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Wie ich 10 Tausend Menschen nahe kam
Wie ich 10 Tausend Menschen nahe kam
Wie ich 10 Tausend Menschen nahe kam
eBook983 Seiten9 Stunden

Wie ich 10 Tausend Menschen nahe kam

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Über dieses E-Book

Ein Ratgeber, eine Biografie, ein besonderes Leben. "Wie ich 10 Tausend Menschen nahe kam" beschreibt in 180 einzigartigen Fällen 180 verschiedene Wege, wie der Hamburger Unternehmer Rafael Robert Pilsczek in die Herzen von 10 Tausend berühmter und besonderer Menschen in seinem bisherigen Leben reiste. Seien es amerikanische Oscar-Preisträger wie Halle Berry, deutsche Pop-Stars wie Thomas D. oder der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder, seien es Junkies oder Großmütter in Moskau und andere erwähnenswerte Menschen aus seinem Leben. Der Autor, ein starker Gegenvertreter zur gleichaltrigen Pop-Generation in Deutschland, hat an verschiedenen Orten auf verschiedenen Kontinenten Menschen getroffen, die ihm durch seine unverwechselbare Art, auf Menschen einzugehen, nah wurden. Das Büchlein, wie der ehemalige Qualitätsjournalist und heutige PR-Unternehmer sein Opus Magnum nennt, geht zu den Menschen, die arm und reich sind, einfach und besonders, schräg und beeindruckend, denen er im jeden Fall alle im Verlauf seines 45-jährigen Lebens auf die eine oder andere Weise nah kam. Das lehrreiche und zugleich bewegende Werk des Hamburgers formuliert darin die unvergleichliche Formel dazu, groß darin zu sein, Herzen aller Menschen zu aller Zeit an jedem Ort dieser Welt für sich zu gewinnen.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum12. Feb. 2015
ISBN9783738668599
Wie ich 10 Tausend Menschen nahe kam
Autor

Rafael Robert Pilsczek

Der Schriftsteller und Maler Rafael R. Pilsczek, Jg. 1968, schaut in seinen Werken stets in das Leben einzelner Menschen und zieht daraus Schlüsse auf das Leben selbst. Ein bewusster deutscher Europäer, in jungen Jahren Reporter und Journalist, der in fast allen renommierten Medien veröffentlicht hat, zieht der Autor ununterbrochen hinaus in die nahe und weite Welt, um ausgehend von seinen Erlebnissen mehr zu erzählen als von Einzelteilen des Lebens selbst. Studierter Philosoph sowie Literatur- und Politikwissenschaftler, war der Autor auf vielen Feldern erfolgreich. Er hat bislang zwölf Bücher veröffentlicht: Das Fachbuch "Mehr Sein als Schein" (2013), "Wie ich 10 Tausend Menschen nahe kam" (2014), "Friedenskinder" (2015) sowie das Theaterstück "Kriegskinder" (2016). In dem Doppelwerk "Meine West End Story" (2017-2019)) gibt er umsichtige Antworten auf die wohl wichtigste Frage dieser Epoche, ob der Westen an sein Ende gekommen ist. Im Gedicht- und Liederband "Groß werden" (2018) wiederum variiert er das Thema Älter-werden. Der Roman "Mai. Ein junger Mann, der nicht zu halten war" (2019) beschreibt die turbulente Welt nach dem Mauerfall. In seinem Briefroman "Die Anglerin" (2020) erzählt die alte Professorin Renate Szymanski aus ihrem bewegten Leben. "Lance und Joffe. Eine Heldengeschichte" (2021) ist die Familiengeschichte der Biermanskis über drei Generationen und eine Vision davon, wie es wieder Helden in Deutschland bräuchte. Im Thriller "Billie B. Shelter" (2021) schickt der Autor eine mutige Bloggerin nach China, wo sie im Gefängnis ihren Glauben an sich selbst und ihre große Liebe nicht verliert. Sein bislang letztes Buch, der Erzählroman "An der Bar von Rufus" (2022), feiert die Freundschaft unter drei Männern, die wie durch Zufall während einer Kreuzfahrt nach New York aufeinander treffen. Rafael R. Pilsczek, geboren am linken Niederrhein, lebt seit Jahrzehnten in Hamburg. Lesungen führen den Autor seit Jahren durch ganz Deutschland und bis nach Amerika.

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    Buchvorschau

    Wie ich 10 Tausend Menschen nahe kam - Rafael Robert Pilsczek

    2014)

    Vorwort

    Vorwort

    Eine Reise zu den Menschen

    Von Sven Lehmann

    Das vorliegende Buch handelt von einem, der auszog, den Menschen zu lieben. Daraus ist ein bunter und unterhaltsamer Strauß von Berichten über Begegnungen aus fünf Jahrzehnten geworden. Freuen Sie sich auf ein kurzweiliges Lesevergnügen von in sich geschlossenen Erlebnissen, davon jedes einzelne ein Unikat, also eine einzigartige Begegnung mit Menschen wie Sie und ich.

    Was für eine wunderbare Vorstellung ist es, die Begabung zu haben, unvoreingenommen, mutig und respektvoll auf fremde Menschen zuzugehen und diese dann auch noch für sich gewinnen zu können. Folgen Sie dem Autor dieses Buches auf seiner Reise zu 10 Tausend Menschen, die er vorher in seinem Leben nicht gekannt hatte – und Sie werden Menschen und Begegnungen kennenlernen, die Rafael Robert Pilsczek nicht mehr missen möchte.

    Dabei ist der Autor kein Menschenfänger im klassischen Sinne, der zu einem Zweck Menschen sammelt, sondern er ist ein zweckloser Sammler von Menschen und der Nähe zu ihnen – und er ist das, was viele sein wollen: Er ist tatsächlich: ein Netzwerker. Wichtig ist ihm, die Menschen, die er traf, und die, die er trifft, nicht zu instrumentalisieren zu einem geschäftlichen, politischen oder anderem kühlen Zweck, sondern sie zu lieben, die Menschen, so wie sie sind, ihnen dabei aufmerksam zuzuhören und von ihnen direkt und nachhaltig zu lernen. Das ist seine Persönlichkeit, sein Wesen. Jede Begegnung, die er erlebt und geschaffen hat, sorgt dafür, ihn und oft auch sein Gegenüber zu bereichern und in irgendeiner Weise weiter zu entwickeln.

    Das Folgende kennen Sie bestimmt: Auf einer Party, in der Bahn, auf der Straße oder einfach den Umständen geschuldet treffen Sie auf jemanden, von dem Sie glauben, es könnte sich lohnen, genau diesen Menschen anzusprechen, mit ihm in einen Dialog zu treten, vielleicht sogar in einen Diskurs, der von da ab ein Leben lang oder zumindest eine Zeit lang andauern könnte. Aber Sie tun es nicht, vermutlich, setzen den Plan, diesen Menschen einfach mal anzusprechen, nicht um. Warum? Das will ich ein wenig diskutieren. Warum wir Menschen kennenlernen könnten, es gleichwohl nicht häufig tun.

    Ist es nicht die Essenz des Menschen, dass er zur verbalen Kommunikation fähig ist? Warum also nutzen wir diese Fähigkeit so selten, um in der Kommunikation neue Menschen kennenzulernen, die unseren Horizont erweitern, unserem Leben gar eine andere Richtung geben könnten, einen neuen Weg, einen neuen Pfad? Wäre es nicht wirklich schön, wie der Autor dieses Buches, jeden Tag loszuziehen und tatsächlich jeden Tag eine neue Begegnung aus und in der Nähe anzustreben? Daraus ergäbe sich, wäre es ein fortdauerndes Projekt von knapp 30 Jahren, dass auch wir 10 Tausend Menschen für die Ewigkeit kennengelernt hätten, so, wie es der Autor dieses Buches gemeistert hat. Das „RRP-Projekt läuft noch, ich weiß es von ihm, ein Projekt, das ihm ganz natürlich erscheint und anderen, wie mir, besonders erscheint. Und ich gehe gerne davon aus, dass sein Projekt, „System RRP bis zu seinem Lebensende fortbestehen wird. So ist er halt.

