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Lieschens Wald: Roman
Lieschens Wald: Roman
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eBook392 Seiten5 Stunden

Lieschens Wald: Roman

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Über dieses E-Book

Auf der Suche nach dem geheimnisvollen Licht im Brieselanger Wald stößt der Autor ungewollt auf das Schicksal der 1767 im Havelländischen Buchow wegen Kindsmord hingerichteten Magd Anna Elisabeth Thönßen. Sie besetzt fortan seine Gedankenwelt und bringt ihn dazu, ihren Fall nach 250 Jahren neu aufzurollen. Daneben führt ihn die Beschäftigung mit der Legendenbildung rund um das mysteriöse Licht immer wieder zu Elisabeth Wieja aus Altbrieselang, die als Zwölfjährige in dem Wald vergewaltigt und ermordet wurde. Haben die zwei gewaltsam gestorbenen Frauen etwas mit dem geheimnisvollen Licht zu tun?
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum22. Sept. 2014
ISBN9783735713490
Lieschens Wald: Roman
Autor

Günter F. Janßen

Nach kaufmännischer Lehre und Wirtschaftsabitur in Oldenburg studierte Günter F. Janßen Deutsch, Geschichte und Spanisch in Erlangen. Anschließend gründete er einen privaten Rundfunksender, in dem er viele Jahre die Morningshow, eine Literatur- und eine Musiksendung mit regionaler Rock- und Popmusik moderierte. 2004 verkaufte er den Sender, widmete sich als alleinerziehender Vater seiner kleinen Tochter, dem Studium von Fremdsprachen und der Heimat- und Familiengeschichte. Seit 2010 lebt er als freier Autor in der Nähe von Berlin. Bisher erschienen: "Roggenmoor" (2010) und "(Un)endliche Berührungen" (2013).

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    Buchvorschau

    Lieschens Wald - Günter F. Janßen

    ENDE.

    Blatt 1: Das Brieselanger Licht und Anna

    »Donnerstag. 4. August 1859. Die sengende Mittagssonne steht noch immer fast senkrecht über dem beschaulichen Dorf Bredow und lässt das sonst geschäftige Treiben der Dorfbewohner fast erlahmen. Dankbar nehmen die Bauern, Handwerker und Tagelöhner die Mittagspause wahr, während der sie sich in die kühleren Häuser zurückziehen, stärken und ausruhen können. Eben hat die 1-Uhr-Glocke vom Kirchturm geschlagen, die die Männer nach der Kräftigung und der Muße der Mittagszeit an ihre Arbeitsplätze zurückruft, während die Frauen im Hause für Ordnung sorgen und ihren sonstigen hausfraulichen Pflichten nachgehen. Noch hallt der Glockenschlag ganz leis durch die flimmernd aufsteigende Mittagshitze der von Altbrieselang nach Nauen führenden Dorfstraße, als urplötzlich am Schornstein des Ebel’schen Wohnhauses, direkt rechts neben der Pfarrei und vis-à-vis der Kirche, eine kräftige Stichflamme wie ein gewaltiger Schwerthieb aus dem feuerliebenden Strohdach hervorbricht.

    Sich fächerartig ausbreitend und gierig alles Brennbare verschlingend, züngelt die Flamme im Nu über das gesamte mit Stroh gedeckte Gehöft. Es springt behände auf die angrenzenden Gebäude des Büdners Carl Höhne und des Bauern Carl Sommerfeld über und wirft vereinzelte Unheil bringende Funken auf weiter entlegene Strohdächer, die ebenfalls augenblicklich wie Zunder brennen. Innerhalb einer knappen Stunde steht fast das gesamte Dorf unbeherrschbar lichterloh in Flammen. Bredow gleicht einem Flammeninferno! Auf der Suche nach Nahrung und Sauerstoff schlägt die gewaltige Lohe himmelwärts, sodass der mit leicht brennbaren Schindeln gedeckte Kirchturm an seiner Spitze zuerst zu brennen beginnt. Niemand kann dort oben hinauf, um die Flammen zu löschen, aber auch die vielen Großbrände entlang der Dorfstraße sind längst menschlicher Kontrolle entglitten, trotz der nach und nach heranrückenden Spritzen und Löschmannschaften aus Nah und Fern. Selbst die Berliner Feuerwehr rüstet sich, so gewaltig steigt die unheilverkündende Rauchsäule an diesem Schicksalstag der Bredower in den Himmel dieses glühend heißen Sommertages und heizt ihn zusätzlich auf. Als die Sonne an diesem Tag wie gewohnt langsam und glutrot am Horizont zwischen Nauen und Markee versinkt, kann man sie in Bredow aufgrund der immer noch in den Abendhimmel aufsteigenden Rauchschwaden kaum noch wahrnehmen. Die vereinzelt durchdringenden Sonnenstrahlen werfen nur noch sehr kurze Schatten von den Trümmern der niedergebrannten Gebäude auf die zentimeterhoch mit Ruß bedeckten freien Flächen des ehemals beschaulichen Dorfes. Eine unermessliche Habe an Gebäuden, Erntevorräten und Mobilien liegt an diesem Abend vor den blutleeren und rußgeschwärzten Augen der erschütterten Dorfbewohner in Schutt und Asche. Wehklagen und Stoßgebete erfüllen die von Brandgeruch durchsetzte verrußte Luft. Das Werk vieler Generationen, Familien und Jahre ist innerhalb weniger Stunden fast restlos vernichtet.

