Der vierte König: Ein Korb voller Weihnachtsgeschichten
Von Ursula Gerber
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Über dieses E-Book
Rosmarie Stucki und ihre Tochter Ursula Gerber präsentieren Erzählungen rund um die Weihnachtszeit.
Amüsant, nachdenklich und einfühlsam.
Das Buch enthält folgende Erzählungen:
Was ist Advent?
Vater Hadorn, der mehr Angst vor dem Nikolaus hat als Nachbars Kinder.
Ein Grittibänz zum Weihnachtsfrühstück.
Vreneli, das über Weihnachten im Spital bleiben muss.
Dann gibt es noch einen Weihnachtszwerg im Altersheim Sunneschyn
und einen König, der alle zu Tränen rührt.
Lustige und berührende Geschichten aus dem Leben, Einstimmung auf Weihnachten
Ursula Gerber
Ursula Gerber ist eine Schweizer Autorin, geb. 1966, Mutter von zwei erwachsenen Kindern. Die Powerfrau wohnt über dem Thunersee im schönen Berner Oberland. Schreiben ist ihr Lebenselixier. Das tut sie, seit sie 13 ist. Jetzt möchte sie jedoch endlich ihre Geschichten als Bücher veröffentlichen, anstatt sie noch länger in der Schublade verstauben zu lassen, und einem breiten Lesepublikum zur Verfügung stellen. Denn es bereitet ihr Vergnügen, Menschen zu erfreuen, zu unterhalten, ihnen fremde oder vergessene Handwerke, Länder und Menschen nahe zu bringen. Sie schreibt auf Hochdeutsch und ebenso in ihrer berndeutschen Muttersprache. Das Weihnachtsbuch „Der viert Chünig“ in Schweizer Dialekt ist ihre erste Zusammenarbeit mit ihrer Mutter, der Mundartautorin Rosmarie Stucki. Ursula Gerber hat sich aber nicht auf ein bestimmtes Genre festgelegt. Sie schreibt über alles, was ihr gefällt und ihr gerade einfällt. So hat sie neben Thrillern, Krimis auch Liebesgeschichten, Abenteuergeschichten, Western und sogar über Erotik geschrieben. Ihr letztes Werk "Nur der Himmel über uns - Dhaulagiri - Weisser Berg" ist ein Roman über die sensationelle Erstbesteigung 1960 des Dhaulagiri I, des letzten höchsten Achttausenders der Erde durch eine Schweizer Expedition. ...Und weitere werden folgen. Sie dürfen gespannt bleiben.
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Buchvorschau
Der vierte König - Ursula Gerber
Was ist Advent?
«Vati, was ist Advent?», fragt der kleine Christian, während er seinem Vater einen neuen Bund frische Tannenzweige entgegenstreckt.
Es ist Samstag vor dem ersten Advent. Buchers sitzen zusammen um den großen Stubentisch und genießen die Wärme des Feuers, das dem Ofen entströmt. Die goldenen Flammen lecken am rußgeschwärzten Brennholz. Es knackt und knistert wunderbar heimelig.
Draußen ist es beißend kalt, die Bise pfeift um die Hausecken, dass manchmal sogar die Fensterläden klappern. Gestern hat es ein Schäumchen Schnee gegeben, und weil die Sonne nicht durch die Wolken hindurch scheint, liegt er immer noch wie ein weißes Leintuch auf Dächern, Wiesen und Gärten.
Greta Bucher hebt den Kopf von ihrer Strickarbeit und lächelt ihren Göttergatten an.
Der sitzt ihr gegenüber vor seinen Kindern, etwas vom Tisch weggerückt, und hat einen fast fertigen Strohring auf seinem Schoss, den er als Adventskranz am bestecken ist.
Bei dieser Frage sieht Bernhard Bucher fast hilflos drein, nimmt seinem Jüngsten das Büschel aus der Hand und schaut ihn nachdenklich an.
Wie soll man diesen alten Brauch einem vierjährigen Buben erklären?
Doch dann fasst er sich ein Herz und beginnt: «Weißt du, Christian, das ist so ...», sagt er, während er mit der Arbeit an seinem Adventskranz weiterfährt. Er kommt ins Stottern und bricht ab.
