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DAS GEHEIMNIS IM EIS: Thriller
DAS GEHEIMNIS IM EIS: Thriller
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eBook449 Seiten5 Stunden

DAS GEHEIMNIS IM EIS: Thriller

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Über dieses E-Book

In der Abgeschiedenheit der Antarktis arbeiten eiskalte Geschäftsleute an einem ebenso eiskalten Geheimnis.
Unter einer dichten Eisdecke entwickelt Draconis Industries eine neuartige und mächtige Technologie. Harvey Bennet und sein Team werden ausgesandt, sie aufzuhalten, doch das, was sie im Inneren der Anlage finden, ist noch weitaus teuflischer, als sie es sich hätten vorstellen können. Und zu allem Überfluss ist ihnen auch noch eine ganze Armee chinesischer Soldaten auf den Fersen, welche diese Technik an sich reißen wollen …
Band 3 der Harvey-Bennett-Thriller ist ein temporeicher SciFi-Thriller, der actionreich die Themen künstlicher Intelligenz und konzernweiter Verschwörungen verbindet. Für Fans von James Rollins, Dan Brown und Clive Cussler ein absolutes Muss!
SpracheDeutsch
HerausgeberLuzifer-Verlag
Erscheinungsdatum2. Juni 2023
ISBN9783958357341
DAS GEHEIMNIS IM EIS: Thriller

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    Buchvorschau

    DAS GEHEIMNIS IM EIS - Nick Thacker

    Prolog

    Allein war er früher schon gewesen, aber noch nie in seinem Leben war er der extremen Isolation des enormen, gefrorenen Nichts ausgesetzt gewesen, das sich in allen Richtungen um ihn erstreckte. Die Eiseskälte durchfuhr ihn wie Kugeln, Miniaturdolche, die als eine Million Nadelstiche aus gefrorener Luft auf seiner Haut explodierten.

    Roald Montgomery nestelte am Reißverschluss seines Canada Goose Expedition Parkas, um ihn die übrigen fünf Zentimeter bis zur Unterkante seines Kinns hinaufzuzwingen. Selbst mit den Finger-Skihandschuhen, die eine größere Beweglichkeit erlaubten, war es nahezu unmöglich, den kleinen Schieber zu fassen zu bekommen.

    Er hielt inne. Seine Stiefel traten die weiche Schneeschicht zu einem komprimierten Block unter seinen Füßen fest. Wohlweislich langsam atmete Roald die eisige Luft durch die schützenden Schichten von Skimaske und Halswärmer, welche er über seinem Gesicht trug, ein.

    Er überprüfte den Thermometer auf seiner Armbanduhr.

    Minus achtunddreißig Grad.

    Sein Körper benötigte keine Erinnerung daran, wie kalt es draußen war, aber die Zahl zu sehen, schien ihm einen zusätzlichen Energieschub zu verleihen, und Roald zog den Reißverschluss endlich bis ganz nach oben zu. Zufrieden bewegte er sich weiter.

    Stapfen war ein besseres Wort. Er war nur etwa hundertachtzig Meter weit gegangen und schon fing er an, die Strapaze der Anstrengung zu spüren. Ein Teil des Problems war der Wind. Der mörderische Wind, wie die anderen in der Station immer sagten. Er hätte nie gedacht, dass es so kompliziert sein könnte, in einer geraden Linie zu gehen, aber andererseits war er noch nie in der Antarktis gewesen.

    Bis jetzt.

    Erst vor einem Monat hatte sich Roald seinem älteren Bruder, Scott, in der Forschungsstation angeschlossen und eine sechsmonatige Anstellung angenommen, um die er mit allen Mitteln gekämpft hatte. Einen Job am unteren Ende des Planeten zu bekommen war schwer, und noch unwahrscheinlicher war es, dass zwei Geschwister zur selben Zeit dort stationiert waren. Es bedeutete nichts, außer, dass sich Roald aufgrund dessen noch genauer beobachtet fühlte – er durfte es nicht vermasseln. Man würde von ihm erwarten, dass er seinen Job außergewöhnlich gut machte.

    Und das hatte er auch vor. Er hatte den Motor des Mars-1-Humvees angelassen, ganz nach Protokoll, es aber in der Mitte des 100-Meter-Radius seiner kreisförmigen Route geparkt. Sein Auftrag war simpel: Herumlaufen und alles aufzeichnen, was er sah.

    Das war zugegebenermaßen eine der banaleren Aufgaben, die die Wissenschaftler auf ihrer täglichen To-do-Liste abzustreichen hatten, aber er hatte heute den Kürzeren gezogen. Suche einen Ort aus, fahr das Humvee hin, parke und geh in einem vordefinierten Radius um das Fahrzeug herum. Dann beobachte die Umgebung – Wetter, Schneewehen, alles, was Aufmerksamkeit erregt – und zeichne die Daten verbal auf einem Rekorder in der Jackentasche auf.