    Folgen wir ihm auf den Spuren seines bisherigen Lebens – von seiner Kindheit bis in die Gegenwart und mit Ausblicken in die Zukunft. Reisen wir mit ihm in die Länder dieser Erde, zu den Menschen, zu Begegnungen, die diese Welt lebenswert machen. Seien wir Gast auf seinen beruflichen Stationen, lernen wir seine Freunde und Feinde kennen. Tauchen wir ein in seine Gedankenwelt und seine Reflektionen, wenn er in Los Angeles oder in Berlin, in Afrika oder seiner Heimat am linken Niederrhein unterwegs ist und geduldig seine Netze auswirft, wie ein Fischer in alten Tagen, der seinem Beruf und seiner Berufung nachgeht.

    Schauen Sie ihm über die Schulter und lernen Sie in diesem Ratgeber, wie man Menschen nahe kommt, wie es geht, Menschen nahe zu kommen, denn es ist nicht wirklich schwer, man muss es halt nur tun WOLLEN. Und dies ist vermutlich der Schlüssel zu seinem Schaffen: Er hat es getan, weil er es tun wollte. Ich selbst habe ihn jetzt fünf Jahre lang erlebt, wenn er sich aufmacht, den nächsten Menschen zu erreichen. Es gelingt freilich – ganz klar – nicht immer, nicht jeder will, nicht jeder kann. Manches Entstandene zerbricht gleich wieder oder einige Zeit später vielleicht. Aber, gemessen an den vielen guten Begegnungen, die die Summe von Begegnungen ausmachen, wissen wir: Das gehört dazu. Rafael Robert Pilsczek ist natürlich nicht perfekt und immer erfolgreich in seinem Tun, Menschen nahe zu kommen, gleichwohl ist er erstaunlich beharrlich und vielleicht relativ einzigartig darin.

    Das ist die Essenz meiner Meinung nach in seinem bisherigen Leben: das beharrliche, stete und unaufhörliche Wollen, Menschen nahe zu kommen.

    Dabei ist der Buchautor selbstredend auch ein Getriebener, in sich voller Selbstzweifel und täglich spürbaren Versagensängsten, wiewohl vor allem eben auch immer voller Nächstenliebe und voller Anteilnahme. Wer ihn als Mensch kennenlernt, als Freund gewinnen kann, dem ist es, und das sage ich mehr stark als vorsichtig, viel wert, ihm nahe zu sein.

    Ich selbst, der mit ihm manche besonderen Momente erleben durfte, darunter auch einfache Momente des Alltages, empfehle, einen genauen, präzisen Blick in sein Geleitwort zu werfen. Sein Vorwort bitte ich zu lesen, ob wir es als einen Text der Einstimmung verstehen auf das Buch oder im Rahmen seiner Beschreibung von Vorurteilen verstehen, die entstehen, wenn man sich nahe kommt. Sein Vorwort birgt nämlich auch die Zerrissenheit eines Menschen, kommt auf den durchaus schmerzlichen Punkt für einen, der auszog, Menschen liebevoll zu begegnen, und dafür Kraft, Mut und Respekt hat und sich trotz Enttäuschungen nicht vom Prinzip des Menschen-näher-Kommens entfernen möchte. Rafael Robert Pilsczek will es so, will so sein Leben gestalten, er kann es tatsächlich und er hat es tatsächlich gemacht, immer und immer ist er ausgezogen, Menschen als Mensch zu begegnen.

    Was macht nun, um zum Schluss meines Vorwortes zu kommen, diesen unbestechlichen Reiz für jemanden aus, immer wieder loszuziehen und neue Kontakte, neue Lieben, neue Freundschaftsbande, neue Interessengemeinschaften usw. in einem fast schon weltweiten Netz an Menschen zu knüpfen? Beantworten kann dies am Ende nur jeder selbst für sich; ich glaube fest daran: Es ist der permanente Diskurs unter Menschen dieser Zeit über die großen Themen jeder Zeit, die den Menschen, und insbesondere den Autor, an dieser Stelle antreibt – seien es große und schwierige Themen wie Krieg und Frieden, das ewige Thema des Menschen an sich, die Liebe zu anderen und zu sich, oder das Thema „Freundschaft", und es ist das schwierigste Thema von allen, und, ja auch der Tod spielt eine bedeutende Rolle, wenn wir verstehen wollen, wie jemand tickt. Auch Rafael Robert Pilsczek leitet sein Verhalten vom Ende des Lebens heraus ab und bestimmt sein Leben vom Tode her nach vorn. Das Vordringen zum Wesen der Dinge und gespiegelt in zehntausendfacher Variation stellt, es fällt mir kein anderes Wort ein, einen großen Schatz dar, den zu heben sich Rafael Robert Pilsczek in seinem Leben aufgemacht hat.

    Ich durfte als ein Freund in der Stadt Hamburg, die er als seine Heimat beschreibt und in der er sich nach zwanzig Jahren des Eroberns doch wieder wie in einem Dorf vorkommt, ich durfte in den Genuss kommen, einer seiner Zehntausend zu sein – und seitdem habe ich andere aus seiner Schatztruhe, aus seinem Netzwerk kennen und lieben gelernt – und mit ihm Menschen ausgehoben, die in der Schutztruhe waren, sind oder vielleicht sein werden.

    Er wird weitermachen wie ehedem, trotzig und unbeirrt, so kenne ich ihn. Tun wir es ihm gleich: Begegnen wir Menschen auf diese Weise, in Liebe. Und nehmen wir sie so, wie wir alle im Grunde sind: Menschen, die sich freuen, wenn andere freundlich zu ihnen sind, und Menschen, die sich freuen, wenn ihnen ohne Annahme und ohne großes Vorurteil begegnet wird.

    Viel Vergnügen beim Lesen wünscht Ihnen

    Sven Lehmann

    Vorurteile, ein Vorwort, ein Scheitern

    Maß und Mäßigung, wo es nur geht, für den, der Menschen nahe kommt

    Von Rafael Robert Pilsczek

    Vom Versuch, ein Vorwort zu meinem Büchlein „Wie man 10 Tausend Menschen nahe kommt" wie in den alten Tagen hinzukriegen, als Schreiberinnen und Schreiber noch Buchstabe für Buchstabe, Wort für Wort auf weißes Papier brachten und Ruhe und Zeit sich nahmen, Wörter zu finden, für das, was ist.

    Die Dichterinnen und Dichter in den alten Tagen brachten mit einem Stift und mittels ihrer Handschrift kluge Gedanken gemächlich auf das Papier und wussten, dass der Versuch eines Vorwortes scheitern wird. Ich schreibe nicht mehr gerne mit der Hand. Ich schreibe an einem Laptop. So ist es anders. Und vielleicht noch schwieriger, klug zu schreiben. Damals – wie für mich heute – wussten Dichterinnen und Dichter um die Herausforderung, ein Vorwort zu schreiben, WEIL sie ihr Buch als GANZES damit beschreiben mussten, obgleich sie noch in den TEILEN des ganzen Buches gefangen waren.

    So war es mit dem Vorwort für viele unter ihnen in den alten Tagen, so dass manche Dichterin und so mancher Dichter tatsächlich das Bemühen, das Ganze in ein vorangestelltes Vorwort zu fassen, sie in kurzen und längeren Momenten des Verfassens so etwas wie...

    ...umbrachte.

    Heute geht es ja so flott mit den beleuchteten Tastaturen. Also, bremsen, runterfahren die Maschinerie, Langsamkeit als Modus wählen, möglichst gemächlich schreiben, so, als ob es keinen Morgen mit der Pflicht und des Tempos des modernen globalisierten Lebens gäbe, den ersten Gedanken verwerfen, den zweiten Gedanken schmecken, den dritten Gedanken vielleicht zu Ende formulieren, auf jeden Fall möglichst klug denken, in Ruhe...

    ...in Ruhe denken. Denken hilft.

    (Und, naja, heute ist zumindest noch kein Tag zum Sterben.)

    (Du merkst, es wird ausschweifend und schwierig, naja, du musst es ja nicht lesen müssen, du musst es lesen wollen. Wer kann das noch? Willst du mich lesen? Willst du ein Begleiter werden, ein Mensch, der mir nahe kommt, a Mensch, wie es das Jiddische so schön sagt, der freiwillig Gedanken folgt. Was bleibt schon für den, der Menschen nahe kommen will... Begleitung. Komm, und lies.)

