Direkte Demokratie in den Gemeinden
Von Martina Flick Witzig und Adrian Vatter
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Über dieses E-Book
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Buchvorschau
Direkte Demokratie in den Gemeinden - Martina Flick Witzig
Markus Freitag und Adrian Vatter (Hrsg.)
Politik und Gesellschaft in der Schweiz
Band 1:
Markus Freitag (Hrsg.)
Das soziale Kapital der Schweiz
Band 2:
Thomas Milic, Bianca Rousselot, Adrian Vatter
Handbuch der Abstimmungsforschung
Band 3:
Markus Freitag, Adrian Vatter (Hrsg.)
Wahlen und Wählerschaft in der Schweiz
Band 4:
Fritz Sager, Karin Ingold, Andreas Balthasar
Policy-Analyse in der Schweiz
Band 5:
Fritz Sager, Thomas Widmer, Andreas Balthasar (Hrsg.)
Evaluation im politischen System der Schweiz
Band 6:
Markus Freitag
Die Psyche des Politischen
Band 7:
Adrian Vatter (Hrsg.)
Das Parlament in der Schweiz
Band 8:
Markus Freitag, Pirmin Bundi, Martina Flick Witzig
Milizarbeit in der Schweiz
Band 9:
Adrian Ritz, Theo Haldemann, Fritz Sager (Hrsg.)
Blackbox Exekutive
Band 10:
Marc Bühlmann, Anja Heidelberger, Hans-Peter Schaub (Hrsg.)
Konkordanz im Parlament
Band 11:
Sean Mueller, Adrian Vatter (Hrsg.)
Der Ständerat
Band 12:
Adrian Vatter
Der Bundesrat
Band 13
Silja Häusermann, Tarik Abou-Chadi, Reto Bürgisser u. a.
Wählerschaft und Perspektiven der Sozialdemokratie in der Schweiz
Band 14:
Elia Heer, Anja Heidelberger, Marc Bühlmann (Hrsg.)
Schweiz – EU: Sonderwege, Holzwege, Königswege
Band 15:
Daniel Brühlmeier
Die Schweiz in der Staatstheorie
Band 16:
Martina Flick Witzig, Adrian Vatter
Direkte Demokratie in den Gemeinden
Weitere Bände in Vorbereitung
NZZ Libro
Martina Flick Witzig und Adrian Vatter
Direkte Demokratie in den Gemeinden
NZZ Libro
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Der Text des E-Books folgt der gedruckten 1. Auflage 2023 (ISBN 978-3-907396-24-7)
© 2023 NZZ Libro, Schwabe Verlagsgruppe AG
Lektorat: Christoph Meyer, Basel
Korrektorat: Susanne Schneider, München
Umschlag: icona basel, Basel
Gestaltung, Satz: Claudia Wild, Konstanz
Datenkonvertierung: Bookwire, Frankfurt a. M.
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungs-anlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werks oder von Teilen dieses Werks ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflich-tig.
Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts.
ISBN Druckausgabe 978-3-907396-24-7
ISBN E-Book 978-3-907396-25-4
www.nzz-libro.ch
NZZ Libro ist ein Imprint der Schwabe Verlagsgruppe AG.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1Einleitung
1.1 Einstieg
1.2 Forschungsstand
1.3 Ziele, Fragestellungen und Abgrenzungen
1.4 Gegenstand, Daten und Vorgehen
1.5 Aufbau und Gliederung
2Die Instrumente der direkten Demokratie in den Schweizer Gemeinden
2.1 Einleitung
2.2 Bedeutung kantonaler Vorgaben für die Existenz der direktdemokratischen Instrumente auf Gemeindeebene
2.2.1 Obligatorische Referenden
2.2.2 Fakultative Referenden
2.2.3 Initiativen
2.3 Vertiefte Analyse zur Existenz der direktdemokratischen Instrumente
2.4 Schlussbetrachtung
3Die Nutzung von Urnenabstimmungen in den Schweizer Gemeinden
3.1 Einleitung
3.2 Die Nutzung der direktdemokratischen Instrumente im Überblick
3.3 Vertiefte Analyse zur Nutzung der direktdemokratischen Instrumente
3.4 Schlussbetrachtung
4Die Themen und Ergebnisse der direkten Demokratie in den Gemeinden
4.1 Einleitung
4.2 Auswertungen zu Abstimmungsthemen
4.3 Auswertungen zu den Abstimmungsergebnissen