    Er hatte bereits Messungen des Luftdrucks, der Temperatur, der Windgeschwindigkeit und des Schneefalls seit dem gestrigen Tag gemacht, und nichts davon würde sich bis zu dem Zeitpunkt, an dem er seinen Kreis zu Ende beschrieben hätte und zu dem riesigen Fahrzeug zurückkehren würde, ändern. Er freute sich schon auf die Wärme der Humvee-Kabine und seiner Koje darin. Morgen würde er zurückkommen, direkt in der Früh, weil er den gleichen Rundgang um das Fahrzeug genau zwölf Stunden später noch einmal durchführen musste.

    Roald legte einen Zahn zu. Die Sache in die Länge zu ziehen brachte keine Vorteile, und je früher er zum Mars-1 zurückkehrte, desto früher konnte er sich bis auf die untersten Kleidungsschichten ausziehen und sich in das Strategiespiel am Computer stürzen, nach dem er neuerdings so verrückt war.

    Er konzentrierte sich auf das Knirschen des Schnees. Es war ein schöner Tag – die Sonne stand am Himmel, keine Wolken waren zu sehen, und der Wind blies relativ gleichmäßig. Kein schwacher Wind, aber gleichmäßig. Er bemerkte, dass er im Tempo des Spielsoundtracks ging, während er unentwegt dem Knirsch, Knirsch jedes aufsetzenden Stiefels lauschte.

    Klonk.

    Diesmal war das Geräusch anders. Sein linker Stiefel hatte mit einem Knirschen aufgesetzt, aber ein tieferer Klang war damit verbunden. Ein dumpfer Klang. Roald runzelte die Stirn.

    Er sah auf seine Füße, einer vor dem anderen, und hob seinen rechten Stiefel wieder an. Er trat auf, schneller diesmal, und das Klonk ertönte erneut, noch deutlicher.

    »Was zum …«

    Der Datenlogger würde die Sprache, die nichts mit den Witterungsbedingungen der Antarktis zu tun hatte, ausfiltern müssen, aber das war ihm egal. Wie sonst sollte er auf dieses Geräusch reagieren?

    Er stampfte noch zweimal auf, nur um sicher zu sein, dann bückte er sich und begann, die oberste Schneeschicht wegzuwischen. Binnen weniger Sekunden hatte er den festgetretenen Schnee darunter erreicht und kniete sich hin, um ihn abzutragen.

    Er arbeitete stumm. Sein Atem und die Kratzgeräusche waren die einzigen Laute in Hörweite. Er hatte ein fast dreißig Zentimeter tiefes Loch gegraben, als er es sah.

    Etwas Dunkles.

    Im Eis, direkt unter dem Schnee.

    Roald stand wieder auf und fühlte in seinen Taschen nach dem Messer, das er bei sich trug. Es hatte eine kurze Klinge, aber es musste genügen. Er steckte die Spitze ins Eis und fuhr damit fort, die Schichten abzutragen. Er fiel auf die Knie, ganz in seine Aufgabe vertieft.

    Das Logbuch kann warten.

    Ihm bliebe ausreichend Zeit, um eine Analyse dessen, was er hier tat, aufzunehmen und zu besprechen, aber jetzt musste er sich darauf konzentrieren, das Objekt, das unter dem Eis lag, zu befreien.

    Fünfzehn Minuten vergingen, dann dreißig, und Roald fand sich schließlich auf eine große, rechteckige Metallplatte hinabstarrend wieder. Ihren Rand hatte er noch immer nicht erreicht, also arbeitete er noch eine Stunde weiter, bis die Sonne tiefer am Horizont zu sinken begann.

    Ihm blieb nur noch eine Stunde, und es wirkte nicht so, als machte er Fortschritte. Er grub, stemmte und brach Eisbrocken heraus und hob Berge von Schnee von der Platte, und noch immer fühlte es sich an, als wäre das Metallstück ein nicht enden wollender Teil des Bodens selbst.

    Er plagte sich im schwindenden Licht ab und sah dabei alle paar Minuten nach, um sicherzugehen, dass sich sein Humvee nicht unerklärlicherweise allein aus dem Staub gemacht hatte. Es war eine nervöse Reaktion auf die Isolation und die Kälte, das war ihm klar, aber er konnte nicht anders. Die Antarktis brachte oft die versteckten Angewohnheiten und Marotten ihrer Bewohner zum Vorschein, zum Besseren und zum Schlechteren.

    Endlich erreichte er den Rand des Metallrechtecks. Sein Messer hob eine große Eisplatte an und enthüllte eine gerade, menschengemachte Kante. Einen Augenblick lang hielt er inne, um sich an seiner Arbeit zu erfreuen. Seine Finger schwitzten in den Skihandschuhen, doch trotzdem konnte er die extreme Kälte jenseits des Stoffs spüren, als er die metallene Oberfläche sauber wischte. Er änderte die Richtung, entschied sich, der Kante des Metallrechtecks von sich aus nach oben zu folgen.

    Weitere Minuten vergingen, dann erreichte er eine Ecke. Nach wieder einigen Minuten noch eine Ecke.

    Er stand auf und sah auf seine Arbeit hinunter.

    Das ist eine …

    Er wollte es nicht denken, weil es absolut keinen Sinn ergab, aber er konnte nicht anders.

    Das ist eine Tür.