    Tauche ein in eine Welt von 10 Tausend Menschen, denen ich nahe kam und die ich vor allem mit Dankbarkeit in meinem Herzen trage...Also, auf geht´s.

    Es ist der Sinn von Schriftstellern und damit auch von mir, dir alles zu erzählen, was ich dir immer bereits erzählen wollte. Das funktioniert gleichwohl nie, wenn man ein Büchlein schreibt. Und in einem Vorwort zu erläutern, was das Büchlein bringen soll, scheitert deswegen, weil das Vorwort dem Buch vorangestellt ist – aber ein Buch sich erst in seinen Texten zeigt, nicht im Vorwort. Also, mein Vorwort ist lediglich ein Versuch, im ganzen Bewusstsein vermutlich zu scheitern, ernsthaft, tief und breit zu erklären, warum ich dieses Büchlein schrieb, wie es entstanden ist, wo die Inhalte herkommen, wer die anderen sind und wer ich bin. In der Akzeptanz des eigenen Scheiterns gleichwohl wünsche ich viel Freude an meinem Vorwort, das ich Vorurteil nennen will, da in jeder Form der Kommunikation, sei sie kurz oder lang, das richtige Urteil unmöglich ist für den, der sich kennt und weiß, dass hierbei alles vage und irrig und wenig wahrhaftig ist: Also ist es Vorurteil, nun im Vorwort davon auszugehen, dass ich mehr weiß über die Personen, über die ich in diesem Büchlein schreibe. Es bleibt Bruchstück, Mangel, Abbruch, eine Ecke, eine Kante, kein Ganzes.

    Nun Hand aufs Herz: Ich schildere, wie ich 10 Tausend Menschen nahe kam, ganz nahe, annähernd nahe und wenig nahe. Das Büchlein ist keine Sagenerzählung, die aus einer erfundenen Geschichte des Lebens Legenden stricken will. Es ist ein Sachbuch aus Erinnerungen, und damit ist es genügend echt.

    Heiko und Klaus: unerreichte Reporter und großzügige Menschen, die es nicht mehr gibt, weil die Zeit es nicht mehr ermöglicht, so zu leben wie sie. Das Beispiel Marokko.

    In meiner Lehrzeit an der Seite großer Reporter und Schreiber gab es einen, den ich vor allen anderen mochte. Es war der damals um die 50 Jahre alte „stern-Reporter Heiko Gebhardt, ein Lehrer, eine Naturgewalt, ein guter Kerl, der mir immer einen Cigarillo reichte, wenn ich in seinem Chefzimmer hoch über dem Alexanderplatz ihm gegenüber Platz nahm und mich mit ihm unterhalten wollte. Die Tür zu seinem Zimmer war immer offen, wir durften, wir SOLLTEN eintreten. Eines aus vielen Gesprächen mit ihm ist mir in Erinnerung, das mich nun leiten möge. Heiko, der mich überall hinschickte, wo es ein wenig krachend und besonders und spektakulär nur sein könnte, er setzte folgende Formel für gutes „stern-Reportageschreiben: Ich solle schreiben, wie es die Polizeireporter Amerikas machen, die von der „New York Times, vom „San Francisco Chronicle oder anderen, die es so nicht mehr gibt. Ich solle sie lesen, sagte Heiko Gebhardt. Und dann so schreiben wie diese. Schnell. Kurze Sätze.

    Pfeile auf den Leser abschießend. Tempo machend. Bildhaft sein. Genau. So wild wie ein Rausch. So abenteuerlich offen schreiben, als wäre es ein Autorennen, dessen Fahrer erst dann das Rennen gemeistert haben, wenn sie unversehrt im Ziel ankommen. So elegant und schlank schreiben wie die Hunde beim Windhundrennen. Im Übrigen, junger Windhund, schreibe hart. Die Sätze gemeißelt. Verabschiedet für eine kurze Ewigkeit, wenn die Menschen die Reportage lesen. Stehend und gerade die Haltung beim Schreiben einnehmen, wie ein Leuchtturm in tosender See. Für sich stehend schreiben, als wäre es ein Meisterwerk, das nur du kannst, eines, das bislang nie geschrieben worden ist. Buchstabe an Buchstabe, Wort an Wort ebenmäßig reihen wie bei einer Perlenkette von Tiffany’s. So schreiben, als wäre es die Magie des Lebens, wie du es aufschreibst, mein junger Windhund.

    Ja, wir wollten junge Windhunde unter der Sonne des Rausches sein und nicht im Schatten des Lebens

    So ist es nun. Ich probiere es nun für dich, Heiko, so mein Vorwort zu schreiben. Ich werde es dir später vorlesen, Heiko, mein Büchlein. Ein, zwei Miniaturen. Die über Gerhard Schröder, deinen Freund. Und die über den deutschen Dealer von San Francisco. Und auch die über die Marias dieser Welt. Ich hole dich dabei zurück. In die Welt. Von der du gerade Pause machst. Zurück in ein Leben der alten Tage, voller Abenteuer in Bangladesch, dem Aufwachen in Suiten der großartigsten Hotels, ein Leben in den Museen in den Weltstädten, für dessen Besuche ein Reporter früher noch Zeit und Ressourcen hatte. Bleibe in der Welt, rufe ich denen zu, die einst ganz drin waren in der Welt – und von denen wir lernen sollten, wie es so war, als ein erzählender Reporter die Länder, Menschen und Abenteuer zu finden, über die geschrieben werden muss. Es waren Menschen um dich herum, Heiko. Immer. An so vielen Orten der Welt. Es ist nun in diesem Geiste ein Vorwort, wie du es vielleicht mögen würdest, vielleicht. Dein Urteil dazu macht mir Sorge, egal, ich versuche es. Also, so wie ein Dashiell Hammett geschrieben hat, der Begründer des modernen Krimis, und so wie bei Raymond Chandler, dessen Gesamtwerke auf Englisch in meinem Regal stehen und darauf warten, immer wieder gelesen zu werden, und so wie bei Upton Sinclair, dem Enthüllungsjournalisten, der obendrauf liegt, auf dem Regal, mit „King Kohle und „Der Dschungel, der Sinclair, der für die Leser in den USA vor langer Zeit enthüllte, wie die Menschen verreckten in den Schlachthöfen Chicagos. Das sind Hard-boiled-Storyteller, diese heiß laufenden und nach Leben lechzenden Schreiberinnen und Schreiber, die es einmal gab und kaum noch gibt. Die, die nicht erkalten. Die brennen. Die glühen. Die Meister. Schnell. Hart. Genau. So in Stein gefasst, dass es unverrückbar steht. Nur für den Moment. Für etwas, was im Grunde ohne Bedeutung ist: denn damit auch für die Ewigkeit. Vergänglich wie die Rosen nun Ende August in meinem kleinen Stadtgarten in Hamburg. Und doch immer wieder neu dort am Ergrünen im nächsten Mai, in jedem Sommer blutrot und engelsweiß erblühend und von Liebe, Leidenschaft und Geschmack kündend. Dies ist ein Büchlein für dich, Heiko, und für die anderen Guten, von denen ich gelernt habe, für den Chefredakteur Klaus Liedtke. Für I. und R. Für die, die mich mögen. Für die, die mir folgen wollen, einen kurzen Moment ihres Lebens lang. Für die, die wissen wollen, wie ich 10 Tausend Menschen nahe kam. Die verstehen, dass das kein Kunststück wie im Zirkus und auch kein billiger Zaubertrick wie auf den Bühnen Las Vegas´ war. Dass das genau so war, wie ich es beschreibe. Selbstredend. Natürlich geradezu. Ohne Anstrengung. Kein Klimmzug. Keine Kunst. Wie das Leben war bislang und wie es so ist, für den, der sein Herz auf der Hand trägt und diese Hand und damit das Herz hinüberreicht zu dem Gegenüber mit dem offenen Angebot, diese Hand zu ergreifen. Hand aufs Herz: Was gibt es Schöneres, Flirrenderes, Belebenderes, Sinnvolleres, Menschlicheres, als ein Herz schlagen zu hören. Das sind die, in diesem Büchlein, deren Herz schlägt. Solange es geht, solange es geht...solange es schlägt.

