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Spezialagentin Oma Nordstrom: jagt den Lügendelphin
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Spezialagentin Oma Nordstrom: jagt den Lügendelphin
eBook440 Seiten6 Stunden

Spezialagentin Oma Nordstrom: jagt den Lügendelphin

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Über dieses E-Book

Lange war Ruhe im Atlantik, doch plötzlich wird es für die Spezialagentin der Delphine wieder stressig. Im Westatlantik soll eine neue Delphinsiedlung entstehen, Nachwuchs bei den Kindern ist unterwegs und zu allem Unglück haben gleich zwei Lügendelphine ihr hässliches Haupt erhoben. Zwischen Pflicht und Familie hin- und hergerissen versucht Spezialagentin Oma Nordstrom alles auf die Reihe zu bekommen, doch reicht eine einzelne Spezialagentin tatsächlich aus, um das zu schaffen?

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum9. Sept. 2019
ISBN9783748714958
Spezialagentin Oma Nordstrom: jagt den Lügendelphin

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    Buchvorschau

    Spezialagentin Oma Nordstrom - E. Dence

    Prolog

    Werte Eltern, liebe Kinder. Bitte beachtet die Altersempfehlung bei allen Büchern, denn es werden auch Bücher geschrieben, welche nicht von Kindern oder Jugendlichen verstanden würden oder gelesen werden sollten. Dieses Buch wurde hauptsächlich für Kinder, Jugendliche und jung Gebliebene geschrieben.

    Im vierten Teil der Reihe »Geschichten von unter der Meeresoberfläche« geht es wieder um die Spezialagentin Nordstrom, die bereits aus anderen meiner Werke bekannt sein sollte. Die Handlung schließt an das erste Agentenabenteuer der Spezialagentin an und läuft in späterer Folge auch parallel zum Buch ‚Roberta und der ägyptische Mumiendelphin‘, in welchem jedoch die Enkeltochter der exzentrischen Spezialagentin die Hauptrolle übernimmt. Im ersten Teil des Buches wird gezeigt, wie sich die Lügendelphine lange Zeit unter dem Schnabel der redlichen Delphine in aller Öffentlichkeit zeigen und unentdeckt in der Delphingesellschaft leben. So wie bei den Menschen, fliegt auch bei den Delphinen der Lügner irgendwann auf und hat dann mit Konsequenzen zu rechnen. Bei den Delphinen ist es im zweiten Teil der Geschichte die Spezialagentin Nordstrom persönlich, welche den Lügendelphinen die Leviten lesen will.

    Es gibt viele neue und einige bereits bekannte Charaktere in diesem Buch. Es ist nicht erforderlich, die ersten drei Bücher gelesen zu haben, um dieses Buch genießen zu können.

    Ich wünsche viel Spaß beim Lesen.

    E.Dence

    Ein seltsamer Delphin

    Ein flinkes Augenpaar beobachtete das Jagdrevier der Delphine genau. Heute schien dieses Revier nicht nur unbewacht, es waren auch keine Versorgerdelphine der Jagdtruppe bei der Arbeit. Die Delphine waren schlau und diese Jagdtruppe versorgte alle anderen Delphine der Siedlung, die wegen anderer wichtiger Aufgaben nicht selbst jagen konnten oder die zu alt zum Jagen waren. Das Augenpaar gehörte aber nicht zu einem Delphin, sondern zu einem Hai. Genau genommen war es ein junges Drescherhaiweibchen, welches selbst auch schon so groß war, wie ein erwachsener Delphin von der Schwarz-Weißen Sorte. Zählte man die enorm lange Schwanzflosse eines Drescherhais hinzu, dann war das Haiweibchen sogar doppelt so lang. Anders als die männlichen Drescherhaie, kam das junge Weibchen nicht hierher, um sich mit den Delphinen zu prügeln. Nur die Männchen machten das manchmal, um ihre Männlichkeit zu beweisen. Warum das so wichtig für die Haimännchen war, verstand die junge Doris allerdings nicht. Das musste so eine Art Männersache sein.Nein, die junge Haidame war einem Schrei gefolgt, den sie aus einiger Entfernung gehört hatte. Sie war einfach nur neugierig gewesen. Schließlich entdeckten ihre Augen einen seltsamen Delphin am Rand des Jagdreviers. Im Gegensatz zu den Schwarz-Weißen Dephinen der Nahe gelegenen Siedlung war dieser Delphin etwas Besonderes. Er war Schwarz-Blau!!!

    »Na, Doris? Bist du auch dem Schrei gefolgt?«, säuselte eine sympathische, sanfte Stimme über dem Haimädchen. Sofort änderte sich die Ausrichtung der jungen Drescherhaidame und sie starrte unschuldig, nach Art der Haie grinsend der Besitzerin der Stimme entgegen. Dabei biss sie die Zähne zusammen und zog möglichst unschuldig grinsend die Lippen hoch. Haiehemänner grinsten immer so, wenn sie etwas ausgefressen oder jemand gefressen hatten. Es war für Junghaie verboten, so nahe an die Jagdreviere oder die Siedlungen der Delphine zu schwimmen. Ein übermütiger Wächterdelphin könnte auf den Gedanken kommen, dass ein Haiangriff der eher rüpelhaften Haimännchen bevorstand und den Junghai angreifen, obwohl dieser einfach nur neugierig gewesen war. So eine Sache konnte leicht eskalieren, da Junghaie von ihren Eltern sehr geliebt wurden und diese es gar nicht gern mochten, wenn man ihre Kinder wegen eines Missverständnisses verkloppte. So eine Sache könnte leicht alle erwachsenen Haie in einer Siedlung gegen die Delphine aufbringen und das führte dann nur zu weiteren Streitereien.

