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Das Einmaleins des Geldes (E-Book): Was es ist / Wie es funktioniert / Was daraus wird
Das Einmaleins des Geldes (E-Book): Was es ist / Wie es funktioniert / Was daraus wird
Das Einmaleins des Geldes (E-Book): Was es ist / Wie es funktioniert / Was daraus wird
eBook289 Seiten3 Stunden

Das Einmaleins des Geldes (E-Book): Was es ist / Wie es funktioniert / Was daraus wird

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Über dieses E-Book

Dieses E-Book enthält komplexe Grafiken und Tabellen, welche nur auf E-Readern gut lesbar sind, auf denen sich Bilder vergrössern lassen.

"Von Geld verstehe ich nichts", sagen viele – zum Teil noch stolz. Sie übersehen: Geld und Geldpolitik betreffen uns alle. Ob wir uns die Miete oder die Hypothek noch leisten können, liegt an Entscheidungen, die hinter massiven Eichentüren in den Sitzungszimmern der Notenbanken getroffen werden.
Das Einmaleins des Geldes erklärt verständlich und wissenschaftlich fundiert, was Geld ist und was die Geldpolitik für uns bedeutet. Wir begegnen einem König mit roter Nase, plombierten Schweizern und einem bösen Millionär.
Stimmbürgerinnen und Stimmbürger, Lehrkräfte im Wirtschaftsunterricht, Medienschaffende und alle, die sich im Geldwesen nichts mehr vormachen lassen wollen, werden das Buch mit Gewinn – ja, mit Genuss – lesen.
SpracheDeutsch
Herausgeberhep verlag
Erscheinungsdatum1. Aug. 2023
ISBN9783035523195
Das Einmaleins des Geldes (E-Book): Was es ist / Wie es funktioniert / Was daraus wird
Autor

Urs Birchler

Urs Birchler hat 25 Jahre Erfahrung in der Banken- und Geldpolitik.Nach dem Doktorat in Volkswirtschaftlehre arbeite er bei der Schweizerischen Nationalbank, zuletzt als Direktor des Bereichs Finanzstabilität.International tätig war er als Leiter der Forschungsgruppe im Basler Ausschuss für Bankenregulierung (bei der BIZ in Basel) und als Präsident des European Money and Finance Forum (SUERF). Er unterrichtete an mehreren Universitäten, zuletzt als Prof. für Banking an der Universität Zürich. Mit Monika Bütler publizierte er das Buch Information Economics (2007).Er ist verheiratet und Vater von drei Kindern. 

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    Buchvorschau

    Das Einmaleins des Geldes (E-Book) - Urs Birchler

    TEIL I    |    WAS ES IST

    KAPITEL 1

    WAS IST GELD?

    TEIL I   |   WAS ES IST

    Kapitel 1: Was ist Geld?

    Das weisst Du doch!

    «Papa! Was ist Geld?» ...

    «Was ist Geld, Paul? Gold, Silber und Kupfer, Guineas,

    Schillinge, Halb-Pennies. Das weisst du doch?»

    «Oh ja, schon», sagte Paul, «ich meine nicht das. Ich meine,

    was ist Geld eigentlich?»

    Charles Dickens, Dombey & Sons, Ch. 8 (1848)

    Klar, dass Paul mit der Antwort nicht zufrieden war, denn was Geld ist, erfuhr er von seinem Vater nicht, sondern nur, woraus es gemacht ist oder in welchen Einheiten es vorkommt. Auch Sprichwörter wie «Geld verdirbt den Charakter» oder «Geld ist die beste Magd, aber die schlechteste Herrin» (Francis Bacon, 17. Jahrhundert) hätten ihm kaum weitergeholfen, da sie bloss davor warnen, es zu wichtig zu nehmen. Im Jahr 1905, da wäre Paul vielleicht selbst schon Urgrossvater gewesen, erschien erstmals ein Buch, das näher auf seine damalige Frage einging. Es trug den Titel Philosophie des Geldes (Georg Simmel) und verfolgte das Ziel, Geld zu verstehen. Dort hätte Paul den Satz gefunden: «Das Geld ist die Spinne, die das gesellschaftliche Netz webt.» Ob ihm das weitergeholfen hätte?

    In diesem Buch versuchen wir, Paul eine Antwort «auf Augenhöhe» zu geben. Vorab müssen wir ein häufiges Missverständnis klären: Geld ist nicht dasselbe wie Reichtum. Die Geschichte The Million Pound Bank Note funktioniert genau wegen dieser Verwechslung. «Jemand hat Geld» meint, die Person ist reich, hat Häuser, Aktien, Gold, aber sie hat nicht unbedingt Geld im Portemonnaie.

