Der Plakatwächter
Von María José Ferrada und Peter Kultzen
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Buchvorschau
Der Plakatwächter - María José Ferrada
Erste Woche
Montag
Eines Montags kletterte Ramón auf das Gerüst mit dem Coca-Cola-Plakat an der Ausfallstraße, und als am Abend die Sonne hinter den Hügeln rings um die Häuser der Siedlung unterging, beschloss er, für immer dort oben zu bleiben. Das Verschwinden der Sonne änderte nichts daran, dass es heiß war. Eine trockene Hitze, noch trockener in diesem Teil der Stadt, wo es bislang weder zu Bäumen noch Straßenbelag gereicht hatte.
»Die reinste Wüste«, sagte Ramón. Und stellte fest, dass das Eisengerüst, bei dessen Anblick er an ein Mammutskelett denken musste, groß genug war, um da oben das eine oder andere Möbelstück hinzustellen – unterhalb der Stelle, wo sich vor fünf Millionen Jahren die Rippen befunden hatten, eine Matratze, da, wo das Schlüsselbein gewesen war, einen Tisch, und in der Augenhöhle eine kleine Lampe. Die Wasserrohre würde er verlegen, wo einst, ineinander verflochten, unzählige Blutbahnen und Nervenstränge verlaufen waren.
Dienstag
Mithilfe eines selbstgebastelten Flaschenzugs schaffte er den Umzug in Rekordzeit – er brauchte keine vier Stunden, um die Möbel von seiner Wohnung aufs Gerüst zu befördern. Als er fertig war, sprach er ein paar Worte, die nur er selbst zu hören bekam, denn von dort oben hatte er nicht nur einen weiten Blick über die ganze Stadt, er war auch allein, genau wie er wollte.
Etwa um zehn ging auf dem Gerüst das Licht an, und zwar in dem Loch des großen O, das zusammen mit zwei kleinen Punkten das große Ö des weißen Schriftzugs »KÖSTLICH UND ERFRISCHEND« bildete, der sich über die Fahrertür des von einer Riesin gelenkten coca-cola-roten Cabrios zog. Das weiß ich noch, weil ich um diese Uhrzeit die Nachttischlampe in meinem Zimmer ausmachte.
»Schlaf endlich, Miguel.«
»Ja, Mama«, sagte ich.
Aber statt zu tun, was Mama gesagt hatte, presste ich das Ohr an die Wand, um zu hören, wie Ramóns Geschichte weiterging. In der Nachbarwohnung telefonierte meine Tante Paulina, die die letzten zehn Jahre – ich bin elf – mit ihm zusammengelebt hatte. Ramón würde genauso viel verdienen wie in der Plastikfabrik, wo er fünf Tage die Woche, von Montag bis Freitag, immer von acht bis sechs, gearbeitet hatte. Auf dem Werbegerüst dagegen konnte er sich die Zeit frei einteilen.
Schlief er gezwungenermaßen dort oben? Nein, das machte er freiwillig. Arbeitete er für Coca-Cola? Nein, für eine Firma, die an sämtlichen Ausfall- und Überlandstraßen Lateinamerikas Werbetafeln aufstellte. Hatten die noch Stellen frei? Das wusste sie nicht, leider. War Ramón verrückt geworden? Das musste man schon ihn selbst fragen.
Kaum hatte meine Tante Paulina aufgelegt, klingelte das Telefon von Neuem, weshalb ich immer wieder dieselbe Geschichte zu hören bekam, bis ich einschlief und von einem Mann träumte, der Tüten voller Geldscheine aus einem Hubschrauber warf. Die Lohntüten – denn darum handelte es sich – landeten auf allen möglichen Plakaten – von Nike, Panasonic, Ford, Gillette, Nestlé und L’Oréal –, die in lauter verschiedenen Hauptstädten standen – Santiago, Lima, Buenos Aires, Managua, Mexiko-Stadt. Ich saß auch in dem Hubschrauber, und irgendwann fiel mir auf, dass eine Sache bei allen Plakaten gleich war: Egal, um welche Stadt es sich handelte, immer führten die Straßen, an denen sie standen, zum Flughafen. Zugleich wusste ich im Traum, dass ich träumte, denn durchs Hubschrauberfenster blies zwar der Wind, der Hut des Mannes, der das Geld verteilte, rührte sich jedoch nicht.