    Prolog 1

    Dort, vor Roald Montgomery, am Rand des antarktischen Kontinents am unteren Ende des Planeten, lag eine Metalltür.

    Er entdeckte einen riesigen Scharniermechanismus, der an der Seite der Tür befestigt war, wo er aus einem Bereich aus Eis und Schnee hervorlugte, den er noch nicht freigelegt hatte. Aber dieses Scharnier – und die beiden anderen, baugleichen – aus dem gefrorenen Boden zu befreien war leicht.

    Die Tür war jetzt vollständig freigelegt, eine komplette ein mal zwei Meter große Metallplatte. Eine kleine Tür im Vergleich mit einem ›typischen‹ Türrahmen, aber dennoch eine Tür. Abgesehen von den Scharnieren an einer Seite befand sich nichts auf der Metalloberfläche. Keine Beschriftungen, Bezeichnungen oder sonst etwas, das erkennen ließe, warum sich hier eine Tür befand.

    Er stand weitere zwei Minuten lang am Fuß der Tür, ehe ihm ein merkwürdiger Gedanke kam:

    Türen führen irgendwo hin. Das ist eine Tür.

    Kurz fragte er sich, warum er nicht schon früher daran gedacht hatte, aber das war zweifelsfrei eine Tür und das bedeutete, dass sich etwas auf ihrer anderen Seite befand.

    Er kniete sich wieder hin und machte sich daran, die Seiten der Tür aufzustemmen. Bestenfalls, das war ihm klar, wäre sie zugefroren. Ich hab so viel Zeit investiert, warum sollte ich nicht nachsehen, ob sie aufgeht?

    Wieder warf er einen raschen Blick hinter sich auf das Mars-1-Humvee. Das Fahrzeug stand brav im Leerlauf, die weiße Dampfspur stieg im Dämmerlicht nach oben. Er drehte sich wieder zur Tür um und bewegte seine Finger weiter um die Seiten der schweren Platte herum.

    Er hörte ein Klick. Es war lauter als die Geräusche, die er gemacht hatte, und am verstörendsten war, dass er wusste, dass es nicht von ihm gekommen war. Roald hörte einige Sekunden lang auf, zu arbeiten, und wartete.

    Das Klicken wurde von einem leisen, zischenden Geräusch abgelöst und er spürte, wie sich die Tür bewegte.

    Er wusste, dass sie sich bewegte, aber er zweifelte sofort daran, als ihm der Gedanke in den Sinn kam. Die Tür hat sich nicht bewegt. Du musst dich bewegt haben. Vielleicht bist du …

    Sein innerer Monolog wurde von einem eindeutigen Gefühl der Erschütterung unter seinen Knien und Händen unterbrochen. Das Zischen wurde lauter und endete dann mit einem lauten Plopp. Er hielt den Atem an.

    Entgegen jeder Vernunft und logischen Erklärung, die er aufbrachte, öffnete sich die Tür.

    Sie schwang nach außen und er musste die Hände wegnehmen und sich zurücklehnen, damit die Metallplatte an ihm vorbei konnte. Die Tür war automatisch. Ein riesiges Getriebe darunter, das er jetzt sehen konnte, erzeugte die nötige Hebelkraft, um das riesige Objekt zu bewegen. Es erreichte einen Neunzig-Grad-Winkel zum Boden und blieb stehen.

    Unsicher, welche Reaktion er haben sollte, blinzelte Roald.

    Er blickte in einen dunklen, rechteckigen Schacht hinab. Für sich genommen hätte ihn diese Tatsache sich zum Humvee zurückziehen und seinen Fund pflichtbewusst für die Auswertung in der Station aufzeichnen lassen.

    Doch momentan lag der Schacht nicht im Mittelpunkt von Roalds Aufmerksamkeit.

    Stattdessen war sein Blick auf den Lauf einer Waffe geheftet, die direkt auf ihn gerichtet war und von einem Mann gehalten wurde, der Parka und Hosen in weiß trug. Sein Gesicht war vollständig von einer schneeweißen Skimaske und Skibrille vermummt.

    »Nicht reden«, sagte der Mann. Sein Ton war direkt und er sprach auf eine Weise, die Aufmerksamkeit verlangte. »Wenn Sie reden, schieße ich.«

    Roald schluckte, dann nickte er.

    »Kommen Sie jetzt mit.«

    Kapitel 1

    »Monsieur Valére«, sagte die Stimme mit ihrem computersimulierten Stimmprozessor. »Der Test der Datengruppe hat 95% Genauigkeit erreicht.«

    Francis Valére sah von seinem Laptop auf und starrte direkt geradeaus auf den leeren Fernsehbildschirm an der Wand gegenüber seines Schreibtischs. Es gab nichts zu sehen, denn SARAs Stimme erklang aus hunderten nadelstichkleinen, in den umliegenden Wänden installierten Lautsprechern. Das Simulated Artifical Response Array war das beste seiner Art – das einzige seiner Art – und es verfügte über die zu seiner futuristischen Soft- und Firmware passenden Hardwareverbesserungen.

