifizieren, machte ich später eine Ausbildung zum Trainer für emotionale und erfahrungsorientierte Lernmethoden.

    Was ich erreichen möchte

    Mit diesem Buch möchte ich Sie auf neue Gedanken bringen. Damit das gelingen kann, brauchen wir einen angenehmen Rahmen. Setzen Sie sich bequem hin, legen Sie die Beine hoch, gießen Sie sich eine Tasse Tee oder einen Kaffee ein, kurz: Lassen Sie es sich gut gehen bei der Lektüre. Sitzen Sie in einem Café oder Lesesaal, dann lächeln Sie Ihr Gegenüber mal an. Sie werden sehen, was für ein emotionales Wunder das auslöst.

    In diesem Buch erfinde ich das Lern-Rad nicht neu, sondern nehme eine andere Perspektive ein und versuche, Theorie mit Erfahrung zu verknüpfen. Darüber hinaus vertrete ich einen im Schulsystem noch sehr selten zu findenden Ansatz – den der systemischen Schulpädagogik. Dieser Ansatz stellt – vereinfacht gesagt – das Denken und Verhalten aller am System Schule Beteiligten in einen Rahmen und betrachtet das komplexe Wechselspiel als Basis für Lehr- und Lernprozesse. Der systemische Ansatz hat sich in der Organisationsentwicklung, der Supervision und der Beratung bewährt.² Er ist die Basis dieses Buches.

    Mehr als 2 400 Stunden verbrachte ich im Kindergarten, 12 000 Stunden an allgemeinbildenden Schulen und mehr als 3 000 Stunden an berufsbildenden Schulen. Abziehen muss ich die Stunden, in denen ich vor der Klassentür auf dem Flur hockte oder vom Lehrer in einen Extra-Raum gesperrt wurde, weil ich nicht stillsitzen konnte. Später war ich rund 3 000 Stunden als Hausmeister tätig und arbeitete als Erzieher fast 10 000 Stunden mit verhaltensoriginellen Jugendlichen. Mehr als 7 000 Stunden verbrachte ich an der Universität, hörte all den Professoren zu, deren Weisheit mich nur selten überzeugte, unterrichtete dann selbst in mehr als 10 000 Stunden und hoffe, meine Zuhörer besser unterhalten zu haben. Als Leiter einer Fachschule für Sozialpädagogik musste ich in wenigen Jahre dermaßen viele sinnlose Reformvorschläge und Verordnungen umsetzen, dass ich mir heute das Recht herausnehme, aus der Theorie und meinen praktischen Erfahrungen Konsequenzen zu ziehen.

    In den letzten vier Jahren gab das Bildungsministerium rund 500 Millionen Euro – und damit die Hälfte der Beratungskosten aller anderen Ministerien – für externe Beratung aus. Da stellt sich die Frage: Warum kommt so wenig heraus? Werden diese Summen womöglich immer größer, weil es immer schwieriger und deshalb teurer wird, die falsche Politik trotz all der objektiven und seriösen Ergebnisse von Studien, die den desaströsen Zustand des Bildungssystems belegen, zu legitimieren? Für dieses Geld könnte man jährlich rund 1 800 Lehrer oder mehr als 2 500 Erzieherinnen zusätzlich einstellen.

    Halten wir fest, was die Studien nachweisen: Schülern, Eltern, Lehrern und Schulleitungen geht es schlecht im Bildungssystem³, und keine Regierung änderte das bisher.

    Warum kippt das System nicht? Weil selbst ein schlechtes System auf vier gleichinstabilen Beinen immer noch steht. Politik, Gesellschaft und Unternehmen üben den Druck aus, der das wacklige Gebäude zusammenhält und den die oben Genannten aushalten müssen.

    Damit Sie mich richtig verstehen: Es geht mir nicht um eine Reform des Bildungswesens. Etwas zu reformieren heißt: Da klemmt etwas, kann aber repariert werden. Bei unserem Bildungswesen reicht das nicht aus, sondern ist Flickschusterei. Wir müssen die Ressourcen und Talente unserer Kinder erkennen und ihnen die Möglichkeit geben, sie für sich zu entdecken und zu entfalten. Die Vielfalt dieser Ressourcen und Talente ist der wichtigste Rohstoff unserer Gesellschaft.

