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Die Magier von Art-Arien - Band 3: Hieros Gamos
Die Magier von Art-Arien - Band 3: Hieros Gamos
Die Magier von Art-Arien - Band 3: Hieros Gamos
eBook377 Seiten5 Stunden

Die Magier von Art-Arien - Band 3: Hieros Gamos

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Über dieses E-Book

Die kriegerischen Grenzübertritte der Chromnianer haben das Zusammenleben in den freien Provinzen verändert. Die magische Allianz der Art-Arien-Bewohner rückt näher zusammen. Als Folge der zurückliegenden Siege wächst die Bedrohung aus dem Norden und die Dunkelmagier rüsten auf.

Bald werden die Bewohner Schumas genötigt, sich ihrer ganz persönlichen Herausforderung durch Chromnos zu stellen. Unerwartet fordert das Schicksal auch von Darius einen Tribut, den der Drache jedoch nicht zu zahlen gewillt ist.

Zur gleichen Zeit steht in Istakhr der Heerführer Sinan vor einer Entscheidung für oder wider seinen Kriegsherrn Mokor. Ein Weg voller Intrigen und Selbsterkenntnis muss von ihm beschritten werden.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum26. März 2018
ISBN9783739616155
Die Magier von Art-Arien - Band 3: Hieros Gamos

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    Buchvorschau

    Die Magier von Art-Arien - Band 3 - Sophie André

    Qindie

    Qindie steht für qualitativ hochwertige Indie-Publikationen. Achten Sie also künftig auf das Qindie-Siegel! Für weitere Informationen, News und Veranstaltungen besuchen Sie unsere Website: http://www.qindie.de/

    Danksagung

    Mein besonderer Dank an dieser Stelle gilt all jenen Menschen, die zum Entstehen meiner Geschichte beigetragen haben – natürlich meiner Familie und ganz besonders meinen beiden Kindern, ohne die es Darius, den Drachen, nie gegeben hätte, allen treuen Lesern und Kritikern der Bookrixcommunity und ganz besonders Katrin B. und Divina Michaelis für ihre kreativen und hilfreichen Korrekturen.

    Ein besonderes »Gratias ago!« sei den Königen der Spielleute gewidmet, Corvus Corax, für deren wundervolle, unnachahmliche Musik, die mir Anregung und Inspiration beim Schreiben war.

    Ein großes Dankeschön euch allen und nun viel Spaß beim Lesen der ›Magier von Art-Arien‹!

    Sophie André

    Karte der Vier Provinzen

    Eine großformatige Darstellung der Karte und weitere Skizzen zum Buch finden Sie auf meiner Homepage unter

    http://www.sophie-andrae.de/intro.html

    Kapitel 1: Das Schicksal Schumas

    Arken erzählt:

    Als wir, Danái und ich, nach Schuma zurückkehrten, waren wir voller Hoffnung und in Erwartung einer friedlichen, von Liebe erfüllten Zukunft. Wir wussten, dass der Minági Nashoba sich schon vor uns auf den Weg in die Drachenburg gemacht hatte und es war leicht zu erahnen, welche Gründe ihn zu dieser Reise bestimmt hatten. Deshalb waren wir nicht erstaunt, als wir auch Archon in Schuma antrafen.

    In jener Zeit waren es vor allem die von Archon und Darius hochgehaltenen drei Lebensgrundlagen, die unser Leben in Art-Arien bestimmten: Geduld, Mitgefühl und Großmut. Nur deshalb war es möglich, dass Danáis Wahlgeschwister Darius und Atreus in jenen Bund einwilligten, der mich mit ihr erneut und nun von Herzen und ohne die Zwänge der Dunkelmagie verbinden sollte. 

    Sie alle waren dabei, als wir das Ritual bei der geheimnisvollen dreigesichtigen Göttin der Dakoraner und bei den Grundsätzen der Dämonenkrieger beschworen – der Primus Archon von den Elementemagiern; der Minági Nashoba, der die Inokté anführte und uns während unserer Zeit in Ipioca zu einem guten, ehrlichen Freund geworden war; Darius, unser Fürst, samt seinem Bruder Atreus und selbst Shayan, der mir vielleicht auch vergeben hatte.