4.3.1 Erfolgsquoten
4.3.2 Ja-Stimmen-Anteile
4.4 Schlussbetrachtung
5Die Beteiligung an kommunalen Abstimmungen
5.1 Einleitung
5.2 Die Beteiligung an kommunalen Abstimmungen im Überblick
5.3 Vertiefte Analyse zur Beteiligung an kommunalen Abstimmungen
5.4 Schlussbetrachtung
6Die Volksabstimmungen in den Städten
6.1 Einleitung
6.2 Die Abstimmungen in den Städten im Überblick
6.3 Vertiefte Analyse zur Nutzung direktdemokratischer Instrumente in den Städten
6.4 Schlussbetrachtung
7Schlussbetrachtung
7.1 Einleitung
7.2 Die Instrumente der direkten Demokratie in den Gemeinden
7.3 Die Praxis der direkten Demokratie in den Gemeinden
7.3.1 Die Häufigkeit von kommunalen Volksabstimmungen
7.3.2 Die Sachthemen kommunaler Volksabstimmungen
7.3.3 Die Resultate kommunaler Volksabstimmungen
7.3.4 Die Beteiligung bei kommunalen Volksabstimmungen
7.3.5 Die Volksabstimmungen in den grossen Städten
7.4 Erkenntnisse zur direkten Demokratie in der Schweiz
7.4.1 Weitverbreitete Instrumente der Volksrechte, aber unterschiedlicher Gebrauch in den Gemeinden der französischen und deutschen Schweiz
7.4.2 Zugangshürden erschweren erst ab einer gewissen Höhe die Nutzung der Volksrechte in den Schweizer Gemeinden
7.4.3 Starke Effekte eines urbanen Umfelds, vieler Abstimmungen und hoher Hürden auf die Erfolgschancen der kommunalen Vorlagen
7.4.4 Die kommunale Stimmbeteiligung hängt nicht von den Sachthemen, sondern von den eidgenössischen «Lokomotiv-Vorlagen» ab
Anhang A1: Teilnehmende Städte und Gemeinden
Anhang A2: Die rechtliche Ausgangslage in den Kantonen
1Kantonale Regelungen zu obligatorischen Referenden auf Gemeindeebene
1.1 Kantone mit keinen oder nur geringen kantonalen Vorgaben
1.2 Kantone, die nicht zwingend Urnenabstimmungen vorschreiben
1.3 Kantone, die obligatorische Referenden überwiegend oder ausschliesslich für Parlamentsgemeinden vorsehen
1.4 Kantone, die Urnenabstimmungen zu obligatorischen Referenden in allen Gemeinden vorsehen
2Kantonale Regelungen zu fakultativen Referenden auf Gemeindeebene
2.1 Kantone mit keinen oder nur geringen kantonalen Vorgaben
2.2 Kantone mit fakultativen Referenden gegen Erlasse bzw. Beschlüsse der Exekutiven
2.3 Kantone, die das fakultative Referendum nur für Parlamentsgemeinden regeln
2.4 Kantone, die fakultative Referenden in allen Gemeinden vorsehen
2.5 Behördenreferenden
3Kantonale Regelungen zu Initiativen auf Gemeindeebene
3.1 Kantone mit keinen oder nur geringen kantonalen Vorgaben
3.2 Vorschriften zu Urnenabstimmungen
Anhang A3: Verbreitung von Gemeinden mit Parlament nach Kantonen
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis der Schweizer Kantone
Literaturverzeichnis
Vorwort
Das vorliegende Buch widmet sich als eines der wenigen exklusiv der direkten Demokratie in der Schweiz auf der kommunalen Ebene. Es entstand im Verlauf der letzten Jahre im Rahmen unserer Datenerhebungen, Recherchen und Analysen zu den Instrumenten und der Praxis der Volksrechte in den Schweizer Gemeinden und Städten. All denen, die uns beim Zustandekommen des Werks an der Universität Bern geholfen haben, sind wir sehr verbunden. An erster Stelle möchten wir uns herzlich bei denjenigen Gemeinden bedanken, die uns durch ihre Kooperation überhaupt erst die Möglichkeit zur Auswertung ihrer Daten gegeben haben. Besonders hilfreich für unsere Analysen war der Datensatz von Michael Bützer, der im Rahmen des SNF-Forschungsprojekts «La démocratie communale en Suisse: vue générale, institutions et expériences dans les villes 