    »’tschuldigung. Ich mach’s nie wieder, Frau Fachlehrer«, säuselte Doris. Die Besitzerin der sanften Stimme nickte leicht und schwamm dann auf den seltsamen Delphin so selbstverständlich zu, als wäre dies hier ein Jagdgebiet der Haie und nicht eines der Delphine. Der enorm große und lange Körper der Frau Fachlehrer schlängelte sich anmutig an der Schülerin vorbei und Doris konnte nur staunen, wie gewaltig so ein Großer Hammerhai eigentlich war. Obwohl die Lehrerin nur viereinhalb Meter lang war, übertraf sie die meisten anderen Haie im Haigebiet bei Weitem. Große Hammerhaie konnten schließlich an die sechs Meter lang werden. Allerdings schien der Lehrerin das Essen in letzter Zeit zu gut zu schmecken, denn sie hatte einen Bauch angesetzt. Vermutlich hatte sie nur aus Frust so viel gefressen, weil ihr Lebensgefährte zurück in seine Heimat in den Pazifik geschwommen war. Bei Menschen war es doch auch üblich, die Menschennahrung namens Kuchen in rauen Mengen zu essen, wenn man nicht so toll glücklich war und das konnte bei den Menschen dazu führen, dass sie ein wenig an Gewicht zunahmen. Zumindest hatte das die Frau Fachlehrer selbst so unterrichtet.

    Doris folgte ihrer Lehrerin und beide schwammen ganz dicht an den Schwarz-Blauen Delphin heran, doch dieser rührte sich nicht. Seine Augen schauten geradeaus und wirkten irgendwie, als würden sie in weite Ferne blicken. Nach kurzem Überlegen befahl die Lehrerin, dass Doris den Delphin mit ihrer Schwanzflosse auf den großen Hammerkopf legen sollte und die Schülerin war schon so geschickt mit ihrer überlangen Schwanzflosse, dass es auch auf Anhieb gelang. Doris wunderte sich, wie rasch die Lehrerin mit dem neuen Schwarz-Blauen Delphinhut auf dem Kopf Richtung Meeresoberfläche hochstartete und schwamm sofort hinterher. Schließlich streckten beide ihre Köpfe aus der Wasseroberfläche, obwohl sie hier an der Luft gar nicht atmen konnten und der Delphin war sogar mit dem ganzen Körper der frischen Luft ausgesetzt. Sofort wurde die blaue Farbe immer heller und heller, bis sie sich schließlich in ein schlichtes Weiß verwandelt hatte.

    »Oje, das ist ja gar keine neue Delphinart. Der arme Schwarz-Weiße Delphin hat nur dringend Luft benötigt«, seufzte Doris erleichtert und dann riss sie die Augen ganz weit auf. »Du hast recht. Delphine sind nicht wie Fische oder wie Haie und brauchen Luft zum Atmen. Wieso guckst du so?«, erkundigte sich die Lehrerin. »Das ist doch der nette Delphin, der mich vor einem Jahr gerettet hat!«, rief Doris entsetzt. »Ich kann ihn zwar im Moment nicht sehen, aber ich erinnere mich an den Vorfall. Weißt du was? Wir nehmen den armen Kleinen mit in unser Haigebiet. Er hat uns auch schon bei der Jagd geholfen, als diese furchtbaren, flinken Futterfische alle anderen Futterfische aus unserem Jagdgebiet vertrieben haben. Es werden sich sogar die Raufbolde in unserer Siedlung freuen, wenn wir diesen netten Delphin mitbringen.« Jetzt, wo der seltsame, junge Delphin wieder ordentlich durchgeatmet hatte, verschwanden die beiden Haie mit ihrer ungewöhnlichen Beute und machten sich auf den Heimweg.

    Spezialagentin Nordstrom

    Obwohl die Menschen oftmals gerne die Meeresbewohner beobachteten, war es heute umgekehrt, denn eine Spezialagentin der Delphine war an der Küste in Stellung gegangen und beobachtete die drei dicht beieinander liegenden Strände ganz genau.

    Roberta Nordstrom war eine etwas kleinere Delphindame und gehörte zu den Schwarz-Weißen Delphinen, die ohnehin schon kleiner als einige andere Delphinarten waren. Schwarz-Weiße Delphine konnte man sehr oft in Delphinsiedlungen antreffen, welche mit Hilfe der freundlichen Meermenschen gebaut worden waren. Die Menschen wussten selbstverständlich nichts davon, aber für Meeresbewohner war es nie ein Problem, eine Delphinsiedlung zu finden. Für Menschen waren die unauffälligen Siedlungen entweder zu gut getarnt oder sie lagen einfach zu tief, um sie noch erreichen zu können. Doch die Delphine wussten von den Menschen und studierten die schlaksigen und oft unbeholfen wirkenden Landbewohner. Natürlich waren diese an Land nicht unbeholfen, jedoch im Wasser waren diese haarlosen Affenmenschen recht tolpatschig und genau deswegen war die Spezialagentin hierher entsandt worden. Immer wenn die Menschen einen neuen Strand eroberten und für Urlaubsgäste mit Gebäuden ausstatteten, wurden die Meeresbewohner nervös.