    Shayan war es auch, der mir von den Kämpfen und seltsamen Begebenheiten erzählte, die sich kurz vor jenen Ereignissen abgespielt hatten, welche Danái und mich ein halbes Jahr zuvor nach Schuma geführt hatten. Der Löwendämon war der erste, der mir mehr über die geheimnisvolle Gefährtin des Phoenix’ verriet. Und was er berichtete, war wirklich kaum zu glauben. Obwohl auch in mein Leben eine dakoranische Heilerin getreten war und ich Danái gegenüber vieles nie völlig gutmachen konnte, so war die Geschichte Sirigans von Haidala dazu angetan, vor Grauen zu schaudern und erneut überkam mich die Scham, wenn ich bedachte, dass auch ich mich vor noch nicht allzu langer Zeit zur Dunkelmagie bekannt hatte.

    Ragnar, der Großmeister, unter dessen Herrschaft Atreus’ Gefährtin gestanden hatte, war mir nur ein einziges Mal begegnet – an jenem Tag, an dem auch ich mich den dunklen Meistern unterworfen hatte. Noch heute trieb mir der Gedanke an das gefühllose Reptil kalte Schauer über die Haut. Von diesem Wesen beherrscht zu werden, musste die Hölle auf Erden gewesen sein. Doch so wie Shayan mir die Magierin Sirigan geschildert hatte, war sie dieser Hölle letztendlich unbeschadet entkommen. 

    Als Atreus ankündigte, nach Dakoros aufbrechen zu wollen, um seine Gefährtin von dort zu holen, war ich gespannt, was für ein Wesen sich unserer winterlichen Gemeinschaft anschließen würde. Und als er wenige Tage später die kleine, stille Dämonenkriegerin zu uns in die Burg brachte, war nicht nur ich fasziniert von der Schönheit ihres Wesens und der Stärke, die ihre Magie ausstrahlte. Sirigan war die würdige Partnerin eines Kriegers und durch ihre dakoranische Abstammung zugleich auch ein wunderbares Gegenüber für den Heiler Atreus. Sah man die beiden zusammen, so lag ihre Gefährtenschaft auf der Hand.

    Als der Zeitpunkt nahte, an dem sie sich ihre Verbundenheit schwören wollten, waren Schuma und die Drachenburg von Freude und Zuversicht erfüllt. Nicht, dass wir ein rauschendes Fest erwarteten, vielmehr erschien es der Persönlichkeit der Heilerin angemessen, ein leises und liebevolles Ritual abzuhalten. Dennoch war an jenem sonnigen Morgen, den das ›Omnia vincit amor‹ beschließen sollte, halb Schuma auf den Beinen.

    Männer, Frauen und Kinder pilgerten hinaus in die Ebene, um am Weg zu dem magischen Ritualplatz der art-arianischen Dämonenkrieger ein buntes, fröhliches Spalier für das angehende Paar zu bilden. Menschen winkten mit farbigen Tüchern. Kinder warfen die letzten Herbstblumen in die Luft und die Spielleute der Stadt hatten sich ebenfalls positioniert, um dem geachteten Bruder ihres Fürsten standesgemäß den Weg zu bereiten. 

    Den Ritualplatz von Schuma nahm auch ich an jenem Morgen zum ersten Mal genauer in Augenschein, obwohl ich ihn aus der Luft schon mehrmals betrachtet hatte. Die Struktur des hölzernen Bauwerkes erschloss sich am ehesten bei einem Blick von oben. Die Einheimischen nannten den Bau Kreis der Göttin, denn wie alle Art-Arianer verehrten sie die namenlose Dreigesichtige, in der sich die Jungfrau, die Mutter und die Todesbotin zu einer ewigen Gestalt vereinten.

    Danái und ich hatten uns im Sommer viel Zeit genommen, um unsere Wurzeln zu vergleichen und so waren wir zu dem Schluss gekommen, dass es zwischen dem Glauben der Dakoraner und dem der Dämonenkrieger trotz aller vordergründigen Verschiedenheiten keine wesentlichen Unterschiede gab. Gewiss wichen die Rituale in ihrer Ausführung voneinander ab, lag die dakoranische Glaubensausübung eher in den Händen der Frauen, wie auch die gesamte Rechts- und Gesellschaftsstruktur der Inseln matrilinear war. Doch letzten Endes verehrten wir die Göttin als Ursprung allen Lebens, Hüterin der Natur und der fühlenden Wesen, Herrscherin über den Tod und die Anderwelt.

    Mit diesem Wissen war es uns leichtgefallen, den Weg zu unserem gemeinsamen Bund zu gehen. Unsere Gespräche hatten uns bewiesen, dass wir uns nicht nur aufgrund unserer gegenseitigen Liebe verbunden fühlen durften, sondern dass sich auch unsere verschiedenen Spezies nahestanden. In der Generation unserer Großeltern musste es erstmals vorgekommen sein, dass sich Magier verschiedener Rassen miteinander verbanden, doch jetzt schien dieses Vorurteil nicht mehr zu gelten und wohin man auch blickte, ob nach Ipioca, Arien oder Schuma, überall rückten die magischen Wesen enger zusammen und verbanden sich über die Grenzen der Magie hinaus miteinander. 