    Kirche und Kirchturm, ein Teil des von einer festen Steinmauer umgebenen herrschaftlichen Rittergutes derer von Bredow auf Bredow, sechs stattliche Bauernbesitzungen, acht Kossätengüter und etwa achtzig Büdner und Tagelöhner Wohnungen werden Raub der an diesem Tage schier unersättlichen Flammen. Auch ein Menschenleben ist zu beklagen. Der allgemein sehr beliebte Dorfschulze Krüger überanstrengt sich bei seinem Bemühen, die schweren Koffer mit den Dorfakten in der Gluthitze aus Feuerbällen und sengender Sonne aus seinem brennenden Gehöft an der Ecke Nauener Landweg und Dammstraße zu bergen und sie bis an die herrschaftliche Mauer zwischen Dorfpfuhl und Wasserwagenhaus in Sicherheit zu schleppen. Nach mit letzter körperlicher Kraft vollbrachter Tat erleidet er einen Lungenschlag und stirbt an Ort und Stelle. Seinen zwischen den geretteten Aktenkoffern liegenden erstarrten Leichnam findet man erst am folgenden Morgen, als der Rauch aus den noch immer glimmenden Trümmern nachlässt und nur noch einige mit Ziegeln gedeckte Gebäude aus der großen Brandstätte hervorragen.«

    So, oder zumindest so ähnlich, habe ich jenes Ereignis in der Dorfchronik nachgelesen, die Klaus-Peter Fitzner mit Fleiß und Akribie fortwährend vervollständigt. Nach diesem verheerenden Brand veränderte Bredow sein Aussehen völlig. Da bei dieser Feuersbrunst fast das gesamte Dorf in Schutt und Asche gelegt worden war, wurden beim Wiederaufbau die Straßen neu geregelt, die Grenzen zwischen den einzelnen Besitzungen gerade gelegt und die Häuser in eine einheitliche Front gebracht. Dadurch ergab sich die Dorfstruktur, die man heute noch sieht, wenn man, so wie ich jetzt, von Brieselang kommend den Ort in Richtung Nauen durchfährt. Rechts habe ich soeben mein Lieblingslokal »Grünefeld« passiert. Es besteht bereits seit 1835 und erinnert mich von seiner Inneneinrichtung her wehmütig an den Dorfkrug meines Heimatortes Roggenmoor am Ende der fünfziger Jahre.

    Angrenzend beginnt die ehemals vollständig ummauerte Fläche des ehemaligen Rittergutes, welches sich, zwischen Oranienburger und Dammstraße gelegen, bis zur evangelischen Kirche vorzog. Gleich hier, gegenüber vom ehemaligen Rittergut, erkennt man die u-förmig errichteten Häuser der ehemaligen Tagelöhner, die jüngst aufwendig renoviert wurden. Gleich im Anschluss die ehemaligen Stallungen und Scheunen, die nach und nach verfallen und gern bei Dreharbeiten als Kulissen genutzt werden, zuletzt für einen Tatort mit dem jüngst verstorbenen Otto Sander.

    Das ehemalige Schloss derer von Bredow auf Bredow ist heutzutage nur noch schwer als solches zu erkennen, da man den imposanten Mittelteil mit seinen großen Fenstern, dem großen Eingangsportal und dem Türmchen auf dem Dach nach dem Zweiten Weltkrieg entfernte. Ein Schlossgebäude passte nicht zum real existierenden Sozialismus. Neben dem ehemals rechten Seitenflügel erkennt man einen Teil der vormaligen Ringmauer. Innerhalb des Geländes befindet sich noch heute ein großer Teich, einst gab es mindestens zwei davon. Die Bredows hielten dort früher zahlreiche Wildtiere und Wasservögel. Eine Generation versuchte sich gar als Züchter von Blutegeln, allerdings ohne durchschlagenden wirtschaftlichen Erfolg.