    Die Haie freuten sich, denn sie sahen es als Vorteil, wenn die Menschen so bereitwillig genau vor ihrer Schnauze ein Hotel am Strand bauten. Auch die Menschen würden sich wohl kaum über ein üppig gedecktes gratis Buffet beschweren. Die Meermenschen hielten sich raus, denn sie wollten vor den Menschen ihre eigene Existenz um jeden Preis geheimhalten. Abgesehen davon bevorzugten Meermenschen meistens auch das Leben in größeren Tiefen. Die hilfsbereiten Delphine waren jedoch immer sehr besorgt, denn Menschen waren sehr oft unbeholfen im Wasser und mussten manchmal möglichst unauffällig vor dem Ertrinken gerettet werden. Abgesehen davon mussten die Delphine natürlich auch die Haie von den Stränden vertreiben, wenn diese sich einen kleinen Menschensnack gönnen wollten.

    Die Spezialagentin hatte genug gesehen und sank langsam wieder unter die Meeresoberfläche und dann immer tiefer. Sie änderte ihre Ausrichtung nach Südosten, denn dort lag ein ziemlich großes Haigebiet, welches in naher Zukunft den Menschen in ihrer Ferienanlage noch Probleme bereiten konnte. Mit einem ganzen Dutzend Haie würde Roberta jetzt lieber kämpfen, als das zu tun, was ihr unweigerlich bevorstand und ihr schon eiskalte Schauer über den Rücken herunterjagte: Papierkram!

    Genau genommen war es eher eine Lehmtafel, die sich Roberta jetzt von einem nördlich gelegenen Forschungsaußenposten der Meermenschen holen musste, denn sie musste die Fortschritte der Menschen dokumentieren und die restliche Bauzeit abschätzen. Dazu ritzte sie dann mit dem Schnabel einen groben Plan und die geschätzten Daten in den weichen Lehm. Anschließend musste sie die Lehmtafel noch bei den Meermenschen brennen lassen und danach damit in die Delphinhauptstadt zurückschwimmen. Diese Daten waren wichtig, damit der Hohe Rat der Delphine und der Kriegsrat gemeinsam wegen der neuen Urlaubsstrände der Menschen beraten konnte. Roberta wusste natürlich schon jetzt, dass hier eine neue und sogar ziemlich große Delphinsiedlung entstehen musste, um die Menschen zu schützen, aber den Papierkram musste sie trotzdem erledigen, ansonsten wären die Ratsdelphine nicht in der Lage zu handeln. Seufzend und mit hängenden Brustflossen nahm die ansonsten so schnelle Spezialagentin langsam Fahrt auf und schwamm Richtung Norden. Bei den Wächtern der Meermenschen würde sie sicher die notwendige Tafel bekommen. Wo waren die gleich nochmal stationiert? Ach ja, im Krankenhaus in dem Forschungsaußenposten der Meermenschen von Ankerstadt. In dem kleinen Krankenhaus konnte man natürlich auch Delphine und andere Meeresbewohner behandeln und dort waren auch die Wächter stationiert, erinnerte sich die Spezialagentin.

    »Dodoria! Hör auf zu zeichnen. Unser Traum wird war, komm mit raus!« Die angesprochene kleine Meerjungfrau hatte schwarzes, lockiges Haar und war mit Sicherheit noch keine Elf Jahre alt. Doch die Meerjungfrau, die sie nach draußen locken wollte, war sogar noch jünger und im Vergleich mit Dodoria regelrecht schlaksig. »Na, gut. Ich hoffe, es ist wichtig, Kamilla«, antwortete Dodoria verärgert.

    Die Spezialagentin hatte den Forschungsaußenposten natürlich gleich gefunden, denn Delphine haben einen ausgezeichneten Orientierungssinn und brauchen nur einmal an einem Ort gewesen zu sein, um immer wieder hinzufinden. Auch der schwarze und der blonde Haarschopf hinter den Korallenbüschen auf der breiten Hauptstraße des Stützpunktes war ihr aufgefallen. Roberta schwamm jetzt langsamer und lauschte, denn die Haarschöpfe hatten junge Mädchenstimmen und tuschelten.

    »Ich pack die Schwanzflosse und du packst sie am Kopf. Dann schnell nach Hause, bevor Mama uns erwischt.«, »Guter Plan. Ich hoffe, uns verpetzt niemand. Dieses Mal muss es klappen.«

    Noch bevor sich die Spezialagentin überlegen konnte, ob Grund zur Sorge bestand, sausten schon zwei sehr kleine Meerjungfrauen auf sie zu. Die schlaksige, blonde Meerjungfrau packte die Schwanzflosse und die etwas größere und kräftiger gebaute packte sie am Kopf. Natürlich hätte sich die Spezialagentin locker freischütteln können, aber dann hätte sich eines der beiden Mädchen vielleicht weh getan. Deswegen wehrte sie sich nicht und rief statt dessen schmunzelnd, »Hilfe!« Im nächsten Moment hatte sich die schwarzhaarige Meerjungfrau aber ihren Schnabel unter den Arm geklemmt und Roberta rief nur noch, »Hlf!« Rasch sausten die beiden frechen Meerjungfrauen mit ihrer Beute in ein Gebäude und schlossen sofort die Tür hinter sich. Beide kicherten vergnügt, denn ihr Plan schien aufgegangen zu sein. Nur, was war denn nun genau ihr Plan?

    Die Spezialagentin lugte zur Decke und stellte mit Bedauern fest, dass es hier keine Deckenblase gab. Diese Luftblasen gab es in allen Delphinhöhlen und sie wurden von der Lufttruppe der Versorgerdelphine einer Siedlung mit deren Delphinbeuteln mit Luft von der Oberfläche immer wieder aufgefüllt, damit die Siedlungsdelphine zum Atmen nicht auftauchen mussten. Nur Meermenschen konnten sowohl unter als auch über Wasser atmen. Das hatten Robertas junge Entführer wohl nicht bedacht, denn sie waren wohl auch noch sehr jung. Kaum hatten die Mädchen aufgehört zu kichern, begann auch schon der Streit.

