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Revolver 43
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eBook130 Seiten1 Stunde

Revolver 43

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Über dieses E-Book

VORWORT

Jeder Film ist ein Modell, größer oder kleiner als die Wirklichkeit. Im besten Fall hilft uns der ungewohnte Maßstab, die Welt neu zu sehen. Diese Ausgabe beschäftigt sich im wörtlichen wie im übertragenen Sinne mit Modellen und widmet dem Handwerk des make believe einen kleinen Schwerpunkt. Der Visual Effects Supervisor Alex Lemke und der Modellbauer Simon Weisse erzählen aus dem Nähkästchen der Trickarbeit, und welche Mittel unser Abstraktionsvermögen am Besten kitzeln. Die Schnittmeisterin Claire Atherton arbeitet an einer anderen Naht: Ein Film wird lebendig, indem man seine Geheimnisse respektiert, sagt sie. Die Filmemacher Peter Liechti und Alexandre Koberidze forschen in sehr persönlichen Texten nach den Quellen des Lichts. Liechti: „Sich nicht in die Abhängigkeit eines genialen Vorbildes begeben, sondern dessen Mut und Energie als Quelle für die eigene Courage nutzen …“ In diesem Sinne:

Die Redaktion

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum19. Dez. 2023
ISBN9783755464266
Revolver 43

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    Buchvorschau

    Revolver 43 - Peter Liechti

    Jeder Film ist ein Modell, größer oder kleiner als die Wirklichkeit. Im besten Fall hilft uns der ungewohnte Maßstab, die Welt neu zu sehen. Diese Ausgabe beschäftigt sich im wörtlichen wie im übertragenen Sinne mit Modellen und widmet dem Handwerk des make believe einen kleinen Schwerpunkt. Der Visual Effects Supervisor Alex Lemke und der Modellbauer Simon Weisse erzählen aus dem Nähkästchen der Trickarbeit, und welche Mittel unser Abstraktionsvermögen am Besten kitzeln. Die Schnittmeisterin Claire Atherton arbeitet an einer anderen Naht: Ein Film wird lebendig, in dem man seine Geheimnisse respektiert, sagt sie. Die Filmemacher Peter Liechti und Alexandre Koberidze forschen in sehr persönlichen Texten nach den Quellen des Lichts. Liechti: „Sich nicht in die Abhängigkeit eines genialen Vorbildes begeben, sondern dessen Mut und Energie als Quelle für die eigene Courage nutzen…"

    In diesem Sinne:

    die Redaktion

    Charlotte Selb

    Du bist Quereinsteigerin beim Filmschnitt. Welche Rolle spielte dabei deine erste Begegnung mit Chantal Akerman und dein Studium der chinesischen Sprache und Zivilisation, dein Interesse an taoistischer Philosophie?

    Claire Atherton

    Da muss man ganz von vorne anfangen. Das hat überhaupt nicht mit der chinesischen Kultur oder mit Chantal begonnen. Ich weiß nicht, warum ich schon in jungen Jahren sehr schnell unabhängig sein wollte, einen Weg gesucht habe, mich selbst zu finanzieren. Ich habe schon früh gearbeitet, verschiedene Dinge, beispielsweise für Solidarność, einen Verein zur Unterstützung der polnischen Arbeiter*innen. Irgendwann war ich auf der Suche nach einem Praktikum. Ich kannte Delphine Seyrig, die eine Jugendfreundin meiner Mutter war. Sie bot mir an, beim Centre Audiovisuel Simone de Beauvoir als Technikerin eine Ausbildung zu machen. Mir gefiel am Centre SdB, dass ich da eine Funktion, eine Rolle, hatte. Ich musste sowohl wirklich als Technikerin arbeiten, als auch organisieren und aufräumen. Und ich mochte das sehr. Ich erzähle diesen Weg hier gerne, da ich glaube, dass wir aus vielen verschiedenen Fasern bestehen. Viel öfter spreche ich über den Taoismus, da ich ihn für wichtiger halte, dabei sind die Dinge oft aus verschiedenen Schichten aufgebaut. Und wie wir nicht wissen, wie ein Leben aufgebaut ist, wissen wir auch nicht, wie ein Film aufgebaut ist. Dies entspricht meiner Lebensart: Wir können vorab nicht wissen, wo wir ankommen werden. Doch nach einer Weile blicken wir zurück und sehen all die kleinen Dinge, die uns an diesen Ort gebracht haben. Das ist doch genau so, wie man einen Film aufbaut. Zur gleichen Zeit, parallel zu meinen Jobs und zu meinem Praktikum am Centre SdB, habe ich eben auch Chinesisch studiert.