    »Sehr gut, SARA.« Er nickte ein Mal, verzog das Gesicht und griff nach einem Tablettenfläschchen mit dem Logo von Frontier Pharmaceuticals auf der Schreibtischecke. Es war praktisch, dass er in einem Büro arbeitete, das von der Präsenz eines riesigen Pharmaunternehmens dominiert wurde, aber noch praktischer war es, dass die Firma, für die er arbeitete, dieses Pharmaunternehmen besaß. Frontier Pharmaceuticals belegte zwölf der Stockwerke im Bürogebäude, aber Francis hatte die oberste Etage für sich selbst reserviert. Vor Jahren, als er die Firma gekauft hatte und eingezogen war, hatte ihn der Generalunternehmer, den seine Firma eingestellt hatte, gefragt, ob er die Beschriftung »13« für sein Stockwerk behalten oder sie überspringen und stattdessen die »14« nutzen wolle.

    Der Mann hatte behauptet, dass viele Bauprojekte von Hotelketten und Konzernbüros es vorzogen, die »Unglückszahl« völlig zu überspringen, eine Praktik, die mittlerweile als Standard in der Baubranche galt. Der Aberglaube über die Zahl war anscheinend weit in der amerikanischen Bevölkerung verbreitet, und obgleich das Gebäude auf kanadischem Boden stehen würde, war es eine Frage, die zu stellen, eine Gewohnheit des Generalunternehmers war.

    Francis erinnerte sich daran, die Frage ignoriert zu haben. Er war er zu beschäftigt für Aberglaube. Nach diesem Moment war er jeden Tag an denselben Schreibtisch gekommen, auf derselben »Unglücksetage«, in demselben Gebäude. Und jeden Tag war er wieder gegangen, absolut sicher und unversehrt.

    So viel zum Aberglauben.

    Francis glaubte an die Wissenschaft, nicht an Religion oder dämlichen Aberglauben. Er verachtete jeden, der nicht das nötige Denkvermögen besaß, um anzuerkennen, dass die Wissenschaft die einzig wahre Religion war, die der Mensch brauchte. Man schrieb das 21. Jahrhundert, und die Menschen beteten immer noch einen Geist an, der in den Wolken lebte.

    Er zwang seine Gedanken in die Gegenwart zurück und hoffte, SARA hätte sein Nicken mittlerweile korrekt interpretiert.

    Das hatte sie.

    Als er genickt hatte, hatte er dem Computerprogramm, das die gesamte Etage inklusive seines eigenen Büros kontrollierte, mitgeteilt, dass er nicht nur die von ihm gelieferten Ergebnisse bestätigte, sondern auch beabsichtigte, dass es die letzte Testphase einleitete.

    Auf dem Fernseher vor ihm materialisierte sich ein Gesicht.

    »Monsieur«, sagte der Mann. »Ich hoffe, Sie sind wohlauf. Ich vermute, Ihr Anruf zeigt an, dass Sie wünschen, zur Endphase vorzurücken?«

    Francis war ein Mann weniger Worte, und dieser Aspekt seines Charakters erstreckte sich auch auf seine Geschäftsbeziehungen. Selten verschickte er E-Mails oder begann Telefonate, außer, wenn es absolut nötig war.

    Heute war es natürlich absolut nötig. Dieses Projekt hatte viel zu lange an Geld, Zeit und anderen Ressourcen der Firma gezehrt. Die Rückschläge im Yellowstone-Nationalpark und im Amazonas-Regenwald vier Monate zuvor waren überwunden worden, aber noch zutiefst in der Organisation zu spüren. Francis’ eigene Finanzierung war bereits mehr als einmal gefährdet worden, eine Tatsache, die seine chronische Nervosität außer Kontrolle geraten ließ, wenn er daran dachte, wenngleich sein Griff über die Firma in letzter Zeit nahezu absolut geworden war.

    »Ja«, sagte Francis Valére. »SARA informierte mich gerade darüber, dass wir 95% Genauigkeit erreicht haben. Die Endphase soll sofort beginnen, aber wie es im Protokoll steht, müssen Sie die Menschenversuche so bald wie möglich starten.«

    Der Mann auf dem Bildschirm stockte. Emilio Vasquez, ein Selfmade-Millionär, der derzeit in Puerto Rico wohnte, starrte Valére an. Francis wusste, dass der Mann ihn nicht falsch verstanden hatte. Sein Akzent war frankokanadisch, allerdings hatte er seine englische Aussprache so weit perfektioniert, dass viele Menschen nicht merkten, dass es eine Zweitsprache für ihn war.

    Nein, Vasquez zögerte.