    Während wir uns dem Kreis der Göttin näherten, erinnerte ich mich unwillkürlich daran, wie sich Danái mir erneut versprochen hatte. In den ersten Tagen nach jenem magischen Gericht, in dessen Verlauf mir die art-arianischen Magier den Weg zu einer ungeahnten, berauschenden Freiheit gewiesen hatten, war es mir immer wieder unverständlich gewesen, wie es ihr möglich war, mir so viel Nähe und Zuneigung zu gewähren. Nach und nach hatte sie sich zwar ein Bild davon gemacht, auf welche Weise ich von den dunklen Großmeistern beeinflusst worden war, während sie unfreiwillig als meine Gamos-Gefährtin bei mir lebte. Ich hatte versucht, ihr die Dunkelmagie zu erklären, die mich beherrschte. Dennoch war Danái in ihrem ganzen Wesen von einer grundlegenden, nachgiebigen Güte und Großmut, dass sie mich beschämte. Die Art, wie sie Vergangenes ruhen ließ und unserem gemeinsamen Neuanfang eine Chance gab, schenkte mir eine Ahnung vom wahren Glück, der ich mich unbedingt als würdig erweisen wollte.

    Daher war ich sofort bereit, etwas zu wagen, als mir Archon in Arien vorschlug, mit seiner Zauberkraft gegen die dunkelmagischen Prägungen Mokors vorzugehen. Er verschwieg mir die Gefahr nicht, die in jener Magie ruhte – das Risiko, Verstand oder Leben zu lassen. Aber wie es mir schien, konnte ich bei diesem Versuch nicht viel verlieren, jedoch alles gewinnen. Blieb die Dunkelmagie in mir erhalten, würde ich langfristig weder in Art-Arien noch mit Danái leben können, soviel stand fest. Konnte mich der Primus aber von jener Macht befreien, die mich beherrschte, so hatte ich die Gelegenheit, meine Zukunft selbst zu gestalten und ich würde Danái nicht schaden, wenn ich ihr nahe blieb. Ich würde meinen Sohn lieben können, ohne ihn in Gefahr zu bringen. Mit den Gesichtern dieser zwei Geschöpfe vor Augen, die mir alles bedeuteten, stellte ich mich der Magie des Primus. 

    Archon hatte nicht gelogen, wenn er mir Schmerz vorhergesagt hatte. Schmerzhaft war die Prozedur in der Tat, doch der Zauber gelang und letztlich war nur das von Bedeutung. Als ich ihm später für seine Hilfe dankte, gab mir der alte Elementemagier eine überraschende Antwort. Er versicherte mir, dass eine Zeit kommen würde, in der ich ihm um ein Vielfaches zurückgeben könne, was er mir in diesen Tagen geschenkt hatte. Ich verstand nicht, wovon er sprach und ganz seiner Art gemäß gab der Alte keine Erklärungen.

    Doch schienen all unsere Gespräche in der folgenden Zeit nur zu drei Themen hinzuführen: Großmagie, das Hieros-Gamos-Ritual und das Überwiegen der Gemeinsamkeiten zwischen den magischen Spezies. Ich lauschte ihm und versuchte so viel wie möglich von dem aufzunehmen, was er mich offenbar lehren wollte, auch wenn ich die Zusammenhänge nicht verstand. Als dann Danái in Tsiigehtchic auf mich wartete und wir uns näher kamen, als ich je zu hoffen gewagt hatte, nahm ich an, dass er mich hierauf hatte vorbereiten wollen. 

    Man mag es mir verzeihen, wenn ich so weit vom eigentlichen Thema abweiche. Doch es war tatsächlich so, dass mich das Ritual von Atreus und Sirigan machtvoll in Gedanken zu dem vergangenen Sommer zurückführte und zu all jenen wundervollen, unglaublich glücklichen Stunden, in denen Danái und ich endlich auf eine ehrliche, bewusste Weise zueinanderfanden, bis wir schließlich kurz nach der Rückkehr in die Drachenburg unseren Bund erneut beschworen, ohne Zwang, ohne Dunkelmagie, nur kraft der Liebe, die wir füreinander empfanden. 