    Nach dem Gelände des Rittergutes umfährt man in einer S-Kurve rechts und gleich wieder links die evangelische Kirche und gelangt weiter in Richtung Nauen oder Markee. Ich lasse die Kirche links liegen, vor der ein Gedenkstein an den Ritter Gerhard von Bredow erinnert, der sich nach dem Einmarsch der sowjetischen Armee am 23. April 1945 in seinem Keller erschoss und fahre geradeaus in den Nauener Landweg. Dabei passiere ich rechter Hand den Festplatz mit der uralten Platane und linker Hand das ehemals Ebel’sche Wohnhaus, Ausgangsort der damaligen Brandkatastrophe. Beim Abzweig Dammstraße treffe ich auf das Gelände des ehemaligen Gehöfts des Schulzen Krüger. Dessen Erben veräußerten damals ihr Grundstück, auf dem sich, wie übrigens auch heute nach einem Gasthausbrand, nur noch Trümmer befanden und erwarben die Vogler’sche Hofstelle. Auf ihrem ehemaligen Grundstück etablierte sich der Bäcker und Gastwirt Nickel. Einen Teil des hinteren Schulzengehöfts erwarb der Schmied Wulkow und erbaute darauf sein Wohnhaus und seine Wirtschaftsgebäude, während er die Schmiede selbst wieder dort errichtete, wo sie auch vor dem großen Brand seit Generationen gestanden hatte. Heute befindet sich an der Stelle der ehemaligen Schmiede eine unbebaute Grünfläche, auf der ich mein Fahrzeug parke.

    Zu den Wulkows will ich, denn mit ihnen bin ich verabredet, aber erst um 15 Uhr. Ich bin etwas zu früh dran. Da die Gedanken an den verheerenden Brand mich nicht loslassen, bleibe ich im Auto sitzen und gehe ihnen noch ein wenig nach. 1859. Großbrand. Dabei hatte dieses Jahr für die Bredower so positiv begonnen. Einem günstigen Frühling folgte ein fruchtbarer und heißer Sommer, so dass das Getreide vorzüglich auf den das Dorf umgebenden Feldern geriet. Alles war gut und trocken in die Scheunen gebracht, nur auf dem Luch, dem mittlerweile kultivierten ehemaligen Sumpfgebiet, stand in Mandeln aufgereiht noch etwas Hafer zum Trocknen. Dann, urplötzlich aus dem Nichts hervorbrechend, diese entsetzliche Brandkatastrophe. Sie war aber nicht die einzige Heimsuchung der Bredower in ihrer mehr als achthundertjährigen Geschichte.

    Zeigten sich die ersten Jahrhunderte als »in ungewöhnlichem Maße geordnet und ertragreich«, so begannen mit dem Dreißigjährigen Krieg die Zeiten der Verwüstungen und Heimsuchungen. 1625 zerstörten die Truppen des Grafen von Mansfeld Bredow fast vollständig, 1638 die »Jenaischen Reiter«. 1806/07, im Rahmen der napoleonischen Kriege, plünderten und ruinierten die Franzosen den Ort insgesamt dreimal. 1867 zerstörte erneut ein Großfeuer Teile des Ortes, und zwar ausgerechnet den Teil der Schulstraße, der 1859 verschont geblieben worden war, 1895 wiederum fast das ganze Dorf. Unabhängig vom jeweiligen Ausmaß der Zerstörung gelang es den Bredowern stets, ihr Dorf mit Hilfe der Gutsbesitzer, Spenden aus Nachbardörfern und großem persönlichem Einsatz und Idealismus erneut aufzubauen. Dabei entwickelte sich das Rittergut samt Dorf im Laufe der Zeit zu einer überregional anerkannten Musterwirtschaft.

    Es berührt und erstaunt mich immer wieder zutiefst, wie es den Menschen stets aufs neue gelingt, nach völliger Zerstörung der über Jahrhunderte gewachsenen Infrastruktur alles erneut und oftmals noch schöner als zuvor auferstehen zu lassen. Wer hätte beispielsweise 1945 beim Anblick der Trümmerlandschaft Berlins je geglaubt, dass aus diesem riesigen Schutthaufen jemals wieder eine pulsierende Metropole entstehen könnte, die Frauenkirche in Dresden herrlicher erstrahlt als je zuvor und die Anna Amalia Bibliothek in Weimar aussieht, als habe es das schreckliche Großfeuer in ihr nie gegeben? Auch mein Heimatdorf Apen wurde mehrmals von den Ostfriesen heimgesucht, niedergebrannt und danach relativ schnell wieder neu errichtet. Material lässt sich offensichtlich unendlich erneuern oder ersetzen.

    Verletzungen der menschlichen Seele können hingegen mitunter ein Leben lang nicht mehr geheilt werden. Manch verletzte Seele wirkt selbst über den physischen Tod der sie innehabenden Person hinaus, weil sie aufgrund der erlittenen Verletzungen keine Ruhe mehr findet. Dann beginnt, zumindest für die hierfür empfänglichen Menschen, die Erfahrung des Übersinnlichen und Geheimnisvollen.