1990–2000» (Projektnummer 59366) entstanden ist und den uns Uwe Serdült vom Zentrum für Demokratie Aarau dankenswerterweise zur Verfügung gestellt hat. Die Angaben aus den Gemeindeschreiberbefragungen von Andreas Ladner, Reto Steiner und anderen haben uns vielfältige Informationen über die direktdemokratischen Beteiligungsformen in den Gemeinden und ihren Gebrauch geliefert. Ein grosses Merci geht an Madleina Ganzeboom und Nina Fink für die Erstellung von Abbildungen und insbesondere für ihre aufwendigen Erhebungen der Daten bei rund 70 Gemeinden der Schweiz über ihre unterschiedlichen Rechtsformen der direkten Demokratie und über die Nutzung von obligatorischen und fakultativen Referenden sowie Volksinitiativen für den Untersuchungszeitraum von 2001 bis 2021. Rahel Freiburghaus, Madleina Ganzeboom und Pierre Lüssi, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Lehrstuhls für Schweizer Politik am Institut für Politikwissenschaft an der Universität Bern, danken wir für das Korrekturlesen der einzelnen Kapitel unter erheblichem Zeitdruck. Dem Verlag NZZ Libro sind wir für die konstruktive und langjährige Zusammenarbeit und das Co-Lektorat verbunden. Der UniBern Forschungsstiftung danken wir schliesslich für ihre grosszügige Bereitschaft, einen Grossteil der Druckkosten dieses Buchs zu übernehmen.
Bern, im Februar 2023 Martina Flick Witzig und Adrian Vatter
1 Einleitung
1.1 Einstieg
Die Schweiz gilt als unangefochtene Weltmeisterin der direkten Demokratie (Altman 2011: 49). In keinem anderen Staat sind die unmittelbaren Entscheidungsbefugnisse der Bürgerinnen und Bürger bei Sachgeschäften so stark ausgebaut und werden so intensiv praktiziert wie in der Schweizer Eidgenossenschaft. Bis heute hat weltweit rund die Hälfte aller nationaler Volksabstimmungen in diesem kleinen europäischen Land stattgefunden (Milic et al. 2014: 21). Entsprechend bietet die Schweiz einen einmaligen Bestand an empirischen Daten und Befunden zur Funktions- und Wirkungsweise der direkten Demokratie. Während sich zahlreiche Studien mit den Volksrechten auf nationaler und kantonaler Ebene im schweizerischen Bundesstaat auseinandergesetzt haben, bestehen aber kaum Untersuchungen zur direkten Demokratie auf lokaler Ebene. Es fehlt bis heute ein Grundlagen- und Übersichtswerk über die Institutionen und die Praxis der unmittelbaren Sachbefugnisse der Bürger in den Gemeinden und Städten der Schweiz. Dies erstaunt umso mehr, als der kommunalen Ebene als eigentlicher «Schule der Demokratie» eine besondere Bedeutung bei der Bürgerbeteiligung zukommt. «Sie erscheint wie ein ursprüngliches Feld für eine politische Betätigung des Bürgers. Die örtlichen Verhältnisse gelten als überschaubar, die Problemlagen als durchschaubar, die Entscheidungsprozesse als unmittelbar beeinflussbar und Massnahmen in der Kommunalpolitik als persönlich erfahrbar» (Kost 2013: 34). Hinzu kommt, dass die Möglichkeiten der unmittelbaren Betroffenheit und direkten Beeinflussbarkeit politischer Entscheidungen durch das Volk im stark föderalen schweizerischen Bundesstaat auf lokaler Ebene besonders ausgeprägt sind, da die Gemeinden als eigene politische Ebene eine im internationalen Vergleich sehr bedeutende Stellung einnehmen (Vatter 2018, 2020). Gemäss einem Ranking von Ladner et al. (2019) besitzen die Gemeinden in keinem anderen Land Europas mehr Autonomie als in der Schweiz, obwohl sie vergleichsweise klein sind. Besonders herauszustreichen sind die stark ausgebaute lokale Selbstständigkeit