Mittwoch
Ramón rief seinen neuen Chef an, um mitzuteilen, dass er beschlossen habe, sich ab sofort sieben Tage die Woche rund um die Uhr an seinem neuen Arbeitsplatz aufzuhalten. Sprach etwas dagegen? Bei den ersten drei Versuchen landete er bei einem Anrufbeantworter, der ihn wissen ließ, dass unter dieser Nummer keine Nachrichten entgegengenommen wurden. Beim vierten Versuch meldete sich sein Chef, ein gewisser Eliseo:
»Damit wir uns verstehen, Raúl …«
»Ramón.«
»Damit wir uns verstehen, Ramón: Dein Job ist es, auf das Plakat aufzupassen. Du bist dafür verantwortlich, dass niemand die Scheinwerfer klaut. Wenn du deshalb da oben schlafen willst, ist uns das, ehrlich gesagt, egal – meinetwegen kannst du dich auch auf eine Wolke legen oder im Gebüsch verstecken.«
»Okay, danke«, sagte Ramón, der den Worten des anderen zu entnehmen glaubte, dass damit auch das Wohnungsamt grünes Licht für seinen Umzug gab.
»Wir haben zu danken, Raúl.«
Ich war damals elf und somit alt genug, um zu begreifen, dass Ramón diesen Anruf eigentlich vor und nicht erst nach dem Umzug hätte erledigen sollen. Aber elf Jahre in diesem Haus, in dieser Siedlung und auf dieser Welt hatten mich gelehrt, dass sich hier niemand allzu viele Gedanken darum macht, was eigentlich zu tun wäre. Auch Ramón nicht.
Einen Vertrag? Nein, einen Vertrag würde er nicht bekommen, Steuern würden für ihn allerdings abgeführt. Das war aber egal, der Lohn, der in dem Vertrag der Plastikfabrik genannt wurde, war nur halb so hoch wie der, den er in Wirklichkeit bekam – wie bei allen Fabriken, wo sich der Besitzer persönlich darum kümmerte, dass die arbeitsrechtlichen Bestimmungen eingehalten und die Gehälter korrekt ausgezahlt wurden. Der Rest waren »Überstunden« und die eine oder andere »Zusatzvergütung«.
Mittagessen gab es nicht, er müsste sich also mit einem Campingkocher selbst etwas zubereiten. Trotzdem änderte sich eigentlich nicht allzu viel – soweit Ramón wusste, wurde normalerweise nur in Fabriken mit mehr als hundert Angestellten ein tägliches Mittagessen angeboten. Oder im Film. Obwohl Arbeiter da normalerweise gar nicht vorkamen. Die Leute wollten lieber Polizisten oder Rettungssanitätern bei der Arbeit zusehen.
Ein halber Vertrag und eine warme Mahlzeit pro Tag – im Krieg muss man auf ganz andere Dinge verzichten, sagte sich Ramón, während er die verschmorten Überreste der selbstmörderischen Mücken wegfegte, die sich – allen Theorien über den Selbsterhaltungstrieb im Tierreich zum Trotz – Nacht für Nacht wie winzige Kamikazeflieger auf die Scheinwerfer stürzten.
Donnerstag
Die Siedlung besteht aus einem Dutzend Häusern, die von weitem – vom Himmel aus, zum Beispiel – wie riesige Legosteine aussehen. Jedes Haus hat vier Stockwerke mit jeweils vier Wohnungen, deren Fenster, je nach Ausrichtung, auf die Treppe, die Mauern, den Fußballplatz oder die Straße gehen. Aus Langeweile habe ich ein paarmal versucht, sie zu zählen, und bin dabei – wahrscheinlich hab ich mich nicht richtig konzentriert – auf Zahlen zwischen dreihundert und dreihundertdreißig gekommen.
Wichtig ist aber nicht die genaue Anzahl der Fenster, sondern zu welcher Uhrzeit die Bewohner – Männer, Frauen, Kinder – durch sie hindurchsehen, aus einer fast