    »Ich bin die Ältere. Das süße Delphinweibchen wohnt jetzt bei mir. Du kannst sie gerne immer streicheln kommen«, beschloss die Schwarzhaarige und zerrte die Spezialagentin in die eine Richtung. »Kommt gar nicht in Frage. Ich hab sie zuerst gesehen!«, schnauzte das blonde Meermädchen zurück und zog Roberta in die andere Richtung. Der Streit ging hin und her, aber das jüngere Mädchen setzte sich seltsamer Weise durch und zerrte die Spezialagentin mitsamt ihrer schwarzhaarigen Mittäterin einfach den Gang hinunter. Da flog auch schon die Eingangstür auf und eine wunderschöne und zum Glück erwachsene Meerjungfrau befand sich mitten in der Tür und schaute die beiden Mädchen grimmig an. Die Meerjungfrau hatte einen offenen Arztkittel an und einen Werkzeuggurt mit verschiedenen medizinischen Werkzeugen unter dem Kittel umgeschnallt. Sie arbeitete eindeutig im Krankenhaus, aber weil es derzeit so warm im Meer war, hatte sie den Kittel offen und trug nur einen dieser seltsamen Seemuschel-BHs, welche von Meerjungfrauen so gerne getragen wurden.

    Beide Mädchen riefen entsetzt, »Mama!« Vor Schreck ließ das blonde Mädchen Robertas Schwanzflosse los und das schwarzhaarige, welches immer noch am Kopf der Spezialagentin zog, fiel nach hinten auf den Po und schleuderte Roberta regelrecht ihrer Mutter entgegen.

    Roberta sauste den Gang entlang und stieß mit ihrer Retterin unsanft zusammen. Beide sausten aus dem Gebäude und schlitterten kurz über die sandige Hauptstraße des Außenpostens.

    Diese hübsche Meerjungfrau mit ihrem zierlichen Gesicht, der kleinen Stupsnase und dem hellroten Haar wäre hier im Freien sicher auch für die Spezialagentin ein wundervoller Anblick gewesen. Leider stimmte die Perspektive im Moment nicht, denn durch den Aufprall war Robertas Schnabel unter den Seemuschel-BH gerutscht und jetzt lag sie inmitten der recht passablen Oberweite der verdutzten Dame eingequetscht auf ihrer Retterin, die wiederum selbst auf dem Rücken lag. Die Spezialagentin lag auf ihrem Bauch und da sie rundherum schon jemand kichern hörte, versuchte sie auch gleich unschuldig nach Art der Haie zu grinsen. Rückwärtsschwimmen ging nämlich in dieser peinlichen Position nicht, daher zog sie die Lippen hoch, biss die Zähne zusammen und grinste, was das Zeug hielt, während sie möglichst unschuldige große Glupschaugen zu machen versuchte. Babydelphine konnten ihre Eltern so um die Flosse wickeln, aber bei erwachsenen Delphinen sah es doch sehr seltsam aus und funktionierte praktisch nie. Aus dem Gekicher wurde gleich Gelächter und die arme Meerjungfrau bekam umgehend einen roten Kopf.

    Plötzlich packte eine gewaltige Pranke die Spezialagentin und zog sie endlich nach hinten und damit aus dieser peinlichen Lage. Für Roberta Nordstrom war das natürlich nicht wirklich peinlich, aber bei den Meermenschen galt es als unschicklich, einer Meerjungfrau auf die Muscheln oder den Busen zu starren. Es war eben so eine Art Meermenschensache, welche die Delphine zwar nicht so wirklich verstanden, aber trotzdem respektierten. »Das wäre erledigt, Frau Spezialagent Nordstrom«, säuselte eine tiefe männliche Stimme, die Roberta gleich bekannt vorkam. Als sie sich umsah, entdeckte sie erstaunt einen Meermann, den sie bereits kannte. Es war Arthur, der Kommandant der Elitegarde einer Meermenschenstadt namens Ankerstadt. Die kleine Delphinsiedlung, in welcher Robertas Sohn Manfred und seine Frau Silke hingezogen waren, lag ein kurzes Stück östlich dieser Stadt. Erleichtert blickte Roberta sich um und viele freundliche Meermenschen waren herangeeilt und halfen jetzt der armen Mutter der beiden Schlingel auf. »Ist alles in Ordnung, Frau Doktor Seestern?«, erkundigte sich Arthur. Diese nickte nur knapp und starrte dann an Delphin und Kommandant vorbei zur offenen Eingangstür. Dort hatten ihre Töchter den Kopf durch die Tür gesteckt und grinsten ebenfalls unschuldig nach Art der Haie. Heute würde es ihnen aber wahrscheinlich nichts nützen, denn die gute Frau Doktors schwamm bereits mit säuerlicher Miene auf die Eingangstür zu. Sofort waren die Köpfe verschwunden und eine Tür im Inneren der Unterkunft knallte zu. Dann hörte man zwei erheiterte Mädchenstimmen rufen, »Hilfe, das Mamamonster kommt!«

    Spezialagentin Nordstrom sauste schnell zu Frau Doktor Seestern, bevor diese im Haus verschwinden konnte und sagte ehrlich betroffen, »Danke, dass sie mich gerettet haben.« Sie befürchtete, dass die Mädchen hart bestraft werden würden, denn sie war mit den Sitten von den Meermenschen und ihren Kindern nicht so vertraut. Frau Doktor drehte sich leicht zu Roberta und nickte. Zum Glück konnte die Delphindame schon ein leichtes Grinsen auf dem Gesicht des Mamamonsters sehen. Offensichtlich nahm sie den Zwischenfall mit Humor und Roberta war sehr erleichtert.