    Dies würden nun auch Atreus und Sirigan tun und so folgte ich voller Gedanken und Erinnerungen dem Weg zu jenem zweifachen Palisadenkreis, der von einem weiteren Erdwall umgeben war und in dessen Mitte sich die Ritualstätte der Dämonenkrieger befand – acht mehr als mannshohe Monolithen, die kreisförmig einen steinernen Tisch umschlossen, der als Altar diente. Die riesigen unbehauenen Felsbrocken konnten nicht aus der Umgebung des Ortes stammen. Sie waren aus dunklem, grauen Granit, während die Gegend um Schuma fast nur hellroten Sandstein aufwies. Selbst Darius konnte nicht mit Sicherheit sagen, wie die Felsen nach Schuma gelangt waren. Doch nahm er an, dass man sie über den Fluss transportiert hatte. Holz hingegen war zur Genüge vorhanden und dieser Reichtum erklärte auch die dichten Palisaden in doppelter Reihe, die lediglich drei torförmige Eingänge aufwiesen, die nach Norden, Südosten und Südwesten ausgerichtet waren. 

    Wie es der Phoenix erbeten hatte, nahmen nur wenige enge Freunde im Inneren des Henge – denn so muss man den Steinkreis bezeichnen – an dem Ritual teil. Dass ich ebenfalls dort stand, lag nicht daran, dass die Gefährten an diesem Tag nicht auf mich verzichten wollten. Es war jener Wahlgeschwisterbund, der Atreus mit Danái verband und der mich als Partner derselben akzeptierte. Eigentlich war das mehr, als ich verdiente, denn ich hatte bisher noch gar nichts zu der magischen Allianz beigetragen.

    Doch die Art-Arianer waren zu jener Zeit alle guten Willens und vergaben schnell. Und so duldeten sie mich auch später bei allen ihren Ritualen und selbst als ich als Einziger von allen blieb, um den größten und magischsten von ihnen in ein zutiefst bindendes Ritual zu führen, vertrauten sie mir, selbst Darius … Doch davon wird später noch zu berichten sein! 

    An jenem Tag betrat ich gemeinsam mit Danái, Shayan und den Wölfen den magischen Kreis. Der Phoenix würde mit seiner angehenden Gefährtin erst nach Aufforderung durch den Hohepriester eintreten und so waren es nur die rituellen Führer, die uns im Zentrum des Henge begrüßten.

    Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte und ob ich mir überhaupt ausreichend Gedanken über jene spirituellen Anführer gemacht hatte, die den Bund der Gefährtenschaft für die beiden Dämonen besiegeln würden. Den Ritus für Danái und mich hatte auf unsere Bitte hin Archon abgehalten und irgendwie erwartete ich, ihn auch heute am Platz des Priesters stehen zu sehen. Und wirklich stand er, ruhig und leicht gebeugt vom Alter, nahe dem Altar in Erwartung des Rituals. Doch er hatte den Platz eines Zeugen eingenommen.

    Die Leitung des Ritus und seine spirituelle Führung hatte ein anderer Magier inne. Wenn ich es recht bedachte, so konnte man auch keinen anderen als Darius erwarten. Ich war dennoch überrascht. Von dem Drachen hatte ich nicht angenommen, dass er sich intensiv genug mit der Spiritualität befasst hatte, um heute das Amt eines Priesters auszuüben. Doch so war es und ich entdeckte nicht ohne Neugier eine für mich vollkommen neue Seite an unserem Herrscher. 

    Darius zur Seite stand eine äußerst würdevolle, ältere Dakoranerin, deren Magie sich wie ein goldenes Leuchten um sie schloss. Danái schien sie zu kennen, denn sie verneigte sich ehrfürchtig vor der älteren Heilerin, die sie mit einer sichtlich gerührten Umarmung begrüßte. Dies war Leondara von Dakoros, die Mutter Sirigans und Erste Priesterin der Inseln, wie mir Danái kurze Zeit später flüsternd verriet.

    Die Zeugin des Rituals für Sirigan war eine ebenso starke, wie zurückhaltende Magierin aus Ipioca, Solinacea von Dakoros, die Gefährtin des Minágis Nashoba. In wieweit die wirren Familienverhältnisse der Geburts- und Wahlverwandtschaften diese Zeugenschaft möglich machten, kann ich nur vermuten. Fast jeder wusste, dass Leondara in Solinacea eine Tochter sah und gewiss hatten die beiden Frauen in irgendeiner Form zueinander gefunden. 