    Hierbei muss ich sofort an die 1735 in Bredow geborene Anna Elisabeth Thönßen denken. Sie hat mich unerklärlich tief berührt, seitdem ich zufällig in der Bredower Dorfchronik auf sie stieß. Ihr trauriges Schicksal entnahm ich einerseits den in der Chronik enthaltenen Aufzeichnungen des Pfarrers Hollmann, andererseits einem Zeitungsartikel aus jener Zeit. Seither lässt sie mich nicht mehr los. In Pfarrer Hollmanns Aufzeichnungen heißt es: »1767, den 14. April, ist in Buchow in des Bauern Lichterfeldts Hause – ach Bruder! – ein grausamer Kindermord geschehen, da eine ledige, aber grundböse und in christlicher Lehre ganz unwissende Weibsperson, die bei obigem Bauern vor als Magd diente, und schon vorher an anderen Orten zwei Hurenkinder gehabt, namens Anna Elisabeth Thönßen, 32 Jahre alt, aus Bredow gebürtig, ihr in Unehren erzeugtes, neugeborenes Knäblein gleich nach der Geburt lebendig in Lichterfeldts Brunnen geworfen. Die ihr nachher abgehende Nachgeburt hat den Mord entdeckt.«

    Was veranlasst eine Mutter, ihr eigenes Kind zu töten? Die durch die Schwangerschaft entstandene Problematik lässt sich aus dem Vermerk Hollmanns erahnen, »auf sie acht zu geben«. Man befürchtete also offensichtlich auch an offizieller Stelle bereits im Vorfeld, dass sie sich oder dem Kind aufgrund der entstehenden ausweglosen Situation etwas antun könne. Anna war kein Einzelfall in jener Zeit, die abzusehenden Folgen hinlänglich bekannt. Welches Leid muss diese Frau, aber nicht nur diese, erfahren haben, um so zu handeln? Welcher Druck muss auf ihr gelastet haben, eine solche Tat zu begehen? Oder gibt es eine andere Erklärung für ihre Tat?

    Was war so stark, dass die sicherlich auch in ihr vorhandenen Mutterinstinkte für einen kurzen Augenblick ausgeschaltet wurden? Kindsmorde waren keine Seltenheit, zu Beginn des 18. Jahrhunderts stiegen sie sogar zahlenmäßig an. Täterinnen waren häufig Dienstmägde wie Anna, alleinstehende Frauen und Witwen. In meiner ehemaligen Heimat wurde 1599 auf dem Gälberg bei Godensholt die Magd Grete Ratken als Kindesmörderin geköpft, 1601 die Magd Jütte Cathrine aus demselben Grunde. Zwei Fälle innerhalb von nur zwei Jahren bei vielleicht dreihundert Einwohnern sprechen eine deutliche Sprache.

    Wie bin ich nur auf die Anna gekommen? Hat es etwas damit zu tun, dass sie hier in Bredow geboren wurde? Vielleicht ist sie als Kind gerade an dieser Stelle vorbeigekommen, an der ich hier parke. Vielleicht hat sie dem alten Wulkow und seinen Gehilfen in der Schmiede zugeschaut, wie sie unter Mühen ein Hufeisen formten, damit ein Pferd beschlugen oder einen großen Eisenring um ein Holzrad legten. Vielleicht hat sie auch nur hungrig und mit großen traurigen Augen um ein Stückchen Brot gebettelt, sich am Schmiedefeuer gewärmt oder sich an den aufsprühenden Funken erfreut, wenn der Schmied kraftvoll mit dem schweren Schmiedehammer auf das goldrot glühende heiße Eisen einschlug. Warum geht sie mir nicht mehr aus dem Kopf? Es geht mir doch eigentlich um die geheimnisvollen Lichter von Brieselang, nicht um sie. Deshalb bin ich doch heute hier in Bredow. Den Zusammenhang kann ich noch nicht erkennen. Etwas Unerklärliches bindet mich an Anna und fasziniert mich am Brieselanger Licht. Vielleicht erschließt es sich mir später, wenn ich von beiden mehr weiß. Jetzt ist es 15 Uhr, wie vereinbart, und ich kann zu den Wulkows hineingehen.

    Ich klingele erst einmal. Keine Reaktion. Ich klingele noch einmal. Jetzt höre ich Schritte. Eine Dame kommt um die Hausecke, vermutlich Frau Wulkow. »Grüß Gott! Frau Wulkow?« »Ja.« »Janßen. Wir hatten miteinander telefoniert wegen der geheimnisvollen Lichter im Brieselanger Wald.« »Ich weiß, ich hab sie schon erwartet. Dann kommen sie mal rein.« »Gern!« »Wir könn’ uns hier draußen hinsetzen, wenn se möchten.« »Ist mir recht. So oft werden wir es in diesem Jahr wohl nicht mehr können. Da sollte man jede sich bietende Gelegenheit nutzen. Sie haben ein schönes Anwesen hier. Betreiben sie ein Gartenlokal?« »Wegen der Leuchtreklame? Nee, nee! Dit is nur een Andenken an een Lokal, dit et heute nicht mehr jibt.« »Es stehen auch ungewöhnlich viele Tische und Stühle im Garten.« »Dit is die Macht der Jewohnheit. Wat man in Jahrzehnten praktiziert hat, kann man nich in een paar Jahren so einfach abstreifen.« »Haben sie eine große Familie?« »Dit ooch, aber vor der Wende hatten wir immer viel Besuch, wissen se. Jetzt vereinsamen die Menschen zusehends. Besuch ist selten jeworden.« »Das kenne ich. Ich stamme aus einem kleinen Dorf im Ammerland, das liegt westlich von Oldenburg. Ich erinnere mich noch gut daran, dass in den fünfziger Jahren vor fast jedem Haus eine Holzbank stand, auf der sommertags auch immer einige Nachbarn zusammen saßen, eine rauchten, etwas tranken, vor allem aber miteinander sprachen. Dabei wurde viel und herzhaft gelacht, obwohl es den Leuten wirtschaftlich nicht so gut ging. Erst bei Dunkelheit verzog man sich ins Haus oder wenn man müde wurde und ins Bett gehen wollte.« »Sind sie Wessi?« »Ja, ist das ein Problem für sie?« »Nee, nee Unsinn! War nur so ne Frage.«