    The Million Pound Bank Note

    1893 veröffentlicht Mark Twain eine Kurzgeschichte unter dem Titel The Million Pound Bank Note. Zwei ältere exzentrische Brüder wetten, ob man mit einer Million-Pfund-Note einen Monat lang gratis leben könne. Sie finden einen ehrlichen, aber mittellosen jungen Mann namens Henry, dem sie eine solche Note, ausgestellt von der Bank of England, in einem Briefumschlag zustecken, ohne mehr dazu zu verraten. Zunächst läuft alles gut. Henry muss nie bezahlen. Im Restaurant nicht, weil kein Herausgeld für eine Million vorhanden ist. Im Kleidergeschäft nicht, weil der Inhaber Geld mit Reichtum verwechselt und Henry als Kunden behalten will. Bald gerät Henry in einen Strudel der Ereignisse: Er verliert die Note, gewinnt die grosse Liebe, und kann die Note am Ende doch noch zurückbringen. Und alles ist bezahlt – allein mit der Ausstrahlung der Note.

    Heute würde Paul nicht seinen Vater fragen, sondern zum Beispiel ChatGPT, ein Netzwerk künstlicher Intelligenz. Auf die Frage «Was ist Geld?» antwortete dieses (am 2.1.2023):

    Geld ist eine Art von Tauschmittel, das von Menschen verwendet wird, um Waren und Dienstleistungen auszutauschen.

    Das kann man gelten lassen. Unser Startpunkt lautet daher: Geld ist ein allgemein anerkanntes Tauschmittel. Mit Geld können wir irgendwen irgendwann für irgendwas bezahlen. Ein solches Tauschmittel braucht jede Wirtschaft. Vielleicht kann man Französischunterricht gegen Gartenarbeiten tauschen, aber wer verkauft dem Bauern ein neues Handy gegen zwanzig Säcke Kartoffeln? Das Geld fungiert als Zwischenstation zwischen anderen Gütern und erleichtert dadurch den Handel. Zur Illustration ein Zahlenbeispiel: In einer Wirtschaft mit 100 verschiedenen Gütern gäbe es ohne Geld, das heisst mit direktem Gütertausch, 99 + 98 + 91 + ... + 3 + 2 + 1 = 4950 verschiedene Preise. Mit Geld genügen jedoch 100 Preise.

    Das Honorar

    Der englische Ökonom William Stanley Jevons beschrieb 1889 die Erfahrung einer französischen Opernsängerin, Mademoiselle Zélie, auf einer Konzerttour auf den Gesellschaftsinseln in Französisch-Polynesien. Mademoiselle Zélie trat auf für ihr übliches Honorar von einem Drittel der Einnahmen. Sie erhielt drei Schweine, 23 Truthähne, 44 Hühner, 5000 Kokosnüsse und beträchtliche Mengen Bananen, Zitronen und Orangen. In Paris, rechnet Jevons aus, wäre dies ein gutes Honorar gewesen. So aber musste sie, da sie die Einnahmen nicht selber alle essen konnte, zunächst einmal mit den Früchten die Tiere durchfüttern.

    W. Stanley Jevons, Money and the mechanism of Exchange, 1889

    Ohne Geld als Tauschmittel funktioniert kaum die primitivste Wirtschaft. Es gäbe ohne Geld kaum Handel, daher keine Arbeitsteilung und damit auch nur wenige spezialisierten Berufe. Ärztin, Fussballstar, Buchhalter, Influencerin – sie alle können ihren Beruf nur ausführen, weil es Geld gibt. Geld entstand deshalb an vielen Orten, so wie das Rad, Waffen und Häuser. Niemand hat es erfunden, es war einfach immer da.

    Geld als Brücke zwischen Generationen

    Selbst in einer Wirtschaft ohne Arbeitsteilung kann Geld eine wichtige Rolle spielen. Das zeigt folgendes Gedankenexperiment.

    Auf einer Insel leben zwei Generationen, Alte und Junge. Die Jungen können fischen; die Alten sind dafür zu alt und haben kein Einkommen mehr. Falls die Jungen nicht freiwillig teilen, leiden die Alten Hunger. Deshalb suchen die Alten seltene glänzende Steine. Sie bieten den Jungen Stein gegen Fisch. «Was sollen wir mit Steinen?», fragen die Jungen. «Sie sind ja hübsch, aber essen können wir sie nicht?» «Wenn ihr selber einmal alt seid, könnt ihr die Steine den künftigen Jungen geben», antworten die Alten. «Dann werdet auch ihr Fisch bekommen.» Den Jungen leuchtet dies ein: Besser heute etwas abgeben, als sich jetzt vollfressen und im Alter verhungern. Das erklären wir dann unseren Jungen ebenso ...