    »Mr. Vasquez, verstehen Sie, welche Erwartungen die Firma für die Endphase an sie stellt?«

    »Ja, natürlich. Es tut mir leid, ich …«

    »Wir stehen mit diesem Projekt an einem kritischen Punkt. Genauer gesagt nähern wir uns dem Ende dieses Projekts und dem Beginn einer neuen Ära für das menschliche Leben auf der Erde.«

    »Natürlich, Francis. Bitte vergeben Sie mir mein …«

    »Ich muss Sie nicht daran erinnern, dass ich der Direktor bin, und dass mir die Verantwortung übertragen wurde, das Projekt zu seinem Abschluss zu bringen. Daher muss ich sicherstellen, dass Sie sich auf jedem Schritt dieses Weges ebenfalls diesem Ziel verschrieben haben.«

    Emilio Vasquez nickte auf dem Bildschirm. Hinter ihm konnte Francis sich sanft wiegende Palmen sehen, die das Anwesen des Mannes seitlich streiften, ein ausladendes Herrenhaus, das in einer Hügellandschaft errichtet war, die sich von der Küste her erhob. Francis Valére war nie dort gewesen, aber SARA hatte eindrucksvolle Dossiers über jeden zusammengestellt, der in die Firma investiert oder mit ihr Geschäfte gemacht hatte, einschließlich Emilio Vasquez. Vasquez war ein ehrlicher Geschäftsmann, der in jungen Jahren einige glückliche Investitionen getätigt hatte. Schließlich hatte er sein Arbeitsfeld darauf ausgedehnt, sich mit den Firmen in der »Grauzone« zu beschäftigen, die ihn schon lange fasziniert hatten.

    Nachdem er das erforderliche Investment von fünf Millionen Dollar in die Kontrolle von Francis Valére und der Firma transferiert hatte, hatte Valére Vasquez als persönlichen Berater für dieses Projekt angefragt. Er hatte seinen Nutzen als ein Mann, der die inneren Abläufe der Technologiebranche kannte, bewiesen; diese wichtige Position war in Valéres Projekthierarchie unbesetzt gewesen.

    Beide Männer starrten einander für weitere dreißig Sekunden an. Valére wusste, dass SARA damit beschäftigt war, dem Mann in Puerto Rico terrabyteweise verschlüsselte Videodateien zu schicken, die sie aus dem Hauptquartier des Projekts erhalten hatte, und dass diese Dateien auf dem Bildschirm des Mannes abgespielt wurden, jede einzelne davon auf den wichtigsten Abschnitt zugeschnitten, um einen raschen Überblick über die Ergebnisse zu liefern. Valére beobachtete Vasquez’ Augen, während diese auf seinem Fernsehbildschirm von links nach rechts wanderten und den Inhalt konsumierten.

    »Nun denn«, sagte Vasquez und sah endlich wieder zu Valére. »Wenn diese Vorschau eine Momentaufnahme laufender Versuche ist, muss ich zugeben, dass die Ergebnisse besser sind als erwartet.«

    Endlich öffnete Valére das Fläschchen mit den Tabletten und holte zwei mit dem Zeigefinger heraus. Er steckte sie in den Mund und wartete ungeduldig darauf, dass das zittrige Gefühl in seinen Gliedern nachließ. »Diese Ergebnisse sind genau das, was ich erwartet hatte.«

    »Richtig. Nun, ich habe zu arbeiten. Brauchen Sie sonst noch etwas von mir?«

    Francis Valére starrte weiter unverändert auf den Fernsehbildschirm. »Ja, Mr. Vasquez. Eine Sache noch.«

    Vasquez zog eine Augenbraue in die Höhe.

    »Sie müssen ein zweites Sicherheitsteam anheuern und es in die Antarktis schicken.«

    Vasquez runzelte die Stirn und sein Blick huschte kurz nach links. »Eine beträchtliche Sicherheitstruppe ist dort bereits stationiert …«

    »Ich bin mir der Qualität der Sicherheitskräfte, die wir derzeit vor Ort einsetzen, sehr bewusst. Aber diese letzte Phase ist die wichtigste von allen. Ohne diese Ergebnisse haben wir gar nichts. Und nach den Ereignissen der letzten Monate liegt es in unserem besten Interesse, den Erfolg dieser Ergebnisse sicherzustellen.«

    Vasquez nickte wieder, als ob er verstünde.

    Es gibt so vieles, das Sie nicht verstehen, Vasquez. Vieles, das sie nicht verstehen können.

    SARA, stets im Raum präsent, beendete das Telefonat und meldete sich bei ihrem Chef. »Ich bereite jetzt eine Abschrift vor«, sagte sie. »Möchten Sie, dass ich die Antarktis über das zusätzliche Sicherheitsteam informiere?«

    Francis lehnte sich in seinem Stuhl zurück, die Augen geschlossen, während er darauf wartete, dass die Wirkung der Tabletten einsetzte. Er schüttelte den Kopf. »Nein, wir müssen die Kommunikation auf einem Minimum halten, und es gibt keinen Grund, sie zu alarmieren. Das neue Sicherheitsteam wird mit eigener Ausrüstung und Vorräten reisen, und die Anlage bietet genug Raum für zusätzliche Gäste.«

    SARA, die die Körpersprache und nonverbalen Kommunikationscues ihres Chefs las, bestätigte den Befehl nicht hörbar. Sie unterbrach schlicht ihren Software-Link mit dem Raum, zog sich in den lautlosen Sog im Inneren des weit entfernten Serverraums zurück, in dem sie untergebracht war, und machte sich an die Arbeit.

    Kapitel 2

    »Ben, das wird langsam lächerlich«, sagte Juliette Richardson. Sie drehte sich um und starrte den großen Mann neben sich an.