    »Bei uns im Westen begann die Vereinsamung erinnerlich mit dem Einzug der Fernsehgeräte in die Privathaushalte. Das war so Anfang bis Mitte der sechziger Jahre. Während damals aber zumindest noch die Familien im Halbkreis vor der Glotze saßen, oftmals auch Nachbarn oder Verwandte eingeladen wurden, hat der Zweit- und Drittfernseher diese vermeintliche Idylle mittlerweile auch schon zerschlagen. Die sich permanent verlängernden Öffnungszeiten der Geschäfte geben der Familie derzeit den Rest, weil die Mütter oftmals bis spät abends arbeiten müssen, sogar samstags, und somit der Familie fehlen. Mit der Auflösung der Familie wird sich dann irgendwann die Gesellschaft auflösen, da nur intakte Familien die Grundlage geordneten gesellschaftlichen Lebens sind.«

    »Bei uns war dit der plötzliche Wohlstand nach der Wende. Vor der Wende stellte et oft ein großes Problem dar, benötigte Materialien zu erhalten. Sei et een Nagel, een Brett, Farbe, Steine und wer weeß, wat sonst noch. Da war man zwangsläufich druff anjewiesen Kontakte zu haben und zu pflegen, weil jeder irgendwann jemanden brauchte, von dem er wat beziehen konnte.« »Davon habe ich gehört. Wolf Biermann hat sich einmal darüber ausgelassen, dass alles seinen sozialistischen Gang ging. Bei irgendwelchen staatlichen Großprojekten wuchsen die Datschen in der Umgebung rasant und der eigentliche Großbau nur schleppend, weil ständig Materialien verschwanden.«

    »Wollen se Erich ooch noch zitieren?« »Was meinen sie?« »Na, ja, der hat doch jesacht, das aus den DDR-Betrieben noch viel mehr rauszuholen is und die Leut ham ihn beim Wort jenommen!« »Den Spruch kannte ich noch nicht, aber eigentlich wollte ich mich mit ihnen ja über das Phänomen des Brieselanger Lichts unterhalten.« »Richtich! Aber ik gloobe, dazu jehen wir doch besser rin. Hier draußen zieht dit doch een wenich um die Ecke.« »Gern, obwohl es hier draußen sehr schön ist. Ich bin fast geneigt, von einem stattlichen Anwesen zu sprechen, dass sie hier haben. War in den Rückgebäuden früher irgendeine Produktionsstätte untergebracht?« »Dit nich, aber die Familie meines Mannes hat über Generationen die älteste und auch letzte Schmiede des Ortes betrieben. Die stand aber drüben, uff der anderen Straßenseite, da, wo se jeparkt ham.« »Natürlich, als ich herfuhr, habe ich noch darüber nachgedacht. Wir befinden uns hier auf einem Teil des Gehöfts des ehemaligen Schulzen Krüger, der damals beim Großbrand umkam.« »Wie kommen se daruff?« »Angelesen!« »Am Ende wissen se noch mehr über Bredow und meine Familie als ik, die ik hier seit Jahrzehnten ansässich bin.« »Sicherlich nicht. Ich kenne nur einige herausragende Ereignisse wie den Großbrand von 1859.« »Damit hätte ik jetzt nicht jerechnet. Sie scheinen voller Überraschungen zu sein.« »Ich hoffe, sie können mich mit ihrem Wissen über das Brieselanger Licht noch mehr überraschen, vor allem »erleuchten«, wenn ich das auf unser Thema bezogen mal so sagen darf!« »Wir werden sehen. Jetzt jehen wa erst eenmal rin!« »Soll ich die Schuhe ausziehen?« »Nee, nee, dit is nich notwendich. Wie se sehn, renovieren wir grade und so schmutzich is et derzeit draußen ja ooch nich. Folgen se mir einfach. Wir jehen die Treppe rauf nach oben!«