    So entsteht dank Steingeld eine Kette über die Generationen hinweg. Dank der Steine können die Generationen miteinander Handel treiben und Altersarmut vermeiden. Die als Geld verwendeten Steine funktionieren als Altersvorsorge, ähnlich wie unsere AHV. Interessant: Die Steine verbessern das Leben der Inselbewohner, obwohl sie für sich genommen völlig nutzlos sind. An sich wertloses Geld kann also den Wohlstand einer Gesellschaft erhöhen.

    Was ist Geld eigentlich?

    Paul wäre mit dem bisher Gesagten wohl noch immer nicht ganz zufrieden. Denn er will wissen, was Geld, das allgemeine Zahlungsmittel, eigentlich [«after all»] ist. Was steckt hinter einer Münze? Woher wissen wir oder warum glauben wir, dass eine Münze, ein Stück Papier oder sogar ein elektronischer Eintrag Geld ist? Und woher kommt deren Wert?

    Steinreich

    Den Weltrekord für das unpraktischste Geld hält die Insel Yap, östlich der Philippinen am südlichen Ende des Marianengrabens. Yap ist berühmt für eine der eigentümlichsten Geldarten der Welt – Steingeld. Steinräder, zum Teil mit Durchmessern von über zwei Metern, in der Mitte ein Loch, damit sie an einer Holzstange getragen werden können (notwendig sind dazu allerdings bis zu 20 Männer).

    © Public Domain

    Das Verrückteste: Die Steine stammen nicht von Yap selbst, sondern wurden auf Flössen von der Nachbarinsel Palau nach Yap gebracht [siehe folgendes Bild], über eine Distanz von immerhin 450 km (das entspricht ungefähr der Strecke Genua–Barcelona). Dieser aufwendige Transport sicherte die Knappheit der Steine und damit ihren Wert.

    © Public Domain

    Anstatt auf seine Guineas und Schillinge zu verweisen, hätte Pauls Vater seinen Sohn auf eine Reise mitnehmen können mit Ziel Südsee-Insel Yap. Dort hätte er wörtlich steinreiche Menschen gefunden. Auf Yap bestand Geld nämlich aus Steinrädern, teils kleinen, teils grossen, die grössten sind aufgestellt höher als ein Mensch. Steingeld ist aber auch eine einzige Mühsal, da es sich kaum transportieren lässt und es sehr viel Platz benötitgt. Aber gerade weil es so unpraktisch ist, ist das Steingeld von Yap lehrreich. Die Einwohnerinnen und Einwohner der Insel hätten Paul eine Geschichte erzählt, die die Antwort auf seine Frage enthält, was Geld «eigentlich» sei – die Geschichte vom versunkenen Stein [siehe Kasten].

    Der versunkene Stein

    Auf dem Transport von Palau nach Yap soll einst ein besonders schöner Stein im Sturm vom Floss gerutscht und in den Tiefen des Ozeans versunken sein. Die Beteiligten einigten sich aber rasch auf Folgendes:

    1. Wir alle wissen, wo der Stein liegt.

    2. Wir sind uns einig, wem der Stein gehört.

    3. Den Eigentümer trifft keine Schuld am Untergang.

    Folglich:

    Der Stein kann weiterhin zum Zahlen verwendet werden. Später kamen Europäer auf die Insel und verlangten von den Einwohnern Hilfe beim Strassenbau. Als sich diese weigerten, beschlagnahmten die Besetzer die Steine: Sie pinselten mit schwarzer Farbe die Initialen B. A. (= Bezirksamt) drauf. Die Einwohner, die sich unter einem Bezirksamt wohl wenig vorstellen konnten, bauten daraufhin die Strassen, worauf die Besetzer die Zeichen wieder entfernten. Das Geld war gerettet.

    Die Behandlung des versunkenen Steins durch die Bewohner zeigt: Zum Nachweis des Eigentums muss ein Stein nicht vor dem Haus des Eigentümers stehen. An die Stelle des physischen Besitzes trat die Erzähltradition des Dorfes: Alle wussten, wo der Stein war und wem er aktuell gehörte. Diese Information war im kollektiven Gedächtnis des Dorfes gespeichert, in der Sprache der Kryptowährungen auf der dörflichen Blockchain.