    In den tiefen Süden reisen und weiter als nach Barcelona und noch weiter als Gibraltar: dort, wo die Sonne wirklich scheint

    So machte ich mich auf, morgens um 5:00 Uhr, Hamburg zu verlassen. Während ich im Bus saß zum Bahnhof, sah ich in die Gesichter meiner Nachbarn, auch am Gleis 4 am Fernbahnhof sah ich in die Gesichter der Menschen aus meinem Stadtteil. Es waren vor allem einfache Menschen in Jeans und in Kleidung von zumeist stärkerer Farbe. Im Fernzug sah ich in die Gesichter der Reisenden. Was fiel mir auf? Was sah ich? Was konnte ich lernen? Ich sah in manche Augen, als ich in Hannover angekommen war. Gedränge. Rasch gehen, die S-Bahn finden, den Fernzug, bleiben oder kommen, finden oder sich verlieren. Ich sah auch in der S-Bahn zum Flughafen in die Gesichter. Jetzt viele Menschen mit Reisekoffern, zwei Asiaten darunter. Gut gekleidet. Den Blick gesenkt eher, ausweichend eher, was waren sie? Wo spielten sie, als sie fünf oder sechs waren? Tranken sie Cola auf den Geburtstagsfeiern, aßen sie Chips, hatten sie spitze Zauberhüte aus Papier auf, wer fotografierte sie, die Kinder, fotografierten sie sich überhaupt? Die beiden erwiderten meinen Blick nicht. Sie schauten nicht sofort weg, sie hatten ERST GAR NICHT geschaut, sie machten sich unsichtbar.

    Als ich im Flugzeug saß, sah ich die Stewardess – und wieder stellten sich Fragen: Hat sie einen Gasometer dabei, der die Strahlenbelastung misst, wenn sie flog? Wer war der junge Mann neben mir? Ach, ein deutscher Pilot, jung, 25, der mir erzählte, dass es am gefährlichsten dieser Tage sei, Moskau anzufliegen; dass sie einmal alle, fünfzig Flugzeuge, lange, sehr lange über dem Moskauer Flughafen kreisen mussten, gefährlich lang, das Kerosin wurde weniger und wenig; dass, als sie alle endlich landen durften, die Auskunft gegeben wurde, dass dort oben ein Korridor hätte bereitgestellt werden müssen, weil der russische Präsident einflog – und alle anderen, alle, so sagte es der Pilot, der auch private Flüge machte und Milliardäre von hier nach dort und nach Nizza fliegt, alle anderen Piloten und Fluggäste mussten so lange in der Warteschleife hoch oben ausharren, bis Putin gelandet war. Der junge deutsche Pilot erzählte dies und erzählte anderes, ich sah ihm nicht immer in die Augen, da ich am Fenster saß und er rechts von mir. Es ist ja furchtbar eng auf den Sitzen in den Billigfliegern.

    Marco Polo benötigte früher Monate, um dorthin zu kommen, wohin wir in nur zwei Stunden fliegen können, wir sollten uns das vergegenwärtigen.

    Warum reisen, warum zu Menschen fahren? Wer das Glück hat, gerne wegzufahren, wohin auch immer, und ZUGLEICH sich am Ende der Reise freut heimzukehren, der ist in der Tat ein glücklicher Mensch. Ich bin von diesem Schlage. Ich bin stets gerne weg UND stets gerne in mein Haus zurückgekehrt, von dem aus ich aufgebrochen war. In der Unterzeile des Weltklasseblattes GEO sagte man: Das neue Gesicht der Erde. Das war es: das neue Gesicht des neuen Nachbarn sehen wollen, die Kellnerin in Texas am frühen Morgen sehen wollen, wenn sie Kaffee einschenkte, den Friseur in Istanbul sehen wollen, der die schwach ausgeprägten Koteletten mit einem glühenden Wattebausch wegbrannte, den Kanzler sehen wollen, live und echt und ohne Zeitverzögerung, den Rumänen sehen wollen, der mit mir lachte und mir Schach am Strand beibrachte, die Kunststudentin in Düsseldorf sehen wollen, die mir einen Pelz als Kleidungsstück überstülpte auf einem Fest, den Grenzbeamten bei der Ausreise aus der DDR sehen wollen, der selbst den Schlafsack durchleuchten ließ, sehen wollen...andere sehen wollen...SEHEN wollen, wie die Menschen hinter dem Stadion von TUS PREUSSEN 09 so ticken, so leben, so sind, sie sehen und treffen, wie den Nachbarn, der einen riesenriesengroßen Funkmast auf dem Dach seines Einzelhauses hatte und dann mir eines Tages in seinem Keller die Funkanlage zeigte und die Begeisterung für das Morsealphabet weckte. Auf Reisen, ganz nah und ganz fern sein und sehen wollen...wie das Leben schmeckt...wie die Menschen sind...die Fremden sind...wie die sind, die zuerst fremd sind...und dann nah...ganz nah...auch weil ich MICH sehen konnte im Spiegel der anderen... mich finden durfte, wenn sie mich fanden...So EINFACH ist das. Wer verreist und unverändert wiederkommt, der ist nicht gereist:...Der ist blöde, sorry, und ein stiernackiger Dummkopf und das zumindest bin ich nicht, sorry, ich bin eher ein Hänfling geblieben, einer, der hingeht und anders und verändert wiederkommt. Aus welchem anderen Grund sollten wir reisen?

    Keine Gangway führt hinaus, wir müssen zu Fuß den Landeplatz entlanggehen, hey, das ist Afrika.

    Der Bus stand bereit. Die Sonne stand bereits hoch. Alle, die mit mir von Hannover aus gelandet waren, fühlten sofort, was den anderen Kontinent ausmacht: eine trockene Sonne, eine Höhensonne, als wäre es ein großes, landesweites Solarium. Wir kamen mehr leicht als schwer durch die Passkontrolle, ein kleines Formular war nur auszufüllen, wobei, wie ich recherchierte, nicht alle Grenzbeamten verstanden, was die Deutschen dort angaben. Wir nahmen das Gepäck von den Förderbändern, waren noch keine Gemeinschaft wie später im Club, dann durch die Tür, dann in die Vorhalle, dann vorbei an den gerissenen Taxifahrern, die nicht schlechter oder besser als an anderen Orten dieser Welt in Schwellenländern sind: aggressiv, fordernd, ihre Familie ernähren müssend. Als wir vor dem Bus standen, zwanzig Leute aus Deutschland, herangeflogen aus Hannover, spürten wir alle die Erleichterung, in Agadir, Marokko, einen Bus mit dem Schild „Club Robinson zu sehen mit einer deutschsprachigen Reiseführerin und Zigarette rauchenden Fahrern. Damit wurde diese Reise als das wahrgenommen, was sie war: keine Reise nach Afrika, kein Bully, mit dem Marokko durchquert würde, keine Reise, sich aufzumachen, Casablanca und die Wüste und die Kultur zu erobern. Es war vom ersten Moment an eine Reise in eine deutsche Festung, die „Club Robinson hieß. Vor dem Hintergrund, dass es zwar den Arabischen Frühling in vielen Maghreb-Staaten gab, aber es gab auch Mali, es gab den Süd-Sudan, es gab Terror und Krieg, es gab Libyen, es gab all das, was zu Recht in den Medien berichtet wurde. Und nun gab es in dieser Nachbarschaft ein neues, ein fremdes Land, Marokko, für die Besucher, das stabiler erschien, als andere afrikanische und arabische Staaten. Ich lernte es so kennen: Es gab das Sicherheitspersonal, das in Verschlägen um die deutsche Festung gelangweilt stundenlang ausharrte und nur mit dem Handy eine Abwechslung in seinem Joballtag des Herumstehens bekam; es gab die Rover, die um die Anlage herumfuhren, auf unplaniertem Sandboden, damit die Wächter schauten, dass dort im Club alles gut war; es gab einen Grund, dass wir besser bewacht waren als andere, da einer der Königspaläste an den Club angrenzte und dies höhere Sicherheitsansprüche mit sich brachte.