    Mit meinem Buch möchte ich Sie aus dem Kompetenzgleichgewicht bringen, das die Fachliteratur Ihnen vorgaukelt. Fachwissen ist gut und schön, bewirkt aber nichts, wenn sich das System nicht verändert. Dies setzt voraus, dass wir die Welt neu sehen, Gelesenes mit Bekanntem verknüpfen und schießlich eine neue Haltung entwickeln. Das ist der Beginn.

    Mein Buch beschreibt keinen neuen Trend, der ein Jahr lang für Furore sorgt und dann verschwindet. Es basiert auf Erkenntnissen aus der Hirnforschung und der Lehrlernforschung, wagt aber darüber hinaus einen erfahrungsorientierten Blick über den Tellerrand des Biotops „Bildungssystem", denn Lernen schließt ein, von anderen Disziplinen zu lernen. Es unternimmt den Versuch, auch in der Schule Logik bewusst mit Gefühlen zu verbinden, denn: Bevor der Mensch denkt, fühlt er. Anders geht es nicht. Allerdings verzichte ich weitgehend auf unnötige Fachbegriffe und bemühe mich, schwierige oder komplexe Zusammenhänge möglichst einfach zu erklären, denn ich möchte nicht nur pädagogische Profis, sondern auch Eltern und andere an Bildung interessierte Menschen erreichen.

    Den Begriff „Emotionales Lernen benutze ich, weil Emotionen im Lernprozess eine so große Bedeutung haben. Eindrucksvoller klingen vielleicht Neurodidaktik, Neurobiologie oder hirngerechtes Lernen, zumal der Begriff „Emotion hierzulande leider immer noch negativ besetzt und fast ein Tabu ist. Emotionen wurden und werden oft mit Unkontrolliertheit gleichgesetzt, obwohl Daniel Golemann mit seinem Buch „Emotionale Intelligenz" schon eine Bresche für den Wandel schlug und aus neurowissenschaftlicher, pädagogischer, didaktisch-methodischer und lernpsychologischer Sicht begründete, warum Emotionen so wichtig sind.

    Stellen Sie sich vor, Sie wollen für Ihre Familie ein Haus bauen, planen mit einem Architekten und einem Bauingenieur, der Bau beginnt, das Haus wächst, aber plötzlich fällt Ihnen auf, dass die Haustür fehlt. Wer ist dafür verantwortlich? Die Maurer? Nein, sicherlich nicht. Eher der Architekt und der Bauingenieur, also diejenigen, die die Planungen ausführten. Vielleicht auch der Chef der Baufirma. Oder Sie, weil Sie bei den Planungen nicht genau hinguckten, sondern den Fachleuten vertrauten. Die Maurer konnten wirklich nichts dafür.

    Aber im Bildungssystem sind immer die Maurer – also die Erzieherinnen oder Lehrer – für die Probleme verantwortlich. Sie stehen zuerst in der Kritik, obwohl die meisten Probleme Planungsfehlern geschuldet sind, die auf anderen Ebenen gemacht wurden.

    Im Bildungs-System sind – genau genommen – alle verantwortlich, die dazugehören. Schaut man sich jedoch Diskussionen mit den Vertretern der verschiedenen System-Bereiche an, geht es selten um die Sache, sondern darum, wer zuerst etwas gesagt, erkannt oder erforscht hat. Wie im Sandkasten: „Ich hatte die Schaufel zuerst! Nein, ich!" Und dann wird mit Sand geworfen…

    Es geht nicht darum, wer etwas gesagt hat, sondern darum, wer etwas getan, verändert und dadurch verbessert hat. Die Erfolgsquote der meisten Experten ist mager, misst man sie daran, ob sie die Politik überzeugen und nachhaltige Veränderungen einleiten konnten.

    Kindergarten und Schule sind starre und komplexe Systeme, anders als die Fort- und Weiterbildung. In der Schule gibt es das Lehrer-Schüler-Verhältnis, das Schulleitung-Lehrer-Verhältnis, das Lehrer-Lehrer-Verhältnis, das Landesschulbehörde-Schulleiter-Verhältnis und das Lehrer-Eltern-Verhältnis. Ähnliche Beziehungen lassen sich im Kindergarten ausmachen. Im Fokus des öffentlichen Interesses, in nahezu allen Büchern und Studien stehen aber das Lehrer-Schüler-Verhältnis und das Erzieherin-Kind-Verhältnis. Die anderen systemischen Beziehungen werden höchst selten betrachtet, obwohl sie alle zusammenhängen.