    Mit der Zeit wurden die Steine, gerade die schwereren, bei einem Besitzerwechsel immer seltener physisch transportiert, sondern nur noch virtuell, d. h. mündlich, im Dorfgedächtnis, übertragen. Mit der Schaffung virtuellen Geldes ist den Einwohnern auf Yap eine grossartige Entdeckung gelungen: Geld kommt von gelten. Das Geld kommt also aus den Köpfen der Beteiligten, denen es als Geld gilt. Die Steine sind Geld, weil alle glauben, dass sie Geld sind. Genauer: Weil alle glauben, dass alle andern glauben, … Oder ganz genau: Weil alle glauben, dass alle andern glauben, dass alle andern glauben, dass ... (etc. bis unendlich) ein Stein allen als Zahlungsmittel gilt. Die gesellschaftliche Konvention «Geld» hängt also an einer endlosen Kette des Vertrauens. Dieses Vertrauen oder, wenn man so will: diese Kollektivillusion macht das Geld zu Geld. Das ist, was Geld – mit dem Wort des jungen Paul – «eigentlich» ist.

    Wozu der Stoff?

    Pauls Vater kannte Geld als Gold, Silber oder Kupfer. Steine? Das hätte ihn verwirrt. Geld muss doch wertvoll sein?! Muss es offenbar nicht, könnte Paul nun mit Hinweis auf die Yap-Steine entgegnen. Diese sind für sich genommen wertlos; sie stehen den Bewohnerinnen und Bewohnern von Yap gar im Weg. Und sie sind dabei noch nicht mal eine Ausnahme: Auch Schneckenhäuser, Vogelfedern, zerschnittene Spielkarten haben schon als Geld gedient; und unsere Papiernoten und Bankguthaben sind kaum wertvoller.

    Nicht der Stoffwert macht also das Geld aus, sondern der kollektive Glaube daran, dass es wertvoll ist. Trotzdem spielt das Material eine Rolle. Eine Geldsubstanz eignet sich nur dann als Geld, wenn es nicht beliebig viel davon gibt. Entscheidend ist, dass die Gewinnung des Geldes etwas kostet. Gold muss gesucht, ausgegraben und geschmolzen, Steingeld von weither transportiert werden. Bitcoin verzehrt Strom und Rechenleistung. Banknoten darf nicht jedermann drucken. Die Knappheit garantiert also den Wert des Geldes und sichert das allgemeine Vertrauen ins Geld. Aber – um es zu wiederholen – ob das Material selbst wertvoll oder wertlos ist, ist Nebensache.

    Der Stoff hat allerdings noch eine weitere Funktion: Er macht das Geld haltbar. Niemand verwendet Erdbeeren als Zahlungsmittel. Ein Zahlungsmittel sollte bei der Übertragung keinen Schaden nehmen. Deshalb sind Geldmaterialien gewöhnlich längere Zeit haltbar.

    Das Steingeld von Yap weist damit alle drei notwendigen Eigenschaften des Geldmaterials auf: Es ist knapp (infolge der Kosten für den Transport aus Palau), haltbar (aus Stein) und übertragbar (dank dem Loch in der Mitte).

    Falschgeld: echter als das echte?

    Nicht wenige Ökonomen, eingeschlossen Karl Marx, haben die irreführende «metallistische» Sicht des Geldes vertreten, die Meinung, es sei der Stoff, der das Geld ausmache. Am schönsten aber erscheint sie beim Schweizer Schriftsteller Jean-Ferdinand Ramuz, der dem Walliser Münzfälscher Farinet ein Denkmal setzte:

    «Ja», fährt Fontana fort, «denn das sage ich euch, sein Gold ist besser als das Gold der Regierung. Und ich sage, er hat das Recht, falsches Geld zu machen, wenn es echter ist als das echte. Was macht den Wert der Münzen aus – die Bilder, die drauf sind?, die Frauenzimmer, die nackten Weiber, oder die angezogenen, oder die Kronen, die Wappen? Oder vielleicht die Inschriften? Oder etwa die Zahlen», sagte er, «die Zahlen, die von der Regierung draufgetan werden? Wer kümmert sich um die Inschriften? Niemand, und um die Zahlen auch niemand. Es wäre nicht das erste Mal, dass die Regierung euch den Wert und das Gewicht falsch angäbe, genauso wie irgendein Privater. Fragt nur die Leute, die sich auskennen. Die Regierung sagt euch: ‹Dieses Stück hat so viel gegolten; nun, von jetzt an gilt es so viel …› Das ist vorgekommen, das kann wieder vorkommen. Da ist Farinet anständiger als die Regierungen, ihm zahlt man das, was an dem Geld dran ist, ihnen zahlt man, was draufsteht …»

    Ramuz, Charles Ferdinand: Farinet ou la fausse monnaie (1932).