    Als ich im Bus saß und wir durch das Land fuhren, sah ich das, was dort Wirklichkeit ist, nur aus dem Fenster: einen beinamputierten Mann, einige wenige Autowerkstätten mit Reifenstapeln vor dem Tor, Verschleierte, Herumlungernde, Sand, Beton. Gleichwohl, als der Transferbus durch das hohe schöne Tor auf die Anlage des Clubs fuhr, da tat sich das Paradies auf Erden auf, tatsächlich: Dort waren ockerfarbene Häuser, dort waren saubere Straßen, dort waren Palmen, hoch, grün, schön. Als wir anhielten und ausstiegen, da tat sich das Panorama auf, weswegen wir als Touristen aus Deutschland gekommen waren: ein Tor, eine geschwungene Treppe, orientalische Verzierungen an den Wänden, Lounges mit Sitzkissen, die von den Reizen und Farben und Stoffen des großen Arabien kündeten, begrüßende, freundliche Menschen, die dort im Club arbeiteten, Deutsche mit Namensschildern, Kellner, die Sekt auf goldfarbenen Tabletts uns anboten, eine gut organisierte Reihe das Einchecken organisierender Mitarbeiter usw., usw. Ich dachte in diesem Moment an Heiko, wie er das Arme sah und wie er gleichzeitig schnorchelte in den Paradiesen der Welt. Zumindest war ich an einem Ort, der einem Paradies auf Zeit ähnlich kam, weißt du, Heiko? Und dort hielt Peggy eine Ansprache, klar, weich, einladend, vor dem orientalisch geschwungenen Eingangstor auf der höchsten Ebene der Treppe stehend, eine schöne dunkle Deutsche. Sie begrüßte uns und versprach, dass alle diese Menschen dort, die uns empfingen, ganz für UNS da seien, als wären wir nicht zahlende Clubbesucher, sondern eine hohe Delegation aus einem wichtigen Land. Wir waren froh, wir schwitzten nicht, da die Sonne trocken und heiß war, es waren keine Insekten in der Luft und auf dem Arm, wir nahmen den Sekt entgegen und freuten uns, dass Peggy und andere veranlassten, dass das Gepäck von selbst, also von Helfern, bis auf die Zimmer gebracht wurde. Die Touristen wollten Urlaub. Es roch gut, nach den Blumen, die in Pink und Gelb und Grün den Bereich umrandeten.

    Nähe zu einem Agadirer, der sich selbst Deutsch beibrachte – und es so gut sprach, als wäre er auf eine deutsche Universität gegangen

    Ich stand bewusst hinten. Da kam ein Araber auf mich zu. Er sprach mich an. Ich klärte erste Dinge mit ihm und mir wurde klar, dass dieser Agadirer wohl der Wichtigste in diesem Club und in dieser Festung war: unscheinbar, sehr klug, sehr bescheiden, und wie es sich tatsächlich herausstellte, wohl derjenige unter den arabischen Mitarbeitern, der alles klären konnte, wenn es notwendig werden würde. Ich dankte ihm. Ich sagte, hey, wenn ich ein Problem hätte, dürfte ich zu dir kommen, richtig? Null Problemo, sagte er wie der Fernsehstar Alf, kein Problem, mein Freund. Er, der sich selbst Deutsch beigebracht hatte, Agadir nie verlassen hatte, wie er sagte, schöne Augen hatte, klein und schmerbäuchig war, er verstand, was ich meinte, ohne ein Wort darüber verlieren zu müssen. Er wusste, dass ich vielleicht seine Hilfe in Anspruch nähme, bräuchte ich welche. Und so ist es: schauen, wer wichtig ist, dort, wohin man kommt; es sind eher die kurzen Menschen, die eher besonders einfach wirken, die helfen können und auch wirklich helfen. Wenn an der Grenze, wenn in Moskau, wenn in Magdeburg der Ärger kommt. Kennt man sie, dankt man ihnen im Voraus, denn nach meiner Erfahrung entsteht schon fast kein Ärger mehr, nur, weil die Aussicht auf Ärger erwähnt, geklärt, besprochen wird. Er sprach mit mir, während die Deutschen durch das große Eingangstor verschwanden in den ersten Tag ihres Urlaubes in Marokko. Ich ging als Letzter hindurch. Peggy war gegangen, vor mir lagen fünfzehn Tage in einer deutschen Festung, an denen ich jeden Tag schreiben würde. An meinem zweiten Büchlein. Ich war gekommen, um genau diesen Job zu erledigen: zu schreiben. Gut, und dabei braun werden...eine schöne Aufgabe, nicht wahr? Ja, WAHRLICH...eine schöne Aufgabe. Ich wusste noch nicht, wie die Aufgabe dort, im „Club Robinson" von Agadir, genau zu erledigen wäre...Aber ich wusste, es war eine schöne Aufgabe.

    Vermessen zu sein ist angemessen für den, der das Maß wahrt trotz allem, wenn er Menschen zu nahe kam.

    Die Menschen in seinem Leben zu vermessen wie ein Kartograph und sich zu vergegenwärtigen dabei, wie das eigene Leben bislang so verlaufen ist: Das ist das Warum des Büchleins. Warum es ein gutes Büchlein ist, die Variationen aufzuschreiben, wie ich 10 Tausend Menschen nahe kam? Vielleicht nicht, weil du und ich dadurch zu besseren Menschen werden. Vielleicht aber, weil es „interessant" ist. So wird es in vielen Sprachen der Welt gesagt, wenn es nicht klar ist, warum das, was gesagt wird, von Bedeutung ist und die Erklärung der Bedeutung (noch) nicht als Schatz gehoben worden ist. Ob das stimmt und keine Fata Morgana ist? Das Licht ist in Agadir morgens und abends diesig, fast metallen, fast grau, wie ein Schleier liegt die Diesigkeit der Wüste am Meer über der Landschaft, über den großen, frei einsehbaren und schwingenden Dünen und über dem glasklar eisblau glitzernden Pool und über dem unerreichbaren Horizont des Meeres. Sie ist nicht klar, die Sicht auf alles, auf das Leben, früh morgens und spät abends. Es ist nie klar, was wir sehen, auch wenn die Diesigkeit sich verzieht und die Dinge scharf und kantig werden. Es ist Diesigkeit überall, an jedem Tag, in der Nacht, in jedem Moment. Dann löst sich der weiche Nebel auf, der feine Schleier hebt sich wie – so ein Klischeewort – der Schleier einer Scheherazade aus 1001 Nacht. Nun, es ist aber kein Märchen, es ist kein Grimm, kein Bechstein, kein Andersen, keine Kunst. Es war eigentlich einfach: 10 Tausend Menschen nahe zu kommen. Und darüber berichtet dieses Büchlein, das die Story meines (gerade 45 Jahre währenden und tatsächlich unbedeutenden) Lebens durch die Schilderung von Begegnungen mit anderen erzählt. Ob es geglaubt wird oder nicht – es ist so gewesen. Dort in Agadir, Marokko, wo ansonsten der Himmel azurblau, eisblau, klar wie Wodka, wolkenlos ist, wo das Ende des Horizontes scharf wie eine Schwertklinge, nicht erreichbar und nicht abzusehen ist und kein Ende zu spüren war, im Mai 2014, als ich mir belegen wollte, dass ich nicht allein war und nicht allein bin auf dieser Welt, dort fing ich an zu schreiben. Weil Anfang immer ist und wir ALLE anfangen müssen, IMMER, jeden Tag, wenn wir wachwerden und uns zum Atmen an einem neuen Tag in einer neuen Welt entscheiden.

    Ein Club, eine Festung, ein Ort, an dem die Sicherheitsleute sich in ihren Verschlägen fast zu Tode langweilen – solange ja nichts passiert.

    Herantasten zunächst. Im Club von 17 Tausend Quadratmetern im Maghreb: alles da, was es braucht, um sich zu erholen von der Alltagswelt: Meer, Pools, Liegen, Brisen, Sicht in die Weite, Sicht auf die vier Wellen der Dünen, wo Schwärme von Vögeln am Morgen verharren, als wären sie Pixel auf einem Bildschirm eines Traumes von unerreichbar paradiesischer Sicht. Sport, Tennis in der Mittagshitze, Hata-Yoga und Brücken, bis beide Beine zittern wie Eichenlaub im Herbst. Eine Bar für den Abend, für die Nacht, unerzählte Geschichten dort. Deutsche, die Freude machen. Araber, die große Freude machen. Ein Luxemburger Rentner, dessen Tattoo und Goldkettchen genau richtig waren für eine sehr kurze Männerfreundschaft. Hassan, der Literat werden will und mir ein auf Englisch verfasstes Manuskript gab.