    Auf jeden Fall war die Gefährtin des Wolfsersten ein Geschöpf, dem man Vertrauen und Ehrerbietung entgegenbringen konnte. So erging es mir jedenfalls, so oft ich die Prima Magica der Inseln in Ipioca getroffen hatte und auch hier erzwang ihr bloßes Erscheinen im rituellen Gewand der Heilerinnen meine Ehrfurcht. Hätte mich je irgendeiner nach den stärksten Magiern von Art-Arien gefragt, so wäre ihr Name gefallen, zusammen mit Archon von Arien, Nashoba von Ipioca und Dariuvahush von Smyrna. Damals war es mir noch nicht klar, wie recht ich hatte, doch die Zukunft sollte meine Gedanken bestätigen. 

    An jenem Tag hatten sie sich alle versammelt, um ihren Bruder und Freund samt seiner Gefährtin durch das Ritual zu geleiten. Als das Paar den Eingang zur inneren Palisade erreicht hatte, ließ Darius sie nicht warten, sondern sprach prompt die rituellen Worte des Eintritts. Und sie waren ein wundervolles Paar, wenn ich das so sagen darf. Beide außergewöhnlich mit ihren bronzenen und rotgoldenen Schwingen, beide Dämonenkrieger und Heiler in einer Person, beide mit Mitgefühl herausfordernden Lebenswegen – er ohne die Zuneigung seiner Familie als Waise in Dakoros aufgewachsen, sie mit der fürchterlichen chromnischen Vergangenheit, beide mit einem magischen Potential, das man nur schemenhaft hinter ihrer Zurückhaltung erahnen konnte, das sich jedoch schon jetzt wie ein feines Knistern um sie herum deutlich machte.

    Als sie eintraten und langsam auf uns zukamen, Hand in Hand und dabei ruhig und entschieden, konnte ich die Bedeutung dieses Augenblicks fast mit Händen greifen. Hier gestaltete sich nicht nur der Lebensweg dieser beiden Wesen, hier wurde die Zukunft Art-Ariens geschrieben. Und auch alle anderen Anwesenden schienen zu spüren, wie sich die Zeit an diesem Moment ausrichtete. Als Darius für seinen Bruder und dessen Gefährtin das Ritual begann, tat er es mit einem ruhigen Ernst, der diesem magischen Bund angemessen war. 

    Mit dem Wissen von heute liegt die Bedeutung dieses Rituals klar vor allen offen. Doch damals ahnte keiner von uns, Solinacea und Darius eingeschlossen, dass wir hier die Anführer der kommenden Generation vor uns sahen – die nächste Prima Magica der Dakoraner und den kommenden Anführer der Dämonenkrieger.

    Nur, nun ja, Archon … Aber wer kann schon mit Sicherheit sagen, was genau die Visionen des Elementemagiers zeigten? Manchmal glaube ich zu wissen, dass auch er nur die Möglichkeiten sah, die die Zukunft für uns vorgesehen hatte. Denn wäre unsere Zukunft im Voraus in Stein gemeißelt gewesen, welchen Wert hätte dann noch die freie Entscheidung eines jeden von uns gehabt?

    Auch wenn sie beide zu jener Zeit noch nichts von ihrer zukünftigen Bestimmung ahnten, so waren der Ernst und die Schönheit des Rituals für die Berglöwin und den Phoenix eine berührende und prägende Erfahrung. Und als das ›Omnia vincit amor‹ den Bund der Gefährtenschaft für beide besiegelte, konnte man in den Augen der dunkelhäutigen, schüchternen Heilerin Tränen wahrnehmen und die Hand des Phoenix’ war fest um die seiner Partnerin geschlossen. 

    Wie es der Brauch verlangte, wandten sie sich der Sonne zu, die an jenem späten Morgen bereits ihren Weg nach Süden aufgenommen hatte und glanzvoll von einem wolkenlosen Himmel leuchtete. Mit dem Blick auf die Licht und Wärme spendende Himmelsscheibe, die eine helle Zukunft für das Paar verhieß, lauschten wir den rituellen Worten des Bundes, die Darius für seinen Bruder in der alten Sprache und danach ebenso ernst und würdevoll für Sirigan in der Gemeinsprache von Gondarius vortrug. 

    Diese Wahl beider Sprachen machte es mir noch einmal deutlich, wie wenig Zeit die Magierin erst im freien Land verbracht hatte und wie viel an Wissen und Magie noch vor ihr verborgen waren. Doch die stille Berglöwin ließ sich von der Aufgabe, vor der sie stand, nicht abschrecken. Während des langen und friedlichen Winters, der diesem goldenen Herbst folgte, fand man sie vorwiegend in der Bibliothek, wo sie, oft in Gesellschaft des Phoenix, die magischen Schriften und die dicken Folianten der Heilkunde studierte. 