    Blatt 2: Bericht der Wulkows

    »Möchten se een Kaffee?« »Ehrlich gesagt, ja, gern!« »Mit Zucker un Milch?« »Ja, bitte!« »Setzen se sich ruhich!« »Wo soll ich mich hinsetzen? Gibt es Festplätze?« »Ditt is eijentlich ejal, aber vielleicht nehm se den Stuhl da.« Ich setze mich auf den angewiesenen Platz, während Frau Wulkow in die Küche geht und Kaffee brüht. Stand hier früher das Gehöft des Schulzen Krüger, aus dem er mit letzter Kraft die Aktenkoffer barg und sie dadurch den Flammen entriss oder war hier nur ein Teil des Hofes, Stallungen oder Scheunen? Ich werde bei Gelegenheit nachfragen. Anna kommt mir wieder in den Sinn. Die Todesstrafe für sie überrascht mich. Auch sie hatte gehofft, den Worten Pfarrer Hollmanns folgend, »mit dem Spinnhause in Spandau gleich vielen anderen loszukommen«, also nur eine Gefängnisstrafe zu erhalten. Warum bei ihr diese Härte? Der Frage muss ich bei Gelegenheit einmal nachgehen. Jetzt bin ich ganz gespannt, was mir Frau Wulkow über das Brieselanger Licht erzählen kann.

    »Mein Mann stößt später ooch noch zu uns. Er hat die Lichter ooch jesehen und kann ihnen watt dazu erzählen.« »Das freut mich. Je mehr Zeugen, desto besser! Sonst heißt es später vielleicht, der hat nur so ein paar esoterische Spinner aufgegabelt oder bekiffte oder volltrunkene junge Leute, die völlig zugedröhnt durch den Wald gezogen sind und in ihrem Rausch etwas gesehen haben wollen.« »Hier hab ik watt für sie. Dit sind allet Zeitungsartikel, die ich im Laufe der Jahre zu dem Thema jesammelt hab.« Mit diesen Worten legt sie einen Schnellhefter mit etlichen Zeitungsartikeln vor mich auf den Tisch. »Das ist ja super! Darf ich da einmal hineinschauen?« »Die könn se sich sogar mitnehm und in Ruhe lesen oder kopieren. Ik möchte se aber unbedingt wiederham!« »Natürlich, das ist doch selbstverständlich. Ich habe einen Kopierer daheim. Sie können die Unterlagen bereits morgen zurück haben.« »So schnell schießen die Preuß’n ja nu ooch wieder nich. Et kommt uff’n Tach nich so jenau druff an, nur wiederham möchte ik de Sachen.« »Ich ruf einfach durch und wir können dann ja kurzfristig einen Termin ausmachen, wann ich sie zurückbringe.« »Jenau, so machen wir dit! Jetzt hol ik nur noch schnell den Kaffee, und dann können wir loslejen.«

    Ich blättere in dem Schnellhefter. Der Lokalreporter Jürgen Krumnow scheint sich intensiver mit dem Thema befasst zu haben, ebenso der Ufologe T. A. Günter aus Rathenow, der auch die Internetseite »Der Leuchter Report« betreut und Thomas Gitzel aus Brieselang. Die Aussagen scheinen widersprüchlich zu sein. Als Frau Wulkow mit dem Kaffee zurückkommt, stellt sie ihn und ein paar Kekse auf den Tisch und setzt sich mir gegenüber. »Bedienen se sich ruhich. Zum Kieken hab ich die Sachen nich herjestellt!« »Vielen Dank!« Während ich den Kaffee trinke und einen Keks esse, kommen wir ins Gespräch. Wir scheinen einen Draht füreinander zu haben. Das ist gut. So erfährt man in der Regel mehr, als wenn man mit seinem Gesprächspartner nicht warm wird.

    Sie erzählt von Ihrer Familie und ihrem Leben. Drei Kinder haben die Wulkows großgezogen, die jüngste Tochter hat einen Sohn, der im Moment Omas Lebensinhalt zu sein scheint. Stolz berichtet sie von den jüngsten gemeinsamen Aktionen. Derzeit besucht sie täglich einen Schwimmkurs mit dem Kleinen, was beiden viel Freude bereitet. »Wissen se, früher, als die eigenen Kinder kleen war’n, da hatt man so viel arbeiten müssen, dass die Kleenen oft zu kurz jekommen sind.« Bei ihrem Mann hat die jahrelange harte Arbeit nach ihren Worten ihre Spuren hinterlassen. Er hat mit erheblichen Rückenproblemen zu kämpfen und ist auch schon operiert worden. Die Wulkows sind eine bodenständige, offensichtlich seit Jahrhunderten mit dem Ort Bredow verwachsene Familie, denke ich bei mir, ähnlich wie die Familie meines Vaters in Barßel und die meiner Mutter in Brünn. Auch Frau Wulkow macht auf mich den Eindruck, als ob sie mit beiden Beinen fest im Leben steht und nicht irgend so eine abgedrehte Spinnerin ist, die sich mit unhaltbaren Geistergeschichten nur hervortun will. Somit darf ich ernstzunehmende Informationen erwarten, was mich beruhigt und erfreut.