    Es war ein Club, der mir das Vorurteil austrieb, dass ich in Clubs nicht hingehöre. Da waren Familien, Kinder, Väter, Mütter, dazu Paare, die eine familiäre Stimmung in die Anlage brachten, die der Anlage und Leuten wie mir guttaten. Kellner und Kellnerinnen, die Pfefferminztee ausschenkten, oder Wodka oder Kaffee und wussten, dass Höflichkeit der Gäste in einem All-inclusive-Paket die Ware ist, die sie schätzen und mit gleicher Münze zurückzahlen. Genügend viele Menschen, deren Geschichten ich erfuhr, deren Nähe ich erleben durfte, und das eine Gefecht nachts, als einer einer verbieten wollte, mit jemandem wie mir zu reden, bevor ich überhaupt etwas gesagt hatte. Und jemand zu sein, der ihm sehr entschieden auf Französisch erzählte, dass wir Europäer sind, sie, er, ich, und ich niemand bin, der ihr irgendetwas verbieten lässt. Es war egal, ob er losmarschiert wäre gegen mich. Ihn klar in die Schranken weisend, nicht mutig, aber deutlich und laut und ihm in die Augen schauend dabei, als er ihr sein Leben aufoktroyieren wollte. Daneben die unauffälligen Helferinnen und Helfer, die Menschen dort, die ein eigenes Büchlein wert sind, alles Geschichten für den, der sah und hörte und verstand. Ob ich wiederkomme, fragte Hassan, fragte Madhi, später. Gerne. Gerne, wenn es passt. Wieder schreibend, tu en veux? Ja, es gibt noch was zu tun, wenn ich wiederkomme. Es gibt noch viel aufzuschreiben. In der deutschen Festung von Agadir. Dort, wo alles einfach ist für den, der es sich einfach machen kann. Unter der Wüstensonne eines arabischen Landes, an dessen Berghang, den wir vom Restaurant sahen, nachts hell erleuchtet Buchstaben auf Arabisch groß und breit wie das Hollywood-Logo vom Ruhm des Landes erzählten. Als ich fragte, was dort stand, war es so, wie es in Preußen bei uns sehr ähnlich gewesen war vor langer Zeit. Am Berghang stand groß und hell erleuchtet auf Arabisch: Allah, König, Vaterland.

    Welchem Gott dienst du, wenn es einen Gott nicht geben kann, wer schaut, was ist?

    Nähe zu Menschen finden – warum das schön ist und warum dennoch voller Gefahren, auch davon erzählt dieses Büchlein. Das ist meine Philosophie. Rausgehen und sich riskieren, das ist Leben. Wer verdorben ist von Philosophie, der aus dem Rahmen des Rahmens des Rahmens und des Urteils des Urteils und des Urteils der anderen heraustreten kann, um den Grund zu sehen, der ist nie einsam und zugleich sehr einsam. Ich wollte von Seneca erzählen, von Sokrates, von Aristoteles, von den anderen, die ich verstand und die ich nicht verstand, von Wittgenstein, von Immanuel Kant, den ich als deutscher Europäer genügend verstand, um mit seinen Ratschlägen ein wenig klug zu handeln, von Karl Popper, von Günther Anders und von so vielen weiteren. Erzählen wollte ich von denen, die übrig geblieben sind, die den Rahmen meines Absatzes sprengen würden, wenn ich nur versuchen wollte, sie zu zitieren. Was ich sagen kann, ist, dass es gut ist, selbst zu denken und den Rahmen des Bildes zu verlassen und die Fachlichkeit des Expertenwissens, nicht nur für den, der hinausgehen möchte in die Welt.

    Nähe zu so vielen unterschiedlichen Menschen an so unterschiedlichen Orten gefunden zu haben war auch dadurch möglich, dass ich die Rahmen versuchte zu verstehen von denjenigen, die in einem Rahmen waren – die gefangen waren, beschränkt waren, geführt wurden, die in ihrem Rahmen klein oder groß waren, gleichwohl in ihrem Rahmen waren. Ja, ein Gemälde braucht einen Rahmen, was ihm Sinn und Form gibt. Aber hinüber und heraus zu schauen aus diesem eigenen Rahmen, das wünsche ich den Menschen, die sehnsüchtig klug sind, dann auch zu riskieren, sich aus dem Rahmen an der zweidimensionalen Wand hinaus zu begeben und sich im ganzen dreidimensionalen Raum zu bewegen, ohne Rahmen, FAST ohne Rahmen. Ich wäre im Gefängnis gelandet an verschiedenen Orten, hätte ich Pech gehabt – das darf mein Kind nicht hören –, aber ich bin nicht im Gefängis gelandet und ich bin auch nicht vergessen. Auch, weil der Rahmen des Rahmens, den ich neu sehen durfte, nicht nur Risiken des Neuen bot, er bot die Chance, in einen nächsten Rahmen zu treten, wohin ich dann für die nächste Zeit hingehörte. Philosophie? Doof? Nein, wer dieses Büchlein ganz liest, warum auch immer, erfährt, warum aus dem Rahmen treten nicht nur Bildung, Erfahrung und Glück bietet, sondern auch Schutz und Geborgenheit und Sicherheit. Und es braucht eine gewisse Naivität, die hilft, wenn die Polizei dich anhält als Fahrer eines VW-Busses, in dem die anderen kiffen, nur du nicht, und der Polizist Gnade vor Recht walten lässt, weil du so naiv liebevoll mit den Schultern gezuckt hast, tja, was soll ich machen, es ist das Leben, lass mich einfach davonfahren...please...

    A rose is a rose is a rose, es ist ein Rahmen eines Rahmens eines Rahmens für den, der versteht.

    Unter der Höhensonne Arabiens tigerte ich durch und über die Anlage des Clubs. Die richtigen Shorts dafür, das richtige Polohemd dafür, die richtige Laptoptasche dafür über die Schulter geworfen. Wäre ich allein und ohne Ziel gewesen, ohne die Aufgabe, dieses Büchlein zu beginnen, wäre es noch schlimmer mit mir gekommen, als es kam. Morgens, mittags und abends und nachts war ich auf 17 Tausend Quadratmetern unterwegs. Immer. Wie der Panther im – gleichwohl goldenen – Käfig. Auf der Terrasse vor dem Haupthaus sitzend, redend und der Sängerin in die Augen schauend. Am Pool, nach einem kurzen Streckenschwimmen, auf der Liege sitzend und Blicke suchend. Nicht allein sein wollend. Im Strandrestaurant mit anderen essend. Nicht allein sein könnend. In der Bar noch länger als lang verharrend und Gruppen von Menschen bildend, die auf der Tanzfläche die Show der Gäste gaben, nachdem das Clubteam allabendlich seine Show vorgeführt hatte. Wie suchend und hin- und hergeworfen, wie entwurzelt wäre ich ohne den Rahmen des Büchleins gewesen.

    Das Büchlein gab mir Rahmen und Aufgabe. So absolvierte ich wie ein angehender Prüfling drei Einheiten an jedem einzelnen Tag. Ich schrieb dabei an allen Orten der deutschen Festung. Ich wurde zum Inbegriff eines etwas merkwürdigen Schriftstellers dort, und es war schön, dass sie dort mich grüßten, mir den Platz freihielten, mir Wodka nachschenkten, mich so nett und edelmütig behandelten, wie es in Deutschland selten vorkommt, mir Mut zusprachen, Grußrituale abhielten, Französisch sprachen, weil ich es sprach, das Sitzkissen brachten, wiewohl ich nicht danach gefragt hatte, Wasser nachts mir hinstellten, während ich allein, alle schliefen, unter dem Nachthimmel Agadirs versuchte, vorwärtszukommen usw. usw.