    Während die Strafpredigt von Frau Doktor dennoch durch den Forschungsaußenposten hallte, wurde die Spezialagentin von Arthur im Krankenhaus verköstigt und vor eine Wahl gestellt.

    »Bei Poseidon, was sie für einen Appetit haben, meine Liebe«, staunte Arthur. Hier in diesem großen Raum im Krankenhaus, hatten die Wächter ihr Quartier bezogen und auch ihre Ausrüstung gestapelt. Den einzigen Schreibtisch im Raum belegte natürlich Arthur, welcher derzeit hier auszuhelfen schien. So schnell der Fisch für die Spezialagentin auf dem Tisch gelandet war, so schnell war er auch schon in ihrem Magen verschwunden. Zum Glück hatten die Jäger heute reiche Beute bei den langsamen und bodenständigen Futterfischen gemacht, denn das war zum Glück auch der Lieblingsfutterfisch von Roberta Nordstrom und genau genommen sogar von ganzen Generationen von Nordstroms. Bis auf wenige Ausnahmen waren die meisten Nordstroms auch noch Wächterdelphin geworden.

    »Weswegen wollten sie mich denn sprechen?«, erkundigte sich die Spezialagentin und war angenehm satt und sichtlich zufrieden. Der Wasserstand im Raum war für die Spezialagentin extra bis zur Schreibtischplatte abgesenkt worden, daher konnte sie hier auch unbeschwert atmen. Die Meermenschen hatten es ihr einmal erklärt, aber sie hatte nur Pumpmechanismus und Leitung zur Oberfläche verstanden. Wie die schlauen Meermenschen es wirklich schafften, dass sie ohne Versorgerdelphine immer ausreichend frische Luft in die Räume bekamen, war für die Spezialagentin eigentlich immer noch ein Rätsel.

    Arthur räusperte sich und nahm eine der Lehmtafeln aus einem Regal. Sie war noch feucht vom höheren Wasserstand und Arthur legte sie auf den Tisch. Dann erklärte er, »Also, sie haben die Wahl. Entweder nehmen sie die Lehmtafel und erledigen ihre Arbeit auf die alte Weise oder sie nehmen eine unserer Karten, die wir zum Glück in doppelter Ausfertigung bereits selbst erstellt haben. Wir wollten die Kopie eigentlich nach Ankerstadt schicken, aber sie könnten die Kopie sofort haben und wir machen einfach eine neue.« Damit nahm er eine Rolle aus dem Regal, die ausgerollt eine dieser hervorragenden, präzisen Karten war, welche auch in den Kartenräumen des Kriegsrates der Delphine hingen. Diese Karte war mit wasserunlöslichen Stiften erstellt worden und tausendmal besser als jede Skizze, die Roberta mit ihrem Schnabel in den Lehm hätte zeichnen können. Roberta war hocherfreut und nahm das Angebot dankend an.

    »Nächste Zeile. Ihr wisst ja, was ihr schreiben sollt«, sagte Frau Doktor Seestern streng. In dem Schwesternzimmer im Krankenhaus war normalerweise auch der Schulbetrieb, da es hier alle erforderlichen Tische und Tafeln gab. So wie der Raum der Wächter, war auch hier der Wasserstand abgesenkt worden, damit für beide Schlingel die Tischplatte über Wasser war. So wie im Wächterzimmer gab es auch hier die seltenen Leuchtsteine der Meermenschen an der Wand. Schließlich konnte man nicht soviel Luft in den Raum lassen, wenn man Fenster hatte, daher wurde mit den Leuchtsteinen Licht erzeugt, um besser sehen zu können.

    Spezialagentin Nordstrom bestaunte die kleinen Wunder, welche Delphinhöhlen normalerweise nicht hatten und sah schweigend zu. In einer kurzen Schreibpause fragte sie dann ganz freundlich, »Was müsst ihr denn schreiben, meine Süßen?« Sofort schreckten die Mädchen hoch und waren hocherfreut Frau Nordstrom zu sehen. »Ach, nur dass Delphine keine Haustiere sind«, erklärte die eine. »Und auch, dass Delphine Luft zum Atmen brauchen. Damit Delphine nicht Blau anlaufen, dürfen wir sie nicht in einen Raum ohne Luftblase sperren«, lamentierte die andere. Dann entdeckte Dodoria den neuen, eng umgeschnallten Delphinbeutel an der Spezialagentin, in dem sich die geschenkte Karte befand und fragte betrübt, »Willst du uns schon verlassen?« Roberta nickte, »Ich muss die Karte zum Kriegsrat der Delphine zurückbringen. Ich bin sicher, dass nächstes Jahr hier in der Nähe eine Delphinsiedlung gebaut wird und zwar eine ziemlich große«, verriet Spezialagentin Nordstrom. Die Mädchen, die zuerst traurig gewirkt hatten, weil Roberta schon los musste, waren schlagartig wieder fröhlich. Dann durften sie noch mit auf die Hauptstraße schwimmen, um die Spezialagentin zu verabschieden. Es dauerte nicht lange und Roberta schwamm los. Ein letztes Mal drehte sie sich noch um und rief, »Macht’s gut und Danke für den Fisch.«

    Wehmütig blickten die vielen Meermenschen, die von der Verabschiedung auf die Hauptstraße gelockt worden waren, der Spezialagentin nach. Viele der Erwachsenen hatten als Kind ebenfalls versucht, sich so einen tollen Delphin zu fangen und als Haustier zu behalten. Alle waren gescheitert, aber das war auch gut so, denn Delphine waren doch nun wirklich keine Haustiere.