    »Wann haben sie erstmals von diesem mysteriösen Licht im Brieselanger Wald erfahren?« »Dit muss so Mitte der neunziger Jahre gewesen sein. Ik weeß ehrlich jesacht nich mehr, von wem ik it jenau jehört habe. Uff einmal war dit een Thema. Zuerst hab ik ja ooch jedacht: Na, ja, wieder so ne Spinnerei, wenn die Leute sich eigentlich nix zu erzählen ham. Aber dann, als ik ooch von seriösen Leuten verschiedene Berichte über die Lichter im Wald jehört hatte, da bin ik neujierich jeworden, wie dit eben so is.« »Haben sie etwas darüber erfahren, seit wann es dieses Phänomen gibt?« »Nee, nich wirklich. Manche bringen dit janze mit de Russen in Zusammenhang, andere erzähln wat von einem ermordeten Mädchen oder eenem Bahnwärter, der seine Tochter sucht. Dit muss aber schon im 18. oder 19. Jahrhundert jewesen sein.« »Das ist im Moment auch nicht so wichtig, da werde ich sicherlich noch einiges in Erfahrung bringen. Wann waren sie das erste Mal im Wald, um nach diesen Lichtern zu schauen?« »Wir sind am 14. April 1995 erstmals dort jewesen, danach waren wir öfter in dem Wald.« 14. April? Das Datum ist mir jüngst doch schon einmal begegnet. In welchem Zusammenhang war das nur? Hoffentlich vergesse ich es nicht, später nachzuschauen, aber jetzt will ich weiter konzentriert zuhören!

    »Wir? Sind sie mit mehreren Personen gegangen?« »Na, wat glooben se denn? Denken se, ik trau mich alleen nachts in den stockfinsteren Wald? Noch dazu, wenn et da gruselige Lichter jeben soll?« »Da haben sie natürlich Recht. Ich hätte mich übrigens auch nicht allein dort hineingetraut. Als Kind musste ich immer mutterseelenallein einen Kilometer übers Hochmoor gehen. Das war im Winter und bei Dunkelheit der reinste Horror. Man konnte die Hand vor Augen nicht erkennen, tappte in Pfützen oder glitt auf Eisflächen aus. Jedes Geräusch, jedes Rauschen des Windes durch Bäume und Sträucher, jeder auffliegende Vogel oder wegrennende Hase ließen einen zu Tode erschrecken.« »Hören se bloß uff damit. Ik bekomm ja jetzt schon eene Jänsehaut!« »Entschuldigung, aber bei dem Thema gehen die Erinnerungen mit mir durch! Wieviel Leute waren sie bei diesen Exkursionen?« »Zwischen 4 und 10. Dit war unterschiedlich. Jetzt fällt mir grade ein, dass wir dit erste Mal nach einer Jeburtstagsfeier jejangen sind. Da hatten wir über dit Thema jesprochen und dann hat irgendwer jesacht: Lass uns hinfahren und nachsehen! Wie dit denn immer so is in Jesellschaft. Jetrunken hatten wir ooch wat, betrunken war jedoch keener, nur lustich. Unternehmenslustich, wissen se.« »Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Aber jetzt die wichtige Frage für mich: Was genau haben sie im Brieselanger Wald gesehen?«

    »Also, wir sind damals mit zwei oder drei Autos nach Brieselang rin jefahrn, so jenau weeß ik dit nich mehr. Karl-Marx-Straße, dann bei der Schule in die Birkenallee, die janz zu Ende und kurz in den Wald. Wo et nur links oder rechts jeht, sind wir kurz links, dort ham wa die Autos jeparkt, unsere Taschenlampen jegriffen und sind dann mit mulmigem Jefühl vorjeloofen, bis der Leuchterweech abzweegt. Den sind wir rinn. Je ängstlicher der Eenzelne war, desto mehr hat er rumjequatscht oder Witzchen jemacht. Uff alle Fälle weeß ik noch, dass wir alle dicht beisammen jeblieben sind. Da hätte sich niemand jetraut, zu weit voroder nachzuloofen!« »Und wo sind sie dann hingegangen?«

    »Zuerst mussten wir über een richtich dicken Boomstamm klettern, der am Anfang vom Leuchterweech quer rüber liecht und den Weech versperrt.« »Das ist der Leuchterweg? Den bin ich schon so oft mit meiner Tochter Heidede und unserem Hund Julchen gegangen, wenn wir sonntags nach dem Gottesdienst im Wald einen Spaziergang machen.« »Sie haben eine Tochter? Wie alt is denn di?« »Elf! Ich weiß schon, altersmäßig könnte ich eher der Opa sein, aber das Leben geht seine eigenen Wege. Zurück zum Leuchterweg. Auf ihm ist mir nie etwas Ungewöhnliches aufgefallen.« »Wie denn ooch? Sie waren doch am helllichten Tach da. Die Lichter erscheinen doch erst bei Dunkelheit.« »Natürlich, daran habe ich im Moment gar nicht gedacht. Aber merkwürdig finde ich es schon, dass ich so häufig diesen Weg gegangen bin, ohne seine dunklen oder besser gesagt »leuchtenden« Geheimnisse zu kennen. Was haben sie denn nun genau im Leuchterweg gesehen?«