    Atreus liebte diese Stunden. Selbst mir gegenüber gab er unumwunden zu, wie sehr er es genoss, seine Gefährtin in die Magie und die Geheimnisse der dakoranischen Heilkunst einzuführen. Er nannte es ein Herzensbedürfnis. Wer die beiden zusammen sah, wie sie konzentriert und ernsthaft über einen alten Folianten gebeugt saßen oder während eines Spaziergangs in der winterlichen Landschaft unbeirrt über dieses oder jenes Thema diskutierten, der mochte verstehen, dass auch diese Art von Miteinander die Gefährtenschaft der Dämonen prägte. Sie waren mehr als nur ein Paar – sie waren ebenso unwandelbare Freunde. 

    Doch die ruhige, friedliche Stille tat nicht nur den beiden Heilern in jenem Jahr gut. Alle, die sich für die Wintermonate in die Burg zurückgezogen hatten, genossen das ungestörte Leben. Oft saßen wir alle gemeinsam im Saal zusammen und sangen und musizierten, oft luden mich Darius oder Shayan zu einem Plauderstündchen auf eine Nargillah in den kleinen Raum neben der Bibliothek ein, wo sich im vergangenen Frühjahr für mich so viel entschieden hatte.

    Selbst Nashoba, der Minági, der über eine eigene Magie der schnellen Reise verfügte, ließ sich gelegentlich sehen, um mit Darius die alten Grimoires zu studieren. Es war das erste Mal, dass ich davon hörte, dass auch die Wölfe über derartige Zauberbücher verfügten. Als Nashoba in seiner freundlichen und leutseligen Art davon erzählte, wie und warum ihm jener Foliant von Archon überbracht worden war, konnte ich nur staunen. Es war beeindruckend, nach so vielen Jahrzehnten ohne Liebe zu erkennen, wie sehr sich die Wesen von Art-Arien von diesem Gefühl leiten ließen und wie gut es ihnen tat. Sah man beispielsweise den Minági an der Seite seiner dakoranischen Gefährtin, so musste man die beiden nicht kennen, um zu wissen, dass sie Gefährten waren. Schon allein ihr Auftreten und die Art, wie sie miteinander harmonierten, ließen ihre Zusammengehörigkeit erahnen. 

    Doch am meisten beeindruckte mich vermutlich Darius. Wann immer man ihn von Solinacea von Dakoros sprechen hörte, tat er es mit einer Verehrung und Hingabe, dass es auch dem letzten klarwerden musste, wie viel er für die blonde Magica empfand. Wäre er auch nur annähernd seinen dämonischen Instinkten gefolgt, hätte er sie ohne zu zögern für sich beansprucht und den Minági zu einem magischen Zweikampf herausgefordert. Mochte der Wolf auch stark sein, gegen den Drachen wäre er vermutlich chancenlos gewesen. Aber unser Fürst tat nichts dergleichen.

    Mit eiserner Beherrschung hielt er dem Minági die Freundschaft und ich habe nie auch nur ein Wort des Anspruchs aus seinem Mund kommen hören. Im Gegenteil hatte er den Inokté auf seiner Quest nach Dakoros begleitet und unterstützt und war schließlich als Zeuge der Gefährtenschaft zu dem Bund der beiden gebeten worden. Diese Ehre hatte er angenommen. Die Lebensgrundsätze, nach denen der Drache seinen Weg ging und auch, ohne große Aufmerksamkeit dabei zu fordern, sein Volk anführte, waren aller Ehren wert. Im Stillen tat er mir leid. Gerade ein Mann wie er hätte einer Gefährtin viel geben können und ebenso viel an einem Bund gewonnen. Ich bedauerte auch, dass er aufgrund dieser unerfüllbaren Liebe zu der Dakoranerin der Letzte der Drachenkrieger bleiben würde. 

    So viele Gedanken, die mir die Geschöpfe von Art-Arien abnötigten und so wenig Vorstellungen von dem, was uns alle im darauffolgenden Frühjahr erwartete. Ich weiß nicht, wann ich begriff, dass diese friedliche Zeit nicht von Dauer sein konnte. Vielleicht es war Atreus, der mir eine erste Ahnung eingab, dass der Konflikt zu Chromnos nur ruhte und unser Leben erneut einholen würde.

    Ich erinnere mich genau an jenen Abend, als er mich zu einem Gespräch einlud, zu dem auch Nashoba hinzukam. Wunderte ich mich zuerst, dass sie Darius nicht ebenfalls eingeladen hatten, so verstand ich, bald nachdem sie das gewünschte Thema zur Sprache gebracht hatten, dass sie ihn schonen und nicht unnötig mit seiner Vergangenheit konfrontieren wollten. 