und die vielfältigen Zuständigkeiten der Schweizer Kommunen, die ihren sichtbaren Ausdruck in der Existenz einer eigenständigen Finanzhaushalt- und Steuerhoheit sowie der eigenen Selbstverwaltung und -gesetzgebung finden (Ladner & Keuffer 2021). Insgesamt handelt es sich bei den Schweizer Gemeinden um historisch gewachsene und politisch eigenständig handelnde Gebietskörperschaften mit beträchtlichen Kompetenzen in einzelnen Politikfeldern und ausgebauten Mitwirkungsrechten, die als wichtiger sozialer Bezugsrahmen zweifellos die bürgernächste Einheit bilden (Freitag et al. 2019). «The combination of great regional and local autonomy on the one hand and extensive opportunities for direct democratic participation on the other has led over time to a colourful bouquet of local direct democracy» (Rochat 2022: 1 f.). In aller Kürze wird damit deutlich, dass offenbar eine grosse Kluft zwischen der hohen Bekanntheit und Bedeutung der stark ausgebauten Schweizer Direktdemokratie und Gemeindeautonomie einerseits und den fehlenden Grundlagen und Kenntnissen über die kommunalen Volksrechte im Schweizer Bundesstaat andererseits besteht. Diese Lücke möchte das vorliegende Buch mit einer vertieften Darstellung und Analyse der direkten Demokratie in den Gemeinden und Städten der Schweiz schliessen, womit auch ein Beitrag zur Verbesserung der Qualität demokratischer Entscheidungsstrukturen und zur Erreichung demokratiepolitischer Ziele im lokalen Raum angestrebt wird. «In this way, local direct participation can also contribute to more acceptance, effectiveness and legitimacy of local governance, and serve as an area of learning and experiencing democratic decision-making for democracy at large» (Schiller 2011a: 10).
1.2 Forschungsstand
Die lokale direkte Demokratie in der Schweiz stellt erstaunlicherweise bis heute ein wenig erforschtes Feld im Vergleich zur Beschreibung und Analyse der Volksrechte auf kantonaler (Eder 2010; Fatke 2014; Trechsel 2000; Trechsel & Serdült 1999; Vatter 2002, 2020) und nationaler Stufe (Schaub & Bühlmann 2022; Fossedal 2018; Kriesi 2005; Milic et al. 2014) dar. Das zeigt sich insbesondere darin, dass bis heute hierzulande kein Übersichtswerk über die kommunale Direktdemokratie in Buchform existiert. Die bisher einzige grössere Studie bildet die Dissertation von Michael Bützer (2007a). In seiner Untersuchung wurden erstmalig die direktdemokratischen Institutionen von 118 Schweizer Städten rechtsvergleichend erfasst. Darüber hinaus analysierte er auch den Gebrauch der Volksrechte in diesen Städten für die Periode von 1990 bis 2000. Bützer (2007a) kommt für die untersuchten Schweizer Städte zum Schluss, dass es beträchtliche Unterschiede zwischen der Deutsch- und der Westschweiz gibt und die Nutzung von fakultativen Referenden und Initiativen weniger durch politische und institutionelle Grössen wie etwa die Höhe der Unterschriftenhürden, sondern vor allem durch die soziale Komplexität und den wirtschaftlichen Problemdruck des lokalen Kontexts beeinflusst wird. Die Pionierarbeit von Bützer (2007a) liefert einen ersten wichtigen Einblick in die vielfältige Praxis der städtischen Volksentscheide der Schweiz und gibt uns wichtige Hinweise für die weitere Forschung. Die Studie beschränkt sich aber auf die grösseren Städte, untersucht nur einen kurzen, schon etwas länger zurückliegenden Zeitraum und verzichtet auf eine Analyse der direkten Demokratie in den sehr zahlreichen mittleren und kleinen Gemeinden der Schweiz.