    Da Delphine Seyrig die Präsidentin des Centre SdB war, bat sie mich eines Tages, Chantal bei den Aufnahmen eines Theaterstücks, in dem Delphine mit ihrer Nichte Coralie Seyrig auftrat, zu begleiten. So habe ich Chantal kennengelernt. Als wir im Theater ankamen, war ich nur darauf vorbereitet, die Schärfe zu ziehen, denn ich war damals erste Kameraassistentin (Technikerin, erste Kameraassistentin, Tontechnikerin usw., kurz gesagt, Assistentin). Und Chantal filmte. Kurz darauf sagte sie dann aber zu mir: „Mach du das ruhig, ich steh hier nicht gut. Und so fand ich mich im Alter von 21 Jahren dabei wieder, mit Chantal ein Theaterstück abzufilmen. Dann sagte sie: „Ich ziehe Schärfe für dich. Ich hatte nicht einmal Zeit, Angst zu haben oder mich von der Situation einschüchtern zu lassen, obwohl ich Jeanne Dielman im Alter von 14 Jahren – immer noch die Verbindung zu Delphine Seyrig – gesehen hatte. Alles verstanden habe ich nicht wirklich. Andererseits spürte ich, dass in mir etwas vorging.

    Ich war von Chantal nicht eingeschüchtert. Sie hatte so eine große Einfachheit an sich. Ich war beim Filmen nicht nervös. Wenn ich heranzoomte, um mich Delphine (filmisch) zu nähern, wollte sie das gerade sagen. Wenn ich schwenken wollte, wollte sie genau das gerade sagen. Wir hatten sehr schnell das Gefühl, dass wir uns gut verstehen, dass wir „das Gleiche empfinden, sagte sie. Am Ende des Stücks ging sie auf Delphine zu und fragte: „Wer ist die Kleine? Mit der möchte ich arbeiten. So war das. Zu dieser Zeit hatte ich bereits einiges für das Centre SdB geschnitten, aber der Schnitt brachte uns nicht zusammen.

    Ich möchte hervorheben, dass alles, was wir tun, uns irgendwo hinführt und wir nicht wissen müssen, warum wir Dinge tun, wenn wir sie tun. Es ist das Leben, die Begegnungen, die Offenheit für die Gegenwart, für das Unbekannte, für das Unerwartete, das uns in Bewegung setzt und uns hilft, unser Leben zu gestalten und Filme zu machen. Und der Filmschnitt verkörpert ein Eintauchen in das Unbekannte. Es geht vor allem um das Empfangen von Bildern, um diese Leere in uns selbst und den Versuch, die Bilder in Beziehung zu setzen, ohne sie zu entschlüsseln, ohne sie zu entmystifizieren. Sie haben eine geheime Bedeutung. Sie sind jenseits dessen, was sie zeigen. Das ist unsere Arbeit.

    Das Chinesische. Es fällt mir immer schwer, darüber zu reden. Es klingt immer, als wäre alles nach einem Plan organisiert gewesen. Ich habe die Verbindungen aber erst viel später hergestellt.

    Die chinesische Sprache ist eine Assoziation von Bildern, die einen Sinn ergeben. In der chinesischen Sprache gibt es auf vielen Ebenen Assoziationen von Wörtern, die Sinn ergeben. Was ich immer sehr gerne mag: Um zu sagen „sei vorsichtig, sagen wir xi oxīn (小心), es sind zwei Zeichen, eines bedeutet „klein, das andere „Herz. Ich finde das sehr hübsch. Wir sehen Bilder. Wir sehen ein kleines Herz und wir denken, dass wir vorsichtig sein müssen. Um zu sagen: spazieren gehen, sagt man, sànbù (散步), „seine Schritte zerstreuen. Das Zeichen des Hauses ist ein Dach mit einem kleinen Schweinchen darunter (Jiā (家) = mián (宀) + sh (豕)). Das sind Bilder, die Sinn ergeben.

    Daneben gibt es die taoistische Philosophie, in der die Leere sehr wichtig ist, denn die Leere ist kein Niemandsland, sie ist kein Mangel, sie ist nicht etwas Hohles. Es ist ein Raum für den Lebensatem, ein Raum für Verbindungen. In der chinesischen Malerei wird viel mit

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