    Es ging ihnen um Dunkelmagie. Wenn ich zunächst annahm, dass der vorsichtige Minági ein weiteres Mal meine Loyalität Art-Arien gegenüber prüfen wolle, so wurde mir bald klar, dass sie viel mehr wollten. Das, was Nashoba und Atreus von mir wünschten, war Wissen über die magischen Fähigkeiten ihrer Feinde. Ihnen war klar, was sie da von mir verlangten. Doch Atreus blieb auch bei diesem Gespräch, wie er es immer gewesen war: vollkommen ehrlich und offen. Er beschrieb, wie Sirigan von Shokran beherrscht worden war und wie selbst Archon gegen den Perenniservusfluch keinen Gegenzauber aufrufen konnte.

    Wochenlang hatte der Phoenix nach jenen Tagen die Bibliotheken von Schuma und Arien durchforstet. Selbst vor den heiligen Gewölben von Dakoros hatte er nicht haltgemacht. Doch das Wissen über Dunkelmagie war in Art-Arien verpönt und so blieb vieles, was hätte weitergegeben werden sollen, im Nebel der Vergangenheit verschwunden. Hier sollte ich einen Anfang machen und für die magische Allianz zusammentragen, was ich über Dunkelmagie wusste und wo ich möglicherweise Ansätze sah, den magischen Handlungen der Chromnianer entgegenzuwirken. 

    Es war eine logische Schlussfolgerung, die der Phoenix gezogen hatte, nachdem seine Nachforschungen weitestgehend erfolglos geblieben waren. Man musste dort beginnen, wo man Wissen vermutete. Und er hatte recht, wenn er annahm, dass ich über Kenntnisse der Dunkelmagie verfügte. Einen Moment lang zögerte ich – das muss ich gestehen. Stand doch auf der anderen Seite auch meine Schwester Bahar, die sich dem Großmeister Mokor angeschlossen hatte. Doch dann sah ich Danái vor mir und meine Gedanken schweiften ab zu all jenen Menschen und magischen Wesen, die unter der Macht der Dunklen ein elendes Dasein fristeten. Ich dachte auch einen Moment an die Magierin Sirigan, die seit der Vertreibung von dem Reptil Ragnar versklavt gewesen war und dann stand mein Entschluss fest. Ich würde den Art-Arianern geben, was sie benötigten. Es war eine Ehrenpflicht, der ich mich nicht entziehen durfte. 

    Eines jedoch erbat ich mir von den beiden Magiern: Ich wollte Archon um sein Einverständnis zu unserem Vorhaben bitten und ich musste Darius davon zumindest in Kenntnis setzen, war er doch der Mann, dem ich meine Loyalität geschworen hatte. Und natürlich sollte auch Danái bei einer Entscheidung zu Wort kommen. Bei meiner Bitte lächelte Atreus und nickte.

    Nashobas Blick aber wurde sorgenvoll, als er mir antwortete: »Ich verstehe deine Vorbehalte und es ist nur recht und billig, wenn du Darius und Danái um Zustimmung bittest, bevor wir etwas unternehmen. Doch es wird schwer möglich sein, Archons Einverständnis einzuholen.«

    Er rieb sich die Stirn und sah dann mit ernster Miene zu Atreus. »Ich mache mir wirklich Sorgen um Solinas Vater«, gestand er. »Kurz nach Anbruch des Winters kam er nach Tsiigehtchic, besprach sich lange mit seiner Tochter und verschwand dann, wie er gekommen war. Solina aber hat mir erzählt, dass er in den Zeitentempel berufen wurde. Er muss inzwischen auf dem Weg dorthin sein.«

    Atreus hielt bei dieser Bekanntgabe den Atem an. »Hat er gesagt, warum er dorthin muss?«, fragte der Phoenix leise.

    Ich sah ihm an, mit wie viel Spannung er diese Antwort erwartete und auch ich war ungeduldig zu hören, ob die Priesterin der Zeiten Archon einberufen hatte, um ihn um seine Mitarbeit zu bitten oder um ihn wegen eines Vergehens gegen die Kodizes der Elementemagier zu rügen oder gar zu bestrafen. Es war bereits vorgekommen, dass einberufene Magier aus dem Tempel der Zeiten nicht zurückkehrten. Archon hatte mir zwar während meiner Zeit in Arien davon erzählt, dass er hin und wieder mit der höchsten Magierin seines Ordens verkehrte, um den Sonnenumlauf jährlich neu zu bestimmen und um an einem Kalendersystem zu arbeiten, doch er hatte nicht erwähnt, dass er so bald in den hohen Norden reisen würde.