    Auf dem Beziehungskonto jedes Beteiligten stehen emotionale Faktoren wie Vertrauen, Wertschätzung und gegenseitiger Respekt. Wie bei einem Bankkonto gilt auch hier: Wer nichts einzahlt, kann auch nichts abheben.

    Unsere Gesellschaft – allen voran die Kultusministerien – hat jahrelang vom Beziehungskonto der Erzieherinnen und Lehrer abgehoben, oft ohne einzuzahlen. Jetzt wundert man sich, dass die Erzieherinnen und Lehrer Konkurs anmelden, weil sie emotional ausgebrannt sind.

    Die Probleme, die Lehrende und dadurch auch Lernende haben, sind Probleme des Systems, an denen letztlich jeder Einzelne seinen Anteil hat. Gibt es viele Probleme und sind viele Menschen an dem System beteiligt, dann gibt es viele „Symptomträger". Das gilt übrigens nicht nur für Probleme, sondern auch für den Erfolg oder Fortschritt.

    Das Hauptproblem unseres Bildungssystems sind die systemdynamischen Prozesse.

    Systemisch zu denken heißt, nicht mehr in den Kategorien „Richtig und „Falsch, „Gut und „Böse, „Unschuld und „Schuld zu denken. Kinder und Jugendliche sind schuld, weil… Die Lehrer sind erst recht schuld, weil… Doch das Problem sind nicht individuelle Fehler, und es steckt auch keine bösen Absicht dahinter, sondern ein System.

    In erfolgreichen Wirtschaftsunternehmen ist es undenkbar, den „Faktor" Mensch nicht zu beachten. Zwar steht der Kunde im Fokus, kann aber nur gut bedient werden, wenn die Mitarbeiter zufrieden, gesund und leistungsstark sind, wenn sie sich emotional wohl fühlen.

    In vielen Betrieben wurde die Fließbandarbeit abgeschafft, weil die Mitarbeiter sozial isoliert waren, und durch Teamarbeit ersetzt. In der Schule hingegen arbeitet der Lehrer allein und ist Einzelkämpfer am „Bildungsfließband". Oder würden Sie einen Unterrichtstag von acht Stunden, nahezu ohne Pausen und ohne Rückmeldungen anders nennen? In jedem Unternehmen würde der Personalrat auf die Barrikade gehen. In Kindergarten und Schule haben wir uns daran gewöhnt.

    Haben Sie schon mal erlebt, dass Lehrer einander loben? Und wie oft loben Schulleiter die Lehrer? Wie auch? Sie wissen ja nicht, was der andere macht – allein in seinem Klassenraum.

    Allen neuen Forschungen zum Trotz – es wird sich nur etwas ändern, wenn sich das System Schule dieser Probleme bewusst wird, alle Beteiligten als Lernende betrachtet und für deren Motivation sorgt. Mit Lob und Anerkennung ebenso wie mit mehr Geld und Beteiligung am Erfolg.

    Die Hirnforschung und das System

    Was die Bedeutung des emotionalen Lernens betrifft, wird die Hirnforschung ihren eigenen Erkenntnissen oft nicht gerecht. Inhalte werden per Text und allenfalls Bild vermittelt – alle anderen Sinne werden nicht angesprochen. Die eigenen Regeln und Gesetze für emotionales Lernen werden also nicht eingehalten. Versucht man, anderen Menschen die Funktion des Gehirns und deren Bedeutung für Lernprozesse zu erklären, muss man sich dabei an den Erkenntnissen der Hirnforschung orientieren, sprich: Man muss diese Erkenntnisse anwenden.

    Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich mich nicht an den teils sinnlosen Streitereien der Erziehungswissenschaftler, Psychologen und Neurowissenschaftler beteiligen will. Ich wehre mich gegen die Neuro-tisierung der Gesellschaft in Neurodidaktik, Neuromarketing, Neuromanagement, denn wir sind mehr als die Verschaltung unseres Gehirns, bestehen aus Fleisch und Blut. Dass wir fühlen, zeigt sich auch körperlich.

    Jeder meint, als Schulexperte mitreden zu können, weil er mal Schüler war. Die meisten Eltern meinen, Experten für Erziehung zu sein, weil sie Kinder haben und selbst Kinder gewesen sind. Das ist das Problem der Pädagogik.