    ‚Es gibt auch einige Delphine, die sich gerne einen Meermenschen einfangen und einsperren würden‘, dachte sich Spezialagentin Nordstrom vergnügt und dann raste sie in ihrer schnellen Reisegeschwindigkeit los. Drei Tage würde die Reise dauern, hatte Arthur geschätzt, aber das galt nur für normale Delphine. Spezialagentin Nordstrom wollte noch heute und zwar vor Einbruch der Dunkelheit bei ihren Freunden sein. Sie war eine der schnellsten Schwimmerinnen im ganzen Ozean und ihre neue Schülerin, die sie bei ihren Freunden zurückgelassen hatte, könnte vielleicht einmal genauso schnell werden, wie es die Spezialagentin selbst war. Das Leben war einfach genial und wunderschön für die Delphine im Atlantik, fand Spezialagentin Roberta Nordstrom. Überall schien die Sonne zu scheinen und alle Delphine waren glücklich.

    Düster war die Stimmung auf dem kleinen Segelboot der Menschen. Ängstlich starrte die gesamte Crew auf die Meeresoberfläche, als könnte gleich ein Seeungeheuer auftauchen. Dann erschien es wieder. Es brach blitzschnell durch die Wasseroberfläche und es sah aus, wie ein zwei Meter langer Tentakel oder vielleicht eher wie eine ebenso lange, peitschenartige Flosse. Allerdings schien es, als wären drei große Beutel auf diesem langen Ding oder waren das etwa doch merkwürdige Saugnäpfe an einem sehr seltsamen Tentakel? Wie eine Peitsche schnellte dieses Etwas in die Höhe und klatschte wieder ins Wasser. Die ganze Crew bibberte und war im nächsten Moment auch noch klatschnass vom herumspritzenden Wasser. »Ihr müsst euch verfahren haben, Herr Kapitän. Wir sind hier ganz, ganz sicher im Bermudadreieck«, lamentierte ein Mannschaftsmitglied, aber der Kapitän hörte ihn nicht mehr. Er war schon wieder in Ohnmacht gefallen.

    Doris kicherte und konzentrierte sich wieder darauf, keinen der drei Beutel mit der kostbaren Atemluft für ihren neuen Delphinfreund zu verlieren. Ihre Brustflossen hatte sie an den Rückenflossen von zwei jungen Hammerhaien eingehängt, welche ihr bei der Luftbeschaffung halfen. Da sie zufällig auch gleichzeitig ‚Menschen erschrecken‘ spielen konnten, lachten ihre Mitschüler lauthals los und gaben dann ordentlich Gas. Schließlich mussten sie eine hohe Geschwindigkeit halten, bis sie in der Schule im Haigebiet angelangt waren, damit die Luft nicht vorzeitig aus den Beuteln entwich. Doris fühlte sich gerade wie ein Versorgerdelphin der Lufttruppe und kicherte leise vor sich hin.

    »Frischluft«, brüllte eine vergnügte Stimme von oben und sogar die beiden fünfeinhalb Meter langen Tigerhaie der Siedlung brachten sich in Sicherheit. Kaum waren die Junghaie durch den breiten Eingang der Schulhöhle gebraust, nahmen die Tigerhaie wieder ihre Position ein und schauten grimmig. Es war doch unerhört, dass jetzt ein Delphin in der Siedlung leben sollte, den niemand fressen durfte.

    »Ich werde dich jeden Tag gemeinsam mit meinen Freunden mit Frischluft versorgen«, versprach Doris dem erstarrten Delphin. Das hintere Ende dieser natürlich entstandenen Höhle, die schon lange als Schule für den Unterricht an Haikindern verwendet wurde, war höher gelegen und jetzt gab es auch noch eine große Luftblase, in welcher der ungewöhnliche Besucher ebenso frei atmen konnte, als wäre er in einer Delphinhöhle. Der stille Delphin seufzte leise und alle Haie waren überglücklich, weil er endlich ein erstes Lebenszeichen von sich gegeben hatte. Er starrte zwar noch immer ins Leere, aber es war ein Anfang. Doris schürzte die Lippen und verpasste dem reglosen Delphin einen dicken SCHMATZ. Dann verschwanden alle Schüler nach draußen, um mit den dicken Tigerhaien zu reden, die sich hier so wichtig machten und den Eingang fast blockiert hätten. Die Lehrerin blieb noch kurz zurück und flüsterte dem Delphin zu, »Ich erkenne ein gebrochenes Herz, wenn ich eines sehe. Es ist sehr schade, dass es so einem netten Delphin wie dir passiert ist. Keine Sorge, du bist hier unter Freunden.« Dann streichelte diese gigantische Haidame zärtlich mit ihrer Schnauze über die Wange des reglosen Delphins und verschwand nach draußen. »Warum frisst mich denn keiner?«, jammerte der traurige Delphin leise, da er wohl tatsächlich an furchtbaren Herzschmerzen litt.