    Es war klar, dass ich auch Erholung brauchte nach sehr langer Zeit von Abwesenheit von Erholung. Es war klar, dass, wenn ich allein in einen Urlaub führe, ich nicht zur Ruhe käme, befeuert von der Sehnsucht nach Nähe und Abenteuern und Gesprächen und Erlebnissen usw. Daher war mein Begleiter meine Aufgabe, das Büchlein, und es machte Hassan, Markus, Youssef und alle anderen zu Partnern, zu Helfern, so dass ich drei Einheiten am Tag schreiben konnte, sortiert und geordnet meine Zeit nutzte, schrieb und mich tatsächlich dabei ERHOLTE, weil ich schrieb. Die Tiefe der Bräune, die ich mir aneignete, zeugt noch viel später davon, dass es ein Urlaub unter Palmen, in der Sonne, am Meer und unter freundlichen Menschen in einem im Grunde zutiefst fremden Land war. Und durch das Schreiben schlich der Panther, der ich bin, nicht gehetzt durch die Anlage, sondern wurde zu einem Panther, der auch aufhören konnte, sich zu zeigen – und schlafen ging, wenn das Schlafen das Thema war.

    Der Dichter Ernst Jandl rief laut aus: Wörter, Wörter, es sind die Wörter. Es sagen andere: Es sind zu viel der Wörter, zu viel der Wörter.

    Alle Bücher sind geschrieben, wird gesagt. Warum ich ein Büchlein in meiner Freizeit nach dem operativen Geschäft schreibe? Wenn doch schon alles gesagt ist? Die eine Seite wäre der Narziss, der sich im Wasser spiegelt und sich in sein Ebenbild im Blau des Sees verliebt. Die andere Seite wäre der missionarische Eifer, der sich aus vielen Quellen in mir speist. Die nächste Seite wäre, dass ich gereift bin und erst jetzt dem möglichen Ergebnis, ein Büchlein in der notwendigen Qualität herzustellen, näher gekommen bin. Die nächste Seite...die nächste Seite...die nächste Seite...Vielleicht ist der tiefere und breitere Grund, dass ich es mir ganz persönlich erlauben wollte, nun, mit 45, so zu schreiben, wie ich es immer wollte, aber zuvor nie konnte, als ich Journalist war und weitgehend die Formate und Regeln eines „stern, einer „Frankfurter Rundschau und einer „Die Zeit" einzuhalten gezwungen war.

    Alle Wörter sind gesagt, wird gesagt. Es gibt gleichwohl mehr. Mein Kanon der Literatur führt mich bis heute durch die Untiefen und Höhen eines Lebens. Wer es mag zu wissen, wen ich dabei prägend fand, möge jetzt weiterlesen. Ich möchte einige der Schriftsteller nennen (deren einer ich NICHT bin), die mir das Grundgerüst für meine Überzeugungen und damit meine Art des Lebens gaben. Da ist zuerst, tatsächlich, Johann Wolfgang von Goethe, doch wirklich. Ich genoss es, über „Faust I und „Faust II nachzudenken. Dann Friedrich Schiller, ich genoss es, „Die Räuber zu entdecken. Von Hermann Hesse verschlang ich alles zur besten Lesezeit im Leben eines Menschen, in der Zeit des Erwachsenwerdens, und fand mich doppelt in seiner Geschichte über „Narziss und Goldmund wieder, das eine der schönsten Liebesszenen beinhaltet, die mir je begegnet sind und die mich durch viele Lieben hindurch trug. Friedrich Dürrenmatts „Vom Beobachten des Beobachters der Beobachter", bestellte ich bei der Buchhändlerin in meiner Heimatstadt gleich vor, sobald ich die Ankündigung hörte. Meinen 18. Geburtstag verbrachte ich dann in meinem Armenjugendzimmer mit dieser ersten, durchaus teuren Auflage. Ich trank Wein, rauchte Zigaretten und las das Buch, das lehrt, dass Gerichte Recht und nicht Gerechtigkeit sprechen, in einem Zug an diesem Abend und der kommenden Nacht durch, durchaus glücklich. Roman Frister, dem ich aus für mich guten Gründen die letzte Miniatur gewidmet habe, da er prägend war, ohne es zu wissen oder es zu wollen, als ich ihn in Tel Aviv zu Beginn der 2. Intifada traf. Elias Canetti. William S. Maugham, der schon jung einen großen Erfolg erreichte und damit genügend Geld, um folgedem leichtfüßig die Welt des britischen Empire und die Welt darüber hinaus zu bereisen und aufzuschreiben, was ihm in Indonesien und in Übersee und bei Reich und Arm widerfuhr. Immanuel Kant las ich viel und verstand wenig, auch wenn ich mich bemühte, auch wenn ein Jugendfreund mich auf die Abschlussprüfung über Kant´sche Theorien an der Universität der Freien und Hansestadt Hamburg klug und segensreich vorbereitete. Doch ich verstehe das, was ich von Kant in mir trage, umso besser, je älter ich werde. Ein Hinweis ist seine Pflicht an den Citoyen, mündiger Bürger und nicht allein Bürger zu sein und sich seines sachgerechten Verstandes zu bedienen, um vernünftig zu handeln. Marcel Reich-Ranicki erfuhr ich als stilvollen Literaturkritiker, den ich las, bevor er im deutschen TV eine große Rolle einnahm. Von ihm sind mir viele Lehrsätze vertraut. Einer davon lautet, dass ein gutes Buch nie mehr als 200 Seiten haben dürfe. Nun wird mein Büchlein mehr als 200 Seiten umfassen. Ich tröste mich damit, dass er selber in seiner Autobiografie sein eigenes Gesetz, das er streng auf die von ihm besprochenen Schriftstellerinnen und Schriftsteller seiner Zeit anwendete, nicht einhielt und mehr als 200 schlanke Seiten über seine Zeit im Ghetto von Warschau während des Zweiten Weltkrieges und der Herrschaft der Nazi-Deutschen verfasste.

    Ich werde keinen Verlag für mein Büchlein suchen und habe im Gegenzug dafür innere und äußere Freiheit gefunden. Ich lese nicht mehr. Ein wenig kümmere ich mich noch um David Foster Wallace, dem ich ebenso eine Miniatur gewidmet habe, als ob ich ihn getroffen hätte, wiewohl er sich umgebracht hat vor wenigen Jahren. Es gab auch Schriftstellerinnen, im übrigen, das ist gleichwohl, sage ich mutig in der Verkürzung, ein eigenes Kapitel wert. Für das ich hier keinen Platz finde. Und es gab...weitere. Da dies aber nur ein Büchlein ist, und kein Buch, schließe ich mit dem Hinweis auf Rainer Maria Rilke und seine Liebesgedichte. Der hat Trost gespendet, als ich weinte, weil meine Liebe nicht erwidert worden war. Der Verse von Kraft und Saft und Besonderheit hatte, die mir halfen, die Saiten der anderen erklingen zu lassen, damals, als ich jung war, wenn auch ich diese nicht für mich zum erklingen bringen konnte, damals, als ich jung war und vor Sehnsucht verging. Es macht mir Freude, diese Namen niederzuschreiben – und das allein aus dem Grund eines Chronisten, der Namen und Geschichten weiterzutragen hat an solche, die diese Namen und diese Geschichten nicht gehört haben. Und es macht mir Freude, die Namen der Schriftsteller zu nennen, die mich prägten, und so diese Namen in die Köpfe derjenigen zu geben, die ihre Werke bislang nicht gelesen haben. Ein schöner Grund, finde ich, diesen Absatz eingebaut zu haben. (Und nie denken zu wollen, in eine in welcher Art auch immer geartete Partnerschaft mit ihnen einzutreten, dafür wird es nie reichen, und das ist gut so.) Und dann gab es noch das Buch über „Andi", einen Hamburger Jungen, der früh starb und aus dem du, Heiko, mit deinem Freund Kai ein Buch gemacht hast. Andi, dessen Leben ihr nachrecherchiert habt, ein Pars pro Toto, ein einziges Leben, das das Leben im Ganzen beschreiben wollte. Habt ihr gut gemacht, Heiko. Ein Leben zu beschreiben zählt mehr, als das Leben selbst beschreiben zu wollen.

    Eine Bar, ein Bier, eine Bühne: Nein, Alliterationen sind zu einfach, um das zu beschreiben, was war und was ist.