    »Jules, hör auf, die Augen vom Ziel zu nehmen.« Harvey Bennet erwiderte ihren Blick, doch kurz bevor sie sich wieder abwandte, um in Schussrichtung zu sehen, zwinkerte er. Er beobachtete, wie sie vorsichtig den Zeigefinger auf den Abzug legte, dann blickte er hinter sich.

    Der Mann, der hinter ihnen beiden stand, nickte ein Mal, ohne seine hinter einer Sonnenbrille verborgenen Augen von der Bahn des Outdoor-Schießstands zu lösen. »Denk daran, den Moment des Abdrückens nicht zu erwarten. Wenn du schussbereit bist, überrasche dich selbst.«

    Julie stand kerzengerade da. Das einzige Anzeichen dafür, dass sie keine Statue war, war das leichte Auf und Ab ihrer Schultern, während sie ein- und ausatmete. Ben wartete. Er selbst machte einen kläglichen Versuch, den Schuss nicht zu erwarten. Er zuckte zusammen, als sie die Sig Sauer abfeuerte.

    Alle drei kniffen die Augen zusammen und versuchten, zu erkennen, wo der Schuss gelandet war. Die Entfernung war relativ kurz, das Ziel, auf das Julie angelegt hatte, nur auf halber Strecke zwischen ihr und dem hinteren Erdwall des Schießstands.

    Trotzdem war es eine schwierige Entfernung für eine schlichte Handfeuerwaffe, und Julie hatte das Ziel beinahe ins Schwarze getroffen.

    »Tja«, sagte Ben. »So viel muss ich dir lassen, Reggie, du bist ein guter Lehrer.«

    »Heißt das, du wirst von jetzt an ohne Fragen auf mich hören?«

    Ben lächelte den großen, schwarzen Mann nur an. »Du bist also in der Lage, ein Gefühl für unsere Körperhaltung zu entwickeln, indem du einfach so hinter uns stehst?«

    Reggie schob seine Sonnenbrille auf die Nasenspitze hinunter und sah Ben und Julie an, während er gleichzeitig das Gesicht verzog. »Klar, ja, deswegen steh ich da hinten rum.«

    Ben sah von Julie zu Reggie, dann wieder zurück. Er drehte sich ganz zu Reggie um. »Ich mag dich, aber bring mich nicht dazu, dich umzuhauen.«

    Mit einem Lachanfall warf Reggie den Kopf in den Nacken. Sein charakteristisches, riesiges Grinsen verwandelte sich in ein ähnlich riesiges Schmunzeln. Julie hatte das Ende ihres Magazins erreicht und begann, ihre Waffe auseinanderzunehmen und sie zu reinigen, genau wie Reggie es ihnen beigebracht hatte.

    Ben ging zu Reggie und tat so, als würde er zum Schlag ausholen. Im letzten Moment stoppte er den Arm, öffnete die Hand und tätschelte die Seite von Reggies Gesicht leicht mit der Handfläche.

    »Wenn du so zuschlagen willst, dann scheint mir, wir müssen auch noch ein bisschen Faustkampf-Training machen«, sagte Reggie. »Komm her, Mann. Lass uns reden.« Er hob die Stimme, damit Julie ihn auch hören konnte. »Komm zum Tisch rüber, wenn du fertig bist, Jules.«

    Den Männern weiterhin den Rücken zugedreht, nickte Julie. Ben folgte Reggie zum Picknicktisch einige Schritte weit entfernt und setzte sich.

    »Ben, hör zu.«

    Ben spürte den Wandel in der Stimme des Mannes augenblicklich. Reggies Blick veränderte sich, wurde irgendwie intensiver. Er hatte seine Sonnenbrille vor sich auf den Tisch gelegt und seine Hände spielten jetzt mit einer unverschossenen Patrone, die er aus einem Ladestreifen auf dem Tischrand geholt hatte.

    Julie kam gerade zu ihnen an den Tisch, als Reggie zu sprechen begann.

    »Ich bin nicht nur hergekommen, um euch zu besuchen«, sagte er. »Euer Chili ist super und ich bin natürlich froh, dass wir uns treffen konnten, aber da gibt es noch etwas.«

    Ben warf einen Blick zu Julie, die die Augenbrauen hochzog.

    »Ihr beide habt schon durchschaut, dass etwas im Busch ist, was?«, fragte Reggie.

    Ben und Julie nickten. »Es ist ja nicht so, als wäre eine Reise von Brasilien nach Alaska einfach nur eine Art ›Wochenendausflug‹«, sagte Julie. »Wir sind froh, dass du hergekommen bist, aber wir hatten so eine Ahnung, dass du uns was mitteilen würdest.«

    Ben übernahm das Wort. »Hast du sie gefunden?«

    Reggie schüttelte den Kopf. »Leider nein. Nach dem Amazonaszwischenfall sind sie quasi in Funkstille gegangen, was wir alle hätten vorhersehen können. Die meisten Hinweise, denen Joshua folgte, verliefen sich oder endeten in Sackgassen, und er kann seinen Vater noch immer nicht erreichen.«

    Ben verspürte einen Stich des Bedauerns. Die Erinnerung an seinen eigenen Vater drängte sich in den Vordergrund, als er an seinen neuen Freund, Joshua Jefferson, und dessen Bemühungen, mit seinem Vater in Kontakt zu treten, dachte. Beide Männer hatten für eine Firma gearbeitet, deren Spur Ben sechs Monate lang gefolgt war, und seine Suche hatte ihn und Julie in den Amazonas-Regenwald geführt – wo sie beinahe in einer Katastrophe geendet hatte.