    KLONK, beantwortete Frau Fachlehrer Larissa die offizielle Anfrage des Tigerhaimännchens, ob er den Delphin jetzt endlich fressen durfte, mit einem heftigen Hammerschlag ihres steinharten Hammerkopfes. Auf seinem Kopf erschien sofort eine Beule und er beschwerte sich umgehend bei seiner Frau wegen der Misshandlung. PATSCH, beantwortete das Tigerhaiweibchen die Beschwerde ihres Mannes mit einem kräftigen Schwanzflossenschlag. »Könnt ihr mir bitte erklären, warum ich diesen Rüpel überhaupt geheiratet habe? Es ist mir tatsächlich entfallen«, lamentierte das Tigerhaiweibchen jetzt, während die normalen Hammerhaie, Drescherhaie und sogar die Lehrerin kicherten. »Also, ich stimme dafür, dass der Kleine als Ehrenhai bei uns leben darf. Er hat einmal meine Tochter vor einem bösen Delphin gerettet, der sie nur so zum Spaß verprügeln wollte«, verkündete ein mächtiger, bulliger Drescherhai, welcher natürlich der Vater von Doris war. Diese strahlte sofort und kuschelte sich an ihren Paps. Anerkennend nickten die meisten erwachsenen Haie, denn so einen hilfsbereiten Delphin hätten sie tatsächlich gerne in der Siedlung gehabt. Trotzdem schüttelte das Tigerhaimännchen energisch den Kopf und maulte, »Das ist ja schön für dich, aber was hat er je für mich getan?« Seine Frau rollte mit den Augen nach oben, als würde sie jetzt den Himmel über der Meeresoberfläche fragen, warum sie den Typen geheiratet hatte. Ein Mitschüler von Doris schrie unsicher, »Schäm dich! Als die schnellen Futterfische da waren, die was so schnelle Haken schlagen, hat er uns auch geholfen. Die haben doch alle anderen Futterfische vertrieben. Wir hätten auswandern oder verhungern müssen, wenn uns der Delphin nicht geholfen hätte!« Sofort war Getuschel zu hören, »Ach, der war das? So ein netter Delphin.«, »Die Futterfische haben mich immer verspottet. Die waren echt eine Plage.« Dann bemerkte das Tigerhaimännchen nachdenklich, »Ja, genau. Ich hatte damals so einen Hunger, ich wollte schon die Kinder und die Frau fressen.« Ein sattes KLATSCH später wusste der Tigerhai, dass er versehentlich laut gesprochen hatte, anstatt sich solche Sachen einfach nur zu denken. »Ich fasse es nicht, dass ich dich geheiratet habe«, fauchte ihn seine Frau wütend an. »Larissa, sag auch einmal etwas«, forderte sie die Lehrerin verzweifelt auf.

    Die Lehrerin wurde nun von allen angestarrt und ergriff das Wort, »Dieser Delphin hat keinen Funken Böses im Leib und dennoch hat er ein furchtbares und schreckliches Schicksal. Er scheint irgendwie seine große Liebe verloren zu haben, denn er leidet an einem gebrochenen Herzen.« Betretenes Schweigen setzte ein.

    Die Junghaie kannten die Liebe noch nicht, aber instinktiv wussten sie, dass so etwas furchtbar sein musste. Die erwachsenen Haie waren entsetzt, denn so etwas wie ein gebrochenes Herz konnte leider auch einem erwachsenen Hai passieren.

    Das Tigerhaimännchen veränderte sich aber total. Er wirkte jetzt regelrecht bullig, denn jeder Muskel in seinem Körper schien angespannt zu sein. Die Zähne hatte er zu einem freudlosen und gefährlichen Grinsen zusammengebissen und er erweckte den Eindruck, dass er jeden Moment auf irgend etwas oder irgend jemand losgehen würde. Er war außer sich vor Zorn. Schließlich fauchte er wütend, »Die Liebe ist bei allen Meeresbewohnern heilig. Wer einen anständigen Delphin so schlecht behandelt hat, verdient Schlimmeres, als von einem Hai gefressen zu werden. Der Kleine steht unter unserem Schutz und wer sich mit ihm anlegt, legt sich mit uns allen an. Verstanden!« Das Tigerhaiweibchen säuselte ganz verliebt, »Jetzt weiß ich wieder, warum ich dich geheiratet habe. Es war dein großes Herz.« So wurde ein kleiner, trauriger Delphin, ohne überhaupt gefragt zu werden, einfach in eine Haisiedlung eingebürgert.