    Deutsch: Farinet oder das falsche Geld, Limmat Verlag.

    Mit dem Buch von Farinet verbindet mich ein Schreckmoment. Ich wollte vor vielen Jahren in Paris auf dem Weg zum Flughafen auf dem Markt noch ein Stück Gigot kaufen. Die Verkäuferin wies meine 100er-Note (damals noch Französische Francs) zurück: «C’est faux, ce billet !» Gefälscht? Unmöglich, die habe ich doch von der Bank! «C’est faux, monsieur, ça ne brille pas !» Tatsächlich: Unter der unter dem Ladentisch versteckten UV-Lampe leuchtete nichts, vor allem nicht die kleinen Fäserchen, die als Echtheitszeichen hätten blau leuchten müssen. Was jetzt? Wenn sie die Polizei ruft? Bei dem Gedanken fiel mir das Herz in die Hose: In meiner Manteltasche steckte ein Buch: Ramuz, Farinet ou la fausse monnaie. Eine Falschmünzer-Geschichte! Ich sah mich bereits auf dem Polizeiposten statt auf meinem Flug. Ich fand eiligst eine andere Banknote, verschwand mit meinem Einkauf im abendlichen Getümmel und brachte die falsche Note ­daheim zur Bank (wo sie sich als echt, aber gewaschen erwies).

    Was kann Geld?

    Als Paul merkt, dass sein Vater nicht recht sagen kann, was Geld eigentlich ist, versucht er es mit einfacheren Fragen:

    «Ich meine, Papa, wozu ist es gut, das Geld?»

    «Das wirst du besser verstehen, nach und nach, Paul. Geld kann alles.»

    «Es kann wirklich alles?»

    «Ja, Paul, alles.»

    «Warum hat es dann meine Mama nicht retten können?»

    Der Vater blamiert sich. Zu Recht: Seine Antwort ist um 180 Grad verkehrt. Geld kann nicht alles. Es kann – eigentlich – nur genau etwas. Das aber kann es gut. Geld, so sagten wir bereits, ist ein allgemein anerkanntes Zahlungsmittel. Aber was bedeutet das? Ein Zahlungsmittel ist ein Transportmittel für Wert. Der Esel bringt das Korn vom Bauern zur Müllerin – im Gegenzug bringt Geld den Wert des Korns von der Müllerin zum Bauern. In den Yap-Steinen ist es das Loch, das macht, dass Geld etwas kann. Das Geld transportiert Wert. Das kann es. Und eigentlich nur das.

    Doch das ist nicht wenig. Das Geld hält die Wirtschaft überhaupt erst am Laufen. Es transportiert in der Gegenrichtung der Gütertransporte deren Werte. Während aber die Lastwagen mit ihren Gütern auffallen, läuft das Geld still im Hintergrund um. Doch wehe, es zirkuliert nicht. Dann bleiben auch die Lastwagen stecken. Darum sind die Kosten des Zahlungssystems und der Geldhaltung wichtig. Sind sie tief, ist Geld das Öl im Getriebe der Wirtschaft; sind sie hoch, wird Geld zum Sand im Getriebe [Kap. 3].

    Wenn Geld mobil wird

    Dank der Verbreitung des Mobiltelefons in ärmeren Ländern können heute Millionen Menschen einander direkt Geld zusenden, auch ohne Bankkonti zu benutzen. Seit 2010 sind zahlreiche Plattformen entstanden, die billige Zahlungsdienste anbieten, wie M-Pesa (Kenia), mKesh (Mosambik), bKash (Bangladesch), Airtel (Uganda, Malawi, Niger) und andere. Die Bill & Belinda Gates Foundation hat die Auswirkungen des «mobile money» untersucht. Sie stellt in den untersuchten Gebieten einen Rückgang der Armut um 40 Prozent fest, einen um rund 8 Prozent höheren Konsum und eine bessere Widerstandsfähigkeit der Konsumausgaben nach Naturkatastrophen. Ein Teil der Verbesserung liegt an den höheren Geldzusendungen aus dem Ausland. Interessant: Mobiles Bezahlen und höhere Zusendungen aus dem Ausland fördern ihrerseits die Migration.

    El clásico: Real gegen Nominal

    Geld transportiert Wert. Aber wie viel? Wenn bei einem Lastwagen draufsteht «30 Tonnen», weiss man, wie viel er transportieren kann. Wenn auf einer Banknote steht «1 000 000 Bolivares»,

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