    Der erste Auftritt auf der Bühne neben der Terrasse an einem dunkelblauen Pool unter Palmen: nachts allein und beschützt von Wachmännern, von denen einer mir ein Glas Wasser bringt. Mich nicht vertreibt. Mich nicht nach meinem Namen fragt. Nach meiner Berechtigung, nachts dort zu sein. Der aufpasste, freundlich, auf mich. Es war die erste Nacht, die ich in Agadir verbrachte, die die erste Miniatur hervorbrachte. Es gibt immer einen Anfang für den, der das Anfangen gelernt hat. Es war schön, in der Wärme dort zu sitzen und anzufangen. Ich war nicht müde, war so wenig müde in der Hitze des Landes. Es begann in der ersten Nacht und endete neuneinhalb Wochen später.

    Meine Privatleben, meine Berufe und Berufungen haben mich immer zu den Menschen geführt: Zum einen, um mit etwas Eingängigem in der Aufzählung beginnen zu wollen, war ich Sportler in verschiedenen Sportarten und als solcher kam ich in Kontakt zu vielen Menschen, die denselben Sport betrieben. Als Basketball-Co-Coach führte ich als Elftklässler an meinem Gymnasium eine AG von einer Bande von rund zwanzig Spielerinnen und Spielern aus der siebten Klasse; es war wunderbar. Als Gelb-, Lila- und Braungurtträger leitete ich als Karateka schon früh die aufwärmenden Gymnastik-Einheiten an verschiedenen Orten in Deutschland, darunter Osnabrück oder auch Konstanz, für Gleichaltrige und Jüngere an; es war wunderbar. Warum ich auf so viel mehr Menschen traf als andere und ihnen nahe kam, liegt auch daran: In vier Berufen und Berufungen war es Beruf und Berufung, Menschen nah zu sein.

    Viele Jahre lang durfte ich im Journalismus reüssieren und alle möglichen, wirklich alle möglichen sehr besonderen Menschen treffen, die sich mit mir trafen, weil ich eben Journalist war, ihnen zuhörte und ihre Geschichten entdeckte und aufschrieb (einige der besonderen Begegnungen habe ich in diesem Büchlein als Miniatur verfasst). Es war heißblütig und sehr stark, als Journalist im In- und Ausland auf diese sehr besonderen Menschen zu treffen. Ich muss hinzufügen, dass ich von der Art Journalist war, der eher die Helden des Alltages suchte und fand und wenige Prominente darunter, die, als ich die dann doch noch traf, sich mir gegenüber gleichwohl auch sehr öffneten. Heute bedauere ich ein wenig, dass ich Schauspieler, Musiker, Schriftsteller, Wirtschaftsgrößen, Politiker von Rang im Grunde viel zu wenig im Portfolio meiner sinnstiftenden Arbeit als Reporter aufnahm. Gleichwohl, die anderen, die Menschen des Alltages, sind mir bis heute aus tiefster Überzeugung näher. So wie die sehr alten Metrofrauen von Moskau zum Beispiel; es war wunderbar zu lernen, dass Heldinnen und Helden nicht im TV, in Medien oder in Amt und Funktion sein mussten, wenn ich sie in kleinen und großen Städten traf. Es war wunderbar, Menschen zu treffen, die ansonsten kaum jemand groß beachtet hätte.

    Als Dozent wiederum trat ich vor insgesamt rund 400 Akademikern auf und lehrte zunächst sie – und später zunehmend Führungskräfte als ihr Sparringspartner –, wiewohl ich oft jünger als die Schülerinnen und Schüler war, an verschiedenen Einrichtungen und Orten zu verschiedenen Themen. In den Themen musste ich schnell zum Experten werden – in Fragen der deutschen Sprache zum Beispiel oder des Umgangs mit Journalisten oder auch zu Fragen wie: Wie kommuniziere ich den Verkauf einer Firma? Wie bestehe ich in Konzernen? Ich wollte vor meinen Schülerinnen und Schülern ja bestehen.

    Viele Jahre lang leistete ich meinen Dienst in der deutschen Politik als Beteiligter, als Handelnder, als Führender und als – auch das – kluger Querdenker und leitete darunter zehn Jahre lang einen Ortsverein an meinem Wohnort und wurde zu einem parlamentarischen Abgeordneten in meinem Stadtteil, der über 150.000 Menschen zählte. Wurde so zu einem Nachbarn der Politik, über den viele sprachen, was auch immer, auf jeden Fall zu einem Mann der Politik in Amt und Mandat, der viele Menschen kennenlernte, erlebte, mit ihnen sprach, und den genauso viele so und so und so nahe erlebten.

    In meiner Eigenschaft als PR-Berater wiederum war es die Aufgabe, viele unterschiedliche Kunden an andere Menschen der Öffentlichkeit, nach Berlin und Brüssel oder auch in die sozialen Medien zu vermitteln. Ich hatte daher in allen meinen Lebensbereichen eine Struktur und eine Grundlage, die automatisch dazu führte, vielen Menschen professionell nahe zu kommen.

    In meiner heutigen Rollenfunktion als Unternehmer ist es die notwendige Aufgabe, Menschen zusammenzuführen und fremde Menschen zu unserem Unternehmen zu bringen, wovon auch unser E-Mail-Newsletter beredt Zeugnis abgibt, den mein Team und ich seit fünf Jahren (sic!) pünktlich donnerstags an inzwischen 1.700 Abonnenten verschicken, von denen vor rund fünf Jahren noch keiner in der Adressliste vorhanden war. Dann kommen die Matrizes als Reisender hinzu, als Freund, als Discogänger, als Mann, als Europäer, als Frankreich-Kenner, als Urlauber, als US-Freund, als Kaffeehausbesucher, als Leser, als Theaterfreund und als...und als...

    (Gerade eben vor dem Verfassen dieser Zeilen hat der Fachmann vor der Einfahrt in die Waschstraße mir einen Preis erlassen, ich wollte es nicht, er sagte, doch, doch, für Sie tue ich das, was machen Sie, naja, ich war der und der, Sie sind so nett und freundlich, ja, Sie aber auch, das müssen Sie nicht tun, das dürfen Sie nicht tun, doch, doch, eine islamisch-christliche Begegnung seit längerem, die so klein ist und doch von so großer Bedeutung in diesen Zeiten des Erwachsens von neuen und alten Religionskriegen, nein, doch, ein doch.)

    Von mir durchaus – je älter, je stärker – gesteuert, war ich nicht Angestellter in einem andauernden und wenig änderungsfreundlichen Umfeld von vielleicht dreißig Beteiligten, in einer Behörde, in einer Abteilung für regionale Wirtschaftsförderung. Ich durfte im Gegenteil immer dort sein, wo es neue Begegnungen und neue Kontakte und neue Menschen gab. 10 Tausend Menschen in einem Leben von 45 Jahren nahe gekommen zu sein, ist keine besondere Leistung, das wird verstehen, wer einen Blick in meine eben angedeutete Biografie wirft und wer daran denkt, dass auch derjenige US-Präsident wird, der 10 Tausend entscheidende Menschen aus einem Volk von über 200 Millionen persönlich kennt, ihre Erfolge, ihre Vorlieben beim Essen, ihre Krankheiten, die Namen ihrer Kinder usw., Warum sollte ich mehr begründen (müssen) in diesem Vorurteilsvorwort, warum NICHT die Anzahl von 10 Tausend das Verwunderliche ist? Es ist vielmehr verwunderlich, so denke ich, dass ich BIS HEUTE jedem Menschen, den ich aus alten Tagen treffe oder NEU kennenlernen darf, mit derselben großen Leidenschaft und Neugier begegne und das Feuer, den Brand, die Menschenliebe und das Herz für diese Menschen trotz der bösen Welt, ja, in der wir leben, NIE und NICHT verloren habe.

    Mein nicht so besonders besonderes Leben, und das MEIN ICH SO, war halt Kommunikation im weitesten Sinne. Es gibt kein deutsches Wort dafür, nur diese Krücke aus dem Griechischen und dem Lateinischen. Dafür kann ich andres nicht, beherrsche ich bis heute den Dreisatz nicht wirklich und kann nicht den Klimawandel erklären oder die Photosynthese und

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