Sein Blick trifft Greta auf der anderen Seite des Tisches, die breit lächelt und ihm zur Aufmunterung zunickt. Sie hat nicht vor, es ihm leichter zu machen. Und schon gar nicht, die Frage an seiner Stelle zu beantworten. Bevor sie ihm hilft, will sie erst sehen, wie er sich aus der Patsche zieht. Schließlich musste sie Susi auch alles allein erklären. Dazu noch viel mehr, weil Bernhard bei der Arbeit war. Das ältere Töchterchen ist eben gar aufgeweckt.
Christian schaut seinen Vater aus großen, blauen Augen fragend an.
Dieser seufzt gottergeben und schickt sich drein. «Fast alle Menschen freuen sich auf Weihnachten. Du ja auch. Das ist das Fest der Liebe. Da kocht Mutti etwas Feines zum Abendessen. Viele Menschen besuchen dann ihre engsten Verwandten, und es werden auch Geschenke verteilt ...»
«Darauf warten Susi und du ja immer ganz besonders», wirft die Mutter nun mit einem verschmitzten Lächeln ein wenig übermütig ein. Sie weiß genau, dass ihre zwei Kinder es jeweils kaum erwarten können, bis das ganze Brimborium vorbei und es endlich soweit ist, dass es zu den Geschenken geht.
Bernhard ist froh um Gretas Einwurf, so kann er seine Gedanken etwas ordnen. Unter Christians blauen Augen, die ihn so genau anschauen, und den braunen von Susi, die ja schon weiß, was Sache ist, hat er fast Angst, etwas Falsches zu sagen. Darum entsteht eine kleine Pause.
«Ja, und wenn dann die vielen Kerzen am Weihnachtsbaum brennen, geht Mutti ins Schlafzimmer und holt die Päckchen heraus», ereifert sich Susi aufgeregt, das nur zwei Jahre älter ist als sein kleiner Bruder.
Es kniet auf den zimmerwarmen Bodenplatten und schneidet mit einer Baumschere fünfundzwanzig Zentimeter lange Zweige von den Tannästen, die auf einem Haufen am Boden liegen.
Die braucht der Vater, um den Adventskranz zu basteln. Was schließlich am Ende dann von den Tannästen noch übrig bleibt, kann er im Garten als Deckäste für empfindliche Pflanzen und zum Schutz gegen die Katzen über dem frischen Feldsalat brauchen.
Auf dem Tisch stehen schon zwei schöne, bunte Gestecke für den Friedhof, um sie auf die Gräber seiner Großeltern zu legen.
Bernhard Bucher macht sie immer selber. Nicht etwa, weil es ihn reut, weil das Kaufen etwas kostet. Man könnte auf dem Basar oder in den Läden ja in jeder Ecke welche bekommen, aber natürlich nicht so schöne und natürliche wie die selbstgemachten. Zudem macht es ihm Spaß, und er will seinen Kindern diesen alten Brauch gerne weitergeben.
Greta hat ihm eine ganze Armladung Kerzen in verschiedenen Größen besorgt. Kleine Christbaumkugeln, Sterne, bunte Bänder, kleine und größere Tannzapfen, getrocknete Orangenscheiben und sonst noch allerlei Klimbim zum Verzieren, ja, sogar ein paar Mistelzweige liegen zum Schmücken des fertigen Kranzes griffbereit auf dem Tisch.
Daneben braucht Bernhard noch Draht und Metallstifte, um die einzelnen Tannenzweige zu einem Büschel zusammen zu binden, um sie schließlich an dem großen, gelben Strohkranz zu befestigen. Er macht das mit viel Fingerspitzengefühl, aber vor allem braucht er Kraft, um die dicken Stifte in den Kranz zu drücken. Um seine Finger zu schonen, hilft er mit einer Zange nach.
Seine Fingerbeeren sind vom Metall schon ganz schwarz und die Hände vom Baumharz ziemlich klebrig. Er hat schon recht viele Zweigbüschel an den Kranz geheftet, so dass er schon bald fertig ist.
Bedächtig fährt er