    Auch einige Hirnforscher geben an, Pädagogen zu sein, obwohl sie kein Pädagogikstudium absolvierten. Komisch! Ich bin doch kein Ingenieur, weil ich Auto fahre, kein Hirnforscher, weil ich ein Gehirn habe, und kein Bäcker, weil ich mal ein Brötchen aufgebacken habe.

    Aber Pädagogik kann jeder?

    Ausstieg und eine Einladung zum Einstieg

    Vielleicht habe ich all meine Bildungserfahrungen nur gemacht, um Erkenntnisse für dieses Buch zu gewinnen. Ich beschreibe meine Sicht, meine Komposition wissenschaftlicher Ergebnisse und praktischer Erkenntnisse. Ob Sie diese Sicht teilen oder nicht – beginnen Sie eine Diskussion im Rahmen Ihrer Möglichkeiten – egal, ob Sie Mutter, Vater, Erzieherin, Lehrer, an anderer Stelle oder überhaupt nicht im Bildungssystem tätig sind. Es geht um nichts Geringeres als die Zukunft unserer Gesellschaft und die Gestaltung des 21. Jahrhunderts.

    „In einer Welt, die all ihre Vorschriften und jeden Kram gegen meine Ohren dröhnen lässt, in einer Welt, die mir jeden Tag größere Erkenntnisse, größeres Gemüse, größere Armeen bringt, habe ich Hunger, brauche ich Nahrung. Ich habe Hunger nach etwas, das weder kleiner noch größer wird, nach etwas, das einfach kein Ende hat. Dieses ‚Etwas‘ nenne ich – in Ermangelung eines anderes Wortes – das innere Leben, schrieb Jacques Lusseyran in seinem Buch „Das Leben beginnt heute. Dieses „innere Leben" setze ich mit der Vielfalt an Emotionen gleich, die uns als Menschen ausmacht und unser Leben bereichert.

    Wenn Sie dieses Buch in Ihren Händen halten, bin ich schon nicht mehr Studiendirektor und Leiter einer Fachschule. Ich bat im Januar 2014 um meine Entlassung als verbeamteter Lehrer mit hohem und sicherem Einkommen. Meine Haltung entsprach nicht mehr dem, was sich an der Schule tat und wie die Mitarbeiter geführt wurden, mein Potenzial und Engagement drohten, in einem Prozess „vom Gestalten zum Verwalten zu verkümmern. Ich finde nämlich, Bildung muss stärker gestaltet als verwaltet werden – sonst würde es ja „Verwaltung heißen.

    Mir geht es eher wie Jürgen Zimmer, der im Vorwort seines Buches „Das halb beherrschte Chaos schreibt: „Ich hatte nie Lust, mich dauerhaft auf ein Spezialistendasein in der eigenen Zukunft einzulassen, ich ließ mich nur ungern ins ‚Museum Schule‘ einsperren und halte den Campus einer Hochschule nicht für ausreichend geeignet, Studenten auf das halb zu beherrschende Chaos vorzubereiten. Mir war und ist das überraschende Draußen lieber als das verwaltete Drinnen.

    Lassen Sie uns über „das halb beherrschte Chaos" diskutieren. Ich freue mich auf Ihre Zuschriften unter michael@kobbeloer.de oder im Blog auf www.emotionales-lernen.de.

    Aufgrund der uneinheitlichen Geschlechterverteilung im gesamten Bildungssystem wurde bewusst auf eine einheitliche Schreibung der männlichen bzw. weiblichen Form verzichtet. Es sind immer beide Geschlechter gemeint.

    Ihr Michael Kobbeloer

    Januar 2014

    „Und der Mensch heißt Mensch

    Weil er vergisst,

    Weil er verdrängt

    Und weil er schwärmt und stählt

    Weil er wärmt, wenn er erzählt

    Und weil er lacht,

    Weil er lebt

    Und der Mensch heißt Mensch

    Weil er irrt und weil er kämpft

    Und weil er hofft und liebt,

    Weil er mitfühlt und vergibt"

    Herbert Grönemeyer

    Bildung -

    alles Emotionen!

    Ich habe einen Traum: Es gibt einen Gefühlsscanner in Bildungseinrichtungen – und zwar in jeder. Egal,

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