    »Nich nur ick, wir waren ja mit mehreren Personen, und alle ham dit selbe jesehen, ooch wenn jeder et vermutlich etwas anders beschreibt.« »Das Phänomen kenne ich. Auf einem Seminar mussten wir uns einmal der Reihe nach aufstellen und wurden dann an einer offenen Tür vorbeigeführt. Jeder durfte kurz an der geöffneten Tür stehen bleiben und in den Raum dahinter schauen. Später wurde jeder einzeln befragt, was er gesehen habe. Sie glauben gar nicht, was die Leute alles gesehen haben wollten. Dinge wurden neu erfunden, auffällig große Gegenstände schlicht übersehen.« »So krass war dit bei uns zwar nich, aber et jab schon leichte Unterschiede.«

    »Was haben sie selbst konkret gesehen?« »Sie dürfen nich verjessen, dass sich diese Vorjänge 1995/96 abspielten, also fast zwanzig Jahre her sind. Aber ik will ihnen jern sagen, woran ik mich erinner. Sie könn et aber ooch nachlesen, denn ik hab damals einen Bericht für die Cenap jeschrieben. Der is bei den Unterlagen, die ik ihnen mitjebe.« »Cenap? Was ist denn das?« »Das ist die Abkürzung für »Centrales Erforschungsnetz außergewöhnlicher Himmelsphänome« in Mannheim.« »Ufologen?« »So könnte man dit ooch nennen, wenngleich die sich nich allein mit Ufos beschäft’gen, sondern mit allem, wat am Himmel so uffällt.« »Die Artikel lese ich mir noch ganz in Ruhe daheim durch. Jetzt würde ich gern ihre ganz persönliche Schilderung hören.« »Also jut. Angst hatten wir alle, auch wenn dit keener zujeben wollte. Die Dunkelheit, die Stille. Ja, vor allem die Stille war beängstijend. Wie im Jruselfilm, wenn man weeß, gleich kommt der Böse um die Ecke und dann jibt’s een Unglück. Normal hört man doch watt, nachts im Wald, oder nich? Da sind doch nachts alle möglichen Viecher aktiv oder nich?« »Im Gruselfilm heulen dann, glaube ich, immer die Wölfe, ein Uhu ist zu hören oder eine Fledermaus flattert dicht vor den Augen vorbei!« »Jenau, dit mein ik. Da auf dem Leuchterweech aber: Nix! Einfach totenstill war dit da. Dann die Bäume und Sträucher links und rechts, wo man auch nich jenau wusste, wat man da eigentlich sieht. Immer wieder stolperte jemand und rempelte einen dabei an, weil der Weech so uneben is, wat richtije Schrecken in der Gruppe verursachte. Unterbewusst befürchtete man ja bei jedem Stolperer einen jeheimnisvollen Grund, bei jeder Berührung zuckte man zusamm und dachte: Jetzt hat it dich!« »Das kann ich gut nachempfinden!«

    »Wir waren den Weech noch jar nicht allzuweit vorjejangen, vielleicht so dreihundert Meter, da fing dit ooch schon an mit dem geheimnisvollen Leuchten. In Blickrichtung des Weejes erschienen so eigenartige Lichtreflekte. It wurde muxmäuschenstill in der Gruppe. Ik gloob, in dem Moment spürte jeder einen leichten Schauer über seinen Rücken loofen. Et fing an mit hellem kurzen Aufblitzen, als ob jemand mit nem Licht schnell vorbeihuscht oder een Licht kurz an und ausjeschaltet wird. So, als ob jemand kurz kieken wollte, ob er jemanden sieht. Ik fühlte mich richtich beobachtet und unwohl in meiner Haut. Die Entfernung vom Standort zum Lichteffekt war nur schwer einzuschätzen. Anders als in den Berichten, die von Lichtern rechts und links in den Bäumen sprechen, sah ik nur welche in Blickrichtung des Weges. Das Licht selbst bewegte sich etwas oberhalb des Weejes, so als ob it darüber schweben tät. Dabei verfärbte et sich von weiß über rosenrot bis dunkelrot, als ob jemand een Signallicht errichten wollte: Achtung, nich weiter jehen! Jefahr! Dabei erschien dat Licht als Kugel ohne Strahlenkranz. Ik hab bei späteren Besuchen ooch schon beobachtet, wie diese Kugeln janz langsam uffsteigen und sich teilen, so dass man schließlich zwei Kugeln sieht. So sieht man doch keen Scheenwerferlicht von nem Auto, wi so viele immer wieder sajen, oder?«

    »So wie sie es schildern, erscheint es mir auch unwahrscheinlich. Wie weit war denn das Licht von ihrem Standort entfernt?« »Wie schon jesacht, dit weeß ik nich. Aber, ooch wenn ik die Entfernung zu den Lichtern nich jut einschätzen konnte, so hatte ik beim Verlassen des Waldes janz stark

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