    Wir blickten erwartungsvoll auf Nashoba und senkten dann beide ernüchtert die Köpfe, als dieser mit dem Kopf schüttelte. »Wir wissen es nicht sicher«, erklärte der Inokté dann leise. »Aber es könnte sein, dass die Herrin der Zeiten der Ansicht ist, Archon habe mit seiner Hilfe für uns seine Grenzen überschritten. Immerhin hat er mehr als einmal nicht nur Andeutungen gemacht, wenn es um unsere Zukunft ging.« Er schwieg eine Weile und dachte nach. »Solina glaubt allerdings, dass er sich absichtlich zurückzieht. Er hat angedeutet, dass wir alle in der nächsten Zeit schwerwiegende Entscheidungen zu treffen haben, die er nicht beeinflussen darf. Sie denkt, dass er sich auf diese Art selbst daran hindern will, uns helfend beizustehen.«

    Der Minági schüttelte unzufrieden den Kopf. »Es ist alles sehr verwirrend. Manchmal fällt es mir schwer, mit Archon zurechtzukommen. Ein Seher in der Familie kann Chaos schaffen.«

    Hier lachte Atreus hell auf. »Ein Seher unter den Freunden bewirkt dasselbe, Nashoba. Uns alle verwirrt Archon hin und wieder. Dennoch wünschte ich, er hätte sich dieses Mal klarer geäußert. Dass er möglicherweise einer Bestrafung für seine Hilfe entgegengeht, will mir gar nicht gefallen.«

    »Nein, mir auch nicht. Und wir werden ohne ihn auskommen müssen. Die Elementemagie wird uns fehlen.«

    Sie schwiegen und wir alle gingen unseren Gedanken nach. Dabei ließ ich mir noch einmal durch den Kopf gehen, was Archon mich gelehrt hatte, als ich bei ihm in Arien gewesen war. Da gab es einen Satz … Ich musste mich sehr konzentrieren, um das Wortgebilde von damals genau wiederzugeben.

    »Wir alle tragen die Kräfte unserer Eltern wie eine Körperzeichnung mit uns herum, doch die meisten von uns wissen es nicht. Sie sehen nur das Offensichtliche und die in ihnen dominierende Magie. So hat der Phoenix noch nie versucht, Drachenmagie anzuwenden und so mag auch eine Heilerin sich nie mit der Elementemagie beschäftigt haben. Doch wenn sie es täten, wären sie von dem Ergebnis überrascht. Und hätten sie zum Beispiel auch nur einmal Onatah genauer beobachtet, so wäre es direkt vor ihren Augen gewesen."

    Hatte ich eben laut gesprochen? So musste es wohl gewesen sein, denn die beiden Männer, die mir gegenübersaßen, starrten mich vollkommen erstaunt und ungläubig an. Atreus war der erste, der sich sammelte und mir ein trockenes »Wie bitte?« entgegenwarf.

    Ich schüttelte den Kopf. »Das waren nicht meine eigenen Worte. Diese Sätze stammen von Archon und sie fielen mir eben wieder ein, als Nashoba bedauerte, dass uns die Elementemagie fehlen würde. Als der Alte damals mit mir über magische Fähigkeiten sprach, schienen sie nur so in den Raum gesagt. Doch heute erscheint es mir klar, was er erklären wollte. Deine Frau verfügt möglicherweise auch über Elementemagie, Nashoba.«

    Die dunklen, forschenden Augen des Inokté musterten mich eine Weile ernst, bis sich sein Gesicht schließlich mit einem Lächeln verschönte. »Das kann durchaus sein, auch wenn sie es noch nie versucht hat. Nicht umsonst ist sie die Prima Magica der Dakoraner. Ich werde mit ihr darüber sprechen. Bis dahin aber sollten wir Stillschweigen über derartige Vermutungen wahren. Ich habe Solina schon einmal fast verloren, weil ihre magischen Fähigkeiten zwischen uns standen. Das werde ich kein zweites Mal riskieren.«

    Atreus nickte. »Und ich werde Darius das Gehörte erzählen. Vielleicht können wir gemeinsam die Fähigkeiten des jeweils anderen erproben. Ich werde auch mit ihm über unsere Pläne zur Erforschung der Dunkelmagie sprechen, Arken. Es wird besser sein, wenn er es von mir hört, da es meine Idee war.«

    Während ich nickte und wir uns erhoben, trat der Phoenix zu mir und schloss mich in die Arme. Überrascht wollte ich einen Schritt zurückweichen,

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