    Nach einer grauenhaften Reise in einen abgelegenen Teil eines der tödlichsten geographischen Gebiete der Welt waren sie gerade so mit dem Leben davongekommen. Die Geheimnisse, die sie entdeckt, und das Wissen, das sie bei dieser Reise gesammelt hatten, waren beachtlich, aber Ben war aus einem bestimmten Grund mitgegangen, und dem war er nicht näher gekommen. Bei der gefährlichen Reise war es einzig darum gegangen, ans Licht zu bringen, welche Organisation hinter den tödlichen Angriffen im Yellowstone-Nationalpark weniger als ein Jahr zuvor gestanden hatte, und das war ein Reinfall geworden.

    Er fühlte sich kein bisschen näher an der Erkenntnis, wer hinter all dem steckte, und ihm war klar, dass die Fährte mit jedem verstreichenden Tag kälter wurde.

    »Du bist also den ganzen Weg hierhergekommen, um uns was zu sagen?«, fragte Ben.

    Reggie seufzte, dann sah er sich um. Der Schießstand war weitgehend leer, abgesehen von einigen Angestellten und einem Paar am anderen Ende. Er sah wieder zu Ben und Julie und spielte immer noch mit der Patrone. »Erinnert ihr euch an Dr. Archibald Quinones?«, fragte er.

    Überrascht runzelte Ben die Stirn. »Natürlich. Wie könnten wir den vergessen?« Archie Quinones war mit ihnen durch den Dschungel marschiert. Sein Wissen über Geschichte und Anthropologie der Gegend sowie seine draufgängerische Einstellung waren ein großer Moralbooster gewesen.

    »Richtig, ja«, sagte Reggie. »Tja, erinnert ihr euch an seine Reaktion, als alles vorbei war?«

    Julie übernahm das Wort. »Er wirkte … reserviert, schätze ich. Als würde er alles noch auf sich wirken lassen.«

    »Das tat er bestimmt. Das taten wir alle.«

    Ben überlegte kurz, dann fügte er hinzu: »Es wirkte, als dachte er über etwas nach … Warte – das Erbe!«

    Reggie lächelte. »Genau. Er erwähnte ein ›Erbe‹, das er hatte. Viel mehr weiß ich nicht, aber er neigt nicht zu Übertreibungen, also kann ich mir vorstellen, dass es ziemlich groß ist. Und erwähnte, dass er Amanda Meron half, ihre Forschung zu finanzieren.«

    Dr. Merons Firma hatte vor und nach dem Zwischenfall vor einigen Monaten bedeutende Schritte in der neurologischen Forschung gemacht, und als Draconis Industries die Bildfläche betreten hatte, hatte das die Forschung beinahe vollständig entgleisen lassen. Stattdessen hatte es Dr. Meron geschafft, ihre Forschung und Ergebnisse woanders hinzubringen und – dank des von Dr. Archibald Quinones zur Verfügung gestellten Geldes – neu zu beginnen.

    »Es überrascht mich, dass sie wieder eingestiegen ist, nachdem …« Julie ließ den Satz auf ihrer Zungenspitze verklingen. Sie musste ihn offensichtlich nicht beenden.

    »Es bedurfte guten Zuredens, um sie wieder ins Spiel zu holen«, sagte Reggie. »Und außerdem wurde die Hälfte des Geldes, das er ihr gab, für Sicherheit und Verschlüsselung ihrer cloudbasierten Datensharingsysteme ausgegeben. Was immer das bedeutet.«

    Ben lachte leise, dann wartete er darauf, dass Reggie ihm wieder in die Augen sah. »Im Ernst, Reggie, was ist los? Wenn es etwas mit Archies Geld und Amandas Forschung zu tun hat …«

    Reggie nickte, dann beendete er den Satz für ihn. »… dann muss es auch etwas mit Draconis Industries zu tun haben.«

    Ben wartete, und ihm fiel auf, dass Julie sich etwas auf der Bank aufrichtete.

    »Das tut es. Es ist die letzte Spur, die wir haben, aber sie ist gut. Ich erwähnte, dass wir sie noch nicht gefunden haben, und dass sich die meisten von Joshuas Hinweisen verlaufen haben, aber nicht alle. Letzte Woche kam etwas auf, von dem ich denke, dass ihr davon erfahren solltet.«

    Kapitel 3

    Auch ohne genau zu wissen, wovon Reggie sprach, versuchte Ben, seine Gedanken zu ordnen. Er hatte diese Firma ein halbes Jahr lang gejagt, aber alles, was er unternommen hatte, hatte in Fehlschlägen geendet. Jedes Mal, wenn er aufgetaucht war, um nach der Organisation zu suchen, waren Menschen gestorben. Er hätte beinahe komplett aufgegeben, aber erstaunlicherweise hatte Julie ihn aufs Ziel konzentriert gehalten.