    Nadja

    Unwissend, dass doch nicht jeder Delphin im Atlantik glücklich und fröhlich war, sauste die Spezialagentin direkt in die kleine Siedlung hinein, die auf halben Weg zu Ankerstadt lag. Übermütig vollführte sie eine Vollbremsung, denn sie hatte ihre Freunde bereits entdeckt, die vor der dem Eingang ihrer eigenen Delphinhöhle warteten und sich mit zahlreichen Nachbarn unterhielten. »Juhu, Familie Magergräte. Was macht ihr hier draußen? Hat sich meine kleine Nadja auch ordentlich betragen?«, erkundigte sich die Spezialagentin fröhlich. Verzückt begrüßte Frau Magergräte ihre Freundin, »Unsere rasende Roberta ist wieder da. Deine Nadja ist ja echt eine Wucht. Die trainiert jede freie Minute ihre Schwanzflosse und sie hat jedes Wettrennen hier in der Siedlung gewonnen, zu dem wir sie herausgefordert haben. Wir haben hier jede Menge Spaß mit deiner Kleinen.« Roberta hörte das sehr gerne und grinste stolz. Dann bemerkte sie, dass einige der anwesenden Delphine zappelnde und quengelnde Babydelphine, an der Schwanzflosse gepackt, in ihrem Schnabel hatten, die sich offensichtlich freizappeln wollten. »Nanü? Was ist denn mit den Kleinen los?«, erkundigte sich die Spezialagentin überschwänglich. Herr Magergräte kicherte verschmitzt, »Ach, die wollen nur mit deiner Nadja spielen, aber ihre Eltern wollen nicht, dass die Kleinen zu ihr in die Höhle schwimmen.« »Na, dann hol ich euch einfach meine kleine Nadja heraus. An der Strömung aus dem Eingang zu eurer Höhle habe ich ja schon gemerkt, dass meine beste Schülerin drinnen eifrig trainiert. Aber für eine schnelle Schwimmerin wie mich ist das ja kein Problem«, versprach die Spezialagentin und wunderte sich, wieso alle kicherten. Nadjas Trainingsmethode war, mit dem Schnabel gegen die Höhlenwand zu schwimmen. Dadurch presste sie nach hinten mit der Schwanzflosse förmlich das Wasser aus der Höhle, welches wiederum durch die kleinen Verbindungstunnel in der Außenwand mit einem leisen, pfeifenden Geräusch wieder in die Höhle gesaugt wurde. Durch diese Verbindungstunnel, die zwischen den Höhlenabteilen und auch in der Außenwand von den Meermenschen gebohrt worden waren, fand normalerweise immer eine Zirkulation statt, die für einen Wasseraustausch in der ganzen Delphinhöhle sorgte. So gab es immer frisches Wasser in der Höhle und es war viel angenehmer, als in einer Höhle mit abgestandenem Wasser zu wohnen. Diese Meermenschen waren unglaublich schlaue Konstrukteure, weswegen sie vor allem von den Siedlungsdelphinen so bewundert wurden.

    Die Spezialagentin schwamm gegen die Strömung an, aber je näher sie dem Eingang kam, umso stärker wurde der Wasserdruck, bis sie dachte, sie würde jetzt selbst gegen eine Wand schwimmen. Noch bevor sie durch den Eingang schwimmen konnte, wurde sie wieder zurückgetrieben und schließlich musste sie sogar ganz aufgeben. Zufällig landete Roberta auch ganz genau dort, von wo aus sie losgeschwommen war und einige der Delphine bogen sich jetzt vor Lachen. »Haben wir auch schon versucht, aber Nadjas Schwanzflosse ist einfach zu kräftig«, kicherte einer der Delphinpapas und damit hatte er auch schon versehentlich seinen Babydelphin losgelassen. Sofort war der kleine Lausedelphin verschwunden und in Panik sah sich der Vater um. Schließlich richteten sich alle Augen auf einen der kleinen Verbindungstunnel an der Außenwand, von welchen die Zuggeräusche kamen. Der kleine Babydelphin war schon in den Sog geraten und trieb immer schneller und schneller auf das Loch zu. Schließlich stellte er sich kerzengerade ins Wasser und drehte sich breit grinsend zu den Erwachsenen um. Die eine Flosse hatte er ganz fest an seinen kleinen Körper gepresst, aber mit der anderen Flosse salutierte er noch ein letztes Mal vor versammelter Mannschaft. Mit einem satten FLUPP verschwand der Babydelphin mit atemberaubender Geschwindigkeit im Loch und unmittelbar danach, konnte man ihn lauthals vor Vergnügen quiekend aus der Höhle hören. Die erwachsenen Delphine folgten dem Quieken auf dem Weg durch die Delphinhöhle mit dem Gehör, bis schließlich ein quiekender und leicht lädierter Babydelphin aus der Eingangshöhle geschossen kam. Mit rollenden Augen blieb der Babydelphin vor der verdutzten Spezialagentin torkelnd im Wasser stehen und übergab sich erst einmal herzhaft. Dann lallte er Roberta an, »Nochmal, Papa. Nochmal!« Doch Papa war sauer und packte seinen schlimmen Sohn sofort an der Schwanzflosse. Dann verschwand er mit dem zappelnden Schlingel im Schnabel. Ein herzhaftes Lachen gab es erst, als der unglückliche Papa verschwunden war. Allerdings gelang es so zwei weiteren Babydelphinen zu entkommen. Zwei satte FLUPPS später waren diese Eltern auch nicht mehr so begeistert und brachten im Anschluss an die rasche Fahrt durch die Delphinhöhle ihre Kinder lieber heim. »Ich glaube, die Eltern sind nur sauer, weil sie selbst schon zu groß für einen wilden Ritt durch die Verbindungstunnel sind«, erklärte Herr Magergräte im Flüsterton. Für Roberta ergab das durchaus Sinn, denn so waren Delphine eben. Sie waren immer für jeden Spaß zu haben, zumindest soweit das die Spezialagentin aus ihrer Erfahrung wusste. Ein paar Minuten später verebbte die Strömung und gleich darauf erschien auch schon Nadja.

    »Hallo, Frau Nordstrom. Ist ihre Mission bereits erledigt?«, erkundigte sich Nadja hocherfreut, als sie ihre Ausbilderin und liebe Freundin entdeckte. Dann wunderte sich die Schülerin aber doch, »Nanu? Was ist denn hier los?« Sofort ließen die restlichen Eltern ihre Babydelphine los und die kleinen Minigeschosse sausten zu Nadja, um mit ihr zu kuscheln. Nadja freute sich zwar, dass sie bei den Kindern so beliebt war, aber sie wurde trotzdem rot. »Habt ihr Nadja nicht erklärt, was hier abgeht?«, erkundigte sich Roberta leise. »Ach, uns stört es nicht und wir wollen Nadja ihre Trainingsmethode nicht schlechtmachen. Es passt schon so«, erklärte Herr Magergräte ebenso

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