Abgesehen von Bützer (2007a) liegen einige wenige Beiträge aus rechtswissenschaftlicher, insbesondere rechtsvergleichender Perspektive vor, die sich mit einzelnen Formen der kommunalen Volksrechte in der Schweiz wie dem Behördenreferendum, der Planungsinitiative und weiteren Initiativ- und Referendumsformen beschäftigen (Bätschmann 2017; Bisaz 2016, 2020; Karr 2003; Lafitte 1987; Saile 2011; Schaffhauser 1978; Schneider Fellmann 2013), während sich die Geschichtswissenschaft bisher noch kaum mit dem Thema auseinandergesetzt hat (vgl. aber Hatz 2016; Meyer 2007; Suter 2012). Wie erwähnt, behandelt auch die politikwissenschaftliche Forschung die kommunale Bürgermitsprache anhand von Initiativen und Referenden bis heute stiefmütterlich. Politologische Analysen sind nach wie vor rar und beschränken sich in der Regel auf einzelne Handbuchartikel (Ladner 2011; Rochat 2022) sowie wissenschaftliche Beiträge, die sich vor allem mit dem politischen Interesse, der Beteiligung und der Gemeindegrösse bei lokalen Abstimmungen in der Schweiz beschäftigen (Bühlmann 2006; Bützer 2007b, 2011; Huissoud & Joye 1991; Kübler & Dlabac 2015; Kübler et al. 2020; Ladner 1991, 2002; Ladner & Bühlmann 2007; Ladner & Fiechter 2012; Stadelmann-Steffen & Dermont 2015). Auch die Besonderheit, dass in der Schweiz lange Zeit die Einbürgerungsanträge in vielen Fällen durch kommunale Volksabstimmungen entschieden wurden, fand in der Forschung ihren Niederschlag (Hainmüller & Hangartner 2019). Erwähnenswert sind schliesslich auch die verschiedenen polit-ökonomischen Studien, die anhand lokaler Abstimmungen die Wirkungen der direkten Demokratie auf die Verschuldung, die öffentlichen Ausgaben und die Steuerlast analysiert haben (Feld & Kirchgässner 2001, 2002; Frey & Stutzer 2004), sowie die mehrfach durchgeführten, breit abgestützten nationalen Gemeindeschreiberbefragungen (Ladner 1991, 2002, 2008, 2016; Steiner et al. 2019, 2021), bei denen unter anderem Auskunft über die direktdemokratischen Beteiligungsformen in den Gemeinden und ihre Nutzung zu unterschiedlichen Zeitpunkten gegeben wurde. Die neuesten Befunde des nationalen Gemeindemonitorings bestätigen, dass nach wie vor beträchtliche Unterschiede in der Nutzung der Volksrechte (Initiative, Referendum) zwischen bevölkerungsschwachen und -starken Gemeinden sowie zwischen der Deutschschweiz und der lateinischen Schweiz bestehen (Steiner et al. 2021: 54 ff.).
Diese kurze Übersicht verdeutlicht, dass bis heute keine politikwissenschaftliche Übersichtsdarstellung zur direkten Demokratie in den Gemeinden der Schweiz vorliegt, obwohl sowohl die Volksrechte als auch die lokale Autonomie wichtige identitätsbildende Kernmerkmale des politischen Systems der Schweiz darstellen (Linder & Mueller 2017; Vatter 2020). Dies etwa im Gegensatz zu Nachschlagewerken, die zur lokalen Direktdemokratie in Europa (Schiller 2011b) und im internationalen Vergleich bestehen (Premat 2022). Bemerkenswert ist auch die vielfältige Literatur, die zu den kommunalen Verfahren von Bürgerbegehren und -entscheiden und ihrem Gebrauch in Deutschland vorliegt, wo in einzelnen Bundesländern wie Bayern, Berlin und Hamburg eine rege Praxis direkter Demokratie auf lokaler Ebene besteht (Gebhardt 2000; Heyne 2017; Holtkamp 2017; Kampwirth 2003; Kost 2013; Vetter & Velimsky 2019). Schliesslich fällt auf, dass in den letzten Jahren vermehrt auch politikwissenschaftliche Untersuchungen zum Gebrauch der kommunalen Volksrechte in anderen Ländern Europas (Geurtz & Wijdeven 2010; Jäske 2017; Karlsson 2012; Salvador & Ramió 2011; Smith 2011) als auch auf anderen Kontinenten (Garrett & McCubbins 2010; Kasymova & Schachter 2014; Lyon 2015) erschienen sind, was