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Eine schlimme Begegnung/Liebesselbstmord
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Eine schlimme Begegnung/Liebesselbstmord
eBook48 Seiten39 Minuten

Eine schlimme Begegnung/Liebesselbstmord

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Über dieses E-Book

Georges Eekhoud wurde am 27. Mai 1854 in Antwerpen geboren und starb am 29. Mai 1927 in Schaarbeek. Er war ein belgischer Schriftsteller französischer Sprache. Hier sind zwei seiner Erzählungen “Eine schlimme Begegnung und Liebesselbstmord”.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum27. Dez. 2015
ISBN9783956765766
Eine schlimme Begegnung/Liebesselbstmord
Autor

Georges Eekhoud

Georges Eekhoud (* 27. Mai 1854 in Antwerpen; † 29. Mai 1927 in Schaarbeek) war ein belgischer Schriftsteller französischer Sprache. Er wurde dank der Französin Mirande Lucien wiederentdeckt, die über ihn ihre Doktorarbeit schrieb. Mirande Lucien veröffentlichte auch mehrere Werke Eekhouds auf französisch.(Wikipedia)

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    Buchvorschau

    Eine schlimme Begegnung/Liebesselbstmord - Georges Eekhoud

    Meienreis

    Eine schlimme Begegnung

    Auf dem Diner bei dem italienischen Minister und der Frau Gräfin von Casa-Ferrata – so heißt's ja wohl im Styl der Zeitungsberichterstatter – zeigte sich Leonce von Maugraves besonders seltsam und widerspruchsbereit.

    Seine vornehme Umgebung verzieh ihm vieles auf Grund seines bestechenden Äußeren, seines geschichtlich berühmten Namens und seines ungeheuren Vermögens, über das er, da er Waise, einziges Kind seiner Eltern und unvermählt war, uneingeschränkt zu verfügen hatte. Stutzerhaft elegant, von feinstem weltmännischen Benehmen, durch seine zugeknöpfte Haltung gesichert gegen Zudringlichkeiten und Vertraulichkeiten, bekannte sich dieser kaum dreißigjährige junge Mann in einem gleichmäßig ruhigen Tonfall, mit einer außerordentlichen Sicherheit und Gewandtheit, ohne eine Spur von innerer Erregung zu verraten, zu den übertriebensten Anschauungen, ja er rechtfertigte mit Feuereifer Verstöße gegen die Sittengesetze und sonstige Freveltaten, die in der vornehmen und begüterten Gesellschaft, der er durch seine Geburt angehörte, besonders verpönt waren. Jedermann war überzeugt, daß Leonce von Maugraves kein Wort glaubte von den Ungeheuerlichkeiten, die er, ohne zu stocken, zu Tage förderte mit seiner metallischen, einschneidenden Stimme, aus der er eifersüchtig alles, was an seelische Anteilnahme erinnern konnte, verbannte, während er sein Gegenüber mit Augen, eisig-kalt und stahlhart wie Degenspitzen, fixierte; trotzdem ließ man ihm seine mehr als gewagten Behauptungen durchgehen, und selbst keineswegs beschränkte Leute fanden mitunter ein gewisses Vergnügen an der virtuosen Meisterschaft, mit der er seine paradoxen Sätze verfocht.

    Gegenüber der Frauenwelt zeigte er sich noch raffinierter durch die scheinbare Harmlosigkeit seiner Redewendungen, wenngleich seine Gedanken dort eine noch schärfere und umstürzlerische Tendenz aufwiesen. Er fühlte sich wahrhaft glücklich darüber, daß die Mehrzahl seiner Gesellschaftsgenossen von Eigendünkel aufgebläht und in ihren Vorurteilen bis zur Verknöcherung erstarrt waren; sonst hätten sie längst merken müssen, daß dieser kühle Aristokrat, der sie so mir nichts, dir nichts zum besten hatte, alle Männer und besonders die Frauen seiner Umgebung mit einer glühenden Verachtung beehrte, und daß er viel länger über die sozialen Ungleichheiten und Unbilligkeiten nachgedacht hatte, als seine hochtrabenden, fast wie Hohn klingenden Worte vermuten ließen.

    An diesem Tage jedoch – vielleicht überwältigten ihn Groll und Mitleid – überschritt er alle Grenzen und verlor schließlich alles Maß.

    Der liebenswürdige und ehrerbietige Spötter, als den er sich sonst immer gegenüber den verwitweten Anstandsdamen und den jungen adeligen Gänschen, die man ihm zu Nachbarinnen gab, aufspielte, beschuldigte sich heute zu wiederholten Malen, ein alles zersetzender und geißelnder Lästerer zu sein, sodaß die Damen fast auf den Gedanken hätten kommen können, der Prinz von Maugraves hätte, ganz im Gegensatz zu seiner sonst gewohnten vegetarischen Nüchternheit, dem vorzüglichen Burgunder des Gesandten allzuviel Ehre angetan. Er verspottete mit Hohngelächter, er, der sonst kaum jemals lächelte, sämtliche Grundsätze der geheiligten Moral in jedem zivilisierten Lande: Staat, Familie, Heirat, Monogamie, Schamgefühl, eheliches Leben, die Heuchelei einer Gesellschaft, die nur eine gegenseitige Hölle ist; kurz, er überschüttete Alles mit ätzender Lauge, widerlegte den berühmten Grundsatz der politischen und sozialen Ökonomie, die Erhaltung der menschlichen Gattung, durch bizarre und satanische Paraphrasen über den toll übermütigen Vers:

    »Dem öden Träumer hab' ichs stets verübelt,

    Der sich zuerst sein töricht Hirn zergrübelt,

    Die unlösbare Frage auszudenken,

    Wie Liebe sei durch Sitte zu beschränken.«

    Die Kunst für die Kunst, die Liebe für die Liebe! verkündete er, indem er sich vom Tische erhob.

    Im Rauchzimmer empfand er das Bedürfnis, seine exaltierten Ausführungen vollends auf

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