    Nach Brasilien hatte sie ihn gedrängt, eine offizielle Meldung bei der Central Intelligence Agency zu machen. Sie hatte eine Zeit lang im Regierungssektor gearbeitet, den Centers for Disease Control geholfen, ihr Biological Threat Resistance Team aufzubauen und dann mit den Auswirkungen umzugehen, nachdem die Situation in Yellowstone schlecht für die BTR-Gruppe ausgegangen war. Sie hatte einen Job in Bens Park angenommen, wo sie IT-Support machte, half aber weiterhin den CDC und anderen US-Organisationen auf Vertragsbasis.

    Wie sie es gerne ausdrückte, wurde sie nicht gebeten, das öffentliche Gesicht der amerikanischen Krisenentschärfung zu sein, sondern leistete richtige Arbeit, indem sie der US-Regierung half, die nächste mögliche Bedrohung gegen die amerikanischen Bürger zu entdecken.

    Auf diese Weise hatte sie ein offenes Ohr bei der CIA gefunden, die es bislang nicht geschafft hatte, etwas Nützliches über die Organisation aufzudecken, die sich selbst »Draconis Industries« nannte. Die Gruppe war in Tochtergesellschaften aufgegliedert, einschließlich Pharmakonzernen, medizinischer und technologischer Forschungsunternehmen und einer Unmenge anderer kommerzieller Firmen in verschiedenen Branchen. Ihr gemeinsamer Nenner lag nur im Namen: Die meisten der kleineren Betriebe benutzten eine Version des Wortes »Drache«, in verschiedenen Sprachen. Drache Global, Drage Medisinsk und Dragonstone waren alles Firmen, über die sie Nachforschungen angestellt hatten. Sie alle hatten sich als sauber erwiesen. Der Weg an die Spitze des Mutterkonzerns war übersät von Papierspuren, falschen Bankkonten und juristischen Schlupflöchern, die es unmöglich machten, die tatsächlichen Anführer festzunageln.

    Ben hatte widerstrebend zugestimmt, und das Treffen war arrangiert worden. Er hatte einen billigen Anzug angezogen, den Julie ausgesucht hatte, sich aber geweigert, eine Krawatte zu tragen. Der Mann, mit dem er sich getroffen hatte, war leger gewesen, hatte Jeans und ein eingestecktes Langarmshirt getragen, und hatte ein paar Fragen über ihre Reise nach Brasilien gestellt. Ben hatte alles ehrlich, wenngleich knapp, beantwortet und war dann weniger als eine Stunde später wieder gegangen.

    Zuhause hatte Julie ihn aufs Neue befragt, und er hatte nur mit den Schultern gezuckt, als sie wissen wollte, ob er glaubte, die CIA könne bei den Nachforschungen helfen.

    Seiner Meinung nach war die Regierung in etwa so nutzlos wie ein Nierenstein. Er liebte die Ironie, für einen Nationalpark zu arbeiten, als lebte er in seinem eigenen verqueren Scherz.

    Reggie starrte Ben über den Tisch hinweg an. Das Geräusch von Helikopterrotoren in der Ferne drang plötzlich an seine Ohren und half ihm, sich wieder auf den Mann zu konzentrieren, der mit ihm und Julie zusammensaß.

    »Da gibt es jemanden, den ich euch vorstellen möchte.«

    Der Helikopter wurde lauter, und sowohl Ben als auch Julie sahen auf, um eine Bell zu sehen, die tieffliegend auf sie zukam.

    Ben hob die Stimme, um dem Lärm entgegenzuwirken. »Reggie, du bist sehr vage. Wenn du von mir erwartest, in ein Flugzeug zu steigen und Gott weiß wohin zu fliegen, um irgendwen zu treffen …«

    Reggie hielt eine Hand hoch und sein Lächeln wurde noch breiter. »Gute Neuigkeiten, Ben! Es ist kein Flugzeug – zumindest nicht für diesen Abschnitt der Reise. Siehst du?«

    Ben folgte Reggies Finger, während der Helikopter langsam absteigend den Schießstand umkreiste.

    Julies Mund öffnete sich.

    Bens Mund schloss sich, fest verkrampft. Er zwang seine Worte durch die kleine Lücke zwischen seinen Lippen hindurch. »Reggie, ich hasse Fliegen. Es spielt keine Rolle, mit welcher Form von Luftfahrzeug.«

    Reggie tat so, als wäre er gekränkt. »Ben, ich habe diese Reise nach deinen exakten Vorgaben geplant.«

    Ben verdrehte die Augen, während der Helikopter einen vernünftigen Landeplatz einige hundert Meter vom Hauptgebäude des Schießstands entfernt fand. Sie alle sahen zu, als der Hubschrauber auf dem Gras aufsetzte, aufgewühlter Schmutz hochflog und um ihn herum wirbelte.

    »Hört zu, ihr zwei«, fuhr Reggie fort. »Es